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151. Nacht

Ich blieb also zehn Tage in der Frauenwohnung des Kalifen.
Während dieser ganzen Zeit war ich des Vergnügens beraubt, die Günstlingin zu
sehen. Aber ich wurde auf ihren Befehl so gut behandelt, dass ich übrigens alle
Ursache hatte, sehr zufrieden zu sein.

Sobeïde sprach mit dem Kalifen von dem Entschluss, den
sie gefasst hatte, ihre Günstlingin zu verheiraten. Dieser Fürst, der ihr
hierbei völlige Freiheit ließ, nach Belieben zu schalten, bewilligte der
Günstlingin eine beträchtliche Summe, um auch zu ihrer Einrichtung
beizutragen.

Als die zehn Tage verflossen waren, ließ Sobeïde einen
Heiratsvertrag aufsetzen, der ihr, gehörig abgefasst, gebracht wurde. Die
Vorbereitungen zur Hochzeit wurden gemacht. Man rief die Spielleute, die Tänzer
und Tänzerinnen herbei, und es gab, neun Tage hindurch, große Vergnügungen im
Palast. Da der zehnte Tag zu der letzten Hochzeitsfeierlichkeit bestimmt war, so
wurde die Günstlingin auf der einen Seite und ich auf der anderen ins Bad
geführt. Abends setzte ich mich zu Tisch. Man trug mir alle Arten von Gerichten
auf, unter anderen eine Mengspeise mit Knoblauch, ganz derjenigen gleich, von
welcher man mich hier zu essen zwingen wollte. Sie schmeckte mir so gut, dass
ich die anderen Speisen fast nicht berührte. Aber zu meinem Unglück begnügte
ich mich, als ich vom Tisch aufstand, damit, mir die Hände nur abzuwischen,
statt sie mir ordentlich zu waschen, und das war eine Nachlässigkeit, die mir
bis dahin noch niemals begegnet war.

Da es Nacht war, so suchte man die Tageshelle durch eine
sehr glänzende Beleuchtung der Frauenwohnung zu ersetzen. Die Instrumente
ließen sich hören, man tanzte, man spielte tausend Spiele, und der ganze
Palast hallte vom Freudengeschrei wieder. Man führte meine Braut und mich in
einen großen Saal, wo man uns auf zwei Throne niedersetzen ließ. Die Frauen,
welche meine Braut bedienten, ließen sie mehrmals die Kleider wechseln, und
kämmten ihr, wie es am Hochzeitstage gebräuchlich ist, die Haare auf
verschiedene Weise, und so oft ihr eine andere Kleidung angezogen war, ließ man
mich sie sehen.

Als nun endlich alle diese Feierlichkeiten vorbei waren,
führte man uns in die Hochzeitkammer. Sobald man uns dort alleingelassen hatte,
näherte ich mich meiner Gattin: Aber statt meine Entzückungen zu erwidern,
stieß sie mich heftig zurück und erhub ein schreckliches Geschrei, welches
alsbald alle Frauen der Wohnung herbeizog, die dessen Veranlassung wissen
wollten. Was mich betraf, so war ich, von einem tiefen Erstauen ergriffen,
unbeweglich geblieben, ohne nur die Kraft zu haben, meine Frau um die Ursache zu
fragen. „Liebe Schwester,“ sagten sie zu ihr, „was ist euch denn,
seit der kurzen Zeit, dass wir euch verlassen haben, begegnet? Erzählt es uns,
damit wir euch beistehen.“ – „Schafft mir,“ rief sie aus,
„schafft mir diesen nichtswürdigen Menschen hier aus den Augen.“ –
„Aber, meine Teuerste,“ sagte ich zu ihr, „wodurch kann ich so
unglücklich gewesen sein, eueren Zorn zu verdienen?“ – „Ihr seid ein
Nichtswürdiger,“ antwortete sie mir voll Wut, „ihr habt Knoblauch
gegessen und euch nachher nicht die Hände gewaschen! Glaubt ihr, dass ich es
leiden mag, dass ein so unreinlicher Mensch sich mir nähert, um mich zu
verpesten? Legt ihn auf die Erde, “ fügte sie, sich zu den Frauen wendend,
hinzu, „und holt mir einen Ochsenziemer.“

Sie warfen mich sogleich nieder, und während die einen
mich bei den Armen und die anderen bei den Beinen hielten, schlug meine Frau,
die sehr schnell bedient worden war, mich unbarmherzig, bis die Kräfte sie
verließen. Hierauf sagte sie zu den Frauen: „Nehmt ihn mit und schickt ihn
zum Polizeimeister, damit ihm dieser die Hand abhauen lasse, mit welcher er das
Knoblauchgericht gegessen hat!“ Bei diesen Worten rief ich aus:
„Großer Gott! Ich bin von Schlägen gleichsam zermalmt, und zur Vermehrung
meiner Trübsal werde ich noch dazu verdammt, das mir die Hand soll abgehauen
werden! Und warum? Weil ich eine Mengspeise mit Knoblauch gegessen, und mir
nachher die Hände nicht gewaschen habe! Welch ein Zorn um solche eine
Kleinigkeit! Hol‘ die Pest das Knoblauchgericht! Verdammt sei der Koch, der es
zubereitet, und der, welcher es aufgetragen hat!“