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122. Nacht

Als der Wesir Schemseddin Mohammed seine Schwägerin sagen
hörte, dass Bedreddin-Hassan die von dem Verschnittenen gebrachte Torte gemacht
haben müsste, fühlte er eine unbeschreibliche Freude; da er aber bedachte,
dass diese Freude ohne Grund, und, dem Anschein nach, die Vermutung der Witwe
Nureddin-Alis falsch wäre, sagte er zu ihr: „Aber, teuerste Frau, warum
habt ihr diese Meinung? Kann es denn in der Welt nicht einen Pastetenbäcker
geben, der die Sahnetorte so gut als euer Sohn bäckt?“ – „Ich gebe
zu,“ erwiderte sie, „dass es vielleicht noch Pastetenbäcker gibt, die
im Stande sind, ebenso gute zu backen; aber da ich sie auf eine ganz
eigentümliche Weise backe und niemand als mein Sohn dies Geheimnis versteht, so
muss notwendig er es sein, der diese gebacken hat. Freuen wir uns, mein Bruder,
wir haben endlich gefunden, was wir so lange suchen und begehren.“ –
„Beste Frau,“ versetzte der Wesir, „mäßigt, ich bitte euch,
eure Ungeduld! Bald werden wir wissen, was wir davon denken sollen. Wir brauchen
nur den Pastetenbäcker hierher holen zu lassen, und ist es Bedreddin-Hassan, so
werdet ihr, meine Tochter und ihr, ihn bald wieder erkennen. Aber ihr müsst
euch beide verbergen, so dass ihr ihn seht, ohne von ihm gesehen zu werden; denn
ich will nicht, dass unsere Wiedererkennung in Damaskus statt finde: Ich habe
die Absicht, sie bis zu unserer Rückkehr nach Kairo zu verschieben, wo ich euch
eine sehr angenehme Ergötzlichkeit zu bereiten hoffe.“

Nach diesen Worten ließ er die Damen in ihrem Zelt und
begab sich in das seine. Dort ließ er fünfzig seiner Leute kommen und sagte zu
ihnen: „Nehmt jeder einen Stock und folgt dem Schaban, der euch zu einem
Pastetenbäcker in dieser Stadt führen wird. Wenn ihr dort seid, so zerschlagt
und zerbrecht alles, was ihr in seinem Laden findet. Wenn er euch nach der
Ursache dieser Gewalttat fragt, so fragt ihn nur, ob er nicht die Sahnetorte
gebacken hat, die bei ihm geholt worden ist. Antwortet er euch mit ja, so
bemächtigt euch seiner Person, bindet ihn fest und bringt ihn zu mir; aber
hütet euch, ihn zu schlagen, oder ihm sonst ein Leid zuzufügen. Geht und
verliert keine Zeit.“

Des Wesirs Befehl wurde pünktlich befolgt; seine mit
Stöcken bewaffneten und von dem schwarzen Verschnittenen angeführten Leute
eilten zu Bedreddin-Hassan, bei welchem sie Teller, Schüsseln, Kessel,
Kasserollen, Tische und alles andere Haus- und Küchengerät, das sie fanden,
zerschlugen und seinen Laden mit Sorbet, Sahne und Zuckerwerk überschwemmten.
Bei diesem Schauspiel sagte Hassan mit kläglicher Stimme zu ihnen: „Aber,
ihr guten Leute, warum behandelt ihr mich auf solche Weise? Was gibt’s Was hab‘
ich getan?“ – „Seid ihr es nicht,“ erwiderten sie, „der dem
Verschnittenen, den ihr hier seht, eine Sahnetorte verkauft habt?“ –
„Ja, ich bin es,“ versetzte er, „was hat man dagegen einzuwenden?
Ich fordere jeden auf, wer er auch sei, eine bessere zu machen.“ Statt ihm
zu antworten, fuhren sie damit fort, alles zu zerbrechen, und selbst der Ofen
wurde nicht verschont.

Die Nachbarn, welche inzwischen auf den Lärm
herbeigelaufen und sehr erstaunt waren, fünfzig Menschen eine solche Unordnung
anrichten zu sehen, fragten nach dem Anlass eines so gewaltsamen Verfahrens; und
Bedreddin sagte nochmals zu denen, die daran Teil nahmen: „Lasst mich nur
wissen, ich bitte euch inständig, welches Verbrechen ich begangen haben kann,
dass ihr auf solche Weise alles, was ihr bei mir findet, zerschlagt und
zerbrecht?“ – „Seid ihr es nicht,“ antworteten sie, „der die
Sahnetorte gebacken und diesem Verschnittenen verkauft hat?“ – „Ja,
ja, ich bin es,“ versetzte er, „ich behaupte, dass sie gut ist: und
ich verdiene eure ungerechte Behandlung nicht.“ Sie bemächtigten sich
seiner Person, ohne auf ihn zu hören; und nachdem sie ihm die Leinwand von
seinem Turban abgerissen hatten, bedienten sie sich ihrer, um ihm die Hände auf
den Rücken zu binden, rissen ihn dann mit Gewalt aus seinem Laden, und
schleppten ihn fort.

Der versammelte Pöbel, der Mitleid mit Bedreddin hatte,
nahm sich seiner an und wollte sich dem Vorhaben der Leute des Schemseddin
Mohammed widersetzen; aber es kamen in diesem Augenblick Beamte des
Befehlshabers der Stadt, welche das Volk auseinander trieben und Bedreddins
Entführung begünstigten, weil Schemseddin Mohammed zum Befehlshaber von
Damaskus gegangen war, um ihn von dem durch ihn erteilten Befehl zu
benachrichtigen und ihn um Beistand zu ersuchen; und dieser Befehlshaber, der im
Namen des Sultans von ägypten ganz Syrien beherrschte, hütete sich wohl, dem
Wesir seines Herrn irgend etwas abzuschlagen. Bedreddin wurde also ungeachtet
seines Geschreis und seiner Tränen fortgeführt.