160. Die sieben Meerminnen
Ein friesischer Schiffer hatte sein Schiff gerüstet zu weiter Fahrt, und stand am Bord, und hob die Hand, und gelobte sich dem Meere. Es solle das Meer ihm schirmen und schonen sein Schiff und seine Ladung, so wolle er auch ihm getreu sein all sein Leben lang und nimmer an das Land begehren zu längerm Verweilen. Da hoben sieben Meerminnen ihre Leiber halb aus der Flut, und hörten seinen Schwur, und nahmen ihn, und tauchten wieder in die Tiefe nieder. Lange fuhr der Schiffer von Meere zu Meere, von Lande zu Lande, und sein Reichtum mehrte sich, aber er konnte dessen auf dem Schiffe nicht froh werden, ihn nicht genießen, und allmählich kam doch ein Sehnen in sein Herz nach dem Lande. Und da kam sein Schiff einst an einen blumenreichen Strand voll Reiz und blühender Gärten, und er sah eine wunderholde Jungfrau wandeln, die sein Herz gewann, und er gewann bald auch das ihre, freite um sie, verkaufte sein Schiff, erbaute ein herrliches Haus am Strande, schmückte es aus mit seinen Schätzen wie ein Königsschloß, und dahinein führte er seine Erkorene als liebe Braut. Aber siehe, in der Nacht, als der Schiffer im Arme seiner Liebsten ruhte, da hoben sich die sieben Meerminnen aus der See nahe dem Ufer an des Schiffers Palast und sangen ein entsetzlich Lied, und es rollte ein Wellenberg heran, der übersprang das Ufer und stieß ans Haus, da bebte das Haus in seinen Fugen; dem sprang ein zweiter nach, der brach die Türen ein und rauschte in die Flur, und ein dritter, der brach durch die untern Fenster, und ein vierter, der brach oben durch, und ein fünfter, der riß den Schiffer hinweg, und ein sechster, der fing den Schiffer auf und warf ihn im Zurückbranden in die wildwogende schaumspritzende See. Da empfingen die Meerminnen den Schiffer und führten ihn tief hinab zum Grunde. Dort muß er wohnen, von dort springt er mit den Wellen im Maimond herauf nach seinem zerstörten Hause und will sein Lieb retten, aber immer ziehen ihn die Meerminnen wieder zurück.
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