Der Priester, den die jungen Mädchen auf der Höhe des Thurmes erblickt hatten, wo er ernst und aufmerksam dem Tanze des Zigeunermädchens zuschaute, war wirklich der Archidiakonus Claude Frollo.
Der Leser kennt die geheimnißvolle Zelle, welche sich der Priester in diesem Thurme vorbehalten hatte. Jeden Tag, eine Stunde vor Sonnenuntergang, stieg er die Treppe des Thurmes hinauf, schloß sich in die Zelle ein und brachte manchmal ganze Nächte darin zu. Als er heute die Treppe hinaufstieg, hörte er den Ton des Tambourin und begab sich auf den Turm, da er von seiner Zelle aus nicht auf den Platz sehen konnte. Hier stand er, als ihn die jungen Damen erblickten, ernst, unbeweglich, in einen Anblick und einen Gedanken vertieft. Die ganze große Stadt lag unter seinen Füßen, mit dem Flusse, der sie durchströmt, mit ihren tausend Häusern, mit dem Gewimmel ihrer Bewohner; aber der Priester blickte nur auf einen Punkt und ein Wesen: den Platz unter ihm und das tanzende Zigeunermädchen.
Es war schwer zu sagen, welcher Art dieser Blick war, und welche Flamme aus ihm leuchtete. Es war ein fester und doch von innerer Unruhe zeugender Blick. Wenn man den Priester so dastehen sah, in der Unbeweglichkeit seines Körpers, mehr Marmor als das Geländer, auf das er sich lehnte, das versteinerte Lächeln auf seinem Gesichte, so konnte man sagen, daß alles Leben sich in seine Augen gezogen habe.
Inzwischen tanzte die Zigeunerin, schwang den Tambourin, leicht, behend, fröhlich, und fühlte nichts von dem Gewicht des furchtbaren Blickes, den der Priester von der Höhe des Thurmes auf ihr Haupt warf.
Die Menge wimmelte um sie her. Von Zeit zu Zeit ließ ein Mann, der eine gelb und rothe Mütze auf dem Kopfe trug, den Kreis erweitern, wenn die Zuschauer sich allzunahe drängten, setzte sich dann wieder auf einen Stuhl in der Nähe der Tänzerin und nahm den Kopf der Ziege zwischen seine Kniee. Dieser Mensch schien der Begleiter der Zigeunerin zu sein. Claude Frollo konnte von der Höhe des Thurmes seine Gesichtszüge nicht erkennen.
Von dem Augenblicke an, da der Archidiakonus diesen Unbekannten gewahrte, schien sich seine Aufmerksamkeit zwischen ihm und der Tänzerin zu teilen, und sein Gesicht wurde immer finsterer. Plötzlich durchschauerte ein Frost seinen ganzen Körper. Was ist das für ein Mann? murmelte er zwischen den Zähnen, ich habe sie doch immer allein gesehen.
Mit diesen Worten verließ er plötzlich den Altan und stieg die Wendeltreppe hinab. Als er am Glockenthurme vorüber ging, sah er Quasimodo auf den Platz hinabblicken. Der Zwerg war so in Betrachtung vertieft, daß er den vorübergehenden Priester nicht bemerkte. Sein wildes Auge hatte einen ganz anderen Ausdruck angenommen, sein Blick war sanft und wie bezaubert.
Das ist doch seltsam! murmelte der Priester. Ist es auch die Aegypterin, die er auf solche Weise betrachtet? Er stieg weiter hinab und kam auf den öffentlichen Platz.
»Wo ist denn die Zigeunerin hingekommen?« fragte er, sich unter die Gruppe der Zuschauer mischend, welche der Tambourin herbeigelockt hatte.
»Ich weiß es nicht,« antwortete ihm einer derselben; »ich glaube, man hat sie da in ein Haus gerufen, um ihre Kunststücke zu machen.«
An der Stelle der Aegypterin machte jetzt der Mensch mit der roth und gelben Mütze, der eine Art Hanswurst schien, seine Kunststücke. Er ging eben im Zirkel herum, die Ellenbogen in die Seiten gestemmt, den Kopf rückwärts gebogen, mit ausgestrecktem Hals und hochrothem Gesicht, einen Stuhl zwischen den Zähnen haltend. Auf diesen Stuhl hatte er eine Katze gebunden, die ihm eine Nachbarin geliehen hatte, und die jämmerlich schrie.
»Bei unserer lieben Frau!« rief der Archidiakonus aus, als eben der Hanswurst, große Tropfen schwitzend, an ihm vorüberging, »das ist ja unser Meister Peter Gringoire.«
Die strenge Stimme des Archidiakonus erschreckte den armen Teufel so sehr, daß er das Gleichgewicht verlor, und daß Stuhl und Katze unter allgemeinem Zischen auf die Köpfe der Zunächststehenden fielen.
Meister Peter Gringoire, denn er war es selbst, würde wahrscheinlich einen harten Stand mit der Eigenthümerin der Katze und den zerkratzten Gesichtern um ihn her gehabt haben, wenn er nicht schnell in die Kirche entwischt wäre, wohin ihm der Priester, nachdem er ihm ein Zeichen gegeben, ihm zu folgen, vorangegangen war.
Die Kirche war bereits finster und verlassen. Nachdem sie einige Schritte gegangen waren, lehnte sich der Priester mit dem Rücken an einen Pfeiler und warf einen ernsten und festen Blick auf den Poeten und Hanswurst. Dieser Blick war kein solcher, wie Peter Gringoire ihn fürchtete, beschämt, wie er war, daß eine so ernste und gelehrte Person ihn in der Hanswurstjacke überrascht hatte. Der Blick des Priesters hatte nichts Scherzhaftes und Ironisches an sich; er war ernst, ruhig und durchdringend. Der Archidiakonus brach zuerst das Stillschweigen.
»Kommt einmal daher, Meister Peter! Ihr werdet mir Allerlei zu erzählen haben, und vor allen Dingen, wie es kommt, daß man Euch seit zwei Monaten nimmer gesehen hat, und jetzt auf der Straße findet, in einem saubern Aufzug, halb gelb und halb roth, wie ein wahrer Hanswurst und Seiltänzer.«
»Herr und Meister,« erwiederte Peter Gringoire mit kläglicher Stimme, »ich trage da allerdings einen seltsamen Kittel, und ich bin selbst so beschämt darüber wie eine Katze, der man eine Kürbisflasche aufsetzt. Es ist allerdings nicht wohl gethan, die Stadtsergenten in den Fall zu setzen, unter dieser bunten Jacke den humerus eines pythagoräischen Philosophen ausklopfen zu müssen. Aber was ist zu machen, mein sehr ehrwürdiger Herr und Meister? Die Schuld liegt an meinem alten schwarzen Rock, der mich im Anfang des Winters unter dem Vorwand, daß er in Lappen zerfalle und in der Kiste des Lumpensammlers ausruhen müsse, schmählich verlassen hat. Was war zu machen! Die Civilisation ist noch nicht so weit vorgerückt, daß man nackt geht, wie der alte Diogenes wollte. Zudem wehte ein kalter Wind, und der Monat Januar ist nicht der geeignetste im Jahr, um diesen neuen Schritt zur Humanität zu thun. Diese bunte Jacke hat sich nun vorgefunden, und ich habe sie an die Stelle meines seligen schwarzen Rocks gesetzt, der für einen Hermetiker, wie ich bin, nicht sehr hermetisch geschlossen war. Ihr seht mich demnach hier in meiner Histrionen-Jacke. Was ist zu machen? Es ist eben eine Sonnenfinsternis, und Apoll hat ja selbst bei Admet die Ziegen gehütet.«
»Ihr treibt da ein schönes Handwerk!« fuhr der Archidiakonus fort.
»Ich muß selbst gestehen, daß es besser ist, zu philosophiren und zu dichten, die Flamme im Ofen anzublasen oder sie vom Himmel zu empfangen, als Katzen auf dem Pflaster herumzutragen. Auch stehe ich hier so dumm vor Euch wie ein Esel vor einem Bratenwender. Was ist aber zu machen? Man muß alle Tage gelebt haben, und die schönsten alexandrinischen Verse wägen kein Stückchen alten Käse auf, das man zwischen den Zähnen hat. Ich habe, wie Ihr wißt, für Frau Margarethe von Flandern jenes berühmte Epithalamium gemacht, und die Stadt bezahlt es mir nicht unter dem Vorwand, daß es nichts Vorzügliches sei, als ob man um vier Thaler eine Sophocles’sche Tragödie liefern könnte. Es blieb mir also nichts übrig, als Hungers zu sterben. Zum Glücke habe ich ein paar kräftige Kinnbacken, und ich sprach zu denselben: Macht Kunststücke, haltet den Stuhl und die Katze im Gleichgewicht! Nährt euch selbst! Ein Schock Spitzbuben, die jetzt meine guten Freunde sind, haben mich zwanzig verschiedene Herkules-Stücke gelehrt, und nun beißen jeden Abend meine Zähne das Brod, das sie den Tag über verdient haben. Im Uebrigen concedo, ich gebe zu, daß es ein trauriger Gebrauch meiner geistigen Fähigkeiten ist, und daß der Mensch etwas Anderes treiben kann, als in altes Holz zu beißen und mit den Zähnen Katzen auf dem Pflaster herumzutragen. Allein, mein sehr verehrter Meister, es ist nicht hinreichend, sein Leben hinzubringen, man muß es auch verdienen.«
Der Priester hatte ihn stillschweigend angehört. Jetzt nahm sein tiefliegendes Auge einen so forschenden und durchdringenden Ausdruck an, daß er dem armen Poeten bis auf den geheimsten Grund seiner Seele drang.
»Ganz wohl, Meister Peter,« sagte der Archidiakonus, »aber wie kommt es, daß Ihr Euch jetzt in Gesellschaft dieser ägyptischen Tänzerin befindet?«
»Meiner Treu!« erwiederte Peter Gringoire, »das kommt daher, daß sie meine Frau ist und ich ihr Mann bin.«
Bei diesen Worten entflammte sich das finstere Auge des Priesters.
»Und das hättest Du gethan, Elender?« schrie er wüthend und faßte krampfhaft den Arm des Dichters. »So bist Du von Gott verlassen, daß Du Dich an dieses heidnische Mädchen hängst!«
»Bei meiner ewigen Seligkeit, ehrwürdiger Herr und Meister,« antwortete der Poet an allen Gliedern zitternd, »schwöre ich Euch, daß ich sie mit keinem Finger berührt habe, wenn Euch das beunruhigt.«
»Und was faselst Du denn von Mann und Frau?« fragte der Priester weiter.
Peter Gringoire erzählte nun, so gedrängt als möglich, Alles was der Leser bereits weiß, sein Abenteuer im Hofe der Wunder und seine Heirath mittelst des zerbrochenen Kruges.
Es ergab sich aus seinem Bericht, daß bis jetzt seine Heirath noch kein Resultat gehabt hatte, und daß jeden Abend das schöne Zigeunermädchen ihm die Brautnacht wegstipizte, wie am Hochzeittage.
»Das ist ein bitterer Kelch,« schloß unser Dichter seine Erzählung, »aber es kommt daher, daß ich das Unglück gehabt habe, eine Jungfrau zu heirathen.«
»Was wollt Ihr damit sagen?« fragte der Archidiakonus, dessen Zorn sich bei Anhörung dieses Berichts allmählig gelegt hatte.
»Das läßt sich schwer erklären,« antwortete der Poet. »Es ist ein Aberglaube. Meine Frau ist, wie mir ein alter Zigeuner sagte, den wir bei uns den Herzog von Aegypten nennen, ein Findelkind. Sie trägt am Hals ein Zaubergehänge, durch das sie eines Tages ihre Eltern wieder finden wird, und das seine Kraft verlieren würde, wenn dessen Besitzerin ihre Jungfrauschaft verlöre. Es folgt daraus, daß wir Beide sehr tugendhaft leben.«
»Ihr glaubt also,« fragte der Priester, dessen Stirne sich immer mehr entwölkte, »Ihr glaubt also, Meister Peter, daß dieses Geschöpf noch ganz unschuldig ist und mit keinem Manne zu thun gehabt hat?«
»Wie will ein Mann mit einem solchen Aberglauben zurecht kommen! Sie hat sich einmal das in den Kopf gesetzt. Es ist allerdings etwas Seltenes um diese Nonnenhaftigkeit, die sich mitten unter diesen so leicht zugänglichen Zigeunerinnen bewahrt. Sie hat aber zu ihrem Schutz drei Dinge: den Herzog von Aegypten, der sie unter seine Obhut genommen hat, weil er vielleicht denkt, daß er eines Tages ihre Jungfrauschaft an irgend einen geilen Abt oder Priester gut verkaufen könne, ihren ganzen Stamm, der sie in besonderer Verehrung hält, wie wir unsere liebe Frau, und dann einen gewissen kleinen Dolch, den die Spitzbübin trotz des Verbots immer an einem verborgenen Orte bei sich führt, und der blitzschnell aus der Scheide fährt, wenn man sie umfassen will. Das ist eine Wespe, die gleich sticht!«
Der Archidiakonus bestürmte jetzt Peter Gringoire mit Fragen. Dieser erzählte was er wußte: Die Esmeralda sei ein niedliches und harmloses Geschöpf, ungekünstelt und leidenschaftlich, unwissend in Allem und begeistert für Alles, noch nicht, nicht einmal im Traume, den Unterschied zwischen einem Manne und Weibe kennend; Tanz, Geräusch, frische Luft liebend, eine Biene, mit unsichtbaren Flügeln an den Füßen. So sei sie durch das herumirrende Leben geworden, das sie von Jugend auf geführt habe. Peter Gringoire hatte erfahren, daß sie als Kind schon Spanien und Katalonien durchzogen hatte, und bis Sizilien gekommen war; er glaubte sogar, daß die Zigeunerhorde, der sie angehörte, sie bis nach Algier geführt habe. So viel sei gewiß, daß Esmeralda sehr jung aus Ungarn nach Frankreich gekommen. Aus allen diesen Ländern habe das junge Mädchen einige Lappen ihrer Sprache, Gesänge und seltsame Ideen mitgebracht. Das Volk liebe sie wegen ihrer Schönheit, ihrer Munterkeit, ihrer Tänze und Gesänge. Sie glaube sich in der ganzen Stadt von Niemand gehaßt, als von zwei Personen, von denen sie oft mit Entsetzen spreche: von der Klausnerin im Rolandsthurm, welche die Zigeunerin jedesmal verwünsche, so oft sie an ihrem Loch vorübergehe, und von einem Priester, der ihr nie begegne, ohne Blicke auf sie zu werfen, welche ihr Furcht einflößen.
Dieser letztere Umstand brachte den Archidiakonus in große Verlegenheit, ohne daß eben Peter Gringoire viel darauf achtete. Der harmlose Dichter schien bereits jene Nacht wieder vergessen zu haben, in welcher Quasimodo in Gesellschaft des Priesters Esmeralda entführen wollte.
Bei alle dem fürchtete die kleine Tänzerin nichts; sie gab sich nicht mit Wahrsagen ab und sicherte sich dadurch gegen jene Hexenprozesse, die damals so häufig waren. Peter Gringoire gewährte ihr, wenn auch nicht als Gatte, doch als Bruder seinen Schutz. Er war philosophisch genug, diese Art platonischer Ehe geduldig zu ertragen. Er hatte doch ein Obdach und Brod. Jeden Morgen zog er vom Hofe der Wunder aus, meistens mit der Aegypterin, half ihr auf den öffentlichen Plätzen die Spenden der Zuschauer einsammeln, und jeden Abend kehrte er mit ihr unter das nämliche Dach zurück; sie verriegelte sich in ihrem Kämmerlein und Meister Peter schlief den Schlaf des Gerechten. Ein sehr gemüthliches Dasein, sagte er, und ganz zu poetischen Träumereien geeignet! Im Uebrigen, wenn er sich auf sein Gewissen fragte, war unser Philosoph nicht ganz gewiß, wen er mehr liebe: Esmeralda oder ihre Ziege. Er sei ganz vernarrt in dieses niedliche, kluge, fast gelehrte Thier. Ueberhaupt seien die Kunststücke, welche die Ziege mache, höchst einfacher Art, und Esmeralda besitze ein besonderes Talent, sie darin abzurichten. So habe sie die Ziege in kurzer Zeit gelehrt, den Namen Phöbus mit beweglichen Buchstaben zu schreiben.
»Phöbus!« sagte der Priester. »Warum Phöbus?«
»Ich weiß es nicht,« antwortete der Poet. »Es ist vielleicht ein Wort, welchem sie geheime Zauberkraft zuschreibt. Sie wiederholt es oft halblaut, wenn sie sich allein glaubt.«
»Seid Ihr versichert,« fragte der Archidiakonus mit seinem durchdringenden Blicke, »daß es nur ein Wort und kein Name ist?«
»Name! wessen?«
»Was weiss ich?« sagte der Priester.
»Ich denke mir die Sache so: die Zigeuner haben etwas vom Glauben der Parsen und beten die Sonne an. Daher Phöbus.«
»Das scheint mir nicht so klar, als Euch, Meister Peter.«
»Nun, mir liegt nichts daran. Mag sie ihr Phöbus murmeln, so oft sie will. Das weiß ich gewiß, daß Djali mich fast eben so liebt, als ihre Herrin.«
»Was ist das, diese Djali?«
»Das ist die Ziege.«
Der Archidiakonus stützte sein Kinn in die Hand und schien einen Augenblick nachzusinnen. Plötzlich wendete er sich barsch gegen den Dichter.
»Und Du schwörst mir, daß Du sie nicht berührt hast?«
»Wen? die Ziege?«
»Nein, dieses Weib.«
»Mein Weib? Das kann ich wohl beschwören.«
»Und Du bist oft allein mit ihr?«
»Jeden Abend wohl eine Stunde.«
Der Priester runzelte die Stirne und sagte: »Solus cum sola, non cogitabuntur orare Pater noster. Bei meiner armen Seele, ich könnte das Pater noster, das Ave Maria und das Credo in Deum omnipotentem hersagen, ohne daß sie mehr auf mich Acht hätte, als eine Henne auf eine Kirche.«
»Schwöre mir bei dem Bauche Deiner Mutter,« fuhr der Priester heftig fort, »daß Du dieses Geschöpf nicht mit der Spitze Deines Fingers berührt hast.«
»Ich will es auch bei dem Kopfe meines Vaters beschwören, aber erlaubt mir dagegen auch eine Frage an Euch, mein sehr verehrter Meister.«
»Rede!«
»Was geht dieses Ding Euch an?«
Das bleiche Gesicht des Priesters röthete sich, wie die Wangen eines jungen Mädchens. Er schwieg einen Augenblick, dann erwiederte er in sichtbarer Verlegenheit: »Hört, Meister Peter Gringoire, Ihr seid noch nicht verdammt, so viel ich weiß. Ich nehme Antheil an Euch und will Euch wohl. Nun würde aber jede Berührung dieser höllischen Aegypterin Euch zum Vasallen des Teufels machen. Ihr wißt, daß immer der Leib die Seele verdirbt. Wehe Dir, wenn Du dieses Weib berührst!«
»Einmal,« sagte Peter Gringoire und kratzte sich hinter den Ohren, »habe ich den Versuch gemacht, es war gleich am ersten Tage; aber er ist mir schlecht bekommen.«
»Ihr habt diese Unverschämtheit begangen, Meister Peter?« fragte der Priester mit gerunzelter Stirne.
»Ein andermal,« sagte der Poet und lachte behaglich in sich hinein, »habe ich, ehe ich in’s Bett ging, durch das Schlüsselloch gesehen, und da sah ich das niedlichste Geschöpf im Hemde, das je den bloßen Fuß auf den Teppich setzte.«
»Geh zu allen Teufeln!« rief der Priester mit einem furchtbaren Blicke, stieß den Dichter an den Schultern von sich und verlor sich in den finsteren Gängen der Kirche.