Das Regiment der Arquebusiere von Munckholm, das wir auf dem Marsch nach Stongen verlassen haben, war in diese Stadt eingerückt. Nachdem der Oberst Baron Voethaün die nöthigen Anordnungen zur Einquartierung seiner Truppen, getroffen hatte, wollte er eben in seine Wohnung gehen, als er eine schwere Hand sich vertraulich auf seine Schulter legen fühlte. Er wendete sich um.

Vor ihm stand ein kleiner Mann, dessen großer Binsenhut sein Gesicht so bedeckte, daß man davon nur seinen dichten rothen Bart sah. Er war in einen grauen Mantel gewickelt und hatte große Handschuhe an.

»Was wollt Ihr von mir, guter Freund?« fragte der Oberst.

»Oberst der Arquebusiere von Munckholm,« erwiederte der Mann, »folge mir einen Augenblick, ich habe Dir eine Nachricht mitzutheilen.«

Bei dieser seltsamen Aufforderung blieb der Oberst einen Augenblick stumm vor Staunen.

»Eine wichtige Nachricht, Oberst!« wiederholte der Mann.

Dieses Beharren bestimmte den Entschluß des Obersten. In dem Augenblicke der Krisis, worin sich die Provinz befand, und bei der Mission, womit er beauftragt war, durfte man keine irgend nützliche Mittheilung von sich weisen. »So laß uns gehen!« sagte demnach der Oberst.

Der kleine Mann führte ihn vor die Stadt: »Oberst,« sagte er hier, »hast Du Lust, alle Rebellen mit einem Schlage zu vernichten?«

Der Oberst lächelte: »Dies hieße den Feldzug nicht übel eröffnen.«

»Nun denn, lege heute noch alle Deine Soldaten in den Schluchten des schwarzen Pfeilers in Hinterhalt; die Banden der Aufrührer werden diese Nacht daselbst lagern. Stürze Dich auf sie, und der Sieg wird leicht sein.«

»Wackerer Mann, der Rath ist gut, und ich danke Euch dafür. Aber woher wißt Ihr das, was Ihr mir da sagt?«

»Wenn Du mich kenntest, Oberst, so würdest Du vielmehr fragen, wie es möglich wäre, daß ich es nicht wüßte.« »Wer seid Ihr denn?«

Der Mann stampfte mit dem Fuße.

»Ich bin nicht hieher gekommen, Dir dies zu sagen.«

»Fürchtet nichts. Wer Ihr auch seid, der Dienst, den Ihr mir leistet, wird Euch zum Schutze gereichen. Vielleicht habt Ihr zu den Aufrührern gehört?…«

»Ich habe mich geweigert, an dem Aufstand Theil zu nehmen.«

»Warum dann Euern Namen verschweigen, da Ihr ein getreuer Unterthan des Königs seid?«

»Was liegt mir daran!«

Der Oberst suchte noch einige Erkundigungen von diesem seltsamen Menschen einzuziehen.

»Sagt mir doch, ist es wahr, daß der berüchtigte Han der Isländer die Aufrührer befehligt?«

»Han der Isländer!« wiederholte der Mann mit sonderbar gedehnter Stimme.

Der Oberst wiederholte seine Frage. Ein Auflachen, das fast einem Geheule glich, war die ganze Antwort, die er erhielt. Er versuchte noch mehr Fragen über die Zahl und die Anführer der Rebellen.

Der kleine Mann fertigte ihn mit den Worten ab: »Oberst der Arquebusiere von Munckholm, ich habe Dir Alles gesagt, was ich Dir zu sagen hatte. Lege Dich heute mit Deinem ganzen Regiment in dem Engpasse des schwarzen Pfeilers in Hinterhalt, um den ganzen Haufen der Rebellen mit einem Schlage zu vernichten.

»Wenn Ihr mir nicht sagt, wer Ihr seid, so entzieht Ihr Euch dadurch der Dankbarkeit des Königs; aber es ist billig, daß der Oberst Voethaün für den Dienst, den Ihr ihm leistet, Euch seinen Dank darbringe.«

Mit diesen Worten warf der Oberst dem kleinen Mann seine Börse vor die Füße. »Behalte Dein Gold, Oberst,« sagte dieser. »Ich brauche Dein Gold nicht,« fügte er hinzu, indem er auf einen schweren Geldsack deutete, der an seinem Gürtel befestigt war, »und wenn Du eine Belohnung verlangtest, um diese Leute zu tödten, so könnte ich Dir ihr Blut noch mit Gold bezahlen.«

Ehe noch der Oberst von dem Erstaunen zurückkam, worein ihn die unerklärbaren Worte dieses geheimnißvollen Wesens versetzt hatten, war der Mann verschwunden.

Der Oberst kehrte langsam in die Stadt zurück, und erwog bei sich, ob man wohl der Nachricht dieses Menschen Glauben schenken könne. Als er in seine Wohnung kam, überreichte man ihm ein Schreiben vom Großkanzler, worin ihm zu seiner Verwunderung der nämliche Rath ertheilt wurde, den ihm der mystische kleine Mann gegeben hatte.