Die Seribah Aliab

Eine Fahrt auf dem weißen Nile wird bis zur Eimündung des Sobat, wenn man aufwärts segelt, dadurch erleichtert, daß bei Anbruch des Tages sich regelmäßig ein guter Nordwind erhebt, welcher während des ganzen Tages kräftig in den Segeln liegt und erst am Abend einschläft, um am nächsten Morgen seine Arbeit von neuem zu beginnen. Hat man aber den erwähnten Fluß erreicht, so verliert sich der Wind entweder, oder man kann ihn wegen der unzähligen Krümmungen des Flusses nicht mehr recht benutzen. Man segelt dann nur, wenn der Nil die dazu geeignete Richtung hat, und muß in den Zwischenzeiten versuchen, mit Hilfe des Zugseiles und der Stoßstangen vorwärts zu kommen. Das ist eine schwere und mühselige Arbeit. Ist das Ufer so fest und trocken, daß die am Seite ziehenden Leute dort gehen können, dann ist man schon zufrieden. Bildet es aber Sümpfe, in denen man versinken würde, so müssen die Boote vorgespannt werden, welche das Schiff zu ziehen haben. Selbst dies ist dann nicht möglich, wenn die ganze Oberfläche des Flusses, was sehr häufig vorkommt, mit Omm Sufah-Strecken bedeckt ist, durch welche man nicht zu rudern vermag. Dann kann man nur bei den Stoßstangen Hilfe suchen. Oft bedarf man eines ganzen Tages, um das Fahrzeug durch ein einziges Omm Sufah-Feld zu bringen. Dann segelt man eine halbe Stunde lang über eine freie, offene Stelle des Stromes, um nachher auf eine noch längere und dichtere Schilfstrecke zu stoßen. Das ist außerordentlich, ja fast unausstehlich langweilig.

Dazu kommt die veränderte Scenerie der Ufer. Der Nil ist hier nicht der durch dürres Wüstenland gehende Fluß, dessen Feuchtigkeit nur dem nahen Ufergelände erlaubt, eine allerdings reiche Vegetation zu tragen, sondern er greift in vielen Haupt- und Nebenarmen über ein weites, niedriges, sumpfiges und meist dicht bewaldetes Gebiet. Dort herrscht das Fieber; dort werden die Stechfliegen zur entsetzlichen Plage; dort liegen riesige Krokodile zu hunderten im Schlamme; Nilpferde weiden auf dem Grunde des Flusses, und zahlreiche größere und kleinere Raubtiere bevölkern die dichten, oft undurchdringlichen Wälder. Man kann tagelang fahren, ohne einen einzigen freien Ausblick zu genießen. Das Wasser ist fast ungenießbar; das erlegte Wildbret fault schon nach zwei Stunden; der mitgenommene Proviant verdirbt, man möchte bezweifeln, daß Menschen hier zu existieren vermögen, und doch leben sie da, in ganzen Völkern, ganzen Stämmen, oft streng voneinander getrennt, oft eng vermischt und dennoch ihre charakteristischen Eigenschaften treu bewahrend.

Diese Menschen, die Bewohner, keineswegs aber die Herren des »schwarzen« Erdteils, sind alle mehr oder weniger von dunkler Farbe – Neger – – das vielgesuchte Wild der Sklavenjagden.

Der Weiße kommt, befreundet sich mit einem Negerstamme, erhält durch List oder für einen lumpigen Preis ein Gebiet abgetreten und errichtet auf demselben eine Niederlassung, Seribah genannt. Er ist im Besitze größerer Kenntnisse und überlegener Waffen; seine anfängliche Freundlichkeit verwandelt sich bald in Strenge; die Schwarzen fürchten ihn, während sie ihn vorher liebten.

Er läßt andere Weiße kommen, die er angeworben hat, Auswürfe aller Gegenden und Bevölkerungsklassen des Orients. Sie bringen Flinten und Pulver mit, suchen nebenbei durch schlechtes Baumwollenzeug, Branntwein, Tabak, Glasperlen die Schwarzen zu ködern. Sie sind gekommen, um Elfenbein zu suchen, weißes in Gestalt von Elefantenzähnen und schwarzes in – menschlicher Gestalt.

Der Scheik des schwarzen Stammes wird mit seinen Leuten gewonnen, indem man einen Anteil der Beute verspricht. Der Raubzug beginnt. Die weißen Teilnehmer nennen sich Asaker; sie sind Offiziere, Unteroffiziere und gewöhnliche Asaker; sie wagen am wenigsten und nehmen den Löwenanteil des Raubertrages für sich. Die Schwarzen sind nicht Soldaten; sie müssen die schwersten Arbeiten verrichten, Kundschafterdienste thun, sich den größten Gefahren aussetzen, die vordersten beim Angriffe sein und erhalten so viel oder so wenig, daß die ihnen gewährten armseligen Vorschüsse sich mit dem ihnen zufallenden Anteile gewöhnlich aufheben oder gar der Rest in Schulden besteht.

Bei größeren und besser organisierten Jagdgesellschaften giebt es auch schwarze Soldaten, die aber gegen die Weißen immer im Nachteile sind. Der Besitzer einer Seribah zahlt den Sold vom Raube aus, mag derselbe nun in Menschen oder Rinderherden bestehen. Die schwarzen Asaker bekommen die alten oder kranken Sklaven und Kühe, von denen sie keinen Nutzen haben.

Und wie wird eine solche Ghasuah, eine solche Sklavenjagd arrangiert und ausgeführt? Nun, ganz genau in derselben Weise, wie ein Einbrecher verfährt, welcher sich mit fremdem Gute bereichert und früher oder später dem Zuchthause verfällt. Nur ist der Sklavenjäger ein ganz klein wenig schlimmer als der Einbrecher, da er Menschen stiehlt, ganze, große Dörfer verheert und entvölkert, und während er hundert Sklaven macht, wenigstens ebensoviel Greise und Kinder als für sich unbrauchbar umbringt. –

Seit unserer Abfahrt von Faschodah waren drei Wochen vergangen, und wir lagen am Einflusse des Rohl in den Bahr el Dschebel. Den Verhältnissen Rechnung tragend, konnten wir mit unserer Fahrt zufrieden sein. Der »Falke« war scharf gebaut; er gehorchte dem Winde, dem Zugseile und den Stoßstangen viel williger als ein schwerfälliger Noquer und ging leichter als ein solcher durch die vielen Schilffelder, welche wir zu durchschneiden hatten. Seine innere Einrichtung bot mehr Bequemlichkeit als diejenige eines Sklavenschiffes. Unsere Vorräte hatten sich gut erhalten. Wir fingen Fische, schossen täglich Wild, hatten eine gute Schiffsapotheke und besaßen Mosquitonetze für alle Mannen. Unser Gesundheitszustand war darum ein verhältnismäßig ganz vortrefflicher.

Leider hatten wir im See No eine kleine Havarie erlitten, welche uns drei volle Tage aufgehalten hatte, und es fehlte uns ein Lotse, welcher die Gegend kannte. Der eigentliche Steuermann des »Falken« und der alte Abu en Nil, sie kannten beide den Fluß nur bis zu dem See No. Seit wir aus demselben in den Bahr el Dschebel eingebogen waren, befanden wir uns in beinahe vollständiger Unkenntnis derjenigen Flußverhältnisse, mit denen wir in Betracht unserer Aufgabe wenigstens ebenso vertraut wie Ibn Asl hätten sein müssen.

Wir suchten die Seribah Aliab. Wo lag dieselbe? Mehrere unserer Leute hatten behauptet, sie leicht finden zu können; aber jetzt zeigte es sich, daß sie sich zu viel zugemutet hatten. Da, wo wir jetzt lagen, begann die Landschaft Aliab. Die daselbst wohnenden Nuehr-Neger nennen sich Aliab; eine Seribah Aliab aber war schlechterdings nicht zu entdecken. Hier und da war uns ein einsam rudernder Neger begegnet, und wir hatten uns erkundigt, leider aber nichts erfahren.

Unsere Bemannung bestand aus den eigentlichen Matrosen, den gemieteten Takaleh und hundert Soldaten, welche unter einem Hauptmann standen. Mochte die Mannschaft Ibn Asls noch so stark sein, wir fürchteten uns nicht.

Der Strom war hier am Einflusse des Rohl sehr breit. Die Sonne brannte förmlich nieder, und kein bewaldetes Ufer bot Schatten. Es gab nur Schilf und nichts als Schilf. Die Leute hatten sich mit den Stoßstangen anstrengen müssen und waren ermüdet; darum hatten wir Anker geworfen, um auszuruhen und die größte Hitze vorüber zu lassen. Das war mir zu langweilig, und ich beschloß, das kleine Boot zu besteigen, um irgend etwas Eßbares zu schießen. Ich wurde nämlich als Proviantmacher des Schiffes betrachtet, da ich meist im Boote voraus war, um zu jagen.

Ben Nil begleitete mich wie gewöhnlich. Ich nahm ihn gern mit, da man nicht gut stets schußfertig sein kann, wenn man das Ruder zu führen hat. Zuweilen bat mich der kleine Djangeh-Knabe, ihn mitzunehmen, und ich erfüllte ihm dann und wann die Bitte, weil er sich kindlich über alles freute, was ich schoß. Dieser Knabe und seine Schwester waren, wie bereits früher erwähnt, ihrem Djangeh-Stamm geraubt und nach Kairo gebracht worden, wo sie im Dienste des Mokkadem arbeiten, ihm alles Geld abliefern mußten und dafür Hunger zu leiden hatten und Prügel bekamen. Ich hatte sie aus dieser Sklaverei befreit und auf den »Falken« gebracht, wo sie sich jetzt noch befanden. Sie wurden ihren Kräften angemessen beschäftigt, gut verpflegt und mit Liebe behandelt. Da sie mir ihre Befreiung zu verdanken hatten, war es kein Wunder, daß sie mir eine ganz besondere Zuneigung erwiesen. Wir hegten die Absicht, sie ihrem Stamme zurückzubringen, hatten aber noch keine Gelegenheit dazu gefunden.

Jetzt schlief der Knabe, weshalb ich nur Ben Nil aufforderte, mich zu begleiten. Wir stiegen in das Boot und stießen vom Schiffe ab. Der Bahr el Dschebel hatte mir schon viele Beute geliefert, darum steuerte ich jetzt dem Rohl entgegen, um zu sehen, ob ich auf diesem Nebenflusse ebenso glücklich sein werde.

Leider war die Zeit nicht günstig. Die Hitze war zu groß und die Tierwelt lag wie zum Tode erschöpft. Um die Glut ohne Schaden auszuhalten, mußten wir uns von Zeit zu Zeit Kopf und Brust befeuchten. So glitten wir wohl eine Stunde lang zwischen Omm Sufah-Inseln aufwärts; dann meinte Ben Nil, daß es wohl geraten sei, nun umzukehren. Ich wollte aber nicht ohne Beute zurückkommen und stand im Boote auf, um besser Umschau halten zu können. Da sah ich oberhalb der Stelle, an welcher wir uns befanden, einen Gegenstand, welcher sich abwärts auf uns zu bewegte. Oben hell und unten dunkel, konnte er aus solcher Entfernung für einen großen Schwimmvogel mit dunklern Körper und weißem Kopf und Hals gehalten werden. Ich setzte mich schnell wieder nieder, um nicht gesehen zu werden, und gebot Ben Nil, das Boot an eine Schilfinsel anzulehnen, wo wir hinter den hohen Stengeln versteckt waren.

Ich nahm das Gewehr in die Hand, bereit, dem Vogel einen Schuß zu geben, ganz gleich, zu welcher Art er gehöre.

Nach einiger Zeit hörten wir ein schnell sich näherndes Plätschern. Ich legte an. Der Vogel erschien, und zwar gerade in Schußlinie. Herrgott, fast hätte ich abgedrückt! Es war kein Vogel, sondern ein Mensch, ein Schwarzer. Der Neger saß in einem leichten, dunklen Kahne und war nur mit einer westenartigen Leinwand bekleidet, welche seine schwarzen, muskulösen Arme frei ließ. Den Kopf hatte er in ein weißes Tuch gehüllt. Darum hatte er in seinem Kahne, von vorn gesehen, einem Vogel mit weißem Kopfe und Hals geglichen.

»Ein Mensch, ein Neger!« flüsterte Ben Nil. »Wollen wir ihm nach?«

»Natürlich! Vielleicht erfahren wir von ihm etwas über die Seribah Aliab. Lege dich in das Zeug! Er rudert schnell, und wir müssen ihn einholen.«

Ben Nil griff in die Riemen. Wir schossen hinter der Schilfinsel hervor und dann im Fahrwasser des Schwarzen dahin. Ben Nil war, wie bereits erwähnt, ein tüchtiger Ruderer; wir näherten uns dem Neger so schnell, daß er bald das Geräusch hörte. Er drehte sich um, sah uns, erschrak und begann nun, zu rudern, als ob er fliehen wolle. Er wollte uns entkommen. Das war verdächtig.

Von jetzt an kamen wir ihm nicht näher. Wir vertauschten daher die Plätze. Ich nahm die Ruder, und Ben Nil setzte sich an das Steuer. Ich war kräftiger als er. Die Ruder bogen sich unter meinem Drucke.

»Wir holen ihn, Effendi, wir holen ihn! Mach‘ so fort!« meinte Ben Nil.

Nach einer Minute sagte er, daß die Entfernung nur noch die Hälfte betrage. Darauf aber rief er:

»Er will zur Seite entkommen, zwischen die Schilfinseln hinein!«

»Nimm mein Gewehr, und schieß den rechten Lauf ab! Aber triff ihn nicht etwa!«

Der Schuß krachte und fast gleichzeitig hörte ich einen Schrei vor uns. Ben Nil hielt das Gewehr noch angelegt und berichtete mir, da ich mit dem Rücken nach vorn saß:

»Er hält an; er sieht mich schußbereit; er hat Angst und zieht die Ruder ein.«

»So laß mich wieder an das Steuer! Ich will selbst mit ihm sprechen.«

Wir wechselten die Plätze wieder. Der Neger hatte die Ruder im Boote liegen und erwartete uns. Sein nicht unhübsches Gesicht drückte halb Furcht, halb Trotz aus.

»Zu welchem Volke oder Stamme gehörst du?«

»Ich bin ein Bongo,« antwortete er.

»Wo willst du hin?«

»Nach Faschodah. Ich möchte gern Soldat werden und habe gehört, daß man dort Asaker braucht.«

»Das ist sehr wahr. Du wirst wohl angenommen werden.«

»Denkst du, o Herr? – Kennst du vielleicht diese Stadt?«

»Ja. Ich komme von dort her.«

Er wollte etwas sagen, verschluckte es, öffnete aber doch noch den Mund, um es hören zu lassen:

»Kennst du den Sangak der Arnauten?«

»Sehr gut.«

»Lebt er noch?«

»Warum sollte er tot sein?«

»Weil – weil – weil – –!«

Er stockte. Ich nahm das Steuer in die rechte, das Gewehr in die linke Hand und sagte ihm in strengem Tone:

»Bursche, du belügst uns. Du bist kein Bongo, denn da würdest du eine braunere Farbe haben; du aber bist tiefschwarz. Auch hat ein Bongo die Stirne niemals so tätowiert wie du. Wir werden uns näher kennen lernen. Da unten liegt unser Schiff. Du kannst es von hier aus nicht sehen. Rudere langsam vor uns her; wir folgen dir. Sobald du einen Versuch machst, uns zu entweichen, schieße ich dich durch den Kopf.«

Der Mann sah ein, daß Widerstand vergeblich sei, tauchte sein Ruder in das Wasser und bewegte sich langsam stromabwärts. Wir folgten ihm in demselben Tempo. Als wir den »Falken« erreichten, mußte er, so wie wir mit dem unsrigen thaten, sein Boot anbinden und dann mit uns das Deck besteigen. Er that dies mit der Miene eines Mannes, der sich seiner Unschuld bewußt ist, doch bemerkte ich gar wohl die besorgten Blicke, welche er um sich warf. Er war keineswegs so unbefangen, wie er sich den Anschein geben wollte. Der Reis Effendina, welcher bekanntlich von seinen Untergebenen Emir genannt wurde, erkundigte sich, warum ich ihn an Bord gebracht habe. Ich teilte es ihm mit. Er musterte den Neger und meinte dann:

»Er hat ein ganz harmloses Aussehen. Warum sollte er sich für einen Bongo ausgeben, wenn er keiner ist?«

»Aus irgend einem Grunde, den wir gewiß erfahren werden. Betrachte sein Gesicht! Die Tätowierung ist ganz eigenartig: in der Mitte der Stirn ein senkrechter Schnitt, von welchem nach beiden Seiten Linien, welche aus lauter Punkten bestehen, sich bogenförmig nach dem Scheitel und den Schläfen ziehen. In dieser Weise tätowieren sich, wenn ich mich nicht irre, die Dinka, aber niemals die Bongo. Er hat mich belogen, und das muß natürlich einen Grund haben. Daß er Soldat werden will, ist nicht wahr, und daß er mich nach dem Sangak der Arnauten fragte, muß den Verdacht natürlich nur noch erhöhen. Ich habe große Lust, ihn für einen Boten zu halten, welchen irgend jemand zu dem Sangak sendet.«

»Doch nicht etwa Ibn Asl?!«

»Entweder dieser oder ein anderer Sklavenhändler.«

»Wäre das richtig, so hätte dieser Schwarze für uns einen hohen Wert. Wollen ihn doch noch einmal vornehmen.«

Er gebot dem Neger, die Wahrheit zu sagen, und bedrohte ihn für den entgegengesetzten Fall mit schwerer Strafe, bekam aber ganz dieselben Antworten, welche ich vorher erhalten hatte. Nun wurde der Mann untersucht. Man fand nichts bei ihm, obgleich sich die Nachforschung sogar auf sein Haar erstreckte. Dasselbe war bis auf einen dünnen Büschel auf dem Scheitel glatt geschoren, was man auch nur bei den Dinkastämmen findet. Auch in seinem Boote fand man nichts.

Was war zu thun? Der Verdacht, welchen ich gegen diesen Neger hegte, war meiner vollsten Überzeugung nach ein sehr wohlbegründeter, aber wir konnten ihm nichts beweisen und hatten also kein Recht, ihn festzuhalten. Als ihm eröffnet war, daß er seine Kahnfahrt fortsetzen könne, fragte ich ihn, ob er wisse, wo die Seribah Aliab liege. Da überflog er mit einem forschenden Blicke unser Schiff, den Emir und mich und antwortete:

»Ja, ich weiß es.«

Dieser sein Blick war sehr beredt gewesen: ich schloß aus demselben, daß der Schwarze wußte, auf welchem Fahrzeuge er sich befand und welche Personen er vor sich hatte. Wenn ich mich damit nicht in einem Irrtume befand, mußte er auf uns aufmerksam gemacht worden sein, und zwar von wem? Doch nur von Ibn Asl. Daraus war die Veranlassung zu ziehen, seine Aussagen nur mit Vorsicht aufzunehmen.

»Nun, wo liegt sie?« fragte ich.

»Da oben,« meinte er, indem er mit der Hand den Hauptfluß aufwärts deutete, »in der Gegend, welche Bahita genannt wird, vier Tagereisen weit.«

»Was für Leute wohnen dort?«

»Ein Stamm des Schur-Volkes.«

Er gab diese Antworten langsam. Man sah und hörte, daß er sich jedes Wort, ehe er es aussprach, überlegte. Dabei besaß er nicht die nötige Gewalt über sein Gesicht, einen Zug wohlgefälliger Pfiffigkeit zu unterdrücken. Er freute sich innerlich über den Bären, welchen er uns aufzubinden meinte. Ich that so, als ob ich ihm glaube und fragte:

»Weißt du das genau? Bist du vielleicht dort gewesen?«

»Ich war dort,« behauptete er, indem er in die Falle ging, welche ich ihm mit meiner letzten Frage gestellt hatte.

»So! Dann weißt du also ganz bestimmt, was du sagst. Wie aber kommt es denn, daß nicht die Schur, sondern die Tuitsch jene Gegend bewohnen?«

»Die Tuitsch?« sagte er verlegen. »Die sind nicht dort.«

»O doch! Sie sind am rechten Ufer des Flusses, während am linken die Kytsch ihre Hütten haben. Das Gebiet der Schur beginnt viel, viel weiter westlich. Und die Entfernung soll nur vier Tagesfahrten betragen? Das sagst du, um uns bereitwilliger zu machen, nach Bahita zu segeln. Ich aber kenne die richtige Entfernung. Wir würden Bahita, selbst wenn wir stets günstigen Wind hätten, nicht unter fünfundzwanzig Tagen erreichen. Du bist unvorsichtig gewesen, denn deine Lüge war zu grob, zu handgreiflich.«

»Ich lüge nicht, Effendi!« beteuerte er.

»Effendi? Du gibst mir diesen Titel? Also kennst du mich?«

Seine Verlegenheit wuchs, doch antwortete er schnell:

Ach nenne jeden vornehmen Weißen so.«

»Also hältst du mich für einen vornehmen Mann und bildest dir dennoch ein, klüger zu sein als ich? Du irrst. Du willst uns in die Irre führen; wir aber werden uns hüten, uns nach deinen Unwahrheiten zu richten.«

»Herr,« rief er aus, »ich habe nichts als die Wahrheit gesagt!«

»Von allem, was du gesagt hast, ist nur das Eine wahr, daß du die Seribah kennst. Du willst haben, daß wir sie nicht finden, und hast daher eine falsche Richtung angegeben. Ich nehme gerade das Gegenteil für wahr an. Die Seribah liegt nicht am Haupt-, sondern am Nebenflusse, nicht am Bahr el Dschebel, sondern am Rohl, welchen du herabgerudert kamst. Sage mir doch, wem die Seribah Aliab gehört! Da du dort gewesen bist, mußt du es wissen.«

»Sie gehört – gehört – –« stotterte er verlegen – – »einem Weißen, dessen Namen ich vergessen habe.«

»Sage lieber, dessen Namen du nicht nennen willst, weil du nicht wünschest, von uns für einen Bekannten von ihm gehalten zu werden. Er heißt Ibn Asl. Erinnerst du dich?«

»Ja,« gab er zögernd zu.

»Schön! Du kennst diesen Mann. Du warst bei ihm. Du gehörst zu den Dinka, welche er unten am weißen Nile angeworben hat. Er sandte dich mit einer Botschaft an den Sangak der Arnauten in Faschodah und hat dich darauf aufmerksam gemacht, daß du uns möglicherweise unterwegs begegnen wirst. Er hat dir unser Schiff, den Reis Effendina und auch mich beschrieben und dir gesagt, wie du dich verhalten sollst, falls du mit uns zu sprechen kommst. Willst du so frech sein, dies abzuleugnen?«

Sein Verstand reichte nicht zu, einzusehen, daß ich nur durch eine ganz einfache, natürliche Logik zu diesen Behauptungen gekommen war. Er sah mir betroffen in das Gesicht, blickte dann zu Boden und – schwieg.

»Antworte!« forderte ich ihn im scharfen Tone auf.

»Es ist nicht so, wie du denkst,« versicherte er. »Ich bin ein Bongo und will nach Faschodah, um Soldat zu werden. Das habe ich dir schon gesagt und kann auch jetzt nichts anderes sagen.«

Diese Hartnäckigkeit hätte mich wohl in einige Verlegenheit gebracht, wenn nicht in diesem Augenblicke etwas ganz Unerwartetes geschehen wäre. Der Djangeh-Knabe, welcher, wie bereits erwähnt, geschlafen hatte, war erwacht und kam mit seiner Schwester auf die Gruppe zu, welche sich um den Emir, mich und den Neger gebildet hatte. Als sein Blick auf diesen letzteren fiel, blieb er wie versteinert stehen, starrte ihn mit großen, weitgeöffneten Augen an und schrie dann mit gellender Stimme auf:

»Agadi, Aba-charang!«

Diese Worte waren nicht arabisch, sondern aus dem Dialekte des Stammes, welchem die beiden Negergeschwister angehörten. Sie bedeuteten: Agadi, mein Vatersbruder! also: mein Oheim. Der Angeredete hatte die Kinder nicht bemerkt. Als er seinen Namen hörte, wendete er sich schnell zu ihnen um. Sie eilten auf ihn zu und er erkannte sie. Seine Überraschung war so groß, daß er sich, ohne sich zu bewegen, von ihnen umschlingen ließ. Sie weinten, nein, sie heulten vor Freude und kletterten an ihm empor. Da löste sich seine Erstarrung in einem schrillen Schrei des Entzücken. Er drückte sie an sich; er tanzte mit ihnen über das ganze Deck und brüllte dazu Worte, welche ich nicht verstand, weil sie nicht der arabischen, sondern der Dinkasprache angehörten, von welcher mir nur einige Worte und Redensarten bekannt waren. Nach einiger Zeit wurde er ruhiger und setzte sich mit ihnen nieder. Sie führten ein buntes, sehr lebhaftes Gespräch, welches wohl eine halbe Stunde währte.

Wir störten sie natürlich nicht und warteten das Ergebnis dieser Unterredung ruhig ab. Als er alles erfahren hatte, stand er auf, kam mit freudestrahlendem Angesichte auf mich zu, machte mir eine tiefe, sehr ehrerbietige Verbeugung und sagte, jetzt natürlich in arabischer Sprache:

»Effendi, verzeihe mir! Ich wußte nicht, daß diese Kinder hier seien und was du an ihnen gethan hast. Du bist ein guter, ein sehr guter Herr und kein so schlechter, böser Mann, wie ich vorher dachte.«

»Ah, also hast du mich doch gekannt?«

»Ja. Als ich euch da oben auf dem Flusse begegnete, wußte ich nicht, wer du warst; aber als ich das Schiff sah, erkannte ich, wen ich vor mir hatte.«

»Ich habe also vorhin richtig vermutet, wir sind dir beschrieben worden?«

»Ja, und zwar so genau, daß ich mich jetzt wundere, dich nicht sogleich erkannt zu haben. Ibn Asl that es.«

Zu dessen Kriegern du gehörst?«

»Ja, ich gehöre zu den Djangeh, welche er gemietet hat, ich bin sogar der Anführer derselben.«

»Du sollst eine Botschaft nach Faschodah bringen?«

»So ist es. Einen Brief an den Sangak der Arnauten, welcher Ibn Mulei heißt.«

»Wir haben ihn nicht gefunden. Du mußt ihn sehr gut versteckt haben. Wo ist er?«

»Effendi, ich habe Ibn Asl mein Wort gegeben, ihn nur an den Sangak abzuliefern.«

»Du bist ein ehrlicher Mann; Ibn Asl ist aber ein Schurke, der dich wahrscheinlich betrügen will.«

»Mich betrügen? – Wieso?«

»Du bist der Anführer der Djangeh-Krieger, und er kann dich als solchen unmöglich missen. Wenn er dich dennoch entfernt hat, so ist zu vermuten, daß er gegen deine Leute Absichten hegt, welche keine ehrlichen sind. Hatte er keinen andern, keinen Weißen, den er senden konnte? Deine Leute sollen führerlos sein. Verstanden?«

Er blickte sinnend und finster vor sich nieder. Dann sagte er:

»Ibn Asl sagte, daß es gerade ein großer Beweis seines Vertrauens sei. Er kann nichts Schlimmes gegen meine Djangeh vorhaben, denn er bedarf ihrer; ohne sie kann er keine Sklaven jagen.«

»Das ist wahr. Er wird mit ihrer Hilfe Sklaven fangen. Aber dann, wenn er sie nicht mehr braucht – –?! Wie nun, wenn er ihnen dann nicht nur ihren Lohn nicht auszahlt, sondern sie selbst zu Sklaven macht?«

Er sah mich erschrocken an. Er brauchte Zeit, sich ein solches Verhalten als möglich zu denken. Dann rief er aus:

»Effendi, kann denn so etwas überhaupt geschehen?«

»Ibn Asl ist jede, auch die größte Schlechtigkeit zuzutrauen. Und was für Menschen hat er bei sich? Frage deine jungen Verwandten, den Knaben und das Mädchen!«

»Sie haben mir alles, alles gesagt. Du hast sie errettet. Du hast schon viele andere Sklaven erlöst. Du weißt alles vorher. Dein Auge schaut in die Zeit, welche erst später kommt. Solltest du auch hier richtig gesehen haben! Dann wehe Ibn Asl! Wenn ich nur erfahren könnte, ob du recht hast!«

»Das ist sehr leicht zu erfahren. Es steht jedenfalls in dem Briefe geschrieben. Gieb ihn mir.«

»Aber – aber – –!«

Seine Ehrlichkeit sträubte sich, das ihm Anvertraute in unsere Hände gelangen zu lassen. Er kämpfte mit sich. Endlich entschied die Sorge um sich und die Seinen, und er entschied:

»Effendi, der Mensch darf nicht nur ehrlich sein, sondern er muß auch klug sein. Hat Ibn Asl Schlimmes gegen uns vor, so hilft meine Ehrlichkeit nichts dagegen.«

»So sage, wo du den Brief hast!«

Ich war neugierig, das Versteck zu erfahren, da wir ihn und sein Boot auf das genaueste durchsucht hatten, ohne etwas zu finden. Er antwortete:

»Das Schreiben steckt in einem kleinen Thongefäße, welches unten am Boden meines Bootes befestigt ist.«

Das Boot, welches sehr leicht war, wurde an Bord gezogen. Am Kiele desselben hing ein kleines, phiolenartiges Thonfläschchen, dessen Öffnung mit Harz verschlossen war. Wir schnitten es ab und zerbrachen es. Der Inhalt bestand in einem beschriebenen Papierblatte. Der Emir nahm das letztere, um es zu lesen, schüttelte den Kopf, betrachtete es abermals, schüttelte wieder den Kopf und fragte mich dann.

»Verstehst du persisch, Effendi?«

»Ja. Aber wie käme Ibn Asl zur Kenntnis dieser Sprache? Und auch der Sangak, welcher den Brief doch lesen soll, müßte sie verstehen. Ist der Brief denn persisch geschrieben? Zeig her!«

Er gab mir den Brief. Ich betrachtete die Zeilen, welche mit Tinte und Feder geschrieben waren; aber das war weder arabisch noch persisch. Ich konnte die Worte zwar lesen, fand sie aber vollständig unverständlich, bis ich auf die Idee kam, daß Ibn Asl sich wahrscheinlich einer bekannten Vorsichtsmaßregel bedient habe, damit der Brief, falls er in falsche Hände kommen sollte, nicht gelesen werden könne.

Das Arabisch wird bekanntlich von rechts nach links geschrieben; ich versuchte also, von links nach rechts zu lesen, und siehe da, es ging. Der Brief lautete:

»Ich sende dir Agadi, den Anführer meiner Dinkakrieger. Ich habe ihm gesagt, daß wir zu den Rohl ziehen, um sie zu Sklaven zu machen. Mein Zug ist aber gegen die Gohk gerichtet, was er jetzt noch nicht wissen darf, da dieselben zu den Dinkavölkern gehören. Sende mir sofort fünfzig oder mehr Asaker, welche weiß sein müssen, nach. Sie mögen mich auf der Seribah Aliab erwarten. Wenn ich von meinem Zuge dorthin zurückkehre, so werde ich mit Hilfe dieser Weißen die hundertfünfzig Dinkakrieger auch zu Sklaven machen. Dann brauche ich sie nicht zu bezahlen und werde noch Geld für sie bekommen. Ich entfernte den Anführer, damit sie nur mir zu gehorchen haben, und beauftrage dich, dafür zu sorgen, daß er nicht zu mir zurückkehrt. Ich erfuhr, daß der christliche Effendi bei dir war, und konnte doch nicht kommen, weil er uns entfloh und wir deshalb sehr schnell fort mußten. Da ich deine Klugheit kenne, bin ich überzeugt, daß dir sein Entkommen keinen Schaden bereitet hat. Er weiß nichts von der Seribah Aliab und wird uns also nicht finden, so viel er auch nach uns sucht. Und falls er davon erfahren hat, wird er diesem Dinka Agadi begegnen, dem ich Unterricht gegeben haben, ihn irre zu führen.«

Das war der Inhalt des Briefes, welcher weder Auf- noch Unterschrift hatte. Ich las ihn dem Emir vor. Der Djangeh hörte es und fragte, als ich fertig war:

»Wer ist der Dinka, von welchem die Rede ist?«

»Du selbst bist es und mit den Dinkakriegern sind deine Leute gemeint. Hast du hundertfünfzig Mann bei dir?«

»Ja. Wir sollen mit gegen die Rohl ziehen, um sie zu Sklaven zu machen.«

»Du hast aber gehört, daß der Zug nicht gegen diese, sondern gegen die Gohk gerichtet ist.«

»Das sind unsere Brüder. ich gebe es nicht zu!«

»Du bist doch nicht mehr dort und kannst also nichts dagegen thun. Seit du fort bist, haben deine Leute Ibn Asl zu gehorchen, und er wird ihnen sagen, daß du mit dem Zuge gegen die Gohk einverstanden bist. Kommen sie dann zurück, so werden sie zu Sklaven gemacht und verkauft, anstatt ihren Lohn zu erhalten. Und du, nun, du wirst in Faschodah sterben, falls du hingehst und diesen Brief abgiebst.«

Er sah mich mit ungläubigen Augen an. Er, der Neger, der Heide, konnte eine solche Schlechtigkeit nicht begreifen. Ich kam ihm zu Hilfe, indem ich ihm in kurzen Worten erzählte, was ich von Ibn Asl wußte, und das war mehr als genug, dem Manne zu zeigen, in welche Hände er geraten war. Als ich zu Ende gesprochen hatte, rief er aus:

»Effendi, erlaube mir, das Schiff zu verlassen! Ich muß fort, augenblicklich nach der Seribah zurück, um meine Leute zu warnen und mich an Ibn Asl zu rächen!«

Er wendete sich hastig von mir ab; ich hielt ihn am Arme zurück und antwortete:

»Bleib! Du kannst zwar gehen, wenn es dir beliebt, denn du bist frei und nicht mehr unser Gefangener, aber ich rate dir, bei uns zu bleiben. Du vermagst nun wohl nichts mehr zu ändern und gehst dem sichern Tode entgegen.«

»Ich werde Ibn Asl töten, nicht aber er mich!<

»Du kennst ihn nicht. Was bist du gegen ihn! Und – würdest du ihn denn noch auf der Seribah treffen?«

»Nein, denn er wollte die Ghasuah sofort beginnen. Ich muß ihm nach. Den Weg, den er eingeschlagen hat, werde ich auf der Seribah erfahren.«

»Du irrst. Man würde dich dort festnehmen und ermorden. Du allein vermagst nichts, gar nichts. Darum rate ich dir eben, bei uns zu bleiben. Mit uns kommst du wohl noch schneller nach der Seribah, als wenn du dich auf deine Ruderkraft verlassen mußt. Dann stehst du unter unserm Schutze. Wir eilen Ibn Asl nach und nehmen ihn und alle Weißen gefangen. Dann sind deine Djangeh gerettet.«

»Du hast recht, Effendi. Wenn ihr es erlaubt, werde ich bei euch bleiben. Wer hätte das gedacht! Ihr wurdet uns als die größten Feinde der schwarzen Völker beschrieben, und ich nahm mit Freuden den Auftrag, euch im Falle der Begegnung zu täuschen, an. Jetzt sind die Feinde zu Freunden und die Freunde zu Feinden geworden. Ich gab euch einen falschen Weg an. Ihr solltet den Bahr el Dschebel aufwärts segeln. Nun aber werde ich euch den Rohl aufwärts führen, um euch nach der Seribah Aliab zu bringen.«

»Wieweit liegt sie von hier?«

»Wir werden wahrscheinlich fünf oder sechs Tage brauchen.«

»Kennst du die Lage der Seribah genau?«

»Natürlich! Sie liegt am rechten Ufer des Flusses, uns also, wenn wir kommen, zur linken Hand.«

»Giebt es dort Berge?«

»Nein. Die Gegend ist vollständig eben. Wald und nichts als Wald. Die Seribah ist ganz von einem Dickicht umgeben, durch welches kein Mensch dringen kann. Als sie von Ibn Asl angelegt wurde, hat er viele Bäume umhauen lassen, die noch am Boden liegen. Zwischen ihnen sind andere emporgewachsen, dazwischen Sträucher und Schlinggewächse, wodurch der Wald um die Seribah einer Mauer gleicht, durch die man nicht zu kommen vermag.«

»Doch nur auf drei Seiten. Die Flußseite muß offen sein.«

»Sie ist ebenso verschlossen, und nur an einer einzigen Stelle befindet sich ein Eingang, welcher mit Balken und Dornen versetzt werden kann.«

»So ist diese Seribah ja die reine Festung!«

»Ja. Ibn Asl behauptet, daß sie von zehn Männern leicht gegen mehrere Hundert verteidigt werden könne.«

»Wenn die letzteren kein Geschick haben, ja. Wie ist das Innere beschaffen?«

»Es ist ein großer, viereckiger Platz, auf welchem wohl zwanzig runde Tokuls aus Schlamm und Schilf stehen. Sie sind sehr fest. Einen Tokul bewohnt Ibn Asl selbst, in zweien befinden sich die Vorräte, und in den übrigen halten sich die Asaker auf.«

»Natürlich wohnen die jetzigen Gäste Ibn Asls auch in solchen Hütten. Du hast diese Personen doch gesehen?«

»Alle. Sie befanden sich ja mit auf dem Schiffe, welches uns nach der Seribah brachte. Da gab es einen Weißen, welcher Abd el Barak hieß – –«

»Das ist der Mokkadem der Kadirine, aus dessen Händen ich die Kinder deines Bruders befreite. Weiter!«

»Ein anderer wurde Muza’bir genannt, und ein dritter war ein Türke, ein sehr dicker Mann. Bei ihm befand sich seine Schwester, welche von zwei weißen und zwei schwarzen Mädchen bedient wurde.«

»Weißt du, weshalb diese Türkin mitgekommen ist?«

»Um das Weib In Asls zu werden.«

»Die Hochzeit sollte auf der Seribah gefeiert werden. Ist sie schon vorbei?«

»Nein. Man will damit warten bis nach der Rückkehr von dem Sklavenzuge.«

»Weißt du, wer und wie viele sich an demselben beteiligen?«

»Alle, außer dem Türken, welcher seine Schwester nicht verlassen wollte, und zehn weißen Asakern, über welche ein alter, lahmer Feldwebel das Kommando führt. Aber Effendi, das könnte ich euch alles unterwegs sagen. Warum verliert ihr die Zeit, indem ihr hier liegen bleibt? Seht ihr nicht, daß der Wind die Wasser des Nils kräuselt?«

»Du hast recht, wir müssen den Anker lichten. Aber gut war es, daß wir hier liegen blieben, sonst wären wir den Bahr el Dschebel hinaufgesegelt und hätten dich nicht getroffen.«

Man lichtete den Anker, raaete die Segel in den Wind, und dann ging der »Falke« von seinem bisherigen Kurse rechts ab und in den Rohl hinein.

Dieser Nebenfluß war nicht so breit wie der Bahr el Dschebel, führte aber doch eine Wassermenge, welche weit größere Schiffe, als das unsere war, zu tragen vermochte. Ich habe schon gesagt, daß es in dieser Gegend nur Schilf und nichts als Schilf gab. Wir fuhren bis gegen Abend immer nur zwischen Omm Sufah-Inseln hin. Dann besäumten sich die Ufer mit grünen Büschen; der Baumwuchs stellte sich wieder ein, und dann gab es rechts und links nur Wald, dichten, geschlossenen Wald. Dabei wurde der Strom frei vom Schilfe, und wir hatten eine leichtere Fahrt. Nach Sonnenuntergang leuchteten die Sterne. Wir konnten weit sehen, und so war es uns möglich, die ganze Nacht hindurch zu fahren.

Dieses Glück begünstigte uns auch in den nächsten Tagen, sodaß wir eine außergewöhnlich rasche Fahrt machten und unser Ziel eher erreichten, als zu vermuten gewesen war. Schon am Abende des vierten Tages erklärte uns der Djangeh, die Seribah liege uns so nahe, daß wir sie in einer Stunde zu erreichen vermöchten. Wir mußten also stoppen und legten am rechten Ufer des Flusses an.

Jetzt galt es die Frage, was gethan werden solle. Sollten wir morgen, am hellen Tage, offen bei der Seribah anlegen? Das war nicht geraten, weil der Zugang zu derselben so leicht zu verteidigen war. Die Besatzung konnte uns trotz ihrer lächerlich geringen Zahl sehr zu schaffen machen. Übrigens war es doch noch nicht so sehr gewiß, ob Ibn Asl die Niederlassung schon verlassen hatte; es konnte sehr leicht ein Grund zur Verzögerung eingetreten sein. Darum hielt ich es für geraten, noch während dieses Abends eine Rekognoscierung vorzunehmen, und der Emir stimmte mir bei. Er hätte sich gern daran beteiligt, hielt es aber für seine Pflicht, auf dem Schiffe zu bleiben.

Ich brauchte zwei auf dem Wasser erfahrene Leute und suchte mir infolgedessen Ben Nil und seinen Großvater Abu en Nil aus. Natürlich mußte uns der Djangeh begleiten, da nur er wußte, wo die Seribah lag. Es war vielleicht neun Uhr abends, als wir vom Schiffe stießen.

Ben Nil und sein Großvater ruderten. Ich saß am Steuer, und der Djangeh hatte sich am Buge des Bootes niedergekauert. Die Sterne funkelten am Himmel und die Wasser strahlten ihre leuchtenden Bilder wider. In einer halben Stunde hatten wir den Aufgang des Mondes zu erwarten.

Wir hielten uns zunächst auf der Mitte des Flusses. Als wir aber eine halbe Stunde gerudert waren und uns der Seribah näherten, hielten wir auf das Ufer zu, um in den Schatten der Bäume zu kommen. Der Djangeh versicherte zwar, daß während seiner Anwesenheit kein Posten den Eingang bewacht habe, aber jetzt, wo sich nur noch zehn Mann da befanden, stand zu erwarten, daß der alte Feldwebel vorsichtiger sein werde. Wir mußten uns also so nähern, daß wir von einem etwaigen Wächter nicht bemerkt werden konnten.

Jetzt wurden die Sterne bleicher, denn der Mond ging auf, war aber noch nicht zu sehen, da er hinter dem Walde stand, der, indem wir leise an ihm vorüberglitten, einer dunklen Mauer glich, in welcher es keine wenn auch noch so kleine Lücke gab. Der Djangeh machte den Kommandanten des Bootes. Er deutete im leisesten Tone an, wie gerudert und wie gesteuert werden sollte. Die Ruder wurden dabei so vorsichtig eingetaucht und bewegt, daß sie kein hörbares Geräusch verursachten. Endlich flüsterte der Neger:

»Hier ist die Mischrah. Wir müssen anlegen.«

»Aber nicht an der Mischrah selbst, sondern vorher, an einem Baume!« verbesserte ich ihn.

Mischrah ist Landeplatz. Dorthin durfte das Boot nicht kommen, da es in diesem Falle von einem etwaigen Posten gesehen werden mußte. Wir konnten in der dichten Wand des Waldes eine Lücke bemerken, welche ungefähr zwanzig Schritte breit war. Das war der Landeplatz. Er stieg vom Wasser, immer schmäler werdend, zur Höhe des Ufers empor und endete an den Balken und Dornen, mit denen der Eingang zur Seribah verschlossen war.

Ich steuerte das Boot nach einem Baume, welcher halb im Wasser, halb am Ufer stand. Der Djangeh erhob sich vorn im Boote, um dasselbe am Baume zu befestigen, welcher aber eine lange, starke Wurzel in das Wasser herausstreckte. Sie war, vorzüglich hier im Schatten, nicht zu sehen; das Boot streifte auf und legte sich auf die Seite; der Djangeh verlor das Gleichgewicht, stürzte in den Fluß und stieß dabei einen sehr lauten Schreckensruf aus, da er wußte, daß es an dieser Stelle des Flusses Krokodile gab. Er ging unter, kam wieder empor und wurde von Ben Nil beim Arme ergriffen und festgehalten. Weiter oben gab es einige Sand- oder Schlammbänke. Ein dunkler Streifen zog sich von dort her schnell auf uns zu. Der Djangeh, weicher ängstlich um sich blickte, sah denselben und rief, im höchsten Grade erschrocken:

»Ein Krokodil, ein Krokodil! Hebt mich hinein!«

Er befand sich allerdings in größter Gefahr. Ich sprang vom Steuer auf, faßte ihn beim andern Arme, ein Ruck von mir und Ben Nil, und der Bedrohte flog herein in das Boot, welches dabei so ins Schwanken kam, daß es zu kentern drohte. Schon verschwand der Rand unter dem Wasser; da stieß das Krokodil mit dem Kopfe gegen denselben, zu unserm Glücke, denn das Boot wurde dadurch wieder aufgerichtet. Ben Nil versetzte der Bestie einen Ruderhieb auf die Schnauze, daß es unter der Oberfläche verschwand.

Nun wurde das Boot an dem Stamme befestigt, und wir blieben wohl zehn Minuten lang still sitzen, um zu lauschen. Als sich nichts regte, nahmen wir an, daß der Schrei und die Worte des Negers nicht gehört worden seien, und ich schickte mich an, auszusteigen.

»Nicht du allein!« flüsterte Ben Nil mir zu. »Nimm mich mit, Effendi!«

Da wir einen solchen Lärm verursacht hatten, hielt ich es für besser, zu zweien zu sein, und erteilte ihm also die erbetene Erlaubnis. Wir stiegen aus, da wo die Ecke des Waldes an das Wasser und an die Mischrah stieß. Ich hatte kein Gewehr mitgenommen und war nur mit dem Messer und den beiden Revolvern versehen.

Sobald unsere Füße den Boden berührten, kauerten wir uns nieder, um abermals eine Weile zu lauschen. Es herrschte das tiefste Schweigen um uns her, und nichts Verdächtiges war zu hören. Eben stieg der Mond über den Bäumen empor und ergoß sein Licht über den freien Raum der Mischrah. Wir konnten dieselbe überblicken. Sie lag so hell vor uns, daß selbst eine darüber hinweghuschende Maus unsern Blicken nicht zu entgehen vermocht hätte. Wir standen also auf, um hinaufzusteigen und zu untersuchen, in welcher Weise der Eingang zur Seribah verschlossen war. Der Verschluß bestand aus starken Pfählen, welche durch sehr dichtes Dorngeflecht verbunden waren, und hatte eine Höhe von gewiß zwölf Fuß.

»Da ist nicht durchzukommen, Effendi,« flüsterte Ben Nil mir zu. »Wir müssen umkehren.«

»Es war auch gar nicht meine Absicht, in die Seribah einzudringen,« antwortete ich ihm ebenso leise. »Laß uns sehen, ob diese Pfähle in die Erde gerammt sind. Die Leute müssen doch einen bequemen Durchgang haben, falls dieser Verhau sich als gar zu fest erweist, muß ich annehmen, daß hier irgendwo ein Schlupfloch vorhanden ist.«

Ich bückte mich nieder, um den unteren Teil der Pfähle zu untersuchen. Da ertönte neben mir ein Schrei von Ben Nils Stimme. Ich wollte mich rasch aufrichten, bekam aber einen Hieb auf den Kopf, daß ich die Besinnung verlor. – –

Als ich wieder zu mir kam, war ich mit Stricken geschnürt wie eine ägyptische Mumie mit Leinwandbinden und lag in einem Tokul, in welchem ein Feuer brannte, dessen Rauch durch eine im Dache gelassene Öffnung zog. Neben mir lag Ben Nil, ebenso gefesselt wie ich. Als er sah, daß ich die Augen öffnete, sagte er:

»Allah sei Dank, daß du erwachst! Ich hielt dich für tot, Effendi.«

Mein Kopf schmerzte mich. Es flimmerte mir vor den Augen, und um die Ohren summte es wie ein Bienenschwarm. Ich sah, daß wir uns allein befanden, und antwortete:

»Hat man dich auch niedergeschlagen wie mich?«

»Nein.«

»So kannst du erzählen, wie es zugegangen ist, daß wir uns hier befinden, wahrscheinlich in einem Tokul der Seribah.«

»Leider ja. Wir befinden uns da, trotzdem du sagtest, daß es gar nicht deine Absicht sei, hier einzudringen. Nun, eingedrungen sind wir freilich nicht, aber eingedrungen worden. Du hattest diese Worte eben ausgesprochen, als ich von hinten gepackt wurde. Ich schrie laut auf, denn ich wendete den Kopf und sah hinter dir einen Menschen stehen, welcher mit einem Ruder ausholte, um dich auf den Kopf zu schlagen. Der Hieb fiel, und du brachst wie tot zusammen. Es waren drei oder vier starke Kerle, welche mich hielten; sie wollten mich niederreißen; ich wehrte mich aus Leibeskräften, doch vergeblich.«

»Hoffentlich haben unsere beiden Genossen bemerkt, was geschehen ist.«

»Ich habe dafür gesorgt, daß sie es hörten, denn während ich mit den Angreifern rang, bin ich nicht still gewesen, sondern habe sie angeschrieen, damit mein Großvater es hören sollte.«

»Er wird mit dem Djangeh sofort nach dem Schiffe zurückgekehrt sein, um Hilfe zu bringen. Erzähle weiter.«

»Du hattest von einem Schlupfloche gesprochen, Effendi, und mit dieser Vermutung das richtige getroffen. Als man mich niedergerungen und einstweilen mit einer Schnur gebunden hatte, wurde ein Strauch zur Seite geschoben, und es entstand dadurch eine Lücke, durch welche ein Mann in gebückter Stellung kriechen konnte. Wir wurden durch diese Öffnung gebracht und hierher getragen, wo man mich noch besser fesselte und auch dich mit Stricken ganz umwickelte.«

»War Murad Nassyr, der dicke Türke, dabei?«

»Nein. Ich sah lauter unbekannte Gesichter.«

»Gut. Zunächst möchte ich wissen, was die Leute, welche uns überfielen, eigentlich da draußen zu thun hatten. Standen sie etwa Posten? Das thut nur einer.«

»Ich weiß es, Effendi. Ich entnahm es aus ihren Reden. Sie haben Fische stechen wollen. Du weißt, daß dies nur des Nachts geschieht. Man brennt am Ufer, oder auf einem Boote ein Feuer an, dessen Schein die Fische anlockt. Sie werden mit der Lanze gestochen. Die Männer waren eben durch das Schlupfloch gekrochen, um sich an das Wasser zu begeben, als sie unsern Djangeh schreien hörten. Sie blieben stehen, horchten und sahen uns beide kommen. Wir kamen an der linken Seite der Mischrah herauf, sie zogen sich in den tiefen Schatten der rechten Seite zurück und ließen uns ganz herankommen, um uns dann festzunehmen. Einer von ihnen hatte ein Ruder. Er war es, der dich mit demselben schlug. Meinst du, daß wir wieder loskommen werden?«

»Ich hoffe stets, also auch jetzt. Der Emir ist ja da.«

»Aber wenn man uns umbringt, noch ehe er kommt!«

»Mit diesem Gedanken haben wir allerdings zu rechnen. Wir sind unsern Feinden schon wiederholt entkommen, und um dies jetzt zu verhüten, können sie leicht auf den Gedanken geraten, uns sofort das Leben zu nehmen. Es ist zu verwundern, daß sie uns so allein lassen und keinen Wächter herstellen. Still, man kommt!«

Wir hörten Schritte. Die Matte, welche die Thüre bildete, wurde entfernt, und dann traten einige Männer ein, voran der dicke Murad Nassyr, hinter ihm der alte Feldwebel, wie ich an seinem hinkenden Gange erkannte. Der erstere stellte sich vor mich hin, strich sich behaglich den Bart und sagte in höhnischem Tone:

»Bist du wieder da? Hoffentlich wirst du uns deinen Besuch jetzt länger schenken. Oder beabsichtigst du auch heute, so schnell wieder zu verschwinden?«

Ich antwortete nicht; er wendete sich an den Feldwebel:

»Sieh, das ist der Christenhund, von welchem wir euch erzählt haben. Diese verdammte Kreatur setzt uns sogar bis hierher nach. Dies soll aber der letzte Weg sein, den er in seinem Leben macht. Ich schwöre bei Allah, daß er von hier nicht fortkommen soll! Er und sein Gefährte müssen sterben!«

»Ich habe nichts dagegen,« antwortete der Feldwebel. »Du bist an Ibn Asls Stelle jetzt Gebieter hier, und so bin ich dir Gehorsam schuldig. Wollen wir sie sofort hinausführen und erschießen?«

»Erschießen? Das wäre ein viel zu schneller Tod. Sie sollen langsam, sehr langsam sterben und mehrere Todesarten zu gleicher Zeit erleiden. Das ist eine längst beschlossene Sache. Wir müssen Todesarten finden, an denen noch niemand gestorben ist, Todesarten, bei denen es Schmerzen giebt, welche noch kein Mensch erduldet hat. Jetzt ist es Nacht. Ich will ihre Qualen sehen; ich will jeden Zug ihrer heulenden Gesichter beobachten. Das kann erst am Tage geschehen. Warten wir also, bis es licht geworden ist.«

»Sollen sie bis dahin hier liegen bleiben?«

»Nein, sondern wir werfen sie in die Dschura ed dschaza, wo sie so tief und sicher liegen, daß wir sie gar nicht zu bewachen brauchen. Indessen können wir den unterbrochenen Fischfang wieder aufnehmen. Unser Fleisch ist zu Ende; wir müssen Fische haben. ist das Boot der beiden Hunde in Sicherheit gebracht worden?«

»Ja. Es hing am äußersten Baume der Mischrah. Wir zogen es an das Ufer und können es nun gleich mit zum Fischestechen benutzen.«

»Das ist gut. Zwei Boote geben doppelten Fang. Wir sind zehn Asaker, der Feldwebel und ich. In jedes Boot fünf Männer, können zwei in der Seribah bleiben, um sie zu bewachen, was übrigens gar nicht nötig ist.«

»Ich halte es im Gegenteile für sehr nötig,« meinte der Feldwebel. »Meinst du, daß die beiden Feinde sich allein hier befinden? Könnten sie nicht auf dem Schiffe des Reis Effendina gekommen sein?«

»Ich werde sie fragen, und wehe ihnen, wenn sie mir nicht antworten, oder mir gar die Unwahrheit sagen!«

Er wendete sich jetzt wieder mir zu, trat mich mit dem Fuß auf den Leib und erklärte mir, indem er sein Messer zog.-

»Jedes Schweigen auf meine Fragen kostet dir einen Finger. Das merke dir. Ich scherze nicht. Sieh hier das Messer! Giebst du nicht sofort Antwort, so schneide ich. Du hast, als ihr bei Faschodah uns entkamt, mich laut verhöhnt; das wird dir nun vergolten. Ich werde dir beweisen, daß ich Herr über dich, über dein Leben und über alle deine Glieder bin! Bist du allein hierher gekommen?«

Dieser Türke machte Ernst. Es konnte mir nicht einfallen, zu schweigen; aber noch viel weniger fiel es mir ein, ihm die Wahrheit zu sagen, da es mein Leben galt. Eins war mir noch unerklärlich. Man hatte unser Boot gefunden und sich desselben bemächtigt; aber man sprach nicht von Abu en Nil und dem Djangeh, welche sich doch darin befunden hatten. Wohin waren die beiden geraten? Sie hatten des Boot verlassen. Zu welchem Zwecke? Um uns zu retten? Ich traute dem alten Steuermann keinen so männlichen Entschluß zu. Auch war er wohl kaum der Mann, denselben auszuführen. Es wäre für die beiden am klügsten gewesen, sofort nach dem Schiffe zurückzukehren und dasselbe noch während der Nacht herbeizuholen.

Daß der Türke in unserer Gegenwart vom Fischfange sprach, war eine Dummheit von ihm. Wir wurden dadurch mit der Situation bekannt, und es konnte sich uns doch immerhin eine Gelegenheit bieten, dieselbe auszunützen. Ich antwortete auf seine Frage:

Ach bin nur mit Ben Nil hier.«

»Wo ist der Reis Effendina?«

Ich that, als ob ich mit der Sprache nicht gern heraus wollte, da bückte er sich zu mir nieder, ergriff meinen linken Daumen, setzte das Messer an denselben und drohte:

»Antworte, sonst schneide ich! Wo ist er?«

»Er ist drüben im Bahr el Dschebel und sucht nach euch.<,

»Warum bist du nicht bei ihm?«

»Weil ich nicht glaubte, daß eure Seribah da drüben sei.«

»Wer es hat euch denn gesagt, daß sie drüben am Bahr el Dschebel liegt?«

»Ein Bongo-Krieger, Agadi.«

»Ah, also doch! Wohin wollte er?«

»Nach Faschodah, um Soldat zu werden.«

»Ihr habt ihn wohl auf euer Schiff genommen und ihn durchsucht?«

»Ja. Aber wir fanden nichts.«

»Fragtet ihr nach unserer Seribah?«

»Nein, denn wir kannten deren Namen nicht; aber wir fragten ihn nach Ibn Asl, und da sagte er, daß er ihn kenne, Ibn Asl habe eine Seribah Aliab droben in der Gegend, welche Bahita heißt.«

»Ihr glaubtet es?«

»Der Reis Effendina glaubte es, ich aber traute dem Manne nicht; darum nahm ich, als der Reis Effendina im Bahr el Dschebel aufwärts segelte, das Boot und ruderte mit Ben Nil den Rohl empor, um nach euch zu suchen.«

»Ich habe gehört, daß du bei Ibn Mulai, dem Sangak der Arnauten, warst. Wie geht es diesem?«

»Gut. Dieser Kerl ist schuld, daß ich Faschodah verlassen mußte. Ich hatte entdeckt, daß er es mit den Sklavenjägern hält; er hatte mich gefangen genommen und zu euch schaffen lassen. Es gelang mir, zu entkommen. Ich zeigte ihn in Faschodah an; aber er besaß das Vertrauen des Mudir in einem solchen Grade, daß dieser nicht mir, sondern ihm glaubte. Ich mußte fort und war froh, daß ich nicht die Bastonnade bekam.«

»Dir ist sehr recht geschehen,« lachte der Türke. »Wenn es dir leid thut, dort keine Prügel bekommen zu haben, so kannst du dich trösten, denn wir werden das hier nachholen. Also der Bongo-Krieger Agadi wollte in Faschodah Soldat werden? Hatte er Hoffnung, angenommen zu werden?«

»Ja. Er wollte sich direkt an den Sangak der Arnauten wenden.«

»Ihr seid albern, außerordentlich albern! Ihr seid die Söhne und Enkel der Dummheit und des Unverstandes. Ihr dünkt euch klug und weise zu sein und seid doch so albern, daß es einen erbarmen möchte. Weißt du, wer dieser Bongo eigentlich war?«

»Nun?«

Der dicke Türke hatte einen sehr überlegenen, triumphierenden Ton angenommen. Er glaubte, daß wir überlistet worden seien, und das that ihm, den Allah nicht mit einem hervorragenden Verstand begabt hatte, außerordentlich wohl. Er antwortete in stolzem Tone auf meine kurze Frage:

»Er ist gar kein Bongo, sondern ein Dinka. Wir haben hundertfünfzig Dinka gemietet, und er ist der Anführer dieser Krieger.«

»Alle Teufel!« rief ich aus, indem ich mich überrascht stellte.

»Ja,« lachte er. »Ihr seid in eine prächtige Falle gegangen. Er hatte einen sehr wichtigen Brief bei sich. Hättet ihr diesen erwischt, so hätte es uns schlimm ergehen können. Ihr seid aber viel zu dumm, hinter so etwas zu kommen. Er war auch angestellt, euch irre zu leiten. Er sollte euch in den Bahr el Dschebel schicken.«

»Nun, mich hat er doch nicht irre geführt!«

»Aber die andern!«

»Ich habe euch gefunden!«

»Was nützt euch das? ihr beide werdet morgen früh hingerichtet. Der Reis Effendina braucht einen ganzen Monat, um hinauf nach Bahita zu kommen. Es sind von heute an wenigstens fünfzig Tage nötig, bevor er, nachdem er seinen Irrtum eingesehen hat, uns hier finden kann. Dann ist Ibn Asl längst zurück und wird ihn so willkommen heißen) daß er das Fortgehen für alle Zeiten vergißt.«

»Allah, Allah!« rief ich aus. »Dieser Dinka ist ein großer Schurke gewesen!«

»Ein gescheiter Kerl war er, zehnmal klüger als ihr alle zusammengenommen! Du bist so verrückt gewesen, die Tollkühnheit zu besitzen, zu zweien eine feindliche Seribah aufzusuchen. Jetzt kommt der Lohn; jetzt kommt die Strafe. Du bist in den sichern Tod gelaufen. Und nun sage mir doch einmal, wie war es dir denn auf dem Schiffe der Faschodah möglich, aus meiner Kajüte hinunter in das Boot zu kommen?«

»Ich hatte zwei Messer mit,« log ich, da ich seine Schwester nicht verraten durfte. »Ihr hattet das eine nicht gefunden. Es fiel mir aus der Tasche, und so war es uns Möglich, einander die Fesseln zu durchschneiden. Dann kletterten wir an der Ankerkette hinab in das Wasser und schwammen nach dem Boote, welches noch am Schiffe hing.«

»So, also so ist es zugegangen! Nun, da wollen wir uns heute doch besser vorsehen. Man sagte mir zwar, daß euch alles abgenommen worden sei, aber ich werde euch doch lieber noch einmal durchsuchen lassen, und dann werdet ihr in die Dschura ed dschaza geworfen, welche ihr erst früh verlassen werdet, um in den Tod zu gehen.«

Dschura ed dschaza heißt zu deutsch Grube der Strafe. Die Asaker bei den Sklavenfängern sind nämlich sehr unbotmäßige, verwilderte Menschen, denen es nicht darauf ankommt, sich zuweilen gegen ihre Herren aufzulehnen. Aus diesem Grunde sind Gefängnisse nötig. Da sich aber ein Tokul, ein so leichtes Bauwerk, wie es in jenen Gegenden ganz ausschließlich giebt, nicht dazu eignen würde, so gräbt man einfach fünf oder mehr Meter tiefe senkrechte Gruben, in welche die Verbrecher geworfen werden. Sie können da nicht entfliehen, weil die glatten, senkrechten Wände unmöglich zu erklettern sind. Eine solche Grube wird Dschura ed dschaza, Grube der Strafe, genannt.

Da die Seriben fast alle am Nil liegen und die Gruben tief sind, so kann man sich denken, daß der Grund derselben feucht, moderig, ja schlammig ist, daß allerhand Unrat da abgeworfen wird, allerhand Ungeziefer dort sein Wesen treibt und ich mich nicht gerade begeistert fühlte, als ich hörte, daß ein solches Loch uns zum Aufenthalte dienen sollte.

Wir wurden noch einmal sehr genau durchsucht und dann hinaus ins Freie und nach der Grube geschleift, neben der eine Art Leiter lag. Die Länge derselben ließ erraten, daß das Loch ungewöhnlich tief sei. Man legte diese Leiter hinein, ließ uns auf derselben hinabgleiten und zog sie dann empor.

»Schlaft wohl!« rief uns von oben herab der Türke noch höhnisch zu. »Allah gebe euch angenehme Ruhe und noch angenehmere Träume!«

Das waren dieselben Worte, welche mich schon einmal hatten ärgern sollen und die ich dann wieder zurückgegeben hatte. Würde ich sie auch heute ihm wiedergeben können? Wohl schwerlich! ja, wenn der alte Steuermann mit dem Dinka auf das Schiff zurückgekehrt wäre, dann hätten wir auf Rettung hoffen können. Doch gab ich den Mut nicht ganz auf.

Die Sklavenjäger hatten sich entfernt. Die Sterne leuchteten zu uns herab, und um uns raschelte und kribbelte und krabbelte es. Wir waren nicht die einzigen lebenden Wesen in diesem nächtlichen Aufenthalte, was aber leider kein Trost für uns war.

Wir glaubten, ohne Beaufsichtigung zu sein; aber nach einiger Zeit rief uns eine Stimme von oben zu:

»Wie befindet ihr euch, ihr Hunde? Habt ihr mit den Skorpionen und Ratten schon Brüderschaft gemacht?«

Wir antworteten nicht. Es war Unsinn, uns einen Wächter zu geben, denn selbst wenn wir ungefesselt gewesen wären, hätten wir nicht hinauf gekonnt. Wir hatten gehört, daß zehn Personen fischen gehen wollten. Zwei waren zurückgeblieben. Einer saß hier bei uns; der andere befand sich jedenfalls vorn am Eingange der Seribah. Nach wenigen Minuten hörten wir unsern Wächter wieder sprechen.

»Wer kommt da?« fragte er.

Er erhielt eine Antwort; wir vernahmen sie zwar, konnten aber die Worte nicht verstehen.

»Habt ihr euch denn anders angezogen?« fragte er dann. »Ich kenne euch doch nicht. Es ist ein Schwarzer dabei. Bleibt stehen, sonst – – o Allah, Allah!«

Dieser letztere Ruf erstickte in einem Röcheln. Wir hörten ein Stampfen und Strampeln; es wurde still; dann fragte eine halblaute Stimme in die Grube herab:

»Effendi, seid ihr da unten?«

»Ja,« antwortete ich. »Wer ist’s?«

»Ich, der Steuermann, Abu en Nil. Allah sei Dank, daß wir dich haben! Ist mein Enkel bei dir?«

»Ja. Leg die Leiter an und komme herab, um uns die Stricke loszuschneiden!«

»Gleich, gleich!«

Er schob die Leiter herein und kam herabgestiegen. In wenigen Sekunden befanden wir uns wieder in dem Besitze unserer Freiheit.

»Wunderst du dich nicht, mich hier zu sehen?« fragte er. »Wir sind – –«

»Jetzt nicht erzählen!« unterbrach ich ihn. »Erst hinauf! Eher fühle ich mich nicht sicher.<,

Ich stieg hinan. Großvater und Enkel folgten mir. Oben angekommen, sah ich unsern Wächter am Boden liegen. Der Dinka kniete bei ihm und hatte beide Hände um seinen Hals geschlungen.

»Ist er tot?« fragte ich.

»Nein,« antwortete der Schwarze. »Er bewegt noch die Beine.«

Und der Steuermann fügte hinzu:

»Wir wollten ihn nicht ganz erwürgen, weil er uns sonst keine Auskunft erteilen kann.«

»Das war sehr klug von euch. Laßt ihn los! Wollen sehen, ob wir ihn zum Sprechen bringen.«

Der Dinka nahm seine Hände weg, und ich kniete bei dem Manne nieder, nur seinen Arm ergreifend, damit er nicht plötzlich aufspringen und fortlaufen könne. Er holte wieder frei Atem, bewegte den Kopf, öffnete die Augen und sah mich an.

»Weißt du, wer ich bin?« fragte ich.

»Der Effendi,« stieß er, noch mühsam sprechend, hervor.

»Wo ist der Murad Nassyr, der Türke?«

»Fischen, unten gleich an der Mischrah.«

»Wo ist der Feldwebel?«

»Auch fischen mit acht Asakern.«

»So ist noch ein Askari hier in der Seribah. Wo befindet er sich?«

»Am Eingange. Wenn ich pfeife, so kommt er.«

»Wo sind die Sachen, welche man uns abgenommen hat?«

»Im Tokul des Türken, da rechts, der zweite von hier.«

»Der Tokul ist sehr groß. Wohnt die Schwester des Türken mit bei ihm?«

»Ja, mit ihren Dienerinnen.«

»Sind die Männer, welche fischen gegangen sind, mit Pistolen und Flinten bewaffnet?«

»Nein. Sie haben nur ihre Messer und die Fischlanzen mit. Gewehre und Pistolen befinden sich in dem Tokul, den wir zehn bewohnen. Es ist die erste Hütte links hier.«

Ich hatte den Mann gar nicht darauf aufmerksam gemacht, uns nur die Wahrheit zu sagen, Er antwortete in solcher Angst, daß man seinem Tone anhörte, er getraue sich nicht, eine Lüge zu ersinnen. Ich nahm ihm alles, was er bei sich hatte, ab, gebot meinen drei Gefährten, sich einstweilen hinter die nächste Hütte zu verstecken, und befahl dem Askari, als sie fort waren:

»Nun pfeif deinem Kameraden!«

Er that es und bekam vom Eingange her einen Pfiff zur Antwort.

»Jetzt schnell hinab in die Grube mit dir!« gebot ich ihm. »Schnell, sonst werfe ich dich hinunter! Und wenn du einen Laut von dir giebst, ist es um dich geschehen!«

Er stieg eiligst hinab. Ich glaubte, die Leiter noch emporziehen zu können, fand aber keine Zeit mehr dazu, denn ich sah den zweiten Askari schon kommen. Ich setzte mich nieder, damit er nicht meine ganze Gestalt sehen und an derselben erkennen könne, daß er es mit einem andern zu thun habe.

Er sah das Ende der Leiter aus der Grube ragen, was seine Aufmerksamkeit von mir ablenkte. Er war noch fünfzehn Schritte entfernt, da rief er schon:

»Was ist das? Du hast ja die Leiter angelegt! Sollen die Gefangenen entkommen? Heraus damit!«

Er sprang herbei und faßte die Leiter an. Da schnellte ich auf und nahm ihn bei der Kehle, riß ihn nieder und gebot ihm:

»Schweig! Keinen Laut, sonst bist du des Todes!«

Der Schreck war ihm in die Glieder gefahren; er bewegte sich nicht. Als ich ihm den Hals frei gab, starrte er mich an und murmelte.

»Der Effendi! O Allah, Allah!«

Ich winkte meinem Gefährten herbei. Wir leerten dem Manne den Gürtel und die Taschen; dann mußte auch er in die famose Dschura ed dschaza hinab und wir zogen die Leiter heraus.

Jetzt galt es zunächst, uns der Waffen der Asaker zu versichern, weshalb wir uns in den uns bezeichneten Tokul begaben. Der Dinka war hier bekannt. Er suchte im Finstern nach der Stelle, an weicher, wie er wußte, kienene Späne lagen, und eilte dann nach dem Tokul, in welchem ich von meiner Betäubung erwacht war. Dort brannte das Feuer wahrscheinlich noch. Er kehrte mit dem brennenden Spane zurück, und wir hatten also die nötige Beleuchtung. Außerdem fanden wir eine thönerne Lampe, welche mit Palmöl gefüllt war.

An der kreisrunden Wand hingen zehn Gewehre und noch mehr Pistolen, alle geladen. Wir nahmen diese Waffen an uns und gingen dann nach dem Tokul, welcher uns als Wohnung des Türken bezeichnet worden war. Ich freute mich darauf, dort seine Schwester zu sehen. Als wir in die vordere Abteilung traten, war es in derselben finster; aber durch den Mattenvorhang schimmerte aus der zweiten, hintern Abteilung Licht. Ich schob ihn zurück und trat hinein. Die »Damen« saßen beim Kaffee. Kumra, zu deutsch die Turteltaube, die Schwester des Türken, saß in der Mitte der Abteilung auf einem Teppiche; daneben kauerten die vier Dienerinnen um einen thönernen Topf, in welchem Holzkohlen brannten. Auf demselben stand ein zweiter Topf mit kochendem Wasser, in welchen Fatma soeben die zerstampften Bohnen schüttete. Alle fünf starrten mich wortlos an, so erschrocken waren sie über mein Erscheinen.

Ich bin sonst gern so rücksichtsvoll wie möglich gegen Damen, jetzt aber war ich äußerst rücksichtslos, was mir aber, wie ich aufrichtig gestehe, selbst heutigen Tages noch keine Gewissensbisse macht. Erstens kam ich nicht zur vorgeschriebenen »Visitenzeit«; zweitens betrat ich einen Harem, was bekanntlich streng verboten ist, und drittens war meine Erscheinung so wenig salonfähig, daß ich jetzt, wo ich dies niederschreibe, die Augen, allerdings nur für zwei Sekunden, niederschlage. Hatte mein Anzug schon während der langen Fahrt und der vorherigen Erlebnisse bedeutend gelitten, so war ihm nun vorhin in der schlammigen Grube der »letzte Rest« gegeben. Mein Aussehen war nichts weniger als gentlemanlike. Dazu meine Bewaffnung! Ich hatte nämlich von den Waffen, welche wir an uns genommen hatten, drei Flinten überhängen und vier Pistolen im Gürtel stecken – ein Rinaldini in Lehm! Trotz dieser für einen Damenbesuch wenig geeigneten Äußerlichkeiten kreuzte ich die Hände auf der Brust, verbeugte mich und sagte:

»Muhammed, der Prophet der Propheten, verleihe eurem Tranke die Wohlgerüche des Paradieses! Meine Seele dürstet nach Erquickung. Darf ich euch um einen Findschahn bitten?«

Da bekam die Turteltaube ihre Sprache.

»Der Effendi!« rief sie, indem sie aufsprang. »Ich denke, du liegst im Loche gefangen!«

»Wie du siehst, ist dies nicht mehr der Fall.«

»Ich wollte – wollte – – wollte dich gern befreien, wußte aber nicht, wie ich es dieses Mal anfangen könne.«

»Ich danke dir, du lieblichste und beste unter den Jungfrauen! Du hast mir schon einmal die größte der Wohlthaten erwiesen; heute durfte ich nicht wieder auf dich rechnen. Ich bin gekommen, um eine andere Bitte an dich zu richten, die nämlich, diesen Harem nicht eher zu verlassen, bis ich dir gesagt habe, daß du die vordere Abteilung des Tokuls wieder betreten darfst.«

»Warum?«

»Es könnte dich oder deine Dienerinnen eine Kugel treffen.«

»Allah, eine Kugel! Du willst kämpfen? Mit wem?«

»Mit dem Feldwebel und seinen Asakern.«

»Also auch mit meinem Bruder?«

»Ja, wenn er sich wehren sollte.«

»Allah, Allah! Du bist ein starker und ein kühner Mann. Du wirst ihn sicher besiegen; du wirst ihn töten!«

»Nein. Meine Dankbarkeit verbietet mir, dein Herz zu betrüben. Ich werde deinen Bruder schonen. Das kann ich aber nur dann, wenn ihr euch vollständig ruhig verhaltet.«

»Wir werden es, Effendi, wir werden es! Wir werden hier bleiben. Wir gehorchen. Ich verspreche es dir, Effendi!«

Sie hob die Hände beteuernd zu mir empor. Sie vergaß, daß sie unverschleiert war, und so hatte ich zum zweitenmal die »Wonne«, ihr Angesicht schauen zu dürfen, dies wunderlich verkniffene Gesicht, welches mich, wie bereits einmal gesagt, so lebhaft an die sächsische Löffelhändlerin aus Beierfeld bei Schwarzenberg erinnerte. Selbst heute noch muß ich, wenn von orientalischer Frauenschönheit die Rede ist, ganz unwillkürlich an die Züge jener Turteltaube denken.

Auf dem Serir, einem überzogenen Holzgestell, welches zum Sitzen, Liegen und zu anderen Zwecken dient, stand eine brennende Thonlampe, ganz derjenigen ähnlich, welche wir vorhin im Tokul der Asaker gefunden hatten. Ich ergriff sie und trat in die vordere Abteilung zurück, wo zu meiner Freude alles lag, was man mir und Ben Nil abgenommen hatte. An der Wand hingen einige gute Gewehre, mehrere Pistolen und zwei Säbel. Wir nahmen auch diese Waffen an uns und begaben uns, nachdem ich die Lampe zurückgetragen hatte, wieder hinaus in das Freie.

»Bis jetzt ist alles gut gegangen,« meinte Ben Nil. »Jetzt fragt es sich, wie wir die zehn Menschen in unsere Gewalt bekommen, ohne daß wir uns in große Gefahr begeben.«

»Das allerbeste ist, wir schießen sie nieder,« antwortete sein Großvater. »Waffen haben wir genug dazu.«

»Das werden wir nur im Notfalle thun,« entgegnete ich. »Ihr wißt, daß ich nicht gern Blut vergieße. Begeben wir uns zunächst nach dem Eingange, um zu sehen, was die Leute machen.«

Als wir an die erwähnte Stelle kamen, zeigte mir der Steuermann den Busch, welcher das Schlupfloch verbarg. Ich schob ihn zur Seite und sah hinaus. Die beiden Boote, dasjenige, welches zur Seribah gehörte, und jenes, welches man uns weggenommen hatte, hingen gerade vor mir unten an der Mischrah. Man hatte sie durch einige Querhölzer verbunden, auf denen ein Feuer brannte, welches seinen Schein eine Strecke über das Wasser hinwarf und die Fische anlockte. In den Booten standen die Männer, um die Beute mit den Speeren, welche mit Widerhaken versehen waren, anzustechen.

»Wir haben Zeit zum Überlegen,« sagte ich. »Jetzt, da wir sicher sind, wenigstens nicht wieder in die Hände dieser Menschen zu geraten, könnt ihr uns nun sagen, wie es euch gelungen ist, in die Seribah zu dringen und uns aus der ›Grube der Strafe‹ zu holen. Ihr hattet natürlich das Geschrei Ben Nils gehört?«

»Ja,« antwortete der alte Steuermann. »Wir hörten nicht nur, sondern wir sahen auch. Der Mond war heraufgekommen und schien so hell, daß wir alles genau beobachten konnten. Die Kerle krochen mit euch durch das Loch. Als wir das sahen, besann sich Agadi auf dieses Schlupfloch. Er hatte es, als er hier war, gesehen, und auch oft benutzt, uns aber nichts davon gesagt. Er forderte mich auf, mich durch dieses Loch mit ihm in die Seribah zu schleichen, um zu versuchen, euch zu befreien. Er behauptete, daß nur ganz wenig Asaker in die Seribah seien, und so stimmte ich bei. Wir stiegen aus dem Boote, huschten die helle Mischrah hinauf und krochen durch das Loch. Als wir uns jenseits derselben befanden, schien der Mond uns gerade in das Gesicht. Wir eilten also weiter, um in den Schatten der Bäume zu kommen. Wir sahen, daß man euch aus einem Tokul brachte und in die Grube gleiten ließ. Dann sahen wir zehn Personen die Seribah verlassen. Ein elfter setzte sich bei der Grube nieder, um euch zu bewachen. Da verloren wir keine Zeit und gingen auf den Kerl zu. Er rief uns an; er befahl uns, stehen zu bleiben; aber der Dinka schnellte auf ihn zu, drückte ihn nieder und preßte ihm, die Gurgel zusammen. Was nachher geschah, das wißt ihr ja selbst. Jedenfalls giebst du zu, daß wir unsere Sache ziemlich gut gemacht haben, Effendi?«

»Ja, ich erkenne es dankbar an und werde es euch nie vergessen.«

Wir hatten während dieses Gespräches hinter dem Busche gesessen, und ich schob denselben von Zeit zu Zeit mit dem Gewehre zur Seite, um die Fischenden zu beobachten. Der Türke besaß keine Übung, stieß stets fehl und hatte deshalb sein Boot verlassen, um sich am Ufer niederzusetzen und dem Fange zuzusehen. Das schien ihm nach und nach langweilig zu werden, denn er stand auf und kam langsam die Mischrah emporgestiegen.

»Vielleicht kommt er herein!« flüsterte Ben Nil.

»Wahrscheinlich,« antwortete ich. »Lauf schnell nach der Grube! Dort liegen noch die Stricke, mit denen wir gebunden waren. Und in dem Tokul der Asaker liegen, wie ich gesehen habe, auch welche. Ihr andern weicht zur Seite, damit er euch nicht gleich sieht, wenn er den Kopf in die Öffnung steckt.«

Sie gehorchten dieser Aufforderung. Ich selbst drückte mich neben dem Busche hart an die natürliche Umfriedung und legte die Flinten, welche mich hinderten, weg.

Der Türke kam, bog das Gezweig weg und schob sich herein, was nur in gebückter Haltung geschehen konnte. Noch ehe er sich aufrichtete, hatte ich ihn gepackt, zog ihn vollends herein und drückte ihn auf den Boden nieder. Er konnte nicht schreien, wollte sich aber wehren, doch griffen Abu en Nil und der Dinka schnell mit zu und hielten ihm die Arme und Beine fest.

»Ein Laut von dir, und ich töte dich!« raunte ich ihm zu, indem ich, ihn mit der Linken noch haltend, mit der Rechten das Messer zog und es ihm auf die Brust setzte. Dann wagte ich es, ihm die Kehle frei zu geben. Er holte tief Atem, sah mich mit Entsetzen an und – schwieg. Er hatte Angst. Die beiden andern kauerten neben ihm und hielten auch die Messer in den Händen.

»Wenn du still bist, geschieht dir nichts,« versicherte ich ihm mit leiser Stimme. »Gehorchst du aber nicht, so fährst du augenblicklich in die Dschehenna!«

Bald kam Ben Nil mit den Stricken, und der Türke wurde gebunden. Kaum war das geschehen, so hörte ich wieder Schritte und ein kurzer Blick hinaus belehrte mich, daß zwei Asaker kamen. Sie trugen ein größeres Thongefäß, welches einen Teil des bisherigen Fanges enthielt. Es war gefüllt und sollte in der Seribah geleert werden. Jetzt galt es, die zwei zu ergreifen, ohne daß sie dabei laut werden konnten.

Das war nicht leicht. Das Schlupfloch war zu eng, als daß sie zugleich herein konnten. Ich raffte eine Flinte auf, stellte mich auf die eine Seite des Loches, schob Ben Nil auf die andere und raunte ihm zu:

»Zieh den Mann weg, sobald ich ihn getroffen habe!«

Jetzt waren die beiden Asaker da. Der erste kam herein, und zwar verkehrt, um das Gefäß hinter sich herein zu ziehen. Ich traf ihn mit dem Kolben auf den Kopf, daß er niederstürzte. Ben Nil riß ihn zur Seite, ergriff dann einen Henkel des Gefäßes und zog. Der draußen stehende Askari schob und drängte sich dann nach. Sobald sein Kopf innen erschien, bekam auch er einen Hieb. Er stürzte und blieb in der Öffnung liegen. Wir zogen ihn herein.

Beide waren betäubt. Sie wurden gebunden und neben den Türken gelegt, welcher zugeschaut hatte, ohne zu wagen, die Asaker durch einen Zuruf zu warnen. Wir hatten nun fünf Personen unschädlich gemacht und es noch mit sieben zu thun. Ben Nil fragte:

»Wollen wir die andern in gleicher Weise abfangen, Effendi? Allemal könnte es doch nicht so glücken!«

»Ganz richtig; aber warten wir noch ein bißchen!«

Wir hatten ja Zeit und brauchten uns nicht zu übereilen. Es hatte auf einem jeden Boote ein solches Gefäß gestanden. Das zweite war bald auch gefüllt. Die Träger wurden zurückerwartet. Sie kamen nicht. Ich hörte, daß der Feldwebel einen Befehl gab, auf welchen zwei Asaker das Gefäß aus dem Boote schafften und sich mit demselben dein Eingange näherten. Wir hatten Glück, denn es gelang uns, sie ebenso still zu überwältigen wie die beiden vorigen.

Nun war ich neugierig, was die andern draußen anfangen würden. Sie wußten nicht wohin mit den Fischen. Sie warfen sie in die Boote, konnten es aber nicht vermeiden, darauf zu treten. Sie richteten ihre Blicke wiederholt nach dem Eingange, da sie ihre Kameraden mit dem leeren Kruge zurückerwarteten. Der alte Feldwebel steckte mehreremale die Finger in den Mund, um einige scharfe, schrille Pfiffe hören zu lassen. Als dies keinen Erfolg hatte, verließ er sein Boot und kam fluchend heraufgehinkt. Nachdem er den Busch mit dem Arme zur Seite gedrängt hatte, schob er Kopf und Schultern nach und wurde augenblicklich beim Halse genommen. Ben Nil und sein Großvater hatten bereits Übung bekommen; sie und auch der Dinka unterstützten mich so vortrefflich, daß es eine Lust war, diese sonst so schwierige Arbeit zu verrichten.

»Das geht ja so leicht und ordnungsgemäß wie das Aufrollen eines Taues!“ lachte der Steuermann. »Nun haben wir nur noch vier zu besorgen.«

»Mit denen wir es kürzer machen,« antwortete ich. »Ich gehe jetzt hinaus und stelle mich in den Schatten. Dann rufst du ihnen zu, daß sie schnell heraufkommen sollen.«

»Sie werden hören, daß es eine fremde Stimme ist, Effendi!«

»Nebensache! Sie kommen doch! Ihr drei nehmt die Gewehre in die Hand; da müssen sie sich, sobald sie eingetreten sind, ergeben.«

»Wenn sie nun nicht hereinkommen? Wenn der erste, welcher kommt, uns hier vor sich sieht, wird er die andern warnen.«

»Deshalb gehe ich jetzt hinaus. Ich lasse sie nicht zurück und treibe sie herein.«

Nachdem ich mich mit zwei Flinten versehen hatte, kroch ich hinaus und stellte mich in den Schatten der Bäume, wahrscheinlich gerade da, wo die Asaker auch gestanden hatten, bevor sie mich und Ben Nil gefangen nahmen. Nun steckte der Steuermann den Kopf durch den Busch und forderte die Leute auf, schnell in die Seribah zu kommen. Er hatte nicht nötig, den Ruf zu wiederholen. Daß nun bereits fünf Personen, den Türken nicht gerechnet, davongegangen waren, ohne wiederzukommen, das sagte ihnen, daß da oben irgend etwas geschehen sei. Sie sprangen aus den Booten und kamen herbeigeeilt, an mir vorüber. Der erste kroch hinein; der zweite schob sich sofort nach. Drin gab es einen Schrei. Der dritte folgte, wollte wieder zurück, bekam aber vom vierten einen Stoß, der ihn nach innen brachte. Abermals ein Warnungs- oder Schreckensruf! Der vierte wich zurück. Er hatte gesehen, was drin passierte, und drehte sich um. Da stand ich mit angelegter Flinte vor ihm und befahl:

»Hinein, sonst jage ich dir eine Kugel durch den Kopf!«

»O Himmel! Der Effendi!« rief er aus.

»Ja, der Effendi! Vorwärts, wenn dir dein Leben lieb ist!«

Ich trat näher an ihn heran und setzte ihm die Mündung auf die Brust. Er hätte das Gewehr zur Seite schlagen können; das fiel ihm aber gar nicht ein; er drehte sich um, kroch durch das Loch, und ich folgte ihm. Da standen Ben Nil, der Steuermann und der Dinka mit erhobenen Gewehren und vor ihnen die Asaker in so trauriger Haltung, daß es mir nicht möglich war, den Ernst zu bewahren. Ich lachte lustig auf. Meine Gefährten stimmten ein, und Ben Nil rief:

»Ja, ja, ihr tapfern Männer, hier werden andere Fische gefangen, als da unten im Wasser. Die Fische seid ihr selbst. Werft eure Messer weg, sonst schießen wir!«

Sie gehorchten, und wir banden ihnen die Hände hinten zusammen. Nun untersuchte ich die vier Träger, welche meine Kolbenhiebe empfangen hatten. Sie lagen still, waren aber ganz wohl bei Besinnung. Die letzten vier Asaker waren nicht an den Füßen gebunden, so daß sie nach der »Grube der Strafe,< gehen konnten, die übrigen wurden hingetragen. Wir legten die Leiter an, und ließen einen nach dem andern hinabgleiten. Den Türken und den Feldwebel behielt ich bis zuletzt zurück. Ich zog mein Messer und sagte zu dem ersteren:

»Murad Nassyr, jedes Schweigen auf eine meiner Fragen kostet dich einen Finger. Ich zahle gern mit gleicher Münze heim. Antworte also schnell und der Wahrheit gemäß! Seit wann ist Ihn Asl von hier fort?«

»Seit fünf Tagen,« beeilte er sich zu sagen, »mit über zweihundert Leuten.«

»Kennst du den Dinka, welcher da neben mir steht?«

»Ja.«

»Nun wirst du wohl ahnen, daß ich nicht so dumm war, mich von ihm betrügen zu lassen. Wir haben euern Brief gelesen, und der Reis Effendina befindet sich nicht drüben im Bahr el Dschebel, sondern liegt mit seinem Schiffe in solcher Nähe von hier, daß ich ihn fast mit meiner Stimme herbeirufen könnte. Morgen früh wird er kommen und dann wirst du gerichtet. Du wirst sterben, und zwar eines so qualvollen Todes, wie noch nie ein Mensch gestorben ist.«

»Erbarmen, Effendi, Erbarmen!« rief er aus.

»Sprich nicht von Erbarmen! Du hättest mit mir auch keines gehabt. Leben um Leben, Blut um Blut, Gleiches um Gleiches. Du wirst gerade so behandelt, wie du mich behandeln wolltest.«

»Ich hätte dir verziehen!«

»Verziehen? Was hattest du mir zu verzeihen? Wer ist’s, der zu verzeihen hat? Bist du es, oder bin ich’s? Wie oft hast du geglaubt, über mich triumphieren zu können, und hast doch stets die Übermacht des Guten fühlen und erfahren müssen. Ich hatte Geduld mit dir, nun aber ist meine Nachsicht zu Ende. Mit dir ist’s aus. Sobald es Tag geworden ist, wird die Sonne deinen Tod bescheinen!«

»Sage das nicht! Effendi, sprich nicht solche Worte! Du bist ein Christ!« jammerte er.

»Ein Christenhund! So habt ihr mich und so hast du mich noch vorhin genannt. Erwarte von einem Hunde kein Erbarmen! Ein Hund kämpft gegen seinen Feind, und wenn er stärker ist als dieser, zerreißt er ihn. Ihr beruft euch auf unsere milden Lehren nur dann, wenn sie euch von Nutzen sind. Ich habe mit dir nichts zu schaffen und wiederhole nur: Mit dir ist’s aus!«

»Effendi, denke an meine Schwester! Was soll aus ihr werden, wenn man mich getötet hat!«

»Ihr Los wird jedenfalls ein besseres sein als dasjenige, welches du ihr zugedacht hattest. Ibn Asls Weib zu sein, ist das schrecklichste Schicksal, welches ich mir denken kann. Werft ihn hinab; ich habe nichts mehr mit ihm zu schaffen!«

Ich richtete diese Aufforderung an meine Gefährten, welche ihn auf die Leiter legten und in die Grube gleiten ließen. Der Feldwebel wurde ihm nachgeschickt. Es war nicht Hartherzigkeit, nicht Rachsucht, daß ich in dieser Weise mit ihm redete, sondern ich wurde von der besten Absicht geleitet. Er sollte in sich gehen; er sollte jetzt in der Grube einige böse Stunden verbringen; er sollte Todesangst ausstehen, um dadurch vielleicht zur Erkenntnis zu kommen.

Nun hatten wir sie alle zwölf da unten. Welch ein Unterschied gegen vorhin, als ich mit Ben Nil unten lag! Dieser letztere, welcher trotz seiner Jugend sehr bedächtig, sogar umsichtig war, machte mich aufmerksam:

»Hast du vielleicht vergessen, daß die zwei Asaker, welche wir zuerst hinabschafften, nicht gefesselt waren? Wenn sie nun die andern losbinden, vermögen sie sich zu befreien. Wenn drei sich aufeinander stellen, kann der oberste heraus!«

»Wir halten Wache. Durch jeden Kopf, der hier am Rande der Grube erscheinen sollte, schicken wir eine Kugel. Mögen sie sich losbinden; heraus kommt keiner.«

Es galt nun, den Emir zu benachrichtigen. Ich gab dem Steuermanne den Auftrag, dies zu thun, weil er fahren konnte. Ich begleitete ihn an die Mischrah, wo die Boote noch zusammenhingen; das Feuer war erloschen. Wir warfen die letztgefangenen Fische in das zur Seribah gehörige Boot und machten das unserige von demselben los. Er stieg ein und steuerte auf die im Mondesstrahle glänzende Mitte des Stromes hinaus. Ich ging in die Seribah zurück, um nun die »Turteltaube« wieder aufzusuchen.

Sie empfing mich wie vorhin, unverschleiert. Sie gab mir die Versicherung, daß ihr aus Sorge um den Bruder der Kaffee nicht geschmeckt habe.

»Was hast du mit ihm gemacht?« fragte sie. »Wo ist er? Warum kommt er nicht? Hast du mit ihm gekämpft?«

»Ja, aber ich habe ihn nur niedergeworfen und gebunden. Nun ist er unser Gefangener und wird sehr ruhig schlafen in der Dschura ed dschaza.«

»Dort? Mein Bruder in der Dschura ed dschaza? So ein Mann! So ein vornehmer und hoher Herr!«

»Hältst du mich für einen gewöhnlichen Mann?«

»Nein, Effendi. Das bist du nicht, ganz und gar nicht. Wirst du kein Christ, so würde man dich für noch vornehmer und höher als meinen Bruder halten.«

»Und dennoch warf er mich in dieses Loch! War ich nicht zu vornehm für die Grube, so ist er es nun auch nicht. Ich habe stets getrachtet, auf dem Wege des Gesetzes zu wandeln; er aber ist ein Verbrecher.«

»Ist denn der Sklavenfang wirklich ein Verbrechen?«

»Eines der schrecklichsten, die es giebt.«

»Das habe ich nicht gewußt. Ich habe stets geglaubt, der Weiße habe das Recht, den Schwarzen zu fangen und zu verkaufen. Kann mein Bruder bestraft werden?«

»Er muß sogar bestraft werden.«

»Allah, Allah! Doch nicht etwa mit dem Tode? Ich weiß, daß der Reis Effendina ihn fangen will und daß du ein Freund desselben bist. Ist dieser entsetzliche Mann vielleicht mit da?«

»Er ist da und du wirst ihn am Morgen sehen.«

»So sage mir schnell eins, nur eins! Man hat mir erzählt, daß der Reis Effendina alle Sklavenhändler tötet. Ist das wahr?«

»Ich kann dir nicht verschweigen, daß ich es erlebt habe, daß er eine Schar von Sklavenjägern erschießen ließ.«

»Welch ein Schreck, welch ein Entsetzen für meine Seele! Er wird doch meinen Bruder nicht auch erschießen lassen?«

»Ich befürchte sehr, daß er diese Absicht hat.«

»Dann mußt du ihn retten, Effendi! Hörst du, du mußt! Ich habe dich ja auch gerettet!«

Sie hob, wie vorhin, die Hände flehend zu mir empor.

»Ja, du hast mich aus der Gefangenschaft befreit, und bin kein undankbarer Mann. Ich werde den Emir bitten, ihm das Leben zu schenken.«

»Dann ist ja alles, alles gut! Ich danke dir, Effendi, und ich werde mir nun nochmals Kaffee kochen. Den vorigen verbitterte mir die Angst; diesen aber werde ich mit ruhigem Herzen genießen, und sein Duft wird die Freude, die du mir bereitet hast, erhöhen. Ich erinnere mich, daß du vorhin auch eine Tasse haben wolltest?«

»Ich bat dich allerdings darum, du antwortetest mir aber nicht.«

»Ich war von Angst und Sorge beklemmt; jetzt aber bin ich getröstet. Du sollst Kaffee haben.«

»Koch‘ einen großen Topf voll! Ich habe zwei Gefährten, welche sich geradeso wie ich sehnen, von deiner Güte bedacht zu werden. Fatma, dein Liebling, mag uns den Trank und die Tassen hinaus an die ›Grube der Strafe‹ bringen.«

»Dürfen wir denn jetzt den Harem verlassen?«

»Ja. Ich will mein Verbot zurücknehmen. Nur mußt du mir versprechen, nicht etwa einen Versuch zur Befreiung deines Bruders zu machen. Wenn du dies wagtest, würde der Reis Effendina dich augenblicklich erschießen lassen.«

Ich ging. Eine unverfälschte Orientalin! Ihr Bruder war gefangen; was man mit ihm vornahm, welche Verluste ihn erwarteten, das ging sie nichts an; er durfte leben bleiben und so kochte sie sich noch einen Kaffee! Und die Schwester dieses indolenten Wesens hätte meine Frau werden sollen, falls ich bereit sein würde, Sklavenjäger zu werden!

Dann saß ich mit Ben Nil und dem Dinka draußen, um den arabischen Trank zu erwarten. Als Fatma ihn brachte, folgten ihr die beiden schwarzen Dienerinnen, welche uns Tabak und Pfeifen brachten, natürlich Eigentum des Türken. Wir bekamen den Kaffee nicht fertig zubereitet, sondern kochendes Wasser und die zerstoßenen Bohnen. Ich bereitete mir eine Tasse, trank sie aus, brannte eine Pfeife an und ging dann, um im Mondenschein den Umfang der Seribah kennen zu lernen. Derselbe war bedeutender, als ich gedacht hatte. Der hintere Teil war von dem vordern durch nebeneinander eingerammte Pfähle abgesperrt und zur Aufnahme der Herden bestimmt, weiche bei jedem Sklavenzuge mit den Schwarzen zugleich geraubt und weit fortgetrieben werden. Jetzt war dieser Platz leer.

Die übrigen Stunden der Nacht vergingen schnell. Als der Tag graute, erhob sich der gewöhnliche Morgenwind, welchen der Emir benutzen konnte, um heranzusegeln. Ich ließ den Dinka als Wächter an der Grube zurück und ging mit Ben Nil, um beim Lichte des Tages die Tokuls zu untersuchen.

Die meisten waren leer, da die Bewohner sich auf der Sklavenjagd befanden. Doch entdeckten wir noch Waffen und Munition. Eine Hütte enthielt Vorräte aller Art, auch eine Kiste mit Kleidungsstücken, unter welchen sich ein Anzug befand, welcher mir leidlich zu passen schien. Ben Nil fand auch einen, der ihm behagte. Der Umtausch wurde bewerkstelligt, und als wir die Hütte verließen, hatte ich mich so zu meinem Vorteile verändert, daß mir der Gedanke kam, der Turteltaube einen nun auch in Beziehung auf das Kostüm würdigen Morgenbesuch zu machen, um ihr für den Kaffee und die Pfeifen Dank und Anerkennung auszudrücken. Leider aber belehrte mich, als ich die vordere Abteilung betrat, ein höchst energisches Schnarchquintett, daß wenigstens innerhalb des Tokuls die Sonne noch nicht aufgegangen war. Ich mußte also darauf verzichten, meine neuen äußeren Vorzüge anerkannt und bewundert zu sehen.

Ich hatte mir vorgenommen, noch vor Ankunft des Schiffes den Türken abermals zu vernehmen. Ich gedachte, von ihm manches zu erfahren, was uns wichtig sein mußte. Darum verfügte ich mich wieder zu der Grube. Als ich hinabblickte, sah ich, daß die Gefangenen allerdings von ihren Fesseln sich befreit hatten; aber ein Fluchtversuch war von ihnen nicht gewagt worden. Sie lagen nebeneinander im Schmutze, schliefen jedoch nicht. Murad Nassyr sah mich stehen und rief mir zu-

»Effendi, ich bitte dich um eine Gnade! Laß mich nur für eine Minute zu dir hinauf! Ich habe mit dir zu sprechen.«

»Du bist es nicht wert; aber komm!«

Wir ließen die Leiter hinab, und er kam heraufgestiegen. Er war so angegriffen – wohl mehr innerlich als äußerlich – daß er nicht stehen blieb, sondern sich wie schwer ermüdet niedersetzte.

»Du hast mir böse, böse Stunden bereitet!« seufzte er, indem er den Ellbogen auf das Knie stemmte und den Kopf in die Hand legte.

»Ich? Du selbst bist schuld daran. Du ganz allein! Wir Christen haben ein Sprichwort, welches sagt: Thue nichts Böses, so widerfährt dir nichts Böses!«

»Ich habe doch nichts gethan, was meinen Tod rechtfertigen kann!«

»Ich hatte gar nichts Böses, sondern nur Gutes gethan, und doch seid ihr fest entschlossen gewesen, mich umzubringen.«

»Das ist nun vorüber, vollständig vorüber, Effendi! Ich sehe ein, daß es die größte Dummheit meines Lebens war, mich so tief in den Sudan hineinzuwagen. Wie gerne kehrte ich zurück, augenblicklich zurück!«

»Um dort den Sklavenhandel fortzusetzen!«

»Nein. Es giebt andere Waren, welche man kaufen und verkaufen kann. Effendi, laß mich fort, so schwöre ich dir bei Allah, beim Propheten und bei der Seligkeit aller meiner Ahnen und Nachkommen, daß ich niemals wieder einen Sklaven verkaufen werde!«

»Dieses Versprechen genügt mir nicht, weil es keine hinreichende Bezahlung ist für das, was ich dir vorzuwerfen habe.«

»Was verlangst du denn noch?«

»Eigentlich nichts, gar nichts weiter als dein Leben.«

Er legte das Gesicht in beide Hände und schwieg. Nach einer Weile sah er zu mir auf und sagte:

»So mach es kurz, und schieß mich hier auf der Stelle nieder!«

Was war das für ein Gesicht! Der Mann schien in diesen wenigen Stunden zehn, fünfzehn Jahre älter geworden zu sein. Es sah wirklich aus, als ob Falten in seine vollen Wangen gefallen seien. Das freute mich; das hatte ich gewollt. Darum sagte ich in einem weniger strengen Tone:

»Murad Nassyr, denke an die Stunde, in welcher wir uns in Kahira trafen. Ich kannte dich nicht; du aber hattest mich in Algier gesehen und auch von mir gehört. Du erzähltest mir das und ludst mich zu dir ein. Ich fand Wohlgefallen an dir und zeigte mich bereit, mit dir nach Chartum zu gehen. Wir wurden Freunde. Da erfuhr ich, daß du Sklavenhändler seist, was du mir verschwiegen hattest. Du machtest mir sehr günstige Anträge, die ich aber unmöglich annehmen konnte. Wir mußten scheiden. Eigentlich waren wir nun fertig miteinander, du aber warfst Haß und Rache auf mich und wurdest ein grimmiger Feind von mir. Das war nicht wohlgethan; das war nicht klug. Du kanntest mich als einen Mann, der seine eigenen Wege geht und seine eigene Art und Weise hat, der außer Gott nichts fürchtet und auch vor keiner List die Segel streicht. Eines solchen Mannes Feind hättest du schon aus bloßer Klugheit, aus reiner Berechnung nicht werden sollen. Du bist es trotzdem geworden, hast Karte um Karte verloren und sitzest nun heute mit leeren Händen vor mir, der ich dir sämtliche Trümpfe abgenommen habe. Du dauerst mich. Ich bin dein Freund gewesen und habe das nicht vergessen können; ich kann es auch jetzt, in diesem Augenblicke, nicht vergessen und möchte dir die Hand zur Hilfe reichen. Aber nicht ich, sondern der Reis Effendina hat über dich zu bestimmen. Er wird deinen Tod verlangen. Wenn ich mir dein Leben von ihm erbitte, muß ich ihm dafür mehr bieten können als das Versprechen, welches du mir soeben gabst.«

»So sage, was!«

»Den klaren, sichern Beweis, daß es dir Ernst ist, mit dem Sklavenhandel zu brechen. Sage dich von Ibn Asl los! Das ist der Beweis, welchen ich von dir verlange.«

»Das forderst du? Weiter nichts?« fragte er, indem sein Auge wieder Glanz bekam. »Nichts leichter als das! Ich habe eingesehen, daß dieser Mann mein böser Dämon gewesen ist, daß er mein böser Geist bleiben will. Warum verlangte er meine Schwester? Warum nimmt er sie nicht, da ich sie ihm bringe? Warum lockt er mich mit ihr weiter und immer weiter in die Wildnis hinein? Welchen Zweck kann das haben?«

»Jedenfalls einen für dich und deine Schwester schlimmen.«

»Erst sollte die Hochzeit in Chartum sein, dann in Faschodah, dann hier in Aliab. Und nun wir hier angekommen sind, zieht er wieder weiter fort und läßt uns allein mit Menschen, welche ich nicht kenne und zu denen ich kein Vertrauen fassen kann!«

»Du besitzest nicht den Scharfblick, welcher nötig ist, diesen Teufel zu durchschauen. Ich an deiner Stelle wüßte längst, was er mit mir will. Ich hätte ihm Fallen gestellt, in die er sicherlich geraten wäre. Ich durchschaute dich bereits in Kahira, ohne daß du es ahntest. Du mußtest mir sagen, was ich wissen wollte, ohne daß du wußtest, daß ich dich dazu zwang. Auf ganz dieselbe Weise hätte auch Ibn Asl sich mir mitteilen müssen. Denke an den höllischen Verrat, den er gegen die armen Dinka beabsichtigt! Sie sind seine Verbündeten; er hat ihnen Lohn versprochen, und doch will er sie später, nachdem sie für ihn gearbeitet und ihr Blut vergossen haben, zu Sklaven machen und verkaufen! Ist so ein Mensch nicht fähig, ebenso schlecht und vielleicht gar noch schlechter gegen dich zu handeln? Er hat Hafid Sichar überfallen und verkauft, um zum Vermögen dieses Mannes zu kommen. Auch du bist reich; er hat viel, fast alles verloren; er braucht Geld. Warum zieht er dich hinter sich her? Warum entfernt er dich von den Gegenden und Orten, wo man dein Verschwinden, deinen Tod bemerken würde?«

»Effendi!« schrie er auf. »Meinst du so etwas?«

»Jawohl! Etwas anderes nicht!«

»Vielleicht hast du recht. Ja, je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr will es mir scheinen, daß dein Scharfsinn, wie sonst stets, so auch hier das Richtige trifft.«

»So kehre um! Weißt du, wohin Ibn Asl ist?«

Zu den Gohk.«

»Kannst du mir den Weg, den er eingeschlagen hat, beschreiben?«

»Ich habe ihm geschworen, kein Wort darüber hören zu lassen.«

»Einen solchen Schwur zu halten, ist Sünde. Wir wollen den bedrohten Negern zu Hilfe kommen. Das ist uns nur dadurch möglich, daß du aufrichtig bist. Schweigst du, so kommen alle Mord- und andere Thaten über dich. Ich verlange Offenheit. Dies ist der Beweis, von welchem ich vorhin sprach und an welchem dein Schicksal, dein Leben hängt. Dein Schwur war eine Unvorsichtigkeit und wird zum Verbrechen werden, wenn du ihn hältst.«

»Bedenke doch, Effendi, ich habe beim Barte des Propheten geschworen!«

»Unsinn!« rief ich ärgerlich. »Euer Prophet hat gar keinen Bart gehabt!«

»Wie? Was? Keinen Bart? Muhammed – hat – – kei – –«

Die Worte blieben ihm im Munde stecken; er sah mir wie geistesabwesend in das Gesicht.

»Na, beruhige dich! Vielleicht hat er einen!«

»Vielleicht? Effendi, du weißt so vieles, was andere nicht wissen, und da du gerade behauptest, er habe keinen – kei – o Himmel!«

»Diese Worte sind mir ja nur im Ärger entfahren.«

»Er hat also einen Bart?«

»Wahrscheinlich.«

»Allah sei Dank! Ich habe noch nie eine Person gesehen oder gehört, welche am Barte des Propheten zweifelte.«

»Nun, gesehen hat ihn niemand, wenigstens kein jetzt lebender Mensch, und im Kuran steht auch nichts davon. Wenn du nun bei einer so zweifelhaften Sache schwörst, so hat dieser Eid in meinen Augen gar keinen Wert. Du hast ihn in der Übereilung abgelegt. Nimm ihn zurück! Ich rate es dir. Es ist zu deinem Besten.«

»Kannst du mir nicht eine Bedenkzeit geben?<&

»Auch darauf will ich eingehen; aber nur eine sehr kurze Zeit. Der Reis Effendina wird deine Entscheidung verlangen, und er kann nun jeden Augenblick hier ankommen.«

»Eigentlich habe ich dir schon genug gesagt, Effendi, indem ich dir mitteilte, daß Ibn Asl zu den Gohk will!«

»Das wußte ich schon vorher, aus seinem Briefe. Die Gohk sind das westliche Dinka-Völk. Sie grenzen mit den Schur zusammen, haben ein großes Gebiet inne und besitzen eine Anzahl reicher Dörfer. So ein Sklavenzug ist nun stets gegen ein besonderes, bestimmtes Dorf, gegen einen genau angegebenen Ort gerichtet, und diesen Ort müssen wir unbedingt wissen, wenn wir den beabsichtigten Erfolg haben wollen. Er ist dir doch jedenfalls bekannt und du kennst auch den Weg, welchen Ibn Asl einschlagen will?«

»Ich kenne ihn. Ibn Asl hat Karten über alle Gegenden des oberen Nils, sehr genaue Karten, welche er sich nach den zuverlässigen Angaben seiner Agenten zeichnet. Ich habe mit ihm dieselben studiert und war dabei, als er nach ihnen den Weg bestimmte, den er gegangen ist.«

»So bist du also im stande, uns die beste Auskunft zu geben. Weigerst du dich, das zu thun, so hast du vom Reis Effendina keine Schonung zu erwarten. Kehre jetzt in die Grube zurück. Ich habe dir gesagt, was ich dir zu sagen hatte; was du thun wirst, das ist deine Sache.«

»Vorher noch eins, Effendi! Wie verhältst du dich zu meiner Schwester? Behandelst du sie auch als Feindin?«

»Nein. In dieser Beziehung kannst du ruhig sein. Ich werde so für sie sorgen, daß sie dich nicht vermissen wird. Wie ich weiß, trinkt sie fleißig Kaffee, und solange ein Weib dies thun kann und thut, ist der Einsturz des Himmels nicht zu befürchten.«

Er stieg hinab, und wir zogen die Leiter wieder zurück. Ich stopfte mir eine neue Pfeife, setzte sie in Brand und stieg dann zur Mischrah hinab. Kaum war ich dort angekommen, so erschien der »Falke«, die vollen Segel vor dem Winde blähend. Es war ein prächtiger Anblick, diesen scharfen Segler zu sehen. Vorn am Buge stand der Emir. Er sah mich und rief mir zu: »Holla! Da steht ja der Welteroberer und raucht die Siegespfeife! Die Gefangenschaft scheint dir nicht übel bekommen zu sein!«

»Sie war so kurz,« antwortete ich, »daß sie mich weit mehr unterhalten als belästigt hat.«

»Habe es gehört. Abu en Nil hat es mir erzählt Nun will ich aber auch dich hören. Ich komme gleich!«

Der »Falke« rauschte näher; die Segel sanken. Von der Stetigkeit weiter getrieben, kam das Schiff vollends bis an die Mischrah und ließ da den Anker fallen. Der Landungssteg wurde ausgelegt, und der Reis Effendina eilte als erster an das Ufer, streckte mir die beiden Hände entgegen, schüttelte die meinigen kräftig und sagte mit seinem biedern, treuherzigen Lachen:

»Vier Männer, wobei noch dazu ein Neger, eine ganze, große Seribah erobert, und gar vorher erst gefangen gewesen, das ist schon etwas, worauf man stolz sein kann. Ich gratuliere dir. Nun sollen die Hunde aber über die Klinge springen, alle vom ersten bis zum letzten, den dicken Türken nicht ausgenommen.«

»Langsam, langsam! Ich möchte das nicht so für sicher und gewiß aussprechen hören.«

»Was?« meinte er, indem er die Brauen finster zusammenzog. »Willst du mir wohl wieder mit einer deiner menschenfreundlichen Bitten kommen?«

Sein erst so frohes, heiteres Gesicht hatte einen ganz anderen Ausdruck angenommen, als er jetzt in beinahe barschem Tone fortfuhr:

»Daraus wird nichts. Es ist schon fest beschlossene Sache. Solche Brut darf nicht leben bleiben. Kommt mit hinauf in die Seribah!«

Wir stiegen die Mischrah empor und krochen durch das Schlupfloch. Dann führte ich ihn herum, ohne daß wir zunächst einen Tokul betraten. Dann setzte ich mich auf einen daliegenden Baumstamm und forderte ihn auf.

»Laß dich hier mit nieder! Ich will dir erzählen.«

»Gut. Vorher aber will ich dir sagen, daß Ibn Asl es verstanden hat, eine Seribah anzulegen. Das ist ja eine wahre Festung! Durch diese Waldmauer kann man nicht dringen. Er durfte die Verteidiger nur an die Mischrah stellen, so hätte man sich die Köpfe einlaufen müssen. Zwölf Mann in Summa hast du angetroffen? Selbst diese hätten, wenn sie hinreichend mit Munition versehen waren, meinen hundert Asakern und wenigen Takaleh zu schaffen gemacht.«

»Sie waren versehen. Ich habe einen guten Vorrat von Pulver und Blei vorgefunden.«

»Dann nur ein umsichtiger, aufmerksamer Kommandant, und ich hätte unverrichteter Sache abziehen müssen. Wir hätten Blut, viel Blut gelassen, und zwar vergebens. Und das hast du bekommen ohne einen Schuß, einen einzigen Messerstich! Effendi, du hast ein ungeheures Glück, ein solches Glück, daß es mir angst und bange um dich werden möchte. Wenn es dich einmal verläßt, wird es dir um so trauriger ergehen. Nimm dich in acht und wage in Zukunft nicht mehr so viel wie bisher! Doch erzähle mir nun!«

Die Thatsachen wußte er bereits durch den Bericht des alten Steuermannes, sodaß ich mich kurz fassen konnte und nicht viel hinzuzufügen brauchte. Die Hauptsache war mir, ihn für den Türken günstiger zu stimmen. Ich that mein möglichstes, hielt ihm eine lange Rede und raffte alle möglichen Gründe zusammen, die den Gefangenen zu entschuldigen vermochten. Er hörte mich an, ohne mich nur einmal zu unterbrechen, und blickte, als ich zu Ende war, eine ganze Weile finster und wortlos vor sich hin. Dann sagte er.-

»Ich bin dir zu Dank verpflichtet, und du hast so eine eigene Art, dies für deine falsche Humanität nutzbar zu machen. Einen deiner Gründe will ich gelten lassen, aber auch nur einen einzigen, nämlich den: Er ist ein Sklavenhändler aber kein Sklavenjäger; er hat mit Schwarzen gehandelt, aber noch keinen direkt gefangen. Eigentlich ist der Händler nicht besser als der Jäger, denn wenn es den ersteren nicht gäbe, könnte auch der letztere nicht existieren; aber man nimmt es bei jenem doch nicht so genau wie bei diesem. Und er hat die Schwester mit, die wir dann auf dem Halse hätten. Was würden wir mit dem Mädchen und den vier Dienerinnen thun? Wir können sie doch unmöglich in den Nil werfen, um sie nur los zu werden!«

»Nein,« antwortete ich, auf seine gegenwärtige Laune eingehend. »Wenn wir ihm diese vier Frauenzimmer lassen, ist er bestraft genug.«

»Oho! Soll er sonst ganz frei ausgehen? Und da muß ich dir ein Bedenken, ein schweres Bedenken mitteilen. Die zehn Asaker und ihr Feldwebel müssen doch unbedingt bestraft werden?«

»Dies zu bestimmen ist deine, aber nicht meine Sache.«

»Winde dich mir nicht aus der Hand! Natürlich müssen sie bestraft werden. Ich bin entschlossen, sie erschießen zu lassen. Wie kann ich aber das thun, wenn ich Murad Nassyr freilasse! Du siehst wohl ein, daß mir deine Bitte außerordentlich unbequem sein muß!«

»Ich sehe es ein und werde dir ihre Erfüllung um so höher anrechnen.«

»Sprich nur nicht von Anrechnung! Deine Dankbarkeit wird einfach darin bestehen, daß du mir bei der nächsten Gelegenheit abermals in die Quere kommst. Da kenne ich dich. Wenn dieser Türke wenigstens aufrichtig sein wollte!«

»Ich hoffe es.«

»Er kann uns auch falsch berichten. Ist er dann einmal fort, so können wir uns nicht mehr an ihn halten.«

»Dagegen giebt es ein ausgezeichnetes Mittel: Wir lassen ihn eben nicht fort.«

»So müssen wir seine fünf Frauenzimmer auch behalten.«

»Das läßt sich arrangieren. Stecke sie auf das Schiff, welches wir doch irgendwo zurücklassen müssen! Wir können doch nicht per Schiff über das Land fahren.«

»Das ist wahr. Und ihn nehmen wir mit. Stellt es sich dann heraus, daß er uns belogen hat, so bekommt er die Kugel.«

»Ich meine, daß wir schon jetzt im stande sind, seine Aussagen zu kontrollieren. Der Dinka wollte uns auch irre führen, und es ist ihm nicht gelungen. Ich durchschaute ihn und habe ihm alles, was er uns verheimlichen wollte, auf den Kopf zugesagt. Gerade so ist’s auch mit dem Türken. Erinnerst du dich jenes Malaf, der mir zwischen Bir Murat und dem heimlichen Brunnen begegnete?«

»Ja. Du warst ganz allein und nahmst ihn und seine Begleiter doch gefangen. Er durfte zwar laufen, aber die Kerle mußten dir alles übergeben, was sie bei sich hatten. Er war der Anführer von Ibn Asls Vorhut.«

»Du hast es dir sehr gut gemerkt. Von allen den Waffen und sonstigen Gegenständen, welche ich diesen Leuten abnahm, habe ich nichts für mich beansprucht als einige Karten, welche mich interessierten. Es waren höchst genaue Zeichnungen derjenigen Gegenden, in denen Ibn Asl zu jagen pflegt. Das Land der Gohk ist auch dabei. Ich habe diese Karten noch. Sie befinden sich auf dem Schiffe, und ich werde sie holen. Wenn die Angaben des Türken mit diesen Aufzeichnungen stimmen, dürfen wir ihm getrost Glauben schenken.«

»Das ist freilich wahr.«

»So bist du also bereit, Gnade gegen ihn walten zu lassen?«

»Nicht so schnell! Du hast mich zwar schon fast überredet, aber ich will ihn doch erst selbst hören. Es soll auf sein Verhalten ankommen, was ich über ihn beschließe. Holen wir die Karten. Ich werde meine Asaker ausschiffen und dann die Gefangenen vernehmen.«

Wir kehrten auf das Schiff zurück, wo er den Soldaten die Erlaubnis gab, an das Land zu gehen. Die Pfähle, mit denen der Eingang der Seribah verschlossen war, wurden mit dem daranhängenden, dornigen Flechtwerke aus der Erde gezogen; dann marschierten die Asaker mit übergenommenen Gewehren in geordneter Kolonne ein und bildeten um die »Grube der Strafe« einen Kreis. Die Leiter wurde angelegt, und die Gefangenen mußten heraufkommen.

Wie erschraken sie, als sie die uniformierten Asaker des Vizekönigs erblickten! Sie kannten ihr Schicksal, den fast sicheren Tod, und knickten vor Angst beinahe in die Kniee. Murad Nassyr stand bei ihnen und wagte kaum, aufzusehen. Seine Schwester wartete verschleiert mit ihren Dienerinnen vor dem Tokul. Was sie jetzt dachte und fühlte, weiß ich nicht. Vielleicht interessierte sie der Anblick der Truppen mehr als das Schicksal ihres Bruders, welches jetzt entschieden werden sollte. Es war mir immer, als ob sie kommen und den Emir fragen müsse, ob sie ihm eine Tasse Kaffee kochen dürfe.

Der Reis Effendina musterte den Türken einige Augenblicke und fragte ihn dann: »Weißt du, wer ich bin?«

Der Gefragte verbeugte sich tief und schweigend.

»Und du bist ein Sklavenschinder, dem ich eigentlich das Fell vom Leibe schneiden sollte, ein giftiges Ungeziefer, welches man zertreten und ausrotten muß. Gestehe, handelst du mit Sklaven?«

»Bisher, ja.«

»Du warst mit Ibn Asl verbündet?«

»Ja.«

»Damit hast du dein Todesurteil ausgesprochen.«

»Emir, ich kannte ihn nicht genau!« stammelte der Türke erschrocken.

»Desto schlimmer für dich! Einem Unbekannten läuft man nicht bis in den tiefen Sudan nach! Wohin ist er jetzt?«

Zu den Gohk.«

»Welchen Weg hat er eingeschlagen?«

»Zunächst zu Schiffe bis Aguda.«

Murad Nassyr dachte jetzt nicht an seinen Eid, nicht an den Bart des Propheten. Er zitterte vor Angst. Der Ton, in welchem der Emir zu ihm sprach, ließ keinen Versuch des Widerstandes, kein Bedenken aufkommen. Er beantwortete jede Frage sofort und ohne eine Sekunde verstreichen zu lassen. Ich zog die Karte hervor, um seine Angaben mit derselben zu vergleichen.

»Welchen Ort will er denn überfallen?«

»Wagunda.«

»Warum diesen?«

»Der dortige Gebieter hat bedeutende Elfenbeinvorräte aufgestapelt, und seine Unterthanen besitzen große Herden. Auch sind die Neger jener Gegend als kräftig bekannt.«

»Bringen also, wenn man sie verkauft, einen guten Preis! O, ihr Hundesöhne! Elfenbein, Herden und Neger! Der Scheitan soll euch durch alle Lüfte führen! Giebt es noch andere Orte in der Gegend von Wagunda?«

»Thuat, Agardu, Akoku und Foguda liegen in der Nähe.«

»Wann gedachte Ibn Asl dort einzutreffen? Hat er es sich ausgerechnet?«

»Wir haben alles genau überlegt. Er glaubte nicht länger als zwanzig Tage zuzubringen.«

Der Emir warf mir einen fragenden Blick zu, und ich nickte, um ihm meine Überzeugung anzudeuten, daß der Türke die Wahrheit gesagt habe. Die Folge davon war, daß er in einem bedeutend milderen Tone fortfuhr:

»Ich will dir Glauben schenken. Du hast in deinen Antworten nichts beschönigt; das rettet dich. Der Effendi hat mich um Gnade für dich gebeten, und ich will einmal versuchen, dieser Bitte Folge zu leisten. Kennst du den geraden, kurzen Weg zu den Gohk?«

»Ja. Er geht von hier stromaufwärts bis zum Maijeh Semkat, den man am dritten Tage erreicht. Dort kann man das Schiff lassen und muß von da an sechs Tage lang nach Westen über Land.«

»Kennst du den Landweg? Kannst du uns führen?«

»Leider nein, denn ich war noch niemals dort.«

Da rief einer der gefangenen Asaker, ein noch ziemlich junger Mann, schnell:

»Sei gnädig, o Reis Effendina, und gestatte mir, zu sprechen! Ich kenne diesen Weg. Ibn Asl schickte Malaf hin, um eine Karte zu machen. Dieser nahm mich mit. Wir sind überall herumgewandert, um jeden Wald und jedes Wasser kennen zu lernen.«

Malaf war eben derjenige, von dem ich meine Karten hatte. Der junge Mann war zu gebrauchen. Ich gab dem Emir einen Wink. Er verstand mich und wollte weiter sprechen, doch wurde seine Aufmerksamkeit ab und nach einem Punkte gelenkt, an welchem der Kreis unserer Asaker in Unordnung zu geraten schien. Man sah, daß jemand sich durchdrängen wollte. Er öffnete sich auch wirklich. Und wer erschien?

Hatte ich es mir doch gedacht! Kumra, die Turteltaube, den Schleier vor dem Gesichte und einen rauchenden Wassertopf in den Händen! Hinter ihr kam Fatma, der Liebling, den zerstoßenen Kaffee tragend. Dann die zweite weiße Dienerin mit dem Findschahn aus Porzellan. Und darauf die schwarzen Mädchen, das eine mit der Pfeife und das andere mit dem Tabakskruge. Ich hätte laut auflachen mögen! Der Emir machte ein finsteres Gesicht und rief den Schönen entgegen: »Was wollt ihr hier? Fort mit euch! Ihr gehört in den Harem, nicht aber in diesen Kreis!«

Aber die Demoiselles waren nun einmal losgelassen und nicht zurückzuhalten. Sie ließen sich nicht irre machen, nahten in wackelnder Prozession und hielten vor ihm still.

»Wir gehören wohl hierher, o Gebieter!« sagte die Turteltaube. »Wie bieten dir Erquickung nach der Reise; Kaffee, frisch und warm, wie die Lippen der Mädchen, und Tabak, die Wonne des Geruches, köstlicher Wohlgeschmack des Paradieses. Trinke, rauche und gieb mir dafür meinen Bruder frei, den ich nicht – –«

Sie kam nicht weiter. Ihre Arme hatten gleich von Anbeginn eine ganz eigentümliche Lage, ihre Hände eine ebenso eigenartige Haltung gehabt; der rauchende Topf kippte bald nach rechts, bald nach links; bald ließ sie, während sie sprach, ihn sinken, bald hob sie ihn krampfhaft wieder empor; ihr Oberkörper bückte sich nach vorn, richtete sich wieder auf, wand sich herüber, dann wieder hinüber – man sah die Katastrophe kommen. Die gute Turteltaube entbehrte nämlich jenes wohlthätigen Händeschutzes, den die Araberin Tandscharaja, die Deutsche aber einen Topflappen nennt. Das Wassergefäß war zu heiß für ihre zarten Finger; lange, lange hatte sie den Schmerz ertragen, nun aber ging es beim besten Willen nicht mehr; sie warf den Topf mitsamt dem Wasser dem Emir an die Beine und schrie, indem sie davoneilte:

»Geduld, Geduld, o Herr; ich koche sogleich anderes!«

Ihre vier dienstbaren Geister glaubten, dem Beispiele ihrer Gebieterin folgen zu müssen. Sie warfen ihre Requisiten zu dem nun leeren Topfe und wackelten ihr schleunigst nach. Ich biß mich in die Lippen. Der Türke stieß einen zornigen Fluch aus. Der Emir sah an seinen nassen Beinen nieder, richtete dann seine Augen auf mich, bemerkte das nicht zu unterdrückende, krampfhafte Zucken und Arbeiten meiner Gesichtsmuskeln und – – brach in ein lautes, herzliches Gelächter aus. Ich stimmte sofort ein, denn ich war froh, mir Luft machen zu können. Ben Nil und sein Großvater fielen auch ein, und das wirkte ansteckender und schneller als der gefährlichste Komma-Bacillus: das Gelächter ging rundum; es lachte der ganze Kreis unserer Soldaten.

Nun war es unmöglich, die vorige Strenge wieder aufzunehmen. Der Emir nahm mich beim Arme und zog mich aus dem Kreise. Außerhalb desselben hin und her gehend, besprachen wir uns. Der Wassertopf hatte ihn wohlwollender gestimmt; ich that natürlich mein möglichstes, und das Resultat war, daß er in den Kreis zurückkehrte und mit lauter Stimme sein Urteil verkündete:

»Im Namen und Auftrage des Vicekönigs, welchem Allah tausend Jahre verleihen möge! Diese Seribah Aliab ist seit ihrem Bestehen ein Schauplatz des Verbrechens gewesen; sie soll von der Erde verschwinden, indem noch heute am Vormittage an alle Tokuls Feuer gelegt wird. Murad Nassyr, der bisherige Sklavenhändler, hat zu schwören, daß er diesem Handwerke für immer entsagt. Darauf begleite er uns auf unserm Zuge nach Wagunda. Hat er uns die Wahrheit gesagt, so wird ihm verziehen und all sein Eigentum bleibt unangetastet. Stellt es sich aber heraus, daß er uns belogen hat, so bekommt er die Kugel und alles, was ihm gehört, verfällt der Kasse der Asaker. Während seiner Abwesenheit werden seine Niswan auf meinem Schiffe wohnen. Die elf Soldaten des Sklavenjägers haben den Tod verdient, doch dieser Effendi hat für sie gebeten, und Allah will ihnen Gelegenheit zur Besserung geben. Sie dürfen mit uns ziehen. Kämpfen sie tapfer an unserer Seite, so sei ihnen verziehen und sie mögen, wenn sie wollen, zu uns gehören; zeigt sich aber auch nur einer von ihnen ungehorsam, so werden alle erschossen. Sie mögen darum auf einander Achtung geben.«

Er hatte ausgesprochen. Es entstand fast eine minutenlange, stumme Pause; dann sprang der alte Feldwebel vor, schwang beide Arme hoch in die Luft und rief:

»Allah segne den Reis Effendina heute, immer und ewig.«

»Iljaum, daiman, abadi!« wiederholten im Chore alle Stimmen.

Der Türke kam zum Emir, verbeugte sich und leistete den verlangten Schwur; dann gab er mir die Hand und sagte:

»Das habe ich nur dir zu verdanken und werde es dir nie vergessen. Ich schwöre dir, daß du deine Fürbitte nie bereuen wirst!«

Damit der allgemeinen Freude auch die pikante Würze nicht fehle, kam das Ewigweibliche jetzt wieder gewallfahrtet. Turteltaube hatte einen andern, aber auch dampfenden Topf in den Händen. Die Hände aber waren dieses Mal nicht in Gefahr, verbrannt zu werden, denn sie hatte, – – ihre Pantöffelchen darübergesteckt. Die Not ist zuweilen eine sehr scherzhafte Lehrmeisterin.

Ich eilte hinzu, ergriff sie – nicht etwa am Arme, nein, das durfte ich nicht, sondern bei ihrer Umhüllung und zog sie nach dem Tokul ihres Bruders, in dessen Vorderabteilung sie dem Emir und mir den festlichen Trank kredenzen durfte, wobei es dieses Mal keine nassen Hosen gab.

Nun begann in der Seribah ein sehr lebendiges Regen und Bewegen. Die erst feindlichen Asaker wurden als Freunde behandelt und halfen fleißig bei der Arbeit. Alles Brauchbare, was die Tokuls enthielten, wurde entweder gleich verteilt oder auf das Schiff gebracht, und als sie dann leer waren, wurde die »Hand des Feuers« an sie gelegt. Wir blieben wachend dabei, um zu verhüten, daß der Brand auf den Wald überging. Indessen wurde mit Hilfe von Stangen und Matten für den Harem eine kleine Kajüte auf dem Deck des Schiffes errichtet. Zur Mittagszeit lag die Seribah in rauchenden Trümmern; dann schifften wir uns ein, hoben die Anker und segelten mit geschwellter Leinwand dem Süden zu.

Welche Sorge hatte uns vorher die Seribah Aliab gemacht! Und nun hatte nur die Hälfte eines Tages dazu gehört, sie in unsere Gewalt zu bringen und vollständig zu zerstören! – –