Nächtliche Kämpfe.

Am hohen Ufer des Black-bear-Flusses brannte ein großes Feuer. Zwar stand der Mond am Himmel, aber sein Licht vermochte nicht, die dichten Wipfel der Bäume zu durchdringen, unter denen ohne das Feuer tiefe Finsternis geherrscht hätte. Die Flamme desselben beleuchtete eine Art Blockhaus, welches nicht aus horizontal übereinander lagernden Stämmen, sondern in andrer Weise errichtet war. Man hatte von vier in den Winkeln eines regelmäßigen Vierecks stehenden Bäumen die Wipfel abgesägt und auf die Stämme Querhölzer gelegt, welche das Dach trugen. Dieses letztere bestand aus sogenannten Clap-boards, Brettern, welche man roh aus astlosen Cypressen- oder auch Roteichenstämmen spaltet. In der vordern Wand waren drei Öffnungen gelassen, eine größere als Thür und zwei kleinere, zu den Seiten der vorigen, als Fenster. Vor diesem Hause brannte das erwähnte Feuer und um dasselbe saßen gegen zwanzig wilde Gestalten, denen es anzusehen war, daß sie längere Zeit nicht mit der sogenannten Zivilisation in Berührung gekommen waren. Ihre Anzüge waren abgerissen und ihre Gesichter von Sonne, Wind und Wetter nicht nur gebräunt, sondern förmlich gegerbt. Außer den Messern hatten sie keine Waffen bei sich; diese mochten vielmehr im Innern des Blockhauses liegen.

Über dem Feuer hing von einem starken Baumaste herab ein großer, eiserner Kessel, in welchem mächtige Stücke Fleisches kochten. Neben dem Feuer standen zwei ausgehöhlte Riesenkürbisse mit gegorenem Honigwasser, also Met. Wer Lust dazu hatte, schöpfte sich einen solchen Trunk oder nahm sich einen Becher voll Fleischbrühe aus dem Kessel.

Dabei wurde eine lebhafte Unterhaltung geführt. Die Gesellschaft schien sich sehr sicher zu fühlen, denn keiner gab sich die Mühe, leise zu sprechen. Hätten diese Leute die Nähe eines Feindes angenommen, so wäre das Feuer wohl nach indianischer Weise genährt worden, so daß es eine nur kleine, nicht weit sichtbare Flamme gab. An der Wand des Hauses lehnten Äxte, Beile, große Sägen und andres Handwerkszeug, aus welchem sich erraten ließ, daß man eine Gesellschaft von Rafters, also von Holzhauern und Flößern, vor sich habe.

Diese Rafters sind eine ganz eigene Art der Hinterwäldler. Sie stehen zwischen den Farmern und Fallenstellern mitten inne. Während der Farmer zur Zivilisation in näherer Beziehung steht und zu den seßhaften Leuten gehört, führt der Trapper, der Fallensteller ein beinahe wildes Leben, ganz ähnlich dem Indianer. Auch der Rafter ist nicht an die Scholle gebunden und führt ein freies, fast unabhängiges Dasein. Er streift aus einem Staate in den andern und aus einer County in die andre. Menschen und deren Wohnungen sucht er nicht gern auf, weil das Gewerbe, welches er treibt, eigentlich ein ungesetzliches ist. Das Land, auf welchem er Holz schlägt, ist nicht sein Eigentum. Es fällt ihm auch nur selten ein, zu fragen, wem es gehört. Findet er passende Waldung und ein zum Verflößen bequemes Wasser in der Nähe, so beginnt er seine Arbeit, ohne sich darum zu bekümmern, ob der Ort, wo er sich befindet, Kongreßland ist oder schon einem Privateigentümer gehört. Er fällt, schneidet und bearbeitet die Stämme, sucht sich dazu nur die besten Bäume aus, verbindet sie zu Flößen und schwimmt auf denselben dann abwärts, um das erbeutete Gut irgendwo zu verkaufen.

Der Rafter ist ein nicht gern gesehener Gast. Zwar ist es wahr, daß manchem neuen Ansiedler der dichte Wald, den er vorfindet, zu schaffen macht, und daß er froh wäre, denselben gelichtet vorzufinden, aber der Rafter lichtet nicht. Er nimmt, wie gesagt, nur die besten Stämme, schneidet die Kronen ab und läßt sie liegen. Unter und zwischen diesen Wipfeln sprossen dann neue Schößlinge hervor, welche durch wilde Reben und andre Schlingpflanzen zu einem festen Ganzen verbunden werden, gegen welches die Axt und oft sogar auch das Feuer nur wenig vermag.

Dennoch bleibt der Rafter meist unbelästigt, denn er ist ein kräftiger und kühner Gesell, mit welchem in der Wildnis, fern von aller Hilfe, nicht so leicht jemand anzubinden wagt. Allein kann er natürlich nicht arbeiten, sondern es thun sich stets mehrere, meist vier bis acht oder zehn zusammen. Zuweilen kommt es auch vor, daß die Gesellschaft aus noch mehr Personen besteht; dann fühlt sich der Rafter doppelt sicher, denn mit einer solchen Anzahl von Menschen, welche um den Besitz eines Baumstammes ihr Leben auf das Spiel setzen würden, wird kein Farmer oder sonstiger Besitzer einen Streit beginnen.

Freilich führen sie ein sehr hartes, anstrengungs- und entbehrungsreiches Leben, doch ist am Ende ihr Lohn kein geringer. Der Rafter verdient, da ihn das Material nichts kostet, ein schönes Stück Geld. Während die andern arbeiten, sorgt ein Kamerad oder sorgen zwei oder mehrere, je nach der Größe der Gesellschaft, für die Ernährung derselben. Das sind die Jäger, welche tagsüber und oft auch während der Nacht umherstreifen, um „Fleisch zu machen“. In wildreichen Gegenden ist das nicht schwer. Mangelt es aber an Wild, so gibt es viel zu thun; der Jäger hat keine Zeit übrig, Honig und andre Delikatessen zu suchen, und die Rafters müssen auch diejenigen Fleischstücke essen, welche der Hinterwäldler sonst verschmäht, sogar die Eingeweide.

Die Gesellschaft nun, welche hier am schwarzen Bärenflusse ihr Wesen trieb, schien, wie der volle Kessel bewies, keine Not zu leiden. Darum waren alle guter Laune, und es wurde nach der harten Tagesarbeit viel gescherzt. Man erzählte sich heitre oder sonst interessante Erlebnisse; man schilderte Personen, welche man getroffen hatte und die irgend eine Eigenschaft besaßen, welche zum Lachen Veranlassung gab.

„Da solltet ihr einen kennen, den ich da oben mal in Fort Niobrara getroffen habe,“ sagte ein alter, graubärtiger Kerl. „Der Mann war ein Mann und wurde doch nur Tante genannt.“

„Meinst du etwa Tante Droll?“ fragte ein andrer.

„Ja, grad den und keinen andern meine ich. Bist du ihm etwa auch begegnet?“

„Ja, einmal. Das war in Desmoines, im Gasthofe, wo sein Erscheinen große Aufmerksamkeit erregte und sich alle über ihn lustig machten. Besonders einer war es, der ihm keine Ruhe ließ, bis Droll ihn bei den Hüften nahm und zum Fenster hinauswarf. Der Mann kam nicht wieder herein.“

„Das traue ich der Tante gut und gern zu. Droll liebt einen Spaß und hat nichts dagegen, wenn man über ihn lacht, aber über einen gewissen Punkt hinaus darf man nicht gehen, sonst zeigt er die Zähne. Übrigens würde ich einen jeden, der ihn ernstlich beleidigen wollte, sofort niederschlagen.“

„Du, Blenter? Warum?“

„Darum, weil ich ihm mein Leben verdanke. Ich bin mit ihm bei den Sioux gefangen gewesen. Ich sage euch, daß ich damals gewiß und wirklich von ihnen in die ewigen Jagdgründe geschickt worden wäre. Ich bin nicht der Mann, der sich vor drei oder fünf Indianern fürchtet; ich pflege auch nicht zu wimmern, wenn es mir einmal verkehrt geht; damals aber war keine Spur von Hoffnung mehr vorhanden, und ich wußte wahrhaftig keinen Ausweg. Dieser Droll aber ist ein Pfiffikus sondergleichen; er hat die Roten so eingeseift, daß sie nicht mehr aus den Augen sehen konnten. Wir entkamen.“

„Wie war das? Wie ging das zu? Erzähle, erzähle!“

„Wenn es dir recht ist, werde ich lieber den Mund halten. Es ist kein Vergnügen, eine Begebenheit zu berichten, bei welcher man keine rühmliche Rolle gespielt hat, sondern von den Roten übertölpelt wurde. Genug, daß ich dir sage, wenn ich heut hier sitze und mir den Rehbock schmecken lassen kann, so habe ich das nicht mir, sondern der Tante Droll zu danken.“

„So muß die Tinte, in welcher du saßest, sehr tief und schwarz gewesen sein. Der alte Missouri-Blenter ist doch als ein Westmann bekannt, welcher gewiß die Thür findet, wenn überhaupt eine vorhanden ist.“

„Damals aber habe ich sie nicht gefunden. Ich stand fast schon unter dem Marterpfahle.“

„Wahrhaftig? Das ist freilich eine Situation, in welcher es wenig Aussicht auf Entkommen gibt. Eine verteufelte Erfindung, dieser Marterpfahl! Ich hasse die Canaillen doppelt, wenn ich an dieses Wort denke.“

„So weißt du nicht, was du thust und was du sagst. Wer die Indsmen haßt, der beurteilt sie falsch, der hat nicht darüber nachgedacht, was die Roten alles erduldet haben. Wenn jetzt jemand käme, um uns von hier zu vertreiben, was würdest du thun?“

„Mich wehren, und sollte es sein oder mein Leben kosten.“

„Und ist dieser Ort etwa dein Eigentum?“

„Weiß ganz und gar nicht, wem er gehört; ich aber habe ihn gewiß nicht bezahlt.“

„Nun, den Roten gehörte alles Land, es ist ihnen von uns genommen worden, und wenn sie sich wehren, wozu sie mehr Recht haben als du, so verurteilst du sie?“

„Hm! Ist schon richtig, was du sagst, aber der Rote muß fort, muß aussterben, das ist ihm bestimmt.“

„Ja, er stirbt aus, weil wir ihn morden. Es heißt, daß er nicht kulturfähig sei und darum verschwinden müsse. Die Kultur aber schießt man nicht wie eine Kugel nur so aus dem Laufe heraus; dazu gehört Zeit, viel Zeit; ich verstehe das nicht, aber ich meine, daß dazu sogar Jahrhunderte gehören. Gibt man aber etwa dem Roten Zeit? Schickst du einen sechsjährigen Boy in die Schule und schlägst ihm über den Kopf, wenn er nach einer Viertelstunde noch kein Professor geworden ist? Das thut man aber mit den Indsmen. Ich will sie nicht verteidigen, denn ich habe nichts davon; aber ich habe bei ihnen ebensoviel gute Menschen getroffen wie bei den Weißen, ja noch viel mehr. Wem habe denn grad ich es zu verdanken, daß ich nicht mein schönes Heim und meine Familie besitze, sondern als alter, grauer Kerl noch im wilden Westen herumirren muß, den Roten oder den Weißen?“

„Das kann doch ich nicht wissen. Du hast noch nie davon gesprochen.“

„Weil ein richtiger Mann solche Sachen lieber in sich hinein vergräbt, als daß er von ihnen redet. Ich brauch nur noch einen, den letzten, der mir entkam und der von ihnen übrig geblieben ist, gerade der Anführer, der Allerschlimmste!“

Der alte Mann sprach das knirschend aus, langsam, als ob er auf jedes Wort ein schweres Gewicht legen wolle. Das erhöhte die Aufmerksamkeit der andern; sie rückten näher zusammen und sahen ihn auffordernd an, ohne aber etwas zu sagen. Er starrte eine Weile in das Feuer, stieß mit dem Fuße in die brennenden Hölzer und fuhr fort, als ob er nur zu sich selbst spreche: „Ich habe sie nicht erschossen und nicht erstochen, sondern totgepeitscht, einen nach dem andern. Lebendig mußte ich sie haben, damit sie ganz genau so sterben sollten, wie meine Familie sterben mußte, mein Weib und meine beiden Söhne. Sechs waren es, fünf von ihnen habe ich ausgelöscht in kurzer Zeit, der sechste entkam. Ich habe ihn gejagt durch die ganzen Staaten, bis es ihm gelang, seine Fährte unsichtbar zu machen. Ich bin noch nicht wieder auf sie getroffen, aber er lebt noch, denn er war jünger als ich, viel jünger, und so denke ich, daß meine alten Augen ihn noch einmal erblicken, ehe ich sie für immer schließe.“

Es trat eine tiefe Stille ein. Alle fühlten, daß es sich hier um etwas ganz Ungewöhnliches handle. Erst nach einer langen Pause wagte einer zu fragen. „Blenter, wer war der Mann?“

Der Alte fuhr aus seinem Sinnen auf und antwortete. „Wer er war? Nicht etwa ein Indianer, sondern ein Weißer, ein Scheusal, wie es bei den Roten keines gibt. Ja, Männer, ich will es euch sogar sagen, daß er das war, was ihr alle seid und was auch ich jetzt bin, nämlich ein Rafter.“

„Wie? Rafters haben deine Familie getötet?“

„Ja, Rafters! Ihr habt gar keine Veranlassung, stolz auf euer Gewerbe zu sein und besonders euch besser zu dünken, als die Roten sind. So wie wir hier sitzen, sind wir alle Diebe und Spitzbuben.“

Diese Behauptung stieß natürlich auf lebhafte Widersprüche. Blenter aber fuhr unbekümmert um dieselben fort: „Dieser Fluß, an dem wir uns befinden, dieser Wald, dessen Bäume wir niederschlagen und verkaufen, ist nicht unser Eigentum. Wir vergreifen uns widerrechtlich an dem, was dem Staate oder gar Privatpersonen gehört. Wir würden jeden niederschießen, selbst den rechtmäßigen Besitzer, wenn er uns von hier vertreiben wollte. Ist das nicht Diebstahl? Ja noch mehr, ist das nicht Raub?“

Er sah im Kreise umher, und da er nicht gleich eine Antwort bekam, sprach er weiter: „Und mit solchen Räubern bekam ich es damals zu thun. Ich war von Missouri herübergekommen mit dem richtigen Kaufbriefe in der Hand. Mein Weib und meine Söhne waren bei mir. Wir hatten Rinder mit, einige Pferde, Schweine und einen großen Wagen voll Hausgerät, denn ich war leidlich wohlhabend, sage ich euch. Einen Ansiedler gab es nicht in der Nähe; aber wir brauchten auch niemand, denn unsre acht Arme waren kräftig und fleißig genug, alles selbst und auch schnell fertig zu bringen. In kurzer Zeit stand das Blockhaus da; wir brannten und rodeten ein Ackerland aus und begannen, zu säen. Eines schönen Tages fehlte mir eine Kuh und ich ging in den Wald sie zu suchen. Da hörte ich Axtschläge und ging dem Schalle nach. Ich fand sechs Rafters, welche meine Baume niederschlugen. Bei ihnen lag die Kuh; sie hatten sie erschossen, um sie zu verzehren. Nun, Mesch’schurs, was hättet ihr an meiner Stelle gemacht?“

„Die Kerls niedergeschossen,“ antwortete einer. „Und das mit vollem Rechte. Nach dem Gesetze des Westens verfällt ein Pferde- oder Rinderdieb dem Tode.“

„Das ist richtig, aber ich habe es doch nicht gethan. Ich sprach freundlich zu den Leuten und verlangte von ihnen nur, meinen Grund und Boden zu verlassen und mir die Kuh zu bezahlen. War das etwa zu viel?“

„Nein, nein,“ ertönte es im Kreise. „Thaten sie es nicht?“

„Nein. Sie lachten mich aus. Ich ging aber nicht direkt heim, denn ich wollte etwas für das Abendessen schießen. Als ich dann nach Hause kam, fehlte auch die zweite Kuh. Die Rafters hatten sie indessen geholt, mir zum Trotze, um mir zu zeigen, daß sie sich aus mir nichts machten. Als ich am andern Morgen hinkam, hatten sie dieselbe in Stücke zerlegt und die Schnitten zum Trocknen aufgehangen, um Pemmikan zu machen. Meine wiederholte und nun natürlich gesteigerte Forderung wurde ebenso verlacht wie gestern. Ich drohte also von meinem Rechte Gebrauch zu machen und verlangte Geld. Dabei legte ich das Gewehr an. Ein Mensch, welcher den Sprecher und Anführer machte, erhob sofort auch sein Gewehr. Ich sah es ihm an, daß er Ernst mache und zerschmetterte es ihm mit meiner Kugel. Ich hatte ihn nicht verwunden wollen, sondern auf das Gewehr gezielt. Dann eilte ich zurück, um meine Söhne zu holen. Wir drei fürchteten uns keineswegs vor diesen sechs, doch als wir kamen, waren sie schon fort. Natürlich war nun Vorsicht geboten, und wir kamen mehrere Tage lang nicht über die nächste Umgebung der Blockhütte hinaus. Am vierten Morgen waren die Rationen alle geworden, und ich ging also mit dem einen Sohn, um Fleisch zu machen. Natürlich sahen wir uns vor, aber es war keine Spur von den Rafters zu bemerken. Als wir uns dann langsam und leise durch den Wald pürschten, vielleicht zwanzig Schritte voneinander entfernt, sah ich plötzlich den Anführer von ihnen hinter einem Baum stehen. Er erblickte nicht mich, sondern meinen Sohn und legte das Gewehr auf ihn an. Hätte ich den Kerl augenblicklich niedergeschossen, wie es mein gutes Recht und sogar meine Pflicht war, so wäre ich gewiß nicht kinderlos und Witwer geworden. Aber es ist nie meine Passion gewesen, ohne Not ein Menschenkind zu töten, und so sprang ich nur schnell hinzu, riß ihm die Flinte aus der Hand, das Messer und das Pistol aus dem Gürtel und gab ihm einen Hieb in das Gesicht, daß er zu Boden stürzte. Er verlor seine Geistesgegenwart keinen Augenblick, war vielmehr noch schneller als ich. Im Nu hatte er sich aufgerafft und sprang davon, ehe ich nur eine Hand nach ihm ausstrecken konnte.“

„Alle Teufel! Diese Dummheit hast du nachher büßen müssen!“ rief einer.

„Es ist ausgemacht, daß der Mann diesen Schlag später gerächt hat.“

„Ja, er hat ihn gerächt,“ nickte der Alte, indem er aufstand, um einigemal auf und ab zu schreiten. Die Erinnerung regte ihn auf. Dann setzte er sich wieder nieder und fuhr fort: „Wir hatten Glück und machten eine gute Jagd. Als wir heimkehrten, ging ich hinter das Haus, um dort die Beute einstweilen abzulegen. Es war mir, als ob ich einen erschrockenen Ruf meines Sohnes hörte, aber ich achtete leider nicht darauf. Beim Eintritte in die Stube sah ich meine Leute gebunden und geknebelt am Herde liegen, und zu gleicher Zeit wurde ich gepackt und niedergerissen. Die Rafters waren während unsrer Abwesenheit nach der Farm gekommen und hatten meine Frau und den jüngeren Sohn überwältigt, um dann auch auf uns zu warten. Als der älteste Sohn dann vor mir kam, hatten sie sich so schnell über ihn gemacht, daß ihm kaum Zeit zu dem erwähnten Warnungsrufe geblieben war. Mir erging es nicht schlimmer und nicht besser als den andern. Es kam so überraschend und ging so schnell, daß ich gebunden war, ehe ich an Gegenwehr denken konnte; dann stopfte man auch mir irgend einen Zeugfetzen in den Mund, damit ich nicht schreien könne.“

„Bist selber schuld daran! Warum warst du nicht vorsichtiger! Wer sich mit Rafters verfeindet und überdies einen von ihnen geschlagen hat, muß sich vorsehen.“

„Ist wahr. Aber ich hatte damals meine jetzigen Erfahrungen noch nicht. Töteten Rafters mir heut eine Kuh, so schösse ich die Kerls einzeln weg, ohne mich von ihnen sehen zu lassen. Doch weiter! Ich will es kurz machen, denn was nun kommt, kann mit Worten nicht geschildert werden. Es wurde Gericht gehalten; daß ich geschossen hatte, wurde mir als todeswürdiges Verbrechen ausgelegt. Die Halunken hatten sich übrigens über meinen Brandy hergemacht; sie tranken sich einen solchen Rausch an, daß sie nicht mehr Menschen, auch nicht Tiere waren, sondern zur Bestie wurden. Sie beschlossen, uns sterben zu lassen. Als Extrastrafe für den Schlag, den der Anführer von mir erhalten hatte, verlangte er, daß auch wir geschlagen, das heißt tot gepeitscht werden sollten. Zwei stimmten ihm bei, drei waren dagegen; er setzte es aber durch. Wir wurden hinaus an die Fenz geschafft. Die Frau kam zuerst daran. Man band sie fest und schlug mit Knütteln auf sie los. Einer fühlte doch eine Art von Mitleid mit ihr und gab ihr eine Kugel in den Kopf. Den Söhnen erging es schlimmer als ihr, sie wurden buchstäblich totgeprügelt. Ich lag dabei und mußte es mit ansehen, denn ich sollte der letzte sein. Leute, ich sage euch, daß jene Viertelstunde mir zur Ewigkeit geworden ist. Es kann mir nicht einfallen, zu versuchen, euch meine Gedanken und Gefühle zu beschreiben. Die Worte Wut und Grimm sagen gar nichts, es gibt eben kein passendes Wort. Ich war wie wahnsinnig und konnte mich doch nicht rühren, nicht bewegen. Also endlich kam ich an die Reihe. Ich wurde aufgerichtet und angebunden. Die Schläge, welche ich nun erhielt, habe ich nicht gefühlt. Meine Seele befand sich in einem Zustande, in welchem sie auf die körperlichen Schmerzen gar nicht achthaben konnte. Ich weiß nur, daß plötzlich vom Maisfelde her ein lauter Ruf erscholl und daß, als dieser von den Rafters nicht augenblicklich beachtet wurde, ein Schuß fiel. Ich war ohnmächtig geworden.“

„Ach, es kamen zufällig Leute, welche dich retteten!“

„Leute? Nein, denn es war nur einer. Er kannte natürlich die Verhältnisse nicht und hatte gemeint, daß ein Dieb oder sonstiger Verbrecher gezüchtigt werde. Aus der Haltung meines Kopfes hatte er schon von weitem gesehen, daß mein Leben keinen Penny wert sei, wenn er nicht schon aus der Ferne Einhalt thue. Darum sein Ruf und sein Schuß. Er hatte nur einen Warnungsschuß gethan, also in die Luft geschossen, da er nicht geglaubt hatte, es mit Mördern zu thun zu haben. Als er dann rasch herbeikam, erkannte ihn einer der Kerls und rief erschrocken seinen Namen. Feig morden hatten sie gekonnt; aber sie, sechs Personen, es mit diesem einen aufzunehmen, dazu fehlte ihnen der Mut. Sie rannten davon; indem sie das Haus als Deckung benutzten, um nach dem Walde zu entkommen.“

„Dann muß der Ankömmling ein hochberühmter und gefürchteter Westmann gewesen sein.“

„Westmann? Pshaw! Ein Indianer war’s. Ja, Leute, ich sage euch, daß ein Roter mich rettete!“

„Ein Roter? Der so gefürchtet war, daß sechs Rafters vor ihm davonliefen? Unmöglich!“

„Zweifle nicht! Auch du würdest, wenn du ein böses Gewissen hättest, alles im Stiche lassen, um vor ihm zu entkommen, denn es war kein andrer als Winnetou.“

„Winnetou, der Apache? Good lack! Ja, dann ist’s freilich zu glauben. Aber war der denn schon damals so bekannt?“

„Er stand freilich erst im Anbeginne seines Ruhmes, aber der eine Rafter, welcher den Namen rief und dann ausriß, hatte ihn wohl schon auf eine Weise kennen gelernt, die ihm ein zweites Zusammentreffen nicht erwünscht sein ließ. Überdies, wer Winnetou nur ein einziges Mal gesehen hat, der weiß, welchen Eindruck sein bloßes Erscheinen macht.“

„Aber er hat die Kerls entwischen lassen?“

„Einstweilen, ja. Oder hättest du es etwa anders gemacht? Aus ihrer eiligen Flucht erkannte er zwar, daß sie ein böses Gewissen hatten, aber die eigentlichen Umstände wußte er doch nicht. Dann sah er mich hängen und die losgebundenen Leichen, die er vorher nicht hatte bemerken können, am Boden liegen. Nun wußte er freilich, daß ein Verbrechen geschehen war; aber er konnte den Fliehenden nicht nach, weil er sich vor allen Dingen meiner anzunehmen hatte. Dabei war auch gar nichts versäumt, denn ein Winnetou weiß seine Leute auch später mit Sicherheit zu finden. Als ich erwachte, kniete er neben mir, gerade wie der Samariter in der heiligen Schrift. Er hatte mich von den Fesseln und dem Knebel befreit, verbot mir aber, zu sprechen, eine Untersagung, auf welche ich nicht achtete. Ich fühlte wahrhaftig keine Schmerzen und wollte auf und fort, um mich zu rächen. Er gab das nicht zu, schaffte mich und die Leichen in das Haus, wo ich mich, falls die Rafters es sich einfallen lassen sollten, wiederzukommen, leicht ihrer erwehren konnte, und ritt dann zum nächsten Nachbar, um eine pflegende und helfende Hand zu holen. Ich sage euch, daß dieser Nachbar über dreißig Meilen von mir wohnte und daß Winnetou noch nie in dieser Gegend gewesen war. Er fand ihn doch, obgleich er erst des Abends dort ankam, und brachte ihn und den Knecht gegen Morgen zu mir. Dann verließ er mich, um die Spuren der Mörder zu verfolgen. Ich mußte ihm heilig versprechen, nicht eigenmächtig zu handeln, da dies zwecklos sei. Er blieb über eine Woche aus. Ich hatte indessen meine Toten begraben und dem Nachbar Auftrag gegeben, meinen Besitz zu verkaufen. Meine zerschlagenen Glieder waren noch nicht heil; aber ich hatte mit wahren Schmerzen auf die Rückkehr des Apachen gewartet. Er war den Rafters gefolgt, hatte sie des Abends belauscht und gehört, daß sie nach dem Smoky-hill-Fort wollten. Gezeigt hatte er sich ihnen nicht, ihnen auch nichts gethan, da die Rache nur die meine war. Als er sich von mir verabschiedet hatte, nahm ich die Büchse, stieg auf das Pferd und ritt fort. Das Übrige wißt ihr bereits oder könnt es euch denken.“

„Nein, wir wissen es nicht und denken es uns auch nicht. Erzähle nur weiter, erzähle! Warum ist Winnetou nicht mit dir gegangen?“

„Jedenfalls weil er noch andres und Besseres zu thun hatte. Oder hatte er vielleicht noch nicht genug gethan? Und weitererzählen werde ich nicht. Ihr könnt euch denken, daß mir das kein Vergnügen sein kann. Die fünf sind ausgelöscht, einer nach dem andern; der sechste und schlimmste ist mir entkommen. Er war Rafter und ist vielleicht noch bei diesem Geschäfte; darum bin ich auch Rafter geworden, weil ich denke, daß ich ihn auf diese Weise am sichersten einmal treffen kann. Und nun – – behold! Was für Personen sind denn das?“

Er sprang auf, und die andern folgten seinem Beispiele, denn soeben waren zwei in bunte Decken gehüllte Gestalten aus dem Dunkel des Waldes in den Lichtkreis des Feuers getreten. Es waren Indianer, ein alter und ein junger. Der erstere hob beruhigend die Hand und sagte: „Nicht Sorge haben, denn wir nicht Feinde sind! Arbeiten hier Rafters, welche schwarzen Tom kennen?“

„Ja, den kennen wir,“ antwortete der alte Blenter.

„Er für euch fort, um zu holen Geld?“

„Ja, er soll kassieren und kann in einer Woche wieder bei uns sein.“

„Er noch eher kommen. Wir also bei richtige Leute, bei Rafters, welche wir suchen. Feuer klein machen, sonst weit sehen. Und auch leise sprechen, sonst weit gehört werden.“

Er warf die Decke ab, trat an das Feuer, riß die Brände auseinander, verlöschte sie und ließ nur einige weiterbrennen. Der junge Indianer half ihm dabei. Als das geschehen war, warf er einen Blick in den Kessel, setzte sich nieder und sagte: „Uns Stück Fleisch geben, denn wir weit geritten und nicht gegessen; großen Hunger haben.“

Sein so selbständiges Beginnen erregte natürlich das Erstaunen der Rafters. Der alte Missourier gab demselben Ausdruck, indem er fragte: „Aber, Mann, was fällt dir ein! Wagst dich zu uns heran, sogar des Nachts und obgleich du ein Roter bist! Und thust genau so, als ob dieser Platz nur dir gehörte!“

„Wir nichts wagen,“ lautete die Antwort. „Roter Mann muß nicht sein schlechter Mann. Roter Mann sein guter Mann. Bleichgesicht wird das erfahren.“

„Aber wer bist du denn? Du gehörst jedenfalls nicht einem Flußlands- und Prairiestamme an. Nach deinem Aussehen muß ich vielmehr vermuten, daß du aus Neumexiko kommst und vielleicht ein Pueblo bist.“

„Komme aus Neumexiko, bin aber kein Pueblo. Bin Tonkawahäuptling, heiße „der große Bär“, und dies mein Sohn.“

„Was, „der große Bär“?“ riefen mehrere Rafters überrascht, und der Missourier fügte hinzu. „So ist dieser Knabe also „der kleine Bär“?“

„So richtig!“ nickte der Rote.

„Ja, das ist etwas andres. Die beiden Tonkawabären sind überall willkommen. Nehmt euch Fleisch und Met, ganz wie es euch beliebt und bleibt bei uns, solange es euch gefällt. Was aber führt euch denn in diese Gegend?“

„Wir kommen, um Rafters warnen.“

„Warum? Gibt es für uns eine Gefahr?“

„Große Gefahr.“

„Welche denn? Sprich!“

„Tonkawa erst essen und Pferde holen, dann reden.“

Er gab seinem Sohne einen Wink, worauf dieser sich entfernte, und nahm sich dann ein Stück Fleisch aus dem Kessel, welches er mit solcher Ruhe zu verzehren begann, als ob er sich daheim in seinem sichern Wigwam befände.

„Pferde habt ihr mit?“ fragte der Alte. „Des Nachts hier im finstern Walde? Und dabei habt ihr uns gesucht und auch wirklich gefunden! Das ist wirklich eine Art Meisterstück von euch!“

„Tonkawa hat Augen und Ohren. Er weiß, daß Rafters stets wohnen am Wasser, am Fluß. Ihr sehr laut reden und großes Feuer brennen, welches wir sehen sehr weit und riechen noch weiter. Rafters sehr unvorsichtig, denn Feinde haben es leicht, sie zu finden.“

„Es gibt hier keine Feinde. Wir befinden uns ganz allein in dieser Gegend und sind auf alle Fälle stark genug, uns etwaiger Feinde zu erwehren.“

„Missouri-Blenter sich irren!“

„Wie, du kennst meinen Namen?“

„Tonkawa stehen lange Zeit da hinter Baum und hören, was Bleichgesichter sprechen; auch hören deinen Namen. Wenn Feinde nicht da, so nun doch kommen. Und wenn Rafters unvorsichtig, dann werden besiegt sogar von wenigen Feinden.“

Jetzt hörte man Hufschlag im weichen Boden. Der kleine Bär brachte zwei Pferde, band sie an einen Baum, nahm ein Stück Fleisch aus dem Kessel, und setzte sich neben seinen Vater, um zu essen. Dieser letztere hatte seine Portion verzehrt, schob das Messer in den Gürtel und sagte: „Nun Tonkawa sprechen, und Rafters dann wohl mit ihm Friedenspfeife rauchen. Der schwarze Tom hat viel Geld. Tramps kommen, ihm aufzulauern und es ihm abzunehmen.“

„Tramps? Hier am schwarzen Bärenflusse? Da wirst du dich wohl irren.“

„Tonkawa nicht irren, sondern genau wissen und es auch erzählen.“

Er berichtete in seinem gebrochenen Englisch das Erlebnis auf dem Steamer, war jedoch zu stolz, dabei über die Heldenthat seines Sohnes ein Wort zu erwähnen. Man hörte ihm natürlich mit der größten Spannung zu. Er erzählte auch, was nach der Flucht der Tramps geschehen war. Er hatte kurz nach ihnen mit seinem Sohne im kleinen Boote das Ufer des Arkansas erreicht und war da bis zum ersten Tagesgrauen liegen geblieben, da er des Nachts nicht der Fährte zu folgen vermochte. Diese war dann sehr deutlich gewesen und hatte, Fort Gibson vermeidend, zwischen dem Canadian und dem Red-fork nach Westen geführt, um dann wieder nach Norden einzulenken. Während einer der nächsten Nächte hatten die Tramps ein Dorf der Creekindianer überfallen, um sich Pferde zu verschaffen. Am Mittag des nächsten Tages waren die beiden Tonkawa wandernden Choctowkriegern begegnet, von denen sie sich zwei Pferde gekauft hatten. Doch war durch die beim Pferdehandel gebräuchlichen Zeremonien eine so lange Zeit in Anspruch genommen worden, daß die Tramps einen Vorsprung von einem ganzen Tag bekommen hatten. Sie waren dann über den Red-fork gegangen und über die offene Prairie nach dem schwarzen Bärenflusse geritten. Den Tonkawa war es gelungen, ihnen nahe zu kommen. Nun lagerten die Tramps auf einer kleinen Lichtung am Flußufer, und die Tonkawa hatten es für notwendig gehalten, zunächst die Rafters aufzusuchen, um diese zu benachrichtigen.

Die Wirkung dieser Erzählung ließ nicht auf sich warten. Man sprach nun nur noch im leisen Tone und löschte das Feuer ganz aus.

„Wie weit ist der Lagerplatz dieser Tramps von hier aus entfernt?“ fragte der alte Missourier.

„So viel, was die Bleichgesichter eine halbe Stunde nennen.“

„Alle Wetter! Da können sie zwar unser Feuer nicht gesehen, aber doch den Rauch gerochen haben. Wir sind wirklich zu sicher gewesen. Und seit wann liegen sie dort?“

„Eine ganze Stunde vor Abend.“

„Dann haben sie gewiß auch nach uns gesucht. Weißt du nichts darüber?“

„Tonkawa nicht dürfen beobachten Tramps, weil noch heller Tag. Sogleich weiter, um Rafters zu warnen, denn – –“

Er hielt inne und lauschte. Dann fuhr er in noch viel leiserem Tone fort. „Großer Bär etwas sehen, eine Bewegung an Ecke von Haus. Still sitzen und nicht sprechen. Tonkawa fortkriechen und nachsehen.“

Er legte sich auf den Boden nieder und kroch, sein Gewehr zurücklassend, dem Hause zu. Die Rafters spitzten die Ohren. Es vergingen wohl zehn Minuten, dann ertönte ein schriller, kurzer Schrei, ein Schrei, den jeder Westmann kennt – der Todesschrei eines Menschen. Nach kurzer Zeit kehrte der Häuptling zurück.

„Ein Kundschafter der Tramps,“ sagte er. „Tonkawa hat ihm das Messer gegeben, von hinten in das Herz getroffen. Wird nicht sagen können, was hier gesehen und gehört. Aber vielleicht noch ein zweiter da. Wird zurückkehren und melden. Drum schnell machen, wenn weiße Männer wollen vielleicht belauschen Tramps.“

„Das ist wahr,“ stimmte der Missourier flüsternd ein. „Ich werde mitgehen und du wirst mich führen, da du den Ort kennst, an welchem sie lagern. Jetzt haben sie noch keine Ahnung davon, daß wir von ihrer Gegenwart wissen. Sie fühlen sich also sicher und werden über ihr Vorhaben sprechen. Wenn wir uns gleich aufmachen, erfahren wir vielleicht, welche Pläne sie haben.“

„Ja, aber ganz leise und heimlich, damit, wenn etwa noch zweiter Kundschafter da, er nicht sehen, daß wir gehen. Und nicht Flinte mitnehmen, sondern nur Messer. Gewehr uns im Weg sein.“

„Und was machen inzwischen die andern hier?“

„In Haus hineingehen und still warten, bis wir zurückkehren.“

Dieser Rat wurde befolgt. Die Rafters begaben sich in die Blockhütte, wo sie nicht beobachtet werden konnten; der Missourier aber kroch mit dem Häuptling eine Strecke weit fort, und erst dann erhoben sich die beiden, um am Flusse abwärts zu gehen und womöglich die Tramps zu belauschen. Der schwarze Bärenfluß kann die Grenze jenes eigentümlich hügeligen Landes genannt werden, welches man mit dem Namen Rolling-Prairie, die rollende Prairie, bezeichnet. Es erhebt sich da Hügel neben Hügel, fast einer genau so wie der andre, getrennt durch Thäler, welche einander ebenso gleichen. Das geht durch den ganzen Osten von Kansas. Diese rollende Prairie ist wasserreich und gut bewaldet. Aus der Vogelschau könnte man diese unendlich aufeinander folgenden Hügel und Thäler mit den rollenden Wogen eines grüngefärbten Meeres vergleichen. Daher der Name, aus dem man erkennt, daß unter Prairie nicht stets ein ebenes Gras- oder Wiesenland zu verstehen ist. In dieses weiche, humusreiche Hügelland haben sich die Wasser des schwarzen Bärenflusses tief eingefressen, so daß seine Ufer bis dahin, wo sie die rollende Prairie verlassen, meist steil und dabei bis an das Wasser mit dicht stehenden Bäumen bewachsen sind. Das ist oder vielmehr war ein rechtes, echtes Wildland, denn in neuerer Zeit ist die rollende Prairie verhältnismäßig dicht bevölkert und von den Sonntagsjägern ihres Wildstandes beraubt worden.

Da, wo die Rafters ihren Arbeitsplatz aufgeschlagen hatten, fiel das hohe Ufer unweit des Blockhauses steil zum Wasser hinab, was höchst vorteilhaft war, da es die Anlegung sogenannter Schleifen ermöglichte, das sind Rutschbahnen, auf denen die Rafters die Stämme und Hölzer ohne große Anstrengung an das Wasser bringen können. Glücklicherweise war das Ufer vom Unterholze frei, aber dennoch war es nicht leicht, dasselbe in der Dunkelheit zu beschreiten. Der Missourier war ein alter gewandter und viel erfahrener Westmann; dennoch wunderte er sich über den Häuptling, der ihn bei der Hand genommen hatte und nun geräuschlos und so sicher zwischen den Bäumen dahinschritt und die Stämme so sicher zu vermeiden wußte, als ob es heller Tag sei. Unten hörte man das Rauschen des Flusses, ein sehr vorteilhafter Umstand, da dasselbe ein etwa mit dem Fuße erzeugtes Geräusch unhörbar machte.

Blenter befand sich seit längerer Zeit hier. Er arbeitete nicht als Rafter, sondern als Jäger und Fleischmacher und kannte die Gegend ganz genau. Um so mehr mußte er die Sicherheit anerkennen, mit welcher der Indianer, der sich zum erstenmal und zwar auch nur seit dem Anbruch der Dunkelheit hier befand, bewegte.

Als etwas über eine Viertelstunde vergangen war, stiegen die beiden in ein Wellenthal hinab, welches den Lauf des Flusses durchkreuzte. Auch dieses war mit Bäumen dicht bewachsen; es wurde durch einen leisen murmelnden Bach bewässert. In der Nähe der Stelle, wo derselbe sich in den Fluß ergoß, gab es einen baumfreien Platz, auf dem nur einige Büsche standen. Dort hatten sich die Tramps gelagert und ein Feuer angebrannt, dessen Schein den beiden Männern schon in die Augen fiel, als sie sich noch unter dem Wipfeldache des Waldes befanden.

„Tramps ebenso unvorsichtig wie Rafters,“ flüsterte der Tonkawahäuptling seinem Gefährten zu. „Brennen großes Feuer, als ob sie braten wollten ganzen, großen Büffel. Roter Krieger stets nur kleines Feuer machen. Flamme nicht sehen und ganz wenig Rauch. Wir da sehr leicht hinkommen und es so machen können, daß uns nicht sehen.“

„Ja, hinkommen können wir,“ meinte der Alte. „Aber ob so nahe, daß wir hören können, was sie sprechen, das ist noch fraglich.“

„Wir ganz nahe, wir hören werden. Aber einander beistehen, wenn Tramps uns entdecken. Angreifer totstechen und schnell in Wald hinein.“

Sie gingen bis an die letzten Bäume vor und sahen nun das Feuer und die um dasselbe lagernden Leute. Hier unten gab es mehr Stechmücken, die gewöhnliche Plage der Flußläufe dieser Gegenden, als oben im Lager der Rafters. Wohl aus diesem Grunde hatten die Tramps ein so mächtiges Feuer angebrannt. Seitwärts standen die Pferde. Man sah sie nicht, aber man hörte sie. Sie wurden so von den Moskitos geplagt, daß sie, um diese von sich abzuwehren, in immerwährender Bewegung waren. Der Missourier hörte das Stampfen ihrer Hufe; ja, der Häuptling vernahm sogar das Peitschen ihrer Schwänze.

Nun legten sie sich auf die Erde nieder und krochen nach dem Feuer hin. Dabei benutzten sie als Deckung die Büsche, welche auf der Lichtung standen. Die Tramps saßen nahe am Bache, dessen Ufer mit dichtem Schilfe bewachsen war; das letztere reichte bis an das Lager hin.

Der vorankriechende Indianer wendete sich dem Schilfe zu, welches die beste Gelegenheit zum Verbergen bot. Dabei entfaltete er eine wahre Meisterschaft in Beziehung auf die Kunst des Anschleichens. Es galt, durch die hohen, dürren Halme zu kommen, ohne das im Schilfe fast unvermeidliche Geräusch zu verursachen. Auch durften sich die Spitzen desselben nicht bewegen, weil dadurch leicht die Entdeckung herbeigeführt werden konnte. Der alte Bär vermied diese Gefahr dadurch, daß er sich einfach den Weg schnitt. Er legte mit dem scharfen Messer das Schilf vor sich nieder und hatte dabei noch Aufmerksamkeit für den Missourier übrig, um diesem das Nachfolgen zu erleichtern. Dieses Niedersicheln des harten Schilfes geschah so unhörbar, daß sogar der Alte das Fallen der Halme nicht vernehmen konnte.

So näherten sie sich dem Feuer und blieben erst dann liegen, als sie sich so nahe bei den Tramps befanden, daß sie deren Gespräch, welches freilich nicht leise geführt wurde, hören konnten. Blenter war nicht zurückgeblieben, sondern hatte sich neben dem Häuptling Platz gemacht. Er überflog die vor ihm sitzenden Gestalten und fragte leise: „Welcher ist denn der Cornel, von welchem du uns erzählt hast?“

„Cornel nicht da, er fort,“ antwortete der Indianer flüsternd.

„Wohl auch, um nach uns zu suchen?“

„Ja; es können fast nicht anders sein.“

„So ist er jedenfalls derjenige, den du erstochen hast?“

„Nein, er es nicht sein.“

„Das hast du doch nicht sehen können?“

„Bleichgesicht sehen nur mit Augen, Indianer aber sehen auch mit Händen. Meine Finger hätten Cornel gewiß erkannt.“

„So ist er nicht allein, sondern in Begleitung eines andern gewesen, und diesen andern hast du erstochen.“

„Das sehr richtig. Nun hier warten, bis Cornel zurückkehren.“

Die Tramps unterhielten sich sehr lebhaft; sie schwatzten von allem möglichen, nur nicht von dem, was den beiden Lauschern interessant gewesen wäre, bis dann doch einer sagte: „Soll mich wundern, ob der Cornel richtig vermutet hat. Es wäre ärgerlich, wenn sich die Rafters nicht mehr hier befänden.“

„Sie sind noch da, und zwar ganz nahe,“ antwortete ein andrer. „Die Axtspäne, welche das Wasser hier angeschwemmt hat, sind noch ganz neu; sie stammen von gestern oder höchstens vorgestern.“

„Wenn das richtig ist, so müssen wir wieder zurück, weil wir den Kerls hier so nahe sind, daß sie uns bemerken werden. Und sehen dürfen sie uns doch nicht. Mit ihnen haben wir eigentlich nichts zu schaffen, sondern wir wollen nur den schwarzen Tom und sein Geld abfangen.“

„Und werden es nicht bekommen,“ fiel ein dritter ein.

„Warum nicht?“

„Weil wir es so dumm angefangen haben, daß es unmöglich gelingen kann. Meint ihr etwa, daß die Rafters uns nicht bemerken werden, wenn wir eine Strecke zurückgehen? Sie müßten geradezu blind sein. Wir lassen hier Spuren zurück, welche gar nicht zu vertilgen sind. Und ist unsre Anwesenheit verraten, so ist es aus mit unsrem Plan.“

„Gar nicht! Wir schießen die Kerls nieder!“

„Werden sie sich hinstellen und ruhig auf sich schießen lassen? Ich habe dem Cornel den besten Rat gegeben, bin aber leider von ihm abgewiesen worden. Im Osten, in den großen Städten, geht der Bestohlene zur Polizei und überläßt es dieser, den Dieb ausfindig zu machen; hier im Westen aber nimmt jeder seine Sache in die eigene Hand. Ich bin überzeugt, daß man uns wenigstens eine Strecke weit verfolgt hat. Und wer sind diejenigen gewesen, die sich auf unsre Fährte gesetzt haben? Jedenfalls nur diejenigen unter den Passagieren, welche sich auf so etwas verstehen, also Old Firehand, der schwarze Tom und höchstens noch diese sonderbare Tante Droll. Wir hätten auf sie warten sollen, und es wäre uns sehr leicht gewesen, Tom sein Geld abzunehmen. Statt aber das zu thun, haben wir diesen weiten Ritt gemacht und sitzen nun hier am Bärenflusse, ohne zu wissen, ob wir es bekommen werden. Und daß der Cornel jetzt bei Nacht im Walde herumläuft, um die Rafters zu suchen, das ist ebenso dumm. Er konnte bis morgen warten und – – “

Er hielt in seinem Raisonnement inne, denn derjenige, von welchem er sprach, kam in diesem Augenblicke unter den Bäumen hervor und auf das Feuer zugeschritten. Er sah die Blicke seiner Leute neugierig auf sich gerichtet, nahm den Hut vom Kopfe, warf ihn auf den Boden und sagte: „Bringe keine gute Nachricht, Leute, habe Unglück gehabt.“

„Welches? Was für eins? Inwiefern?“ fragte es rundum. „Wo ist Bruns? Warum kommt er nicht mit?“

„Bruns?“ antwortete der Cornel, indem er sich niedersetzte. „Der kommt überhaupt nicht wieder; er ist tot.“

„Tot? Bist du des Teufels! Wie ist er verunglückt? Denn getötet kann ihn doch niemand haben.“

„Wie klug du bist?“ antwortete der Anführer dem Frager. „Freilich ist der arme Teufel nur verunglückt, aber durch ein Messer, welches man ihm in das Herz gestoßen hat.“

Diese Nachricht brachte eine große Aufregung hervor. Jeder fragte nach dem Wie und Wo, und vor lauter Fragen konnte der Cornel gar nicht zur Antwort kommen. Darum gebot er Ruhe. Als diese eingetreten war, berichtete er: „Ich nahm gerade Bruns und keinen andern mit, weil er der beste Sucher ist oder vielmehr war. Er hat sich in dieser Eigenschaft auch gut bewährt, denn seine Nase führte uns zu den Rafters.“

„Seine Nase?“ fragte derjenige, welcher die Gewohnheit zu haben schien, für die andern den Sprecher zu machen.

„Ja, seine Nase. Wir vermuteten die Gesellschaft natürlich weiter aufwärts und schlugen also diese Richtung ein. Dabei mußten wir sehr vorsichtig sein, da wir sonst leicht gesehen werden konnten. Aus diesem Grunde kamen wir nur langsam weiter, und es wurde dunkel. Ich wollte umkehren, aber Bruns gab das nicht zu. Wir hatten mehrere Spuren gesehen, aus denen er schloß, daß wir dem Flößplatze nahe seien. Er meinte, wir würden die Rafters riechen, da sie schon wegen der Stechfliegen ein Feuer haben mußten. Diese Ansicht bewahrheitete sich, denn es roch endlich nach Rauch, und auf der Höhe des Ufers gab es einen leichten Schein wie von einem Feuer, dessen Licht durch Büsche und Bäume dringt. Wir kletterten hinauf und konnten nun das Feuer vor uns sehen. Es brannte vor einem Blockhause, und um die Flamme saßen die Rafters, ihrer zwanzig, gerade so viel wie wir. Um sie zu belauschen, schlichen wir uns näher. Ich blieb unter einem Baume liegen, und Bruns machte sich hinter das Haus. Wir hatten noch gar nicht Zeit gefunden, auf das Gespräch zu achten, als plötzlich zwei Kerls kamen, nicht Rafters, sondern Fremde. Ratet einmal, wer sie waren. Doch nein, ihr kommt doch nicht auf das Richtige. Es waren nämlich die beiden Indianer, der große und der kleine Bär, vom „Dogfish“.

Die Tramps zeigten sich über diese Nachricht sehr erstaunt, sie wollten derselben keinen Glauben schenken. Geradezu betroffen aber wurden sie, als sie erfuhren, was der Häuptling den Rafters erzählt hatte. Dann fuhr der Cornel fort: „Ich sah, daß der Rote das Feuer ganz auslöschte, und dann wurde so leise gesprochen, daß ich nichts mehr verstehen konnte. Ich wollte nun gern fort, mußte aber selbstverständlich auf Bruns warten. Plötzlich hörte ich einen Schrei, so entsetzlich, so fürchterlich, daß er mir durch Mark und Bein ging. Er kam von der Blockhütte her, hinter welcher Bruns steckte. Mir wurde bange um ihn, und ich schlich mich also um das Lager nach der Hütte. Es war so dunkel, daß ich mich vorwärts tasten mußte. Dabei traf ich mit der Hand auf einen menschlichen Körper, welcher in einer Blutlache lag. Ich fühlte an der Kleidung, daß es Bruns war, und erschrak auf das heftigste. Er hatte im Rücken einen Stich, welcher gerade ins Herz gedrungen sein muß, war also tot. Was konnte ich thun? Ich leerte seine Taschen, nahm sein Messer und seinen Revolver zu mir und ließ ihn liegen. Als ich dann wieder nach vorn kam, bemerkte ich, daß die Rafters sich in die Blockhütte zurückgezogen hatten, und machte mich nun schnell aus dem Staube.“

Die Tramps ergingen sich in Ausdrücken rohen Mitleids über den Tod ihres Gefährten, doch der Anführer machte denselben ein Ende, indem er sagte: „Laßt das jetzt sein! Wir haben keine Zeit dazu, denn wir müssen fort.“

„Warum?“ wurde er gefragt.

„Warum? Habt ihr denn nicht gehört, daß diese Roten unsern Lagerplatz kennen? Natürlich werden sie uns überfallen wollen, wahrscheinlich am Morgen. Da sie sich aber sagen müssen, daß wir den Toten vermissen und infolgedessen Verdacht schöpfen werden, so ist es möglich, daß sie noch eher kommen. Lassen wir uns überraschen, so sind wir verloren. Wir müssen also sofort weiter.“

„Aber wohin?“

„Nach dem Eagle-tail.“

„Ach, um uns die Eisenbahnkasse zu holen. Auf das Geld der Rafters sollen wir also verzichten?“

„Leider. Es ist das Klügste, und –“

Er hielt inne und machte mit der Hand eine Bewegung der Überraschung, welche die andern nicht verstanden.

„Was ist’s? Was hast du?“ fragte ihn einer. „Sprich weiter.“

Der Cornel stand, ohne zu antworten, auf. Er hatte nahe an der Stelle gesessen, wo die beiden Lauscher lagen. Diese befanden sich nicht mehr nebeneinander wie vorher. Als nämlich das Auge des alten Missouriers auf den Cornel gefallen war, hatte sich seiner eine ganz ungewöhnliche Aufregung bemächtigt, welche sich bei dem Klange der Stimme des Genannten noch gesteigert hatte. Er blieb nicht ruhig liegen, sondern schob sich weiter und immer weiter im Schilfe vor. Seine Augen glühten, und es schien, als ob sie aus ihren Höhlen treten wollten. In dieser Erregung vergaß er die nötige Vorsicht; er achtete nicht darauf, daß sein Kopf fast ganz aus dem Schilfe ragte.

„Nicht sehen lassen!“ raunte ihm der Häuptling zu, indem er ihn faßte und zurückzog.

Aber es war schon zu spät, denn der Cornel hatte den Kopf gesehen. Darum unterbrach er seine Rede und war rasch aufgestanden, um den Lauscher unschädlich zu machen. Er verfuhr dabei mit großer Schlauheit, indem er sagte: „Es fiel mir eben ein, daß ich dort bei den Pferden noch – – doch, kommt ihr beide einmal mit!“

Er winkte den zwei Männern, welche an seiner Rechten und Linken gesessen hatten. Sie standen sogleich auf, und er flüsterte ihnen zu: „Ich verstelle mich nur, denn da hinter uns liegt ein Kerl, jedenfalls ein Rafter, im Schilfe. Sieht er, daß ich es auf ihn abgesehen habe, so läuft er davon. Sobald ich mich auf ihn werfe, packt ihr ihn auch sofort. Auf diese Weise bekommen wir ihn gleich so fest, daß er sich gar nicht wehren und mich verwunden kann. Also – – vorwärts!“

Bei dem Worte vorwärts, welches er nun laut ausrief, drehte er sich blitzschnell um und that einen Sprung nach der Stelle, an welcher er den Kopf gesehen hatte.

Der Tonkawahäuptling war ein äußerst vorsichtiger, erfahrener und scharfsinniger Mann. Er sah den Cornel aufstehen und mit den beiden flüstern; er sah, daß der eine derselben eine unwillkürliche Bewegung nach rückwärts machte. So gering und fast unbemerkbar diese Bewegung war, dem großen Bär verriet sie doch, um was es sich handle. Er berührte den Alten mit der Hand und flüsterte ihm zu. „Schnell fort! Cornel dich sehen und dich fangen. Schnell, schnell!“

Zu gleicher Zeit wendete er sich um und schnellte sich, ohne sich vom Boden zu erheben, fort und hinter den nächsten Busch. Das war das Werk von höchstens zwei Sekunden, aber schon ertönte hinter ihm das „Vorwärts“ des Cornels, und als er zurückblickte, sah er diesen sich auf den Missourier stürzen, welchem Beispiele die beiden andern Tramps augenblicklich folgten.

Der alte Blenter wurde trotz seiner gerühmten Geistesgegenwart vollständig überrumpelt. Die drei lagen oder knieten auf ihm und hielten ihm die Arme und Beine fest, und die Tramps sprangen vom Feuer auf und kamen schnell herbei. Der Indianer hatte sein Messer gezogen, um dem Alten beizustehen, er mußte aber einsehen, daß er gegen diese Übermacht nichts auszurichten vermöge. Er konnte nichts weiter thun, als sehen, was mit dem Missourier geschehen werde, und dann die Rafters benachrichtigen. Um aber nicht auch selbst entdeckt zu werden, kroch er von dem in das Schilf geschnittenen Wege fort, weit weg zur Seite, wo er sich hinter einem Busch verbarg.

Die Tramps wollten, als sie den Gefangenen erblickten, laut werden, doch der Cornel gebot ihnen Schweigen: „Still! Wir wissen nicht, ob noch andre da sind. Haltet ihn fest. Ich werde nachsehen.“

Er ging die Umgebung des Feuers ab und bemerkte zu seiner Beruhigung keinen Menschen. Dann gebot er, den Mann an das Feuer zu bringen. Dieser hatte alle seine Kräfte angestrengt, sich loszumachen, doch vergebens. Er sah ein, daß er sich in sein Schicksal fügen müsse. Allzu schlimm konnte dasselbe nicht sein, da er den Tramps ja bis jetzt nichts zuleide gethan hatte. Übrigens mußte ihn der Gedanke an den Indianer beruhigen. Dieser ging gewiß schnell fort, um Hilfe herbeizuholen.

Während vier Mann den Gefangenen am Boden festhielten, beugte sich der Cornel nieder, um ihm in das Gesicht zu sehen. Es war ein langer, langer, scharf und nachdenklich forschender Blick, mit dem er dies that. Dann sagte er: „Kerl, dich müßte ich kennen! Wo habe ich dich eigentlich schon gesehen?“

Der Alte hütete sich wohl, es ihm zu sagen, da er in diesem Falle verloren gewesen wäre. Der Haß kochte in seiner Brust, aber er gab sich Mühe, ein möglichst gleichgültiges Gesicht zu zeigen.

„Ja, ich muß dich gesehen haben,“ wiederholte der Cornel. „Wer bist du? Gehörst du zu den Rafters, welche da oberhalb arbeiten?“

„Ja,“ antwortete der Gefragte.

„Was hast du dich hier herumzuschleichen? Warum belauschest du uns?“

„Sonderbare Frage? Ist es hier im Westen etwa verboten, sich die Leute anzusehen? Ich meine vielmehr, daß es ein Gebot der Notwendigkeit ist, dies zu thun. Es gibt da Leute genug, vor denen man sich in acht nehmen muß.“

„Zählst du vielleicht auch uns zu denselben?“

„Unter welche Sorte von Menschen ihr gehört, das muß sich erst zeigen. Ich kenne euch ja nicht.“

„Das ist eine Lüge. Du hast gehört, was wir gesprochen haben und wirst also wissen, wer und was wir sind.“

„Nichts habe ich gehört. Ich war unten am Flusse und wollte nach unserm Lager, da sah ich euer Feuer und schlich natürlich herbei, um zu sehen, wer hier lagert. Ich fand gar nicht Zeit, zu hören, was gesprochen wurde, denn ich war zu unvorsichtig und wurde in dem Augenblicke, an welchem ich mich zum Lauschen anschickte, von euch gesehen.“

Er hoffte, daß nur der getötete Tramp ihn oben an der Blockhütte gesehen habe, da er sein Gesicht derselben zugewendet gehabt hatte; aber er irrte sich, denn der Rothaarige antwortete: „Das ist lauter Schwindel. Ich sah dich vorhin nicht nur bei den Rafters sitzen, sondern ich hörte dich auch sprechen und erkenne dich wieder. Willst du das eingestehen?“

„Kann mir nicht einfallen! Was ich sage, ist wahr; du verkennst mich also.“

„So bist du wirklich allein hier gewesen?“

„Ja.“

„Und behauptest, wirklich nichts von unsrer Unterhaltung gehört zu haben?“

„Kein Wort.“

„Wie heißest du?“

„Adams,“ log der Missourier, welcher allen Grund zu haben glaubte, seinen wirklichen Namen nicht zu nennen.

„Adams,“ wiederholte der Cornel nachdenklich. „Adams! Habe niemals einen Adams gekannt, der dein Gesicht gehabt hätte. Und doch ist es mir, als ob wir einander schon gesehen hätten. Kennst du mich? Weißt du, wie ich heiße?“

„Nein,“ behauptete der Alte, abermals wahrheitswidrig. „Nun aber laßt mich los! Ich habe euch nichts gethan und hoffe, daß ihr ehrliche Westmänner seid, welche andre ehrliche Leute in Ruhe lassen.“

„Ja, wir sind allerdings ehrliche Männer, sehr ehrliche Männer,“ lachte der Rote; „aber ihr habt vorhin einen von uns erstochen, und nach den Gesetzen des Westens schreit das nach Rache. Blut um Blut, Leben um Leben. Magst du sein, wer du willst, es ist aus mit dir.“

„Wie? Ihr wollt mich ermorden?“

„Ja, gerade so, wie ihr unsern Kameraden ermordet habt. Es handelt sich nur darum, ob du, gerade so wie er, durch das Messer stirbst oder ob wir dich da im Flusse ersäufen. Große Zeremonien aber werden keinesfalls gemacht. Wir haben keine Zeit zu verlieren. Stimmen wir schnell ab. Bindet ihm den Mund zu, daß er nicht schreien kann. Wer von euch dafür ist, daß wir ihn in das Wasser werfen, der hebe den Arm empor.“

Diese Aufforderung war an die Tramps gerichtet, deren Mehrzahl sofort das erwähnte Zeichen gab.

„Also ersäufen!“ meinte der Cornel. „Bindet ihm Arme und Beine fest zusammen, damit er nicht schwimmen kann; dann schnell in das Wasser, und nachher fort mit uns, ehe seine Leute kommen!“

Der alte Missourier war während des Verhöres von mehreren Männern festgehalten worden. Jetzt sollte ihm zunächst der Mund zugebunden werden. Er wußte, daß der Indianer unmöglich schon die Rafters erreicht haben könne; auf Hilfe war also nicht zu rechnen; dennoch that er das, was jeder andre auch gethan haben würde; er wehrte sich mit Anstrengung aller seiner Kräfte und schrie um Hilfe. Der Ruf drang weit in die Stille der Nacht hinaus.

„All lightnings!“ zürnte der Rote. „Laßt ihn doch nicht so schreien. Wenn ihr nicht mit ihm fertig werdet, so will ich selbst ihn ruhig machen. Paßt auf!“

Er ergriff sein Gewehr und holte aus, um dem Alten einen Kolbenhieb an den Kopf zu versetzen, kam aber nicht dazu, seine Absicht auszuführen, denn – – –

Kurz vor Abend waren vier Reiter, welche die Fährte der Tramps scharf im Auge hatten, dem Ufer des Flusses aufwärts gefolgt, nämlich Old Firehand, der schwarze Tom und Tante Droll mit seinem Knaben. Die Spur führte unter den Bäumen hin; sie war wohl leidlich zu erkennen, aber schwer nach ihrem Alter zu bestimmen. Erst als sie über eine mit Gras bewachsene lichte Stelle ging, stieg Old Firehand vom Pferde, um sie zu untersuchen, da die Halme bessere Anhaltspunkte als das niedrige Waldmoos gaben. Als er die Eindrücke genau betrachtet hatte, sagte er: „Die Kerls sind ungefähr eine englische Meile vor uns, denn die Fährte wurde vor einer halben Stunde getreten. Wir müssen unsre Pferde also besser ausgreifen lassen.“

„Warum?“ fragte Tom.

„Um noch vor Nacht so nahe an die Tramps zu kommen, daß wir ihren Lagerplatz erfahren.“

„Ist das nicht gefährlich für uns?“

„Nicht, daß ich wüßte.“

„O doch! Sie lagern sich jedenfalls, noch ehe es dunkel wird, und wenn wir eilen, müssen wir gewärtig sein, ihnen gerade in die Arme zu reiten.“

„Das befürchte ich nicht. Selbst wenn Ihre Voraussetzung richtig sein sollte, können wir sie vor der Dämmerung nicht erreichen. Ich schließe aus verschiedenen Anzeichen, daß wir uns in der Nähe der Rafters, welche wir vor ihnen zunächst zu warnen haben, befinden. Da ist es vorteilhaft, den Ort zu kennen, an welchem die Tramps lagern. Und dazu ist eben Eile nötig. Sonst überrascht uns die Nacht, in welcher bis zum Morgen viel geschehen kann, was wir dann nicht zu verhindern vermöchten. Was meinen Sie dazu, Droll?“

Die beiden hatten deutsch gesprochen. Droll antwortete also in seinem Dialekte: „Se habe da ganz meine eegne Meenung ausgeschproche. Reite mer rasch weiter, so habe mer se eher; reite mer aber langsamer, so bekomme mer se schpäter und könne leicht eher und tiefer ins Dekerment gerate, als diejenigen, welche mer rette wolle. Also, meine Herre, reite mer Trab, daß de Bäume wackle!“

Da die Bäume nicht eng standen, konnte dieser Vorschlag selbst im Walde ausgeführt werden. Doch hatten auch die Tramps das Tageslicht vollständig ausgenützt und erst dann Halt gemacht, als sie durch die Dunkelheit dazu gezwungen wurden. Hätte Old Firehand sich nicht auf der Fährte derselben, sondern mehr in der Nähe des Ufers gehalten, so wäre er auf die Spur der beiden Tonkawaindianer gestoßen, welche einen ganz geringen Vorsprung vor ihm hatten.

Als es so dunkel wurde, daß die Hufeindrücke fast nicht mehr zu erkennen waren, stieg er abermals ab, um sie zu untersuchen. Das Resultat war: „Wir haben eine halbe Meile gut gemacht; aber leider sind die Tramps auch schnell geritten. Dennoch wollen wir versuchen, sie zu erreichen. Steigen Sie ab; wir müssen nun zu Fuß weiter und die Pferde führen!“

Leider war die Strecke, welche sie noch zurücklegen konnten, nicht bedeutend, da es so finster wurde, daß die Fährte nicht mehr zu erkennen war. Die vier blieben also halten.

„Was nun?“ fragte Tom. „Wir sind fast gezwungen, hier zu kampieren.“

„Nee,“ antwortete Droll. „Ich kampiere nich, sondern mer laufe hübsch weiter, bis mer se finde.“

„Da hören sie uns doch kommen!“

„So mache mer sachte. Mich höre se nich, und mich kriege se nich. Meene Se nich ooch, Herr Firehand?“

„Ja, ich bin ganz Ihrer Meinung,“ antwortete der Genannte. „Aber die Vorsicht verbietet uns, die Richtung der Fährte beizubehalten. Thäten wir das, so würde Tom recht behalten, die Tramps müßten uns kommen hören. Halten wir uns mehr nach rechts, vom Flusse ab, dann haben wir sie zwischen uns und dem Wasser und müssen ihr Feuer bemerken, ohne daß sie uns gewahren.“

„Und wenn sie kein Feuer haben?“ bemerkte Tom.

„So rieche mer ihre Pferde,“ antwortete Droll. „Im Walde schnuppert mer de Pferde viel leichter aus als drauße im freie Felde. Meine Nase hat mich da noch nich im Schtich gelasse. Schteige mer also weiter, nach rechts nebber!“

Old Firehand schritt, sein Pferd am Zügel führend, voran, und die andern folgten hintereinander. Leider aber machte der Fluß hier einen ziemlich weiten Bogen nach links. Die Folge war, daß sie zu weit von demselben abkamen. Old Firehand bemerkte das an der verminderten Feuchtigkeit des Bodens und der Umgebung und wendete sich darum mehr nach links. Aber der Umweg war nicht ungeschehen zu machen, zumal man im finstern Walde nur sehr langsam gehen konnte. Die vier kamen zu der Ansicht, einen Fehler gemacht zu haben, und hielten es für geraten, vor allen Dingen nach dem Flusse zurückzukehren. Sie wußten nicht, daß sie den Lagerplatz der Tramps umgangen hatten und sich nun zwischen demselben und demjenigen der Rafters befanden. Glücklicherweise spürte Old Firehand den Geruch des Rauches und blieb stehen, um zu prüfen, woher derselbe komme. Hinter ihm schnoberte Droll in der Luft herum und meinte dann: „Das is Rooch; er kommt von da drüben rebber; also müsse mer dort nebber. Aber nehme mer uns in acht; mer scheint’s, als ob’s dort heller werde wolle. Das kann nur vom Feuer sein.“

Er wollte den Fuß weiter setzen, hielt aber inne, denn sein scharfes Ohr vernahm nahende Schritte. Old Firehand vernahm sie auch und zugleich das hastige Atmen des Kommenden. Er ließ den Zügel seines Pferdes los und trat einige Schritte vor. Sein Gehör sagte ihm, daß der Mann da vorüberkomme. Im Dunkel der Nacht und des Waldes, selbst dem Auge des berühmten Jägers kaum erkennbar, tauchte vor demselben eine Gestalt auf, welche schnell weiter huschen wollte. Old Firehand griff mit beiden Händen zu.

„Halt!“ gebot er, doch mit unterdrückter Stimme, um nicht zu weit gehört zu werden. „Wer bist du?“

„Schai nek-enokh, schai kopeia – ich weiß es nicht, niemand,“ antwortete der Gefragte, indem er sich loszureißen versuchte.

Selbst der furchtloseste Mann wird erschrecken, wenn er, sich des Nachts im Walde allein wähnend, plötzlich von zwei starken Fäusten gepackt wird. In solchen Augenblicken des Schreckens bedient sich fast jeder, der auch in andern Zungen spricht, ganz unwillkürlich der Muttersprache. So auch der Mann, welcher von Firehand festgehalten wurde. Dieser letztere verstand die Worte und sagte überrascht. „Das ist Tonkawa! Der große Bär ist mit seinem Sohne vor uns. Solltest du – sag, wer bist du?“

Jetzt hörte der Mann auf, zu widerstehen; er hatte die Stimme des großen Jägers erkannt und antwortete hastig in seinem gebrochenen Englisch: „Ich Nintropan-hauey; du Old Firehand. Das sehr gut, sehr gut! Noch mehr Männer bei dir?“

„Also der große Bär! Das ist ein glücklicher Zufall. Ja, ich bin Old Firehand. Es sind noch drei Personen bei mir, und wir haben Pferde mit. Was treibst du hier? Die Tramps sind in der Nähe. Nimm dich in acht!“

„Habe sie sehen. Haben gefangen nehmen alt Missourier-Blenter. Wollen ihn wahrscheinlich töten. Ich laufen zu Rafters nach Hilfe; da mich Old Firehand festhalten.“

„Sie wollen einen Rafter töten? Da müssen wir Einhalt thun. Wo sind sie?“

„Dort hinter mir, wo zwischen den Bäumen hell werden.“

„Ist der rote Cornel bei ihnen?“

„Ja, er dort sein.“

„Wo haben sie ihre Pferde?“

„Wenn Old Firehand zu ihnen, dann Pferde stehen rechts, ehe an Feuer kommen.“

„Und wo befinden sich die Rafters?“

„Oben auf Berg. Der alte Bär schon bei ihnen gewesen und mit ihnen gesprochen.“

Er erzählte in fliegender Eile, was geschehen war, worauf Old Firehand antwortete: „Wenn ein Tramp getötet worden ist, so werden sie dafür den Missourier ermorden wollen, und zwar gleich, um keine Zeit zu verlieren, da sie fliehen müssen, weil ihre Anwesenheit verraten ist. Wir vier werden unsre Pferde hier anbinden und uns schleunigst nach dem Feuer begeben, um den Mord zu verhindern. Du aber lauf zu den Rafters, um sie herbeizuholen! Wir fürchten uns zwar nicht vor diesen, aber es ist immerhin besser, wenn die Holzfäller schnell nachkommen.“

Der Indianer rannte fort. Die vier befestigten die Zügel ihrer Pferde an die Bäume und schritten dann so schnell wie möglich dem Lager der Tramps zu. Schon nach kurzer Zeit wurde es vor ihnen heller, und bald sahen sie das Feuer zwischen den Stämmen der Bäume leuchten. Rechts erblickten sie auf der Lichtung die Pferde.

Sie hatten sich bis jetzt keine Mühe gegeben, nicht gehört und gesehen zu werden. Nun aber legten sie sich nieder und näherten sich dem Feuer kriechend. Dabei wendete Old Firehand sich zu dem Knaben Fred. Er wollte ihm sagen, sich zu den Pferden zu begeben und jeden Tramps niederzuschießen, der etwa aufsteigen und entfliehen wollte; aber kaum war das erste fort über seine Lippen, so ertönte vor ihnen ein lauter, durchdringender Schrei. Es war der bereits erwähnte Hilferuf des alten Missouriers.

„Sie morden ihn!“ sagte Old Firehand, aber noch immer in gedämpftem Tone.

„Schnell drauf, mitten unter sie hinein. Keine Schonung gegen den, der sich wehrt!“

Er erhob sich und sprang nach dem Feuer zu und warf drei, vier Tramps zur Seite, um zu dem Roten zu kommen, welcher eben, wie schon berichtet, zum Schlage ausholte. Er kam gerade noch zur rechten Zeit und hieb den Cornel mit dem Kolben nieder. Zwei, drei Tramps, welche beschäftigt waren, den Missourier zu binden und zu knebeln, um ihn dann in den Fluß zu werfen, fielen unter seinen nächsten Streichen. Dann zog er, das noch nicht abgeschossene Gewehr wegwerfend, die Revolver und feuerte auf die übrigen Feinde. Dabei sagte er kein Wort. Es war seine Gewohnheit, im Kampfe zu schweigen, außer wenn er gezwungen war, Befehle zu erteilen.

Desto lauter waren die drei andern. Der schwarze Tom war auch wie ein Wetter unter die Tramps gefahren und arbeitete sie mit dem Kolben nieder, indem er ihnen die kräftigsten Schimpf-, Spott- und Drohnamen zurief. Der sechzehnjährige Fred hatte erst die Flinte auf sie abgeschossen, sie weggeworfen, und die Revolver gezogen. Er gab Schuß auf Schuß ab und schrie dabei aus Leibeskräften, um ihren Schreck zu erhöhen.

Am lautesten aber ließ sich die kreischende Fistelstimme der Tante Droll hören. Der wundersame Jäger schrie und wetterte geradezu für hundert Personen. Seine Bewegungen waren so ungemein schnell, daß keiner der Feinde mit Sicherheit auf ihn zu schießen vermocht hätte. Aber es gab auch keinen, der dies beabsichtigte. Die Tramps waren vor Schreck über den unerwarteten Überfall so verblüfft, daß sie zunächst gar nicht an Widerstand dachten, und als sie zu sich kamen, sahen die Unverletzten von ihnen so viele ihrer Kameraden tot oder verwundet oder betäubt am Boden liegen, daß sie es für das klügste hielten, die Flucht zu ergreifen. Sie rannten davon, ohne sich Zeit genommen zu haben, die Angreifer zu zählen, deren sie infolge von Tante Drolls Geschrei eine große Anzahl vorhanden glaubten. Von dem Augenblicke, an welchem Old Firehand den ersten Streich geführt hatte, bis zur Flucht der unverwundeten Tramps war nicht eine ganze Minute vergangen.

„Ihnen nach!“ rief Old Firehand. „Ich halte den Platz. Laßt sie nicht zu den Pferden!“

Tom, Droll und Fred rannten unter großem Geschrei nach dem Platze, an welchem sie die Tiere gesehen hatten. Diejenigen Tramps, welche dorthin geflohen waren, um sich in den Sattel zu retten, kamen vor Angst nicht dazu, diesen Vorsatz auszuführen; sie flüchteten sich weiter in den Wald hinein.

Indessen hatten die Rafters oben in ihrer Blockhütte auf die Rückkehr der beiden Kundschafter, des Missouriers und des Tonkawahäuptlings, gewartet. Als sie die Schüsse unten am Flusse fallen hörten, glaubten sie diese beiden in Gefahr. Um sie womöglich zu retten, griffen sie zu den Waffen, verließen das Haus und rannten, so gut die Finsternis es ihnen gestattete, der Gegend zu, in welcher die Schüsse gefallen waren. Dabei schrieen sie aus Leibeskräften, um dadurch die Tramps von den Bedrohten abzuschrecken. Ihnen voran lief der junge Bär, da er die Stelle, an welcher die Tramps lagerten, genau kannte. Er ließ von Zeit zu Zeit seine Stimme hören, um die Rafters in der rechten Richtung zu erhalten. Sie hatten kaum die Hälfte des Weges zurückgelegt, als vor ihnen noch eine andre Stimme erschallte, nämlich diejenige des alten Bären.

„Rasch kommen!“ rief er. „Old Firehand da sein und auf Tramps schießen. Er nur drei Mann mit; ihm helfen.“

Nun ging es mit vermehrter Schnelligkeit zu Thale. Das Schießen hatte aufgehört, und man wußte also nicht, wie die Angelegenheit stand. Das Geschrei der Rafters hatte zur Folge, daß die fliehenden Tramps in ihrer Flucht nicht inne hielten, sondern sich die größte Mühe gaben, soweit wie möglich zu entkommen. Die ersteren hatten es ebenso eilig. Mancher rannte an einen Baum und verletzte sich, ohne es aber zu beachten.

EPUB

Download als ePub

 

Downloaden sie das eBook als EPUB. Geeignet für alle SmartPhones, Tablets und sonst. Lesegeräte, die mit EPUB zurechtkommen.

PDF

Download als PDF

 

Downloaden sie das eBook als PDF.
Geeignet für alle PC, Tablets und sonst. Lesegeräte, die mit PDF zurechtkommen.

Gratis + Sicher

  • Viren- und Trojanergeprüft
  • ohne eMailadresse
  • ohne Anmeldung
  • ohne Wartezeit
  • Werbefreie Downloads