So setzte denn Zbyszko seine Fahrt in beständiger Sorge, in Kümmernis und Ungewißheit fort. Weder an Bogdaniec noch an Zgorzelic gedachte er unterwegs, ihm lag nur im Sinne, was ihm jetzt zu thun obliege. Vor allem handelte es sich darum, an dem masovischen Hofe die Wahrheit zu erfahren, er hastete daher immer weiter, indem er auf den Höfen, in den Herbergen und in den Städten stets nur des Nachts und hauptsächlich aus Schonung für die Pferde sich eine kurze Rast gönnte. In Leczyc angelangt, befahl er wiederum, die Tafel mit der Forderung an dem Thore aufzuhängen, denn er war mit sich eins geworden, daß Danusia, einerlei ob sie noch in jungfräulichem Stande oder verheiratet sei, die Herrin seines Herzens bleiben und er zu ihrem Ruhme kämpfen müsse. Aber in Leczyc gab es kaum jemand, der die Forderung lesen konnte, jene Ritter aber, denen sie schriftbewanderte Kleriker vorgelesen hatten, zuckten, die fremde Sitte verachtend, mit den Achseln und meinten: »Ein gar thörichter Kämpe ist hier angelangt, denn wie soll man ihm zustimmen oder widersprechen, wenn man das Mädchen noch mit keinem Auge gesehen hat?«

Mit jedem Tage steigerte sich Zbyszkos Unruhe, seine Qual. Niemals hatte er ja aufgehört, Danusia zu lieben, allein sowohl in Bogdaniec wie in Zgorzelic war er so sehr unter dem Zauber Jagienkas gestanden, daß ihr vor allem seine Gedanken gehörten, nun aber, da er diese nicht mehr sah, kam ihm jene Tag und Nacht nicht aus dem Sinn. Im Traume sah er sie vor sich, mit wallendem Gelocke, die Laute in der Hand, in roten Schuhen, ein Blumenkränzlein auf dem Haupte. Sie streckte ihm die Hände entgegen, aber Jurand riß sie hinweg. Erwachte dann Zbyszko des Morgens, so sehnte er sich mit allen Fibern des Herzens nach der Heißgeliebten, nach ihr, die ihm durch die unerträgliche Angst, er könne sie verlieren, nur noch teurer wurde.

Ach, sie war ja noch ein willenloses Wesen, ein Kind! Wie durfte er ihr daher zürnen, wenn sie ihm die Treue gebrochen hatte! Nur Jurand, nur der Fürstin Anna Danuta zürnte er darob, gedachte er aber gar des Ehegemahls Danusias, dann pochte ihm das Herz in der Brust in wilden Schlägen, und drohend schaute er auf die Wagen, auf denen die Knechte die mit Decken geschützten Rüstungen und Waffen führten.

Das stand aber bei ihm fest – selbst wenn Danusia das Weib eines andern geworden sein sollte, wollte er ihr nach wie vor dienen, wollte er ihr die Pfauenfederbüsche zu Füßen legen. Doch auch dieser Entschluß verursachte ihm weit mehr Schmerz als Freude, wußte er doch nicht, wie sich ihm die Zukunft gestalten werde.

Tröstlich war ihm allein die Aussicht auf einen gewaltigen Krieg. Wenn schon er an dem Verluste Danusias nicht zu Grunde gegangen wäre, erschien ihm doch ein Leben ohne sie unfaßbar, fühlte er doch, daß der Krieg für ihn Vergessenheit alles Leids bringen, daß er ihn von Sorge und Kümmernis befreien werde. Und der Krieg lag gewissermaßen in der Luft. Man wußte zwar nicht, woher die Nachrichten über den Krieg stammten, denn zwischen dem König und dem Orden herrschte Frieden – allein nichtsdestoweniger sprach man von nichts anderem, wohin auch Zbyszko kam. Die Leute hatten das Vorgefühl, daß es zu einem Kriege kommen müsse, und gar mancher erklärte offen: »Wozu hätten wir uns mit den Litauern verbunden, wenn es nicht gegen die Kreuzritter gehen sollte? Einmal muß man es ihnen doch zeigen, länger dürfen wir uns doch nicht von ihnen bis aufs Blut peinigen lassen!« Und im ganzen Königreiche bereitete man sich zum Kampfe vor, würdevoll, ohne Ueberhebung, wie es sich geziemte zu einem Streite auf Leben und Tod, nichtsdestoweniger jedoch mit der starren Beharrlichkeit eines Volkes, welches lange genug Unbill ertragen hat und schließlich sich zur furchtbaren Vergeltung rüstet. Allenthalben, wohin Zbyszko kam, traf er mit Leuten zusammen, welche die feste Ueberzeugung hegten, daß es in allernächster Zeit, an einem oder dem andern Tage losgehen werde, eine Ueberzeugung freilich, die ihn mit Staunen erfüllte, denn wenn er auch, gleich den andern, an den Ausbruch eines Krieges glaubte, hielt er ihn doch nicht für so nahe bevorstehend. Es kam ihm nicht in den Sinn, wie oft in solchen Fällen die Menschen an ein Ereignis glauben, weil sie es herbeiwünschen. Er maß daher den Aussprüchen anderer mehr Glauben bei, als seinem eigenen Urteile, er freute sich von Herzen, wenn er bei jedem Schritte auf das geschäftige Treiben stieß, das jedem Kriege voranzugehen pflegt. Allerorts traf man zuvorderst Fürsorge, Pferde und Waffen herbeizuschaffen, allenthalben wurden Speere, Schwerter, Beile, Wurfspieße, Helme, Panzer und Lederwerk für Sattelzeug der Pferde aufgehäuft. In den Schmieden bearbeitete man Tag und Nacht das Eisenblech, aus dem schwere, starke Panzer geschmiedet wurden. Die verweichlichteren Ritter aus dem Westen hätten sich darin kaum zu bewegen vermocht, die urkräftigen »Erben« von Groß- und Kleinpolen jedoch trugen sie mit Leichtigkeit. Aus den Truhen in den Erkern zogen die Alten vermoderte Beutel mit Goldmünzen hervor, um die Jungen zum Kriege auszurüsten. Ja, ein Vater von zweiundzwanzig Söhnen, der mächtige Edelmann Bartosz aus Bielawa, bei dem Zbyszko einmal nächtigte, verpfändete einen großen Teil seiner Güter an das Kloster in Lowicz, um aus dem Erlöse zweiundzwanzig Panzer, ebensoviele Helme, kurz, die für den Krieg nötigen Ausrüstungen zu erstehen. War es daher zu verwundern, wenn Zbyszko, trotzdem er in Bogdaniec nichts davon gehört hatte, nach und nach zu der festen Ueberzeugung gelangte, es komme demnächst zu einem Kriegszuge nach Preußen. Wie dankte er Gott dafür, daß er schon so herrlich ausgerüstet war! In der That erregte er auch überall die größte Bewunderung. Für den Abkömmling eines Wojwodengeschlechtes wurde er gehalten, und wenn er den Fragenden auseinandersetzte, er sei nur ein einfacher Edelmann, bei den Deutschen könne man aber eine solche Rüstung beständig haben, man müsse nur gehörige Schwertstreiche dafür austeilen, dann wurden die Herzen aller mit gewaltiger Kriegslust erfüllt. Gar mancher aber, welcher beim Anblick der Rüstung seine Begehrlichkeit nicht zu zügeln vermochte, verlegte Zbyszko den Weg, indem er erkläre: »Wohlan, laß uns um sie kämpfen.« Allein der junge Ritter, nur von dem Wunsche beseelt, rasch vorwärts zu kommen, ließ sich darauf nicht ein, sondern befahl dem Böhmen, die Armbrust zu spannen. Ja, sogar das Aushängen der Tafel mit der Forderung an den Herbergen wurde aufgegeben, denn der junge Ritter nahm gar bald wahr, daß seine Handlungsweise umsoweniger begriffen wurde, je weiter er sich von der Grenze entfernte, und daß der größte Teil der Menschen ihn für einen Thoren hielt.

Je näher er Masovien kam, desto weniger wurde über den Krieg geredet. Wohl glaubte man auch hier an den Ausbruch eines Feldzuges, über den Zeitpunkt war man sich aber nicht klar. Da der Hof sich in Ciechanow aufhielt, das Fürst Janusz nach einem früheren Einfall der Litauer umgebaut, oder vielmehr neu aufgebaut hatte, weil nur die Burg stehen geblieben war, herrschte in Warschau völlige Ruhe. Hier wurde Zbyszko von dem Burgvogte Jasko Socha aufgenommen, dem Sohne des bei Worskla gefallenen Wojwoden Abraham. Jasko kannte Zbyszko schon von Krakau her, wo er mit Anna Danuta gewesen war, er bewirtete daher den jungen Ritter mit großem Vergnügen. Kaum aber hatte sich letzterer mit Speise und Trank gelabt, als er sich sofort nach Danusia erkundigte, um zu erfahren, ob auch sie sich, wie die andern Hoffräulein der Fürstin, am Ende schon vermählt habe. Auf diese Frage wußte indessen Socha keine Antwort. Der Fürst sei schon frühzeitig im Herbste mit seiner Gemahlin und dem ganzen Hofe nach Ciechanow übergesiedelt, so berichtete der Starost, nur ihn selbst hatte man mit einem Häuflein Bogenschützen zum Schutze Warschaus zurückgelassen. Wie er vernommen, gehe es in Ciechanow hoch her, man feire dort, wie dies gewöhnlich vor dem Advent der Fall sei, Feste und Lustbarkeiten, wer sich aber von den Hoffräuleins vermählt habe oder wer übrig geblieben sei, darüber wisse er, als ein beweibter Mann, keinen Bescheid.

»Gleichwohl glaube ich nicht,« fuhr er fort, »daß sich die Tochter Jurands vermählt hat, denn letzterer war, so viel ich weiß, nie in Ciechanow, und ohne den Vater wird wohl kaum eine Hochzeit gefeiert werden. Zudem weilen bei dem fürstlichen Paare auch Ordensbrüder, zwei Komture aus Johannisburg und Syczytna und gleichzeitig mit ihnen verschiedene andere fremdländische Gäste und schon deshalb wird sich Jurand nicht dort eingestellt haben, weil sein Anblick sofort die Wut der Weißmäntel hervorgerufen haben würde. In Jurands Abwesenheit hat aber doch wohl keine Hochzeit stattgefunden! So Du es wünschest, entsende ich einen Eilboten, dem ich schleunigste Rückkehr anempfehle und lasse Erkundigungen einziehen, obwohl ich, so wahr ich lebe, überzeugt bin, daß die Tochter Jurands in jungfräulichem Stande auf Deine Ankunft harrt.«

»Für Eure Freundschaft möge Euch Gott lohnen, allein ich gedenke, mich morgen wieder auf den Weg zu machen. Die Pferde haben dann genügend gerastet, ich aber finde keine Ruhe, ehe ich die Wahrheit ausfindig gemacht habe. Gott lohne Euch aber tausendfach, denn Eure Worte haben mir Erleichterung verschafft.«

Socha gab sich indessen nicht zufrieden. Er forschte die Edelleute aus, die sich zufällig auf dem Schlosse befanden, er forschte die Söldner aus, ob nicht vielleicht die Kunde von der Vermählung der Tochter Jurands zu ihnen gedrungen sei. Kein einziger wußte jedoch etwas davon, wenngleich sich etliche darunter befanden, welche nicht nur in Ciechanow gewesen waren, sondern auch verschiedenen Hochzeitsfeierlichkeiten angewohnt hatten. Es müßte denn sein, so meinten sie, daß die Heirat in den letzten Wochen oder in den jüngsten Tagen geschlossen worden sei. Zbyszko ging indessen mit weit ruhigerem Gemüte schlafen. Auf seinem Lager liegend sann er darüber nach, ob er nicht am folgenden Tage Sanderus fortjagen solle, allein nach reiflicher Ueberlegung beschloß er, dies nicht zu thun, da ihm der Händler durch seine Kenntnis der deutschen Sprache in dem Unternehmen gegen Lichtenstein von Nutzen sein konnte. Daß ihn Sanderus betrügen werde, das glaubte Zbyszko nicht, und wenn auch sein Unterhalt ein sehr kostspieliger war, aß und trank er doch in der Herberge für vier, so zeigte er sich auch dienstbeflissen und von einer gewissen Anhänglichkeit für seinen neuen Herrn. Zudem zeichnete er sich durch die Kunst des Schreibens aus, eine Kunst, die er nicht nur vor dem Böhmen, sondern selbst vor Zbyszko voraus hatte.

Diese Erwägungen bewirkten, daß Sanderus von dem jungen Ritter die Erlaubnis erhielt, mit ihm nach Ciechanow zu ziehen. Gar froh war jener darüber, denn erstens sparte er unendlich dabei, und zweitens hoffte er, größeres Vertrauen zu erwecken und seine Ware leichter anbringen zu können, wenn er sich unter dem Gefolge eines so edlen Herrn befinde. Noch einmal rasteten sie des Nachts in Nasielsk, dann zogen sie nicht allzu schnell, nein, ganz gemächlich weiter, und erblickten gegen Abend die Burgmauern von Ciechanow. Zbyszko kehrte in der Herberge ein, um sich zu wappnen, um nach ritterlicher Sitte im Helme, den Speer in der Hand, in die Burg einzuziehen. Nachdem er den gewaltigen erbeuteten Hengst bestiegen hatte, machte er das Zeichen des Kreuzes in der Luft und ritt vorwärts.

Noch war er aber keine zehn Schritte weit gekommen, als der hinter ihm reitende Böhme sich dicht zu ihm gesellte und sagte: »Euer Gnaden, irgendwelche Ritter kommen hinter uns her. Sollten es nicht Kreuzritter sein?«

Zbyszko wandte sein Roß und erblickte, kaum hundert Schritte von sich entfernt, hinter seinem glänzenden Gefolge, zwei völlig gewappnete Ritter auf mächtigen pommerschen Rossen in weißen Mänteln mit schwarzen Kreuzen, die Helme mit wallenden Pfauenfederbüschen geschmückt.

»Kreuzritter, beim allmächtigen Gotte!« rief er, sich unwillkürlich im Sattel vorbeugend und die Lanze an das Ohr seines Rosses anlegend.

Der Böhme aber spie, als er dieses wahrnahm, sofort in die Hände, damit ihm das schwere Beil nicht daraus entgleite.

Das Gefolge Zbyszkos stellte sich ebenfalls in Bereitschaft. Die Leute hatten schon vielen Kämpfen beigewohnt und kannten daher die Gebräuche, es handelte sich bei ihnen auch nicht um persönliche Anteilnahme, sondern ihnen lag die Abmessung des Platzes ob, wenn der Kampf zu Pferde ausgefochten werden sollte, oder die Feststampfung der mit Schnee bedeckten Erde, wenn die Streitenden sich zu Fuß entgegentreten wollten. Der Böhme jedoch, als Edelmann, hätte an dem Kampfe teilnehmen können, allein auch er erwartete, daß Zbyszko seinem Angriffe eine Herausforderung vorangehen lasse, wie erstaunt war er deshalb, als sein junger Gebieter die Lanze anlegte, bevor dies geschehen war.

Doch Zbyszko besann sich noch zur rechten Zeit eines besseren. Urplötzlich zogen jene unglückseligen Tage an seinem geistigen Auge vorüber, die er durch sein wahnwitziges Thun vor Krakau, durch seinen thörichten Ueberfall auf Lichtenstein über sich heraufbeschworen hatte. So senkte er denn die Lanze wieder, übergab sie dem Böhmen und ritt, ohne das Schwert zu ziehen, den Ordensrittern entgegen. Als er in deren Nähe kam, bemerkte er noch einen dritten Ritter, der ebenfalls Pfauenfederbüsche auf dem Helme trug, sowie einen vierten, unbewaffneten, mit auffallend langen Haaren, der ihm ein Masur zu sein schien.

Bei diesem Anblick sagte sich der junge Ritter unwillkürlich: »Während der Gefangenschaft gelobte ich meiner Herrin nicht nur drei Federbüsche, sondern so viele als ich im stande sein würde, eigenhändig den Gegnern zu entreißen. Jetzt könnte ich mir leicht drei verschaffen, doch wie, wenn dies Gesandte wären?«

Und von der Voraussetzung ausgehend, daß die fremden Ritter zu einer an den masovischen Hof bestimmten Gesandtschaft gehörten, seufzte er tief auf und ließ sich also laut vernehmen: »Gelobt sei Jesus Christus!«

»In alle Ewigkeit!« antwortete der ungewöhnlich langhaarige, unbewaffnete Reiter.

»Gott schenke Euch Glück!«

»Und auch Euch, o Herr!«

»Ehre und Ruhm sei dem heiligen Georg!«

»Auch unser Schutzheiliger ist er! Seid gegrüßt, o Herr, auf der Reise.«

Nachdem sie sich vor einander verneigt hatten, erklärte Zbyszko, wer er sei, welches Wappen er führe, wie sein Kriegsruf laute, woher er komme, und daß er an den masovischen Hof ziehe, woraufhin der langhaarige Ritter kund gab, er nenne sich Jedrek aus Kropiwnic und geleite die Gäste des Fürsten: den Bruder Godfryd, den Bruder Rotgier, sowie den Herrn Fulk de Lorche aus Lothringen, welcher, gerade bei den Kreuzrittern weilend, den Fürsten von Masovien, besonders aber die Fürstin, als Tochter des berühmten »Kiejstut«, mit eigenen Augen zu sehen wünschte.

Von den fremden Rittern, die während dieser Zeit hoch aufgerichtet auf ihren Pferden saßen, senkte einer nach dem andern bei Nennung seines Namens grüßend das mit einem eisernen Helme bedeckte Haupt. Denn nach der glänzenden Rüstung Zbyszkos urteilend, dachten sie nicht anders, als daß der Fürst ihnen irgend einen hervorragenden Kämpen, vielleicht einen Blutsverwandten oder gar den eigenen Sohn zur Begrüßung entgegengeschickt habe.

Jedrek aus Kropiwnic hub nun aber von neuem an: »Der Komtur, oder vielmehr wie wir sagen, der Starost aus Johannesburg, weilt als Gast bei dem Fürsten und hat ihm erzählt, daß nicht nur diese drei Ritter gar zu gern auch zu Gast bei ihm sein möchten, sondern vor allem der Ritter aus Lothringen, welcher aus weiter Ferne kommend, die feste Ueberzeugung hegte, daß jenseits der Grenze des Gebietes der Kreuzritter gleich die kriegerischen Sarazenen wohnten. Der Fürst, ein gar leutseliger Herr, schickte mich gleich an die Grenze, damit ich seine Gäste sicher zwischen den Burgen hindurch geleite.«

»Also ohne Euern Schutz hätten jene nicht ungefährdet reisen können?«

»Unser Volk ist furchtbar auf die Kreuzritter erbost. Gastfreundschaft gewährt man einem jeden, und einem Gaste fügt niemand eine Kränkung zu, aber auf der Heerstraße ergreift man zu gern die Gelegenheit, den Weißmänteln entgegenzutreten. Freilich giebt es auch solche, die auf nichts anderes sinnen, sei es aus Rache, sei es zum eigenen Ruhme, den Gott jedem verleihen möge.«

»Wer hat unter Euch den größten Ruhm erlangt?«

»Einer, der so gewaltig ist, daß die Kreuzritter ihn mehr fürchten als den Tod. Er nennt sich Jurand aus Spychow.«

Bei Nennung dieses Namens pochte das Herz des jungen Ritters zum Zerspringen – unverweilt beschloß er jedoch, Jedrek aus Kropiwnic auszuforschen.

»Das weiß ich,« warf er daher ein, »ich hörte schon von ihm. Ihr meint doch jenen, dessen Tochter, ehe sie sich vermählte, Hoffräulein bei der Fürstin war.«

Nach diesen Worten richtete er, geradezu den Atem anhaltend, den forschenden Blick auf den masovischen Ritter, welcher voll Verwunderung erwiderte: »Wer hat Euch dergleichen gesagt? Das ist ja noch ein ganz junges Ding. Wohl kommt es vor, daß auch solche eine Ehe schließen, allein Jurand hat seine Tochter noch nicht weggegeben. Vor ungefähr sechs Tagen, als ich in Ciechanow war, habe ich sie selbst bei der Fürstin gesehen. Wohin sollte sie auch im Advent gehen?«

Als Zbyszko dies vernahm, mußte er mit aller Gewalt an sich halten, um dem Masuren nicht um den Hals zu fallen und ihm zuzurufen: »Gott lohne Euch diese Worte«; er bezwang sich indessen und sagte: »Wie ich hörte, wollte Jurand sie doch schon vermählen.«

»Die Fürstin wollte sie vermählen, nicht Jurand. Was vermochte aber jene gegen den Willen des Vaters auszurichten? Von einem Ritter aus Krakau war die Rede, der das Mägdlein zu seiner Herrin erkoren, der die Liebe des Jungfräuleins gewonnen hat.«

»So liebt sie ihn?« schrie Zbyszko auf.

Daraufhin blickte Jedrek prüfend auf den jungen Ritter, indem er lächelnd meinte: »Ei, seht doch! Wie erregt werdet Ihr durch die Kunde von diesem Mägdlein!«

»Ich frage nach mir Befreundeten, zu denen ich ziehe.«

Von Zbyszkos Antlitz waren zwar durch den verhüllenden Helm kaum die Augen, die Nase und ein kleiner Teil der Wangen zu sehen, aber eine solch tiefe Röte überzog mit einemmale Nase und Wangen, daß der neugierige und stets zu Spott ausgelegte Masur die Aeußerung that: »Euere Nase ist sicherlich von der Kälte so rot wie ein Osterei geworden.«

»Gewiß!« antwortete der junge Ritter, durch diese Aeußerung in noch größere Verwirrung versetzt.

Schweigend ritten nun die beiden während einiger Zeit neben einander hin, aber die dampfenden Rosse schnaubten hörbar und die fremden Ritter schwatzten laut. Schließlich jedoch brach Jedrek aus Kropiwnic das Schweigen, indem er fragte: »Wie nennt Ihr Euch? Ich habe Euch nicht recht verstanden.«

»Zbyszko aus Bogdaniec.«

»Wenn Ihr es wäret! Der Name dessen, welcher die Tochter Jurands zu seiner Herrin erkoren hat, lautete ähnlich.«

»Glaubt Ihr vielleicht, daß ich es leugne?« warf Zbyszko rasch und stolz ein.

»Dazu ist keine Ursache vorhanden. Gerechter Gott, so wäret Ihr jener Zbyszko, dessen Haupt das Mägdlein mit seinem Schleier bedeckte! Nach der Heimkehr aus Krakau sprach man am ganzen Hofe von nichts anderem wie von Euch, und mehr als einem wurden die Augen feucht, als er davon hörte. Also Ihr seid es? Hei, das wird eine Freude am Hofe geben, denn auch die Fürstin ist Euch sehr zugethan.«

»Der Herr segne sie und lohne Euch die günstigen Nachrichten. Denn als mir gesagt wurde, das Mägdlein habe sich vermählt, da wußte ich nicht, was ich vor Leid beginnen solle.«

»Weshalb hätte sie sich vermählen sollen? Für gar manchen ist zwar das die Richtige, ein solches Mädchen, dem dereinst Spychow zufallen wird. Obgleich sich aber viele tüchtige Gesellen am Hofe befinden, hat ihr doch keiner zu tief in die Aeuglein geschaut, denn ein jeder ehrte des Mägdleins That und Euer Gelöbnis. Die Fürstin hätte auch nichts dergleichen gestattet. Hei! Das wird eine Freude geben! Freilich, das Jungfräulein hatte gar manchen Spott zu leiden! Wenn ihr aber jemand sagte: ›Dein Ritter kehrt nicht zu Dir zurück,‹ dann rief sie fast stets, mit dem Füßlein auf die Erde stampfend: ›Er kehrt zurück, er kehrt zurück,‹ mehr als einmal brach sie jedoch in Thränen aus, so jemand behauptete, eine andere werde ihr vorgezogen.«

Von tiefer Rührung wurde Zbyszko durch diese Worte erfaßt, gleichzeitig regte sich aber auch grimmer Zorn in ihm über das Gerede der Leute, und er rief: »Wer mich in solcher Weise beschuldigt, den fordere ich zum Kampfe.«

Nun fing Jedrek aus Kropiwnic laut zu lachen an. »Das ist ja lauter Altweiber-Geschwätz!« erklärte er. »Wollt Ihr vielleicht ein altes Weib fordern? Ihr werdet mit Euerem Schwert doch nichts gegen die Spindel ausrichten können.«

Der junge Kämpe, gar froh darüber, daß ihm Gott einen so heiteren und wohlgemuten Gefährten zugesellt hatte, wurde nicht müde, sich über Danusia zu erkundigen, denn, ob er nun nach den Sitten an dem masovischen Hofe, ob er nach dem Fürsten Janusz oder nach der Fürstin fragte, stets wußte er das Gespräch so zu wenden, daß er wieder über das geliebte Mägdlein reden konnte. Als ihm indessen sein Gelöbnis in den Sinn kam, erzählte er Jedrek, was er unterwegs über den Krieg gehört hatte, wie man allenthalben Vorbereitungen treffe, und schließlich fragte er jenen,, ob man in Masovien auch an seinen baldigen Ausbruch glaube.

Doch der Erbe von Kropiwnic erklärte, er halte den Krieg, trotz der Behauptung der Leute, es müsse demnächst zu einem Zusammenstoß kommen, nicht für so nahe bevorstehend. Er habe sogar gehört, wie der Fürst selbst einmal zu Mikolaj aus Dlugolas sagte, die Kreuzritter zögen doch etwas die Hörner ein; wenn daher der König das Gebiet von Dobrzyn zurückverlange, dessen sie sich widerrechtlich bemächtigt hätten, würden sie es entweder zurückgeben, oder wenigstens so lange ihre Entschließung hinausziehen, bis sie besser gerüstet seien, denn des Königs Macht fürchteten sie sehr.

»Uebrigens,« so fuhr er fort, »ist der Fürst vor kurzem in Marienburg gewesen, wo er in der Abwesenheit des Meisters von dem Großmarschall empfangen wurde, der ihm zu Ehren Ritterspiele veranstaltete, jetzt aber weilen bei dem Fürsten die Komturen, und dort reiten noch neue Gäste.«

Hier schwieg er eine Weile, dann fügte er hinzu: »Die Leute behaupten indessen, die Kreuzritter weilten nicht ohne Grund bei uns sowohl wie bei dem Fürsten Ziemowit aus Plock. Ihr Zweck sei, unseren Fürsten entweder davon abzuhalten, im Kriegsfalle den König von Polen zu stützen, oder ihn, beim Scheitern dieses Planes, zu überreden, sich wenigstens völlig unthätig zu verhalten. Doch das wird ihnen kaum gelingen.«

»Gott gebe, daß ihnen das nicht gelingen wird. Oder möchtet Ihr vielleicht zu Hause sitzen bleiben? Euer Fürst ist doch dem König von Polen verpflichtet. Daß Ihr ruhig zuschaut, das glaube ich nicht.«

»Das thun wir auch nicht!« warf Jedrek aus Kropiwnic ein.

Abermals richtete Zbyszko einen prüfenden Blick auf die fremden Ritter und auf die Pfauenfederbüsche. »So ziehen jene wohl auch aus dem angeführten Grunde zu Euch?« fragte er.

»Bei den Ordensbrüdern ist dies wohl möglich, doch wer kann dies sicher wissen?«

»Und der Dritte?«

»Der kommt wohl nur aus Neugierde.«

»Ein angesehener Ritter scheint er zu sein.«

»Freilich. Drei reichbeladene, mit Eisen beschlagene Wagen kommen hinter ihm her und sein Gefolge besteht aus neun Mannen. Wollte Gott, man würde einmal mit einem solchen zusammenstoßen! Der Mund wässert einem darnach.«

»Jetzt könnt Ihr wohl nichts anfangen?«

»Wie wäre dies möglich! Der Fürst stellte sie ja unter meinen Schutz. Ehe sie Ciechanow erreicht haben, darf ihnen kein Haar auf dem Haupte gekrümmt werden.«

»Und so ich sie zum Kampfe herausforderte, so ich ihnen feindlich entgegenträte?«

»Dann müßtet Ihr zuerst mit mir kämpfen, denn so lange ich lebe, werde ich ein derartiges Thun zu vereiteln suchen.«

Als Zbyszko diese Worte vernahm, schaute er gar freundlich auf den jungen Edelmann und sagte: »Ihr wißt, was ritterliche Ehre heißt. Mit Euch werde ich mich nicht messen, denn ich bin Euch gut gesinnt. In Ciechanow aber, das gebe Gott, werde ich schon einen Vorwand zum Losgehen gegen die Deutschen finden.«

»In Ciechanow könnt Ihr thun, was Euch gefällt. Dort wird es sicherlich nicht ohne Ritterspiele abgehen. Ihr könnt daher leicht Gelegenheit zum Anbinden finden, wenn der Fürst und die Komture die Erlaubnis dazu erteilen.«

»Ich führe auch eine hölzerne Tafel mit mir, auf welcher folgendes geschrieben steht: ›Jeder, der nicht anerkennt, daß Danusia, die Tochter Jurands, das tugendhafteste und schönste Mägdlein auf der ganzen Welt ist, den fordere ich zum Kampfe.‹ Aber seht … gar viele Leute zucken nur lächelnd die Achseln darüber.«

»Das ist eben eine fremde und, um die Wahrheit zu sagen, thörichte Sitte, die man bei uns höchstens an den Grenzen kennt. Dann und wann hat zwar jetzt der Lothringer irgend einen Edelmann mit der Aufforderung angehalten, seine Herrin mehr als jede andere zu preisen, es verstand ihn aber niemand, und ich hätte es auch nicht zum Kampfe kommen lassen.«

»Wie? Er befahl, seine Herrin zu preisen? Gerechter Gott, das muß ja ein ganz thörichter Mensch sein.«

So sprechend, blickte er prüfend auf den fremden Ritter. Er wollte sich wohl überzeugen, ob dieser wirklich wie ein thörichter Mensch aussehe, allein er mußte sich eingestehen, daß Fulk de Lorche ganz und gar nicht den Eindruck eines Tölpels machte. Unter dem halbgeöffneten Visiere schauten sanfte Augen hervor, wurde ein jugendliches, etwas trauriges Antlitz sichtbar. Zbyszko fiel auch sofort der Strick auf, den der Lothringer nicht nur dreimal um den Hals geschlungen trug, sondern der auch längs der Rüstung bis zum Knöchel lief und hier in einen dreifachen Knoten geschlungen war.

»Weshalb trägt er diesen Strick?« fragte Zbyszko.

»Ich vermochte dies nicht zu erforschen, weil sie unsere Sprache nicht verstehen. Nur der Bruder Rotgier weiß einige Worte zu sagen, das ist aber auch alles. Vermutlich hat indessen jener junge Ritter ein Gelübde abgelegt, so lange den Strick zu tragen, bis er irgend eine kühne, ritterliche That ausgeführt hat. Bei Tage trägt er ihn über der Rüstung, des Nachts auf dem bloßen Leibe.«

»Sanderus!« rief Zbyszko plötzlich.

»Zu Euer Gnaden Diensten!« antwortete der Deutsche, näher tretend.

»Befrage diesen Ritter, wer die tugendhafteste und schönste Jungfrau auf der Welt ist.«

»Wer ist die tugendhafteste und schönste Jungfrau auf der Welt?« fragte Sanderus.

»Ubryka de Elner!« antwortete Fulk de Lorche, tief aufseufzend und die Augen gen Himmel richtend.

Als Zbyszko diese Lästerung vernahm, stockte ihm der Atem in der Brust und ein solcher Ingrimm erfaßte ihn, daß er sofort sein Roß antrieb. Bevor er indessen ein Wort über die Lippen zu bringen vermochte, ritt Jedrek zwischen ihn und den Fremden, indem er erklärte: »Hier wird Euch der Kampf verwehrt.«

Ohne jedoch diese Worte zu beachten, wandte sich Zbyszko aufs neue zu dem Reliquien-Verkäufer mit dem Befehle: »Sag ihm in meinem Namen, seine Herrin gleiche einer Eule.«

»Mein Herr läßt Euch sagen, wohledler Ritter, Euere Herrin gleiche einer Eule!« ließ sich Sanderus wie ein Echo vernehmen.

Da ließ Fulk de Lorche die Zügel los, zog den eisernen Handschuh von der Rechten und warf ihn vor Zbyszko auf den Schnee. Letzterer aber neigte das Haupt gegen den Böhmen, zum Zeichen, daß dieser den Handschuh mit der Spitze des Speeres aufheben möge.

Eine dunkle Zornesröte überzog nun das Antlitz Jedreks, der sofort Zbyszko zurief: »Solange der Fremde unter meinem Schutze steht, das sage ich Euch, dürft Ihr nicht miteinander kämpfen. Ich verbiete es ihm und Euch.«

»Nicht ich habe ihn zum Kampfe gefordert, sondern er mich.«

»Weil Ihr seine Herrin einer Eule verglichen habt. Deshalb mußte ich Euch entgegentreten. Ei doch, ich verstehe es auch, mit jemand anzubinden.«

»Nichts liegt mir ferner, als mit Euch kämpfen zu wollen.«

»Das müßtet Ihr aber, denn diesen dort zu schützen, habe ich mit einem Eide gelobt.«

»Wie soll es aber nun werden?« fragte Zbyszko hartnäckig.

»Ciechanow ist nicht mehr fern.«

»Was wird sich aber der Deutsche denken?«

»Laßt ihm durch Euern Sprecher zu wissen thun, daß der Kampf zwischen Euch erst dann stattfinden darf, wenn sowohl der Fürst wie der Komtur die Erlaubnis dazu erteilt haben.«

»Ei, wenn aber diese Erlaubnis nicht gegeben werden sollte?«

»Das wird sich alles zeigen. Genug des Geredes!«

Zbyszko sah nun doch ein, daß er sich fügen müsse, daß Jedrek aus Kropiwnic den Kampf nicht gestatten dürfe. Abermals rief er daher Sanderus, damit dieser dem lothringischen Ritter auseinandersetze, der Kampf könne erst dann stattfinden, wenn sie an Ort und Stelle angekommen seien. Als de Lorche die Worte des Deutschen vernahm, neigte er zustimmend das Haupt, streckte Zbyszko die Hand entgegen, faßte dessen Rechte und drückte sie nach ritterlicher Sitte dreimal kräftig, zum Zeichen, daß sie sich zu irgend welcher Zeit, an irgend welchem Orte doch noch treffen wollten. Dann zogen alle in scheinbarer Eintracht gen Ciechanow weiter, dessen stumpfer Turm schon an dem rötlich schimmernden Himmel sichtbar ward.

Noch war es lichter Tag, als jedoch die Ritter die Thore der Burg erreicht hatten, als die Zugbrücke herabgelassen wurde, dunkelte es schon völlig.

Ein freundlicher Empfang und reichliche Bewirtung wurde ihnen von seiten des Zbyszko bekannten Mikolaj aus Dlugolas zu teil, dem Anführer der Burgbesatzung, die aus einem Häuflein Ritter und gegen dreihundert trefflichen kurpischen Bogenschützen bestand. Bald nach der Begrüßung vernahm Zbyszko zu seinem tiefen Schmerze, daß der Hof nicht anwesend war. Der Fürst hatte zu Ehren der Komture aus Szczytno und Johannesburg eine große Jagd in der kurpischen Waldwildnis veranstaltet, an der auch zur Erhöhung des prächtigen Schauspiels die Fürstin und deren ganzes Gefolge teilnahmen. Von den ihm bekannten Frauen traf daher Zbyszko nur Otke an, die Witwe von Krzych aus Jarzabkow, welche jetzt die Stelle einer Beschließerin im Schlosse bekleidete. Das Wiedersehen mit ihr gewährte ihm viel Freude, und auch sie war ihm sehr zugethan. Seine Liebe zu Danusia, sein Zusammenstoß mit Lichtenstein hatten ihr höchstes Interesse erregt. Nach ihrer Rückkehr aus Krakau war sie auch nie müde geworden, einem jedem, ob er es nun hören wollte oder nicht, davon zu erzählen, und eben dadurch hatte sie unter den jüngsten Männlein und Weiblein am Hofe großes Ansehen gewonnen. Sie ließ daher auch nichts unversucht, um den jungen Ritter über die Abwesenheit Danusias zu trösten, indem sie sagte: »Ihr erkennt das Mägdlein nicht mehr, das hat die Kinderjahre hinter sich. Die Knospe hat sich entfaltet. Kein Gewand will ihr mehr passen. Nein, Danusia ist nicht mehr so, wie sie einst war. Euch liebt sie auch auf eine ganz andere Weise als früher. Wenn ihr jetzt jemand den Namen Zbyszko ins Ohr raunen würde, wäre es gerade, als wenn man sie mit Riemen peitschte! Ja, das ist das Schicksal von uns Weibern. Dagegen giebt es kein Mittel. Das ist eben der Wille Gottes … Und Euer Ohm, sagt, ist er gesund? Ach, weshalb seid Ihr nicht früher gekommen? Ja, so ist unser Geschick. Was Sehnen heißt, das weiß allein das Weibervolk auf der Welt. Dem Himmel sei Dank, das Jungfräulein hat sich wenigstens nicht die Glieder gebrochen. Tagtäglich ist es auf den Turm geklettert und hat aus die Heerstraße geschaut … Eine jede von uns sehnt sich nach einem liebenden Herzen …«

»Ich raste nur so lange, bis mein Pferd gefüttert ist,« ergriff Zbyszko schließlich das Wort, »dann mache ich mich wieder auf den Weg. Selbst wenn ich die ganze Nacht reiten müßte: ich will zu ihr.«

»Thut das, thut das. Nur nehmt einen Führer mit, damit Ihr in den Wäldern nicht irre geht.«

Trotz der Abendmahlzeit, die Mikolaj aus Dlugolas für seine Gäste richten ließ, erklärte Zbyszko, er werde sofort wieder aufbrechen, und bat um einen Führer. Während nun aber die ermüdeten Ordensbrüder, an den ungeheueren Kaminen sitzend, in denen ganze Fichtenstämme prasselten, die Absicht kund gaben, erst am folgenden Tage weiter ziehen zu wollen, entschloß sich de Lorche, sobald er wußte, um was es sich handle, gemeinsam mit Zbyszko den nächtlichen Ritt zu unternehmen. Er hoffte dadurch, noch rechtzeitig zur Jagd, die er sehen wollte, an Ort und Stelle einzutreffen.

Ohne weiteres trat er hierauf auf Zbyszko zu, ergriff dessen Rechte und drückte sie wiederum kräftig dreimal nacheinander.