Mazarin wollte sogleich nach Saint-Germain abreisen, aber die Königin erklärte, daß sie die Personen, die sie nach Coursla-Reine beschieden, erwarten wolle. Nur bot sie dem Kardinal den Platz von Laporte an; der Kardinal nahm ihn an und ging von einem Wagen in den andern.

Nicht ohne Grund hatte sich das Gerücht verbreitet, der König solle in der Nacht Paris verlassen; zehn bis zwölf Personen waren seit sechs Uhr abends ins Geheimnis eingeweiht worden, und so verschwiegen sie auch gewesen, so hatten sie doch die Befehle zu ihrer Abreise nicht geben können, ohne daß die Sache ruchbar wurde. Überdies hatte jede dieser Personen zwei bis drei andere, für die sie sich interessierte, und da man nicht daran zweifelte, daß die Königin Paris mit furchtbaren Racheplänen verlasse, so hatte jeder seine Freunde oder Verwandten in Kenntnis gesetzt, so daß das Gerücht von dieser Abreise wie ein Lauffeuer die Stadt durcheilte.

Der erste Wagen, der nach dem der Königin ankam, war der Wagen des Prinzen; er enthielt Herrn von Condé, die Prinzessin und die Prinzessin-Witwe. Beide waren in der Nacht geweckt worden und wußten nicht, um was es sich handelte.

Der zweite enthielt den Herzog von Orleans, die Frau Herzogin, Grande-Mademoiselle und den Abbé de la Rivière, den unzertrennlichen Günstling und vertrauten Rat des Prinzen.

Der dritte enthielt Herrn von Longueville und den Prinzen von Conti, Bruder und Schwager des Prinzen. Sie stiegen aus, näherten sich der Karosse des Königs und der Königin und brachten den Majestäten ihre Huldigungen dar.

Die Königin senkte ihren Bück in die Tiefe des Wagens, dessen Schlag offen geblieben war, und sah, daß niemand mehr darin saß.

Aber wo ist denn Frau von Longueville? fragte sie.

In der Tat, wo ist denn meine Schwester? sagte der Herr Prinz.

Frau von Longueville ist leidend, Madame, antwortete der Herzog; sie hat mich beauftragt, sie bei Ew. Majestät zu entschuldigen.

Anna warf einen raschen Blick auf Mazarin, der mit einem unmerklichen Zeichen des Kopfes antwortete.

Was sagt Ihr dazu? fragte die Königin.

Ich sage, daß sie eine Geisel für die Pariser ist, erwiderte der Kardinal.

Warum ist sie nicht gekommen? fragte der Prinz seinen Bruder ganz leise.

Still, antwortete dieser, sie hat ohne Zweifel ihre Gründe.

Sie stürzt uns ins Verderben, murmelte der Prinz.

Sie rettet uns, sagte Conti.

Die Wagen kamen in Menge an. Die zwei Musketiere trafen ebenfalls, d’Artagnans und Porthos‘ Pferde an der Hand führend, ein. D’Artagnan und Porthos schwangen sich in den Sattel. Porthos‘ Kutscher nahm d’Artagnans Platz auf dem königlichen Bocke ein. Mousqueton ersetzte den Kutscher; er fuhr aus ihm bekannten Ursachen stehend, einem antiken Automedon ähnlich.

Obgleich in ihren Gedanken mit tausend Einzelheiten beschäftigt, suchte doch die Königin d’Artagnan mit den Augen, aber der Gascogner hatte sich mit seiner gewöhnlichen Klugheit wieder unter der Menge verloren.

Wir wollen die Vorhut bilden, sagte er zu Porthos, und uns gute Quartiere in Saint-Germain verschaffen, denn niemand wird an uns denken. Ich fühle mich sehr müde. – Ich ebenfalls, versetzte Porthos, ich sinke vor Schlaf um. Wer sollte glauben, daß wir nicht einmal den geringsten Kampf gehabt haben? Die Pariser sind doch wahre Dummköpfe. – Sind nicht wir vielmehr sehr gewandte Leute? versetzte d’Artagnan. – Vielleicht. – Und wie geht es mit Eurem Faustgelenk? – Besser; aber glaubt Ihr, daß wir sie diesmal bekommen? – Was? – Ihr Euern Grad und ich meinen Titel? – Meiner Treu, ja, ich wollte darauf wetten. Wenn sie sich übrigens nicht erinnern, so werde ich sie daran mahnen lassen. – Man hört die Stimme der Königin, sagte Porthos; ich glaube, sie will zu Pferde steigen. – Ah! sie wollte wohl, aber… – Was aber? – Aber der Kardinal will nicht. Meine Herren, fuhr d’Artagnan, sich an die zwei Musketiere wendend, fort, begleitet die Karosse des Königs und verlaßt die Kutschenschläge nicht. Wir lassen die Wohnungen in Bereitschaft setzen.

Und d’Artagnan ritt, von Porthos begleitet, gegen Saint-Germain.

Vorwärts, meine Herren, rief die Königin.

Der königliche Wagen begab sich auf den Weg, gefolgt von allen andern Karossen und von mehr als fünfzig Reitern.

Kaum hatte d’Artagnan unter Aufbietung aller seiner List ein einziges Bett für sich und Porthos errungen, als sich ein Offizier in dem Quartier meldete und nach d’Artagnan fragte.

Seid Ihr Herr d’Artagnan? sprach der Offizier. – Ja, mein Herr; was wollt Ihr? – Ich soll Euch holen. – In wessen Auftrag? – Im Auftrag Sr. Eminenz. – Sagt Monseigneur, ich wolle schlafen und rate ihm als Freund, dasselbe zu tun. – Se. Eminenz hat sich noch nicht niedergelegt und wird sich nicht niederlegen. Sie verlangt sogleich nach Euch. – Die Pest ersticke Mazarin, der nicht zu rechter Zeit zu schlafen weiß, murmelte d’Artagnan. Was will er von mir? Etwa mich zum Kapitän machen? Dann verzeihe ich ihm.

Und der Musketier stand brummend auf, nahm seinen Degen, seinen Hut, seine Pistolen, seinen Mantel und folgte sodann dem Offizier, während Porthos nunmehr der glückliche alleinige Besitzer des Bettes war.

Herr d’Artagnan, sprach der Kardinal, als er den Mann erblickte, den er zu so ungelegener Zeit hatte holen lassen, ich habe nicht vergessen, mit welchem Eifer Ihr mir dientet, und ich will Euch einen Beweis hiervon geben.

Schön! dachte d’Artagnan, das kündigt sich gut an.

Mazarin betrachtete den Musketier und sah, wie sich sein Gesicht erheiterte.

Herr d’Artagnan, sagte er, habt Ihr große Lust, Kapitän zu werden? – Ja, Monseigneur. – Und Euer Freund wünscht immer noch Baron zu sein? – In diesem Augenblick träumt er, er sei es, Monseigneur. – Dann nehmt diesen Brief und bringt ihn nach England, sprach Mazarin und zog aus einem Portefeuille den Brief, den er bereits d’Artagnan gezeigt hatte.

D’Artagnan schaute den Umschlag an; es war keine Adresse darauf.

Dürfte ich nicht erfahren, wem ich ihn zustellen soll?

Wenn Ihr in London ankommt, erfahrt Ihr es. Erst in London erbrecht Ihr den doppelten Umschlag.

Und meine Instruktionen?

Bestehen darin, daß Ihr in jeder Beziehung dem Manne zu gehorchen habt, an den dieser Brief gerichtet ist.

D’Artagnan wollte neue Fragen machen, als Mazarin beifügte:

Ihr reist nach Boulogne, wo Ihr im Wappen von England einen jungen Edelmann Namens Mordaunt findet.

Ja, Monseigneur. Und was soll ich mit diesem Edelmann machen?

Ihm folgen, wohin er Euch führen wird.

Auf d’Artagnans ungeschminkte Forderung verstand sich Mazarin endlich dazu, ihm als Reisekosten für ihn und Porthos zwölfhundert Taler zu geben.

Filz! murmelte d’Artagnan. Aber bei unserer Rückkehr, fügte er laut bei, können wir wenigstens, Herr Porthos auf seine Baronie und ich auf meinen Grad zählen, nicht wahr?

Bei meiner Treue!

Ein anderer Schwur wäre mir lieber, sagte d’Artagnan leise zu sich selbst und laut: Noch ein Wort, Monseigneur. Wenn man sich da schlägt, wohin ich gehe, soll ich mich schlagen?

Ihr werdet alles tun, was Euch die Person befiehlt, an die ich Euch adressiere.

Es ist gut, Monseigneur, sagte d’Artagnan, die Hand ausstreckend, um den Sack in Empfang zu nehmen; ich bezeuge Euch meine Achtung.

D’Artagnan steckte langsam den Sack in seine weite Tasche, wandte sich gegen den Offizier um und sprach zu diesem:

Mein Herr, wollt die Güte haben, Herrn du Vallon ebenfalls im Auftrag Sr. Eminenz zu wecken und ihm zu sagen, ich erwarte ihn in den Ställen.

D’Artagnan hatte sich unmittelbar in die Ställe begeben. Der Tag graute bereits. Er erkannte sein Pferd und das von Porthos. Beide waren an die Raufe gebunden, aber diese war leer. Er gab ihnen voll Mitleid etwas Stroh, das er in der Ecke bemerkte und auf dem Mousqueton schlafend lag. Er weckte diesen, der schnell das Pferd seines Herrn sattelte und das seinige bestieg.

Mittlerweile erschien Porthos mit einem sehr verdrießlichen Gesicht und war im höchsten Grad erstaunt, als er d’Artagnan in sein Schicksal ergeben fand.

Oho! sagte er, wir haben also, was wir wünschen, Ihr Euern Grad und ich meine Baronie!

Wir holen die Patente, sagte d’Artagnan, und bei unserer Rückkehr wird sie Meister Mazarin unterzeichnen.

Und wohin gehen wir? fragte Porthos.

Zuerst nach Paris, erwiderte d’Artagnan, ich will dort einige Angelegenheiten in Ordnung bringen.

Also nach Paris, versetzte Porthos.

Und beide schlugen den Weg nach Paris ein, das sie in höchster Aufregung und Wut über die Entweichung der Königin, des Königs und Mazarins fanden. Ohne Schwierigkeit gelangten sie zum Gasthaus zur Rehziege. Die schöne Madeleine lief d’Artagnan entgegen.

Meine liebe Madame Turquaine, sagte d’Artagnan, wenn Ihr Geld habt, vergrabt es rasch; wenn Ihr Juwelen habt, verbergt sie geschwind; wenn Ihr Schuldner habt, laßt sie bezahlen; wenn Ihr Gläubiger habt, bezahlt sie nicht. – Warum dies? fragte Madeleine. – Weil Paris in Asche gelegt wird, gerade wie Babylon, wovon Ihr ohne Zweifel gehört habt. – Und Ihr verlaßt mich in einem solchen Augenblick? – Sogleich, sagte d’Artagnan. – Und wohin geht Ihr? – Ah, wenn Ihr mir das sagen könnt, erweist Ihr mir einen großen Dienst. – Ach, mein Gott! mein Gott! – Habt Ihr Briefe für mich? fragte d’Artagnan und deutete seiner Wirtin mit einem Zeichen an, daß sie sich die Wehklagen ersparen solle, insofern dieselben überflüssig seien. – Soeben ist einer angekommen.

Und sie gab d’Artagnan den Brief.

Von Athos! rief d’Artagnan, die feste, große Handschrift des Freundes erkennend.

Ah! sprach Porthos, wir wollen doch sehen, was er sagt.

D’Artagnan öffnete den Brief und las:

Lieber d’Artagnan, lieber du Vallon, meine guten Freunde, vielleicht erhaltet Ihr zum letztenmal Nachricht von mir. Aramis und ich, wir sind sehr unglücklich. Aber Gott, unser Mut und die Erinnerung an unsere Freundschaft halten uns noch aufrecht. Denkt an Raoul. Ich empfehle Euch die Papiere, die in Blois liegen, und wenn ihr in dritthalb Monaten keine Nachricht von uns erhalten habt, nehmt Kenntnis davon. Umarmt den Vicomte von ganzem Herzen für Euern ergebenen Freund

Athos.

Ich glaube bei Gott wohl, daß ich ihn umarmen werde, sagte d’Artagnan. Überdies ist er auf unserm Weg, und wenn er das Unglück hat, unsern armen Athos zu verlieren, so wird er von diesem Tage an mein Sohn. – Und ich mache ihn zu meinem Universalerben, sprach Porthos. – Laßt doch sehen, was Athos noch sagt. – Trefft Ihr auf Euern Wegen einen Herrn Mordaunt, so mißtraut ihm; ich kann Euch in meinem Briefe nicht mehr sagen. – Herr Mordaunt! sagte d’Artagnan sehr erstaunt. – Es ist gut, sprach Porthos, man wird sich seiner erinnern. Aber seht, es ist noch eine Nachschrift von Aramis dabei. – In der Tat, versetzte d’Artagnan, und er las:

Wir verschweigen unsern Aufenthaltsort, teure Freunde, weil wir Eure brüderliche Ergebenheit kennen und wissen, daß Ihr kommen würdet, um mit uns zu sterben.

Sacrebleu! unterbrach Porthos den Lesenden mit einem Ausdruck, der Mousqueton in die andere Ecke des Zimmers jagte. Sind sie denn in Todesgefahr?

D’Artagnan fuhr fort:

Athos vermacht Euch Raoul, und ich vermache Euch eine Rache. Wenn Ihr so glücklich seid, einen gewissen Mordaunt unter die Hand zu bekommen, so sagt Porthos, er solle ihn in eine Ecke führen und ihm den Hals umdrehen. Ich wage es nicht, Euch in einem Brief mehr zu sagen.

Aramis.

Wenn es sonst nichts ist, sprach Porthos, das läßt sich leicht machen. – Im Gegenteil, erwiderte d’Artagnan mit düsterer Miene, das ist unmöglich. – Warum? – Gerade diesen Herrn Mordaunt suchen wir in Boulogne auf, und mit ihm gehen wir nach England. – Wenn wir nun, statt Herrn Mordaunt aufzusuchen, unsere Freunde aufsuchten? rief Porthos mit einer Gebärde, die einer Armee hätte Angst einjagen können. – Ich habe wohl daran gedacht, sagte d’Artagnan; aber der Brief hat weder Datum noch Stempel. – Das ist richtig, sprach Porthos.

Und er fing an wie ein Verrückter im Zimmer umherzugehen, machte allerhand Gebärden und zog alle Augenblicke seinen Degen zum dritten Teil aus der Scheide.

D’Artagnan blieb ganz bestürzt auf derselben Stelle, und der tiefste Kummer war auf seinem Antlitz ausgeprägt.

Vorwärts, sprach er dann, das führt zu nichts. Wir wollen abreisen und Raoul umarmen, wie wir gesagt haben; vielleicht hat er Nachricht von Athos.

Man stieg zu Pferde und entfernte sich. Als die Freunde in die Rue Saint-Denis gelangten, fanden sie einen großen Volksauflauf. Herr von Beaufort war soeben aus Vendome angelangt und wurde von dem Koadjutor den freudigen Parisern gezeigt. Mit Herrn von Beaufort hielten sie sich für unüberwindlich.

Die zwei Freunde ritten durch eine kleine Gasse, um dem Prinzen nicht zu begegnen, und ritten durch die Barriere Saint-Denis.

Da sie ihren Weg so schnell, als ihnen möglich war, zurücklegten, so gelangten sie zu guter Zeit ins Lager, wo sie Raoul in trüber Stimmung fanden. Er war mißmutig, weil der Marschall von Grammont und der Herzog von Guiche nach Paris zurückgekehrt waren, und traurig, weil er keine Nachricht von Athos hatte. Die Freunde trösteten ihn so gut sie konnten, und sagten ihm, da sie ihm die Wahrheit nicht sagen konnten, und d’Artagnan im Augenblick nichts anderes einfiel, der Graf sei mit dem Abbé d’Herblay nach Konstantinopel gegangen.

D’Artagnan gab Raoul noch fünfzig Pistolen, legte seinem Diener Olivain nachdrücklich seine Fürsorgepflichten für seinen Herrn ans Herz und schlug, nachdem er und Porthos den jungen Mann herzlich und kräftig umarmt hatten, den Weg nach Boulogne ein, wo sie gegen Abend auf Pferden, die mit Schweiß und weißem Schaum bedeckt waren, ankamen.

Zehn Schritte von dem Ort, wo sie Halt machten, ehe sie in die Stadt einritten, stand ein schwarz gekleideter junger Mann, der jemand zu erwarten schien und seit er sie erblickt hatte, die Augen unablässig auf sie geheftet hielt.

D’Artagnan näherte sich ihm und sagte, als er sah, daß er das Auge nicht von ihm abwandte: He, Freund, ich hab’s nicht gern, wenn man mich mißt.

Mein Herr, sprach der junge Mann, ohne auf d’Artagnans Bemerkung zu antworten, kommt Ihr von Paris?

D’Artagnan dachte, es sei ein Neugieriger, der Nachrichten von der Hauptstadt zu haben wünsche, und erwiderte mit sanfterem Tone:

Ja, mein Herr. – Sollt Ihr nicht im Wappen von England wohnen? – Ja, mein Herr. – Seid Ihr nicht mit einer Sendung von Seiner Eminenz, dem Herrn Kardinal von Mazarin, beauftragt? – Ja, mein Herr. – Dann habt Ihr mit mir zu tun, sprach der junge Mann; ich bin Herr Mordaunt.

Ah! sagte d’Artagnan ganz leise, der, vor dem uns Athos warnt.

Ah! murmelte Porthos, der, den uns Aramis zu erdrosseln rät.

Beide schauten den jungen Mann aufmerksam an. Dieser täuschte sich im Ausdruck ihres Blickes.

Solltet Ihr an meinem Wort zweifeln? sagte er; ich bin in diesem Fall bereit Euch jeden Beweis zu liefern.

Nein, mein Herr, antwortete d’Artagnan, wir sind zu Eurer Verfügung.

Wohl, meine Herren, sprach Mordaunt, wir werden ungesäumt abreisen. Es ist heute der letzte Tag der Frist, die der Herr Kardinal von mir gefordert hatte. Mein Schiff ist bereit, und wenn Ihr nicht gekommen wäret, so würde ich ohne Euch abgegangen sein, denn der General Oliver Cromwell muß meine Rückkehr mit Ungeduld erwarten.

Ah, ah, sagte d’Artagnan, wir sind also an den General Oliver Cromwell abgesandt?

Habt Ihr keinen Brief für ihn? fragte der junge Mann.

Ich habe einen Brief, dessen doppelten Umschlag ich erst in London erbrechen sollte. Da Ihr mir aber sagt, an wen er adressiert ist, so halte ich es für unnötig, bis dort zu warten.

D’Artagnan zerriß den Umschlag des Briefes, auf dem in der Tat stand:

»An Herrn Oliver Cromwell, General der Truppen der englischen Nation.«

Ah! murmelte d’Artagnan, ein sonderbarer Auftrag. Vorwärts, meine Herren, sprach Mordaunt ungeduldig, gehen wir. – Oh, oh! rief Porthos, ohne Abendessen? Kann Herr Cromwell nicht ein wenig warten? – Ja, aber ich … versetzte Mordaunt. – Nun, Ihr? … sagte Porthos. – Ich habe Eile. – Oh, wenn es Euretwegen geschehen soll! rief Porthos, das geht mich nichts an, und ich werde mit Eurer Erlaubnis oder ohne sie zu Nacht speisen.

Der schwankende Blick des jungen Mannes entflammte sich und schien bereit, einen Blitz zu schleudern, aber er bezähmte sich.

Mein Herr, sprach d’Artagnan, man muß hungrige Reisende entschuldigen. Überdies wird Euch unser Abendbrot nicht lang aufhalten, wir reiten rasch bis zu dem Gasthaus. Geht zu Fuß nach dem Hafen, wir essen einen Bissen und sind beinahe zu gleicher Zeit mit Euch dort. – Wie es Euch gefällt, meine Herren, wenn wir nur reisen, versetzte Mordaunt. – Das ist ein Glück, murmelte Porthos. – Der Name des Schiffes? fragte d’Artagnan. – Der Standard. – Gut, in einer halben Stunde sind wir an Bord.

Und beide gaben ihren Pferden die Sporen und eilten nach dem Gasthof zum »Wappen von England«.

Was sagt Ihr zu diesem jungen Menschen? fragte d’Artagnan während des scharfen Rittes.

Ich sage, daß er mir nicht im geringsten behagt, erwiderte Porthos, und daß ich das größte Gelüste in mir spürte, Aramis‘ Rat zu befolgen. – Davor hütet Euch wohl, mein lieber Porthos: dieser Mensch ist ein Abgesandter des Generals Cromwell, und ich glaube, wir würden uns einen erbärmlichen Empfang bereiten, wenn wir dem General meldeten, wir hätten seinem Vertrauten den Hals umgedreht. – Gleichviel, versetzte Porthos, ich habe immer wahrgenommen, daß Aramis ein Mann von gutem Rat ist. – Hört, sprach d’Artagnan, wenn unsere Botschaft beendigt ist … – Hernach? – Wenn er uns nach Frankreich zurückführt … – Nun? – Nun, wir werden sehen.

Die Freunde gelangten hierauf in den Gasthof, wo sie mit großem Appetit zu Nacht speisten, und begaben sich dann ungesäumt nach dem Hafen.

Eine Brigg war bereit, unter Segel zu gehen, und auf dem Verdeck dieser Brigg erkannten sie Mordaunt, der ungeduldig auf und ab ging.

Es ist unglaublich, sprach d’Artagnan, während die Barke sie an Bord des Standard führte, es ist erstaunlich, wie sehr dieser junge Mann jemand gleicht, den ich gekannt habe, doch vermag ich nicht zu sagen, wem.

Sie gelangten zu der Treppe und waren einen Augenblick nachher eingeschifft.