Anna von Oesterreich hatte recht: das Erscheinen des Königs bei Madame gab den Dingen nach allem, was vorgefallen war, einen feierlichen Zug. Es war im Jahre 1662 keine Kleinigkeit, wenn Monsieur über Madame Klage führte und der König sich in Privatangelegenheiten seines Bruders mischte. Daher sah man denn auch plötzlich die Höflinge ganz auffällig sich von Guiche fern halten, und der Graf, ebenfalls von Schrecken erfaßt, begab sich schleunigst in seine Wohnung.
Der König trat bei der jungen Herzogin mit freundlichem Gruß ein. Die Ehrendamen verneigten sich fast bis zur Erde. Der König sah sich um und musterte mit einem raschen Blick die ganze Reihe von errötenden Schönheiten, die am Eingang zu den Gemächern Spalier bildeten. Er begab sich in das Innenkabinett, wo seine Schwägerin in halb liegender Stellung auf weichen Kissen ruhte. Sie stand auf, machte eine Verbeugung und dankte mit ein paar befangenen Worten für die Ehre dieses Besuches. Dann setzte sie sich wieder, von lieblicher Röte übergossen.
»Liebe Schwägerin,« begann Ludwig, »ich möchte fragen, zu welcher Zeit Ihnen heute abend die Ballettprobe genehm wäre.« – »Ah, Majestät,« antwortete die Prinzessin und schüttelte ihre Locken, »ich wollte mich eben bei Ihnen entschuldigen lassen, ich fühle mich nicht Wohl und werde nicht erscheinen.« – »Nicht wohl?« rief Ludwig. »Ei, so will ich die Aerzte rufen lassen.« – »Die vermögen nichts gegen meine Krankheit,« erwiderte Lady Henriette. »Mir tut nur eins not: ich muß nach England zurück.« – »Ist das Ihr Ernst?« versetzte der König betroffen. – »Ja. Es tut mir sehr leid, es sagen zu müssen; aber ich fühle mich am Hofe Eurer Majestät unglücklich. Ich will zu meiner Familie zurück. O, Sire,« rief sie aus, als sie sah, daß Ludwig sie unterbrechen wollte, »ich bin an Leiden gewöhnt. Schon in frühester Jugend bin ich schlecht behandelt und gedemütigt worden – sagen Sie nicht, das sei übertrieben! Aber damals konnte ich dem unglücklichen Geschick die Schuld geben. Doch jetzt befinde ich mich wieder auf den Stufen eines Thrones, mein Bruder ist wieder König, und durch die Verbindung mit einem französischen Prinzen glaubte ich noch einen Schritt höher zu steigen und auch mein Lebensglück zu finden. Aber ich habe nur einen Mann gefunden, der mich unterjochen, mich zur Sklavin herabdrücken will – und das empört mich. Nun kommen Sie zu mir, Sire! Doch sicher nicht, mich zur Balletprobe einzuladen. Sie wissen alles, was geschehen ist, und wollen dem, was Ihr Bruder an mir getan hat, gar noch königlichen Nachdruck verleihen? O, Sire, ich bitte um die Erlaubnis, nach England zurückzukehren!«
Der König war durch diesen unerwarteten Angriff nicht nur in Verlegenheit gesetzt, sondern völlig entwaffnet. »O, Schwägerin!« rief er, kaum wissend, was er sagen sollte, »Sie nach England zurückzulassen, das ist ja ganz unmöglich. Bedenken Sie das doch! Was hat man Ihnen denn getan?« – Madame lächelte matt; sie wußte, daß sie gesiegt hatte; war doch der König gekommen, um zu fragen: »Was haben Sie meinem Bruder getan?« und nun fragte er statt dessen: »Was hat man Ihnen getan?«
»Was man mir getan hat?« versetzte sie. »Das kann nur eine Frau nachfühlen. Man hat mich weinen gemacht.« Und mit ihren schneeweißen Fingerchen deutete sie auf ihre Augen, die eben noch frohlockend gestrahlt hatten und jetzt sich schon wieder von Tränen trübten. – »Schwägerin, ich bitte Siel« rief der König, sprang hinzu und ergriff diese Hand, die sie ihm zitternd überließ. – »Was man mir getan hat?« fuhr Madame fort. »Zuerst hat man einen Freund meines Bruders, den Lord Buckingham, aus meiner Nähe verjagt – jawohl, verjagt, leugnen Sie es nicht! Er war ein Landsmann, er kannte mich, kannte meine Liebhabereien, wir haben so manche Fahrt zusammen auf den Gewässern von St. James gemacht.« – »Aber bedenken Sie doch, Madame, Villiers war in Sie verliebt!« wandte der König ein. »Was schadet das?« versetzte sie naiv. »Würden Sie zufrieden sein, wenn bloß ein Untertan Sie liebte?« – Sie lächelte dabei so zärtlich, daß dem König das Herz höher schlug. – »Und diesen Landsmann,« fuhr sie fort, »hat man vertrieben, man hat ihm die Tür gewiesen, wie einem schnöden Handelsmann, wie einem gemeinen Abenteurer. Das ist des galantesten Hofes nicht würdig.« »Schwägerin, ich bin daran nicht schuld,« beteuerte Ludwig. »Mir gefiel Buckingham sehr gut.« – »Ah, Sie sind nicht schuld daran?« rief Henriette. »Das freut mich! Nun weiß ich doch, auf wessen Betreiben es geschah. Ich glaubte nun Ruhe zu haben – doch nein, Monsieur findet einen neuen Vorwand.« – »Und an Buckinghams Stelle tritt ein anderer,« setzte der König scherzend hinzu. »Das ist ja auch ganz natürlich. Sie sind schön, Madame; man wird Sie immer lieben.«
»Gut, ich will eine Einöde um mich her schaffen,« versetzte sie. »Darauf allein ist es ja abgesehen. Doch nein, ich werde nach London zurückkehren, dort denkt man nicht so kleinlich; dort kann ich meine Freunde um mich versammeln, ohne daß sie gleich für Liebhaber gehalten werden. O pfui, wie schnöde! Ich hielt Monsieur für einen Kavalier, aber durch diese Verdächtigung hat er sehr in meinen Augen verloren. Er ist ein Tyrann!« – »O, nicht doch,« antwortete Ludwig. »Der einzige Fehler meines Bruders ist, er liebt Sie!« – »Er und mich lieben! Haha!« Sie lachte laut auf. »Monsieur wird nie ein Weib lieben. Er liebt nur sich selbst.«
»Nun, dann werden Sie aber doch zugeben, daß von Guiche Sie liebt,« sagte nun der König, der auf diesen Einwand der Prinzessin allerdings nichts zu erwidern wußte. – »Ist mir ganz neu,« versetzte sie. – »Aber das müssen Sie doch sehen; ein Verliebter verrät sich.« – »Von Guiche hat das bis jetzt noch nicht getan.« – »Schwägerin – Schwägerin, Sie verteidigen ihn noch!« »Ich? Ihn verteidigen? Das fehlte noch, daß auch Sie mich verdächtigen, Sie, der König!« rief sie aus.
»Nicht doch! Werden Sie nicht wieder traurig,« entgegnete Ludwig lebhaft. »Ich beschwöre Sie, bleiben Sie ruhig.« – Sie weinte schon wieder, große Tränen fielen auf ihre Hand, und diesmal beugte sich die Majestät herab und sog eine dieser flüssigen Perlen mit den Lippen auf. Sie sah ihn dabei so zärtlich an, daß ihm weich ums Herz wurde. »Sie fühlen also nichts für Herrn von Guiche?« fragte er in unruhigerem Tone, als sich für einen Vermittler geziemte. – »Nein, gar nichts.« – »Und ich kann meinen Bruder beruhigen?« – »Ihn? O, nichts wird ihn beruhigen. Er ist gar nicht eifersüchtig, man hat ihn nur aufgehetzt, und Monsieur ist von unruhigem Temperament.« – »Das kann man wohl sein, wenn Sie im Spiele sind,« antwortete der König und hielt noch immer ihre Hand.
Als Madame nach langer Pause endlich diese Hand langsam zurückzog, hielt sie darin die Palme des Sieges.
»Madame, ich möchte Ihnen einen Vorschlag machen,« sagte der König. »Statt sich auf einen nicht recht schicklichen Umgang zu beschränken, statt uns durch Ihre Zurückgezogenheit zu beunruhigen, sollen Sie sich uns recht oft zeigen, sollen Sie täglich mit uns zusammen sein. Ich weiß, Graf Guiche ist ein liebenswürdiger Mensch, aber wenn wir auch nicht so geistreich sind wie er –« – »O, Sire,« unterbrach sie ihn, »Sie spielen den Bescheidenen.« – »Nein, selbst ein König kann einsehen, daß er sich hier und dort weniger Hoffnung machen darf zu gefallen, als mancher seiner Kavaliere.« – »Das glauben Sie selbst nicht,« rief sie dazwischen. – »Gleichviel! Sie sollen nicht die Zeit mit fremden Herren zubringen, sondern in unserer Gesellschaft. Sie sind die Sonne unsers Hofes. Alles Licht kommt von Ihnen.«
»Majestät,« antwortete Henriette ernst und setzte ihrem Triumph stolz die Krone auf, »ein Umstand nur läßt mich zweifeln, ein Umstand, den auch Sie nicht beseitigen können – die Erinnerung an das Vergangene.«
»Wie meinen Sie das? Ich verstehe Sie nicht recht,« entgegnete der König, der jedoch nur zu wohl verstanden hatte. – »Sire, ich habe das Unglück gehabt,« fuhr die Herzogin fort, »Ihnen so lange zu mißfallen, daß ich fast das Recht habe, mich heute zu fragen, wie Sie mich zur Schwägerin annehmen konnten.« – »Madame, unser Bündnis beginnt heute,« rief der König mit ungeheuchelter Wärme. »Lassen wir die Vergangenheit, wir haben es nur mit der Gegenwart zu tun. Und die Gegenwart sind Sie!« – »Es wird dennoch ein unzuverlässiges Bündnis,« wandte sie ein. – »Soll ich schwören?« rief der König. – »O, einen ehrlichen Schwur weise ich nicht zurück,« antwortete sie, und der König kniete nieder und ergriff ihre Hand. Mit einem unbeschreiblich süßen Lächeln reichte sie ihm beide Hände, die Ludwig an die glühende Stirn drückte. Dann sprang er auf und eilte hinaus. Die Höflinge bemerkten, daß er rote Wangen hatte, und schlossen daraus, die Unterredung habe einen etwas stürmischen Verlauf genommen. Nur Herr von Lorraine sagte: »Meine Herren, wenn der König zornig ist, wird er blaß.«
Als Ludwig die junge Herzogin verließ, befand er sich in einer Aufregung, die er sich selbst nicht erklären konnte. Er stand mit einem Male ganz in ihrem Banne, bezaubert von ihrer Schönheit, von ihrer Anmut und von der koketten Geschmeidigkeit ihrer Worte. Dabei verhehlte er sich jedoch nicht, daß ihre Ehe mit seinem Bruder für ihn ein unübersteigliches Hindernis sei. Was die Prinzessin anbetrifft, so war sie als gefallsüchtige Natur, nachdem sie von Buckingham und von Guiche vergöttert worden war, ohne weiteres bereit, ihrem Ehrgeiz auf seinem erfolgreichen Wege zum höchsten Ziele freien Lauf zu lassen. Von dem immer noch streng denkenden englischen Lord zu dem skrupellosen französischen Grafen war schon ein Fortschritt gewesen. Hätte sie nun gegen die Bewunderung, die der König ihr zollte, unempfindlich bleiben sollen? War doch Ludwig XIV. nicht nur die erste Person seines Landes, sondern wirklich auch einer der schönsten, geistreichsten Männer seiner Zeit.
Der König zeigte seinem Bruder alsbald an, der Friede sei wiederhergestellt, Madame verdiene die aufrichtigste Hochachtung und Zuneigung und sei nur etwas stolz und leicht verletzlich, so daß man sie mit Schonung behandeln müsse. Das bedeutete für Philipp nichts weiter als eine Zurechtweisung. Man hatte also nicht ihm, sondern seiner Frau recht gegeben. Er antwortete dem König, daß nicht sie, sondern er sich beleidigt fühlen könne. – Der König versetzte in gereiztem Tone: »Madame ist, Gott sei Dank, über jeden Tadel erhaben.« – »Ueber den anderer, das gebe ich zu,« antwortete Orléans. »aber nicht über den meinigen.« – »Bruder,« sagte der König, dem eine innere Stimme zuflüsterte, daß Monsieur nicht ganz im Unrecht sei, »ich habe mich davon überzeugt, daß deine Klagen grundlos waren. Was sonst etwa noch in dieser Sache zu tun ist, das wird von mir aus geschehen.« – Diese Worte enthielten zugleich einen Befehl und einen Trost; Philipp fühlte das und ging.
Zur selben Zeit stattete Chevalier von Lorraine dem Grafen von Guiche einen Besuch ab. Er gab sich das Ansehen, als wolle er den Grafen über die Stimmung Monsieurs beruhigen. In Wahrheit befürchtete er, Guiche würde plötzlich abreisen, und wollte ihn nur zurückhalten, da er noch immer glaubte, das Renkontre vom Vormittag würde verhängnisvolle Folgen für Guiche haben, und natürlich verhindern wollte, daß der Graf sich ihnen entzöge. Von Guiche war nur zu sehr geneigt, den tröstlichen Worten des Chevaliers Glauben zu schenken, da sie seinen innersten Wünschen zuvorkamen. Abreisen zu müssen, wäre ja für ihn ein Stich ins Herz gewesen. – »Monsieur hat über die Dinerszene nur gelacht,« sprach Lorraine, »Majestät hat auch gelacht, und da Madame die einzige war, die nicht lachte, so ist Majestät zu ihr gegangen und hat ihr gut zugeredet. Am Programm des Tages wird nichts geändert, das ist der beste Beweis dafür, daß alles beim alten bleibt. Die Ballettprobe fällt nicht aus.«
»Wie? sie soll heute abend stattfinden?« rief der Graf. »Wissen Sie das gewiß? Sie raten mir also –? – »Ich rate Ihnen, ganz ruhig hier zu bleiben,« antwortete Lorraine. – In diesem Augenblick trat Rudolf ein. »Und ich,« rief er sogleich mit finsterer Miene, »rate Ihnen das Gegenteil. Werfen Sie sich aufs Pferd und reiten Sie auf Ihre Güter. Und dann können Sie den Rat des Chevaliers befolgen und ganz ruhig dort bleiben.« – »Aber warum sollte der Herr Graf abreisen?« fragte Lorraine, den Erstaunten spielend. – »Weil alle Welt bei Hofe von einem stürmischen Auftritt zwischen Monsieur und Herrn von Guiche spricht,« antwortete Rudolf. »Und weil ein solcher Auftritt schlimme Folgen haben kann. Ich weiß, Monsieur hat gedroht, und Madame hat geweint.« – »Madame hat geweint!« rief Guiche, die Hände faltend, – »Das ist das Neueste, was ich höre,« rief Lorraine. »Herr Vicomte, da sind Sie ja besser unterrichtet als ich.« – »Und deshalb eben gebe ich Herrn von Guiche den Rat abzureisen. Er muß fort. Um des Königs willen! Denn der König hat sich dieser Sache angenommen.«
»Bah, der König ist dem Herrn Grafen sehr zugetan,« wandte der Chevalier ein. »Und überdies würde eine Abreise einem Bekenntnis der Schuld gleichkommen.«
»Man kann auch reisen aus Verdruß, aus Kränkung,« entgegnete Bragelonne. »Und wenn wir beide versichern, daß wir alles getan haben, Herrn von Guiche zurückzuhalten – Sie wenigstens können das ja mit bestem Gewissen sagen – dann wird man uns glauben, daß Graf Guiche sich verletzt gefühlt habe, weil er sich unschuldig wisse und sich trotzdem aber eine Verantwortung nicht erlauben dürfe. Seine freiwillige Verbannung wird überdies nur von kurzer Dauer sein, er kann zurückkehren, wann er will, und wird dann allseitig freudiges Entgegenkommen finden. Eine üble Laune des Königs aber kann ein Ungewitter herbeiführen, für dessen Folgen niemand einstehen kann.«
»Lieber Freund,« beendete nun Guiche selbst den Streit, »es ist bei mir fest beschlossen: ich bleibe!« – »Dann wehe dir, Guiche!« antwortete Rudolf. »Ich habe meine Pflicht getan.« – »Rudolf, heute abend ist Ballettprobe–« – »Liegt dir daran so viel?« – »Das nicht! ich meine damit nur, ein Hof, an dem so flott getanzt wird, ist nicht zu inneren Kriegen gerüstet.« – »Ich habe nichts mehr zu sagen,« erwiderte Bragelonne achselzuckend.– »Sie glauben gut unterrichtet zu sein, Herr Vicomte,« sagte Lorraine, »aber wie wollen Sie es besser wissen als ich, der ich doch zu den vertrautesten Freunden Monsieurs gehöre?« – »Vor dieser Erklärung strecke ich das Gewehr,« antwortete Rudolf. »Sie müssen es besser wissen, das sehe ich ein. Und da ein Edelmann nichts anderes sagen kann, als was er weiß, und nicht anders sprechen kann, als wie er denkt, so erkläre ich mich für überwunden und räume Ihnen das Feld. Guiche, ob es nun gut oder böse abläuft, in jedem Falle dürfen Sie auf mich zählen. Adieu!«
Die Ballettprobe fand am Abend statt. Ludwig XIV. ließ die Herren und Damen, denen man Rollen bei der geplanten Tanzveranstaltung überwiesen hatte, in ihren verschiedenen Charakterkostümen Revue passieren. Monsieur allein hatte kein Kostüm angelegt. Er war noch in so verdrießlicher Stimmung, daß selbst eine Anprobe neuer kostbarer Gewänder an diesem Tage keinen Reiz für ihn hatte. Ludwig dagegen schien in bester Laune: er äußerte lachenden Mundes Beifall oder Tadel, lachenden Mundes machte er Glückliche und Unglückliche. Plötzlich fiel sein Blick auf den Grafen von Guiche, der in der Tracht eines Königs des Lenzes erschien. Ludwigs Lippen preßten sich zusammen – das Lachen verschwand, die heitere Stirn zog sich in Falten. – »Meine Herren und Damen!« rief er, sich abwendend. »Ich erhalte eben die Nachricht, daß zur Abreise nach Fontainebleau alles bereit ist. Morgen bricht der Hof auf. Sie alle sind eingeladen, mir zu folgen.« – Nach diesen Worten drehte er sich plötzlich um und trat einen Schritt auf Herrn von Guiche zu. – »Sieh da, Herr Graf,« rief er laut. »Ich hatte Sie noch nicht bemerkt. Es ist jetzt die Zeit der zweiten Aussaat. Ihre Pächter in der Normandie werden sich freuen, wenn Sie sich dort mal ein wenig um den Betrieb kümmern.« – Darauf wendete er dem Unglücklichen wieder den Rücken zu.
Von Guiche taumelte. Dann raffte er sich gewaltsam auf und trat auf den König zu. Hochaufgerichtet stand er vor ihm und begegnete stolz dem Blicke der Majestät. – »Habe ich recht verstanden?« stieß er hervor. – Ludwig sah über die Schulter mit jenem kalten, festen Ausdruck, der wie ein unbiegsames Schwert den in Ungnade Gefallenen ins Herz drang. »Ich sprach von Ihren Gütern,« wiederholte er langsam und scharf. – Dem Grafen trat der Schweiß auf die Stirn, der Hut entsank seinen zitternden Fingern. Er sah sich starren Auges um und erblickte Madame. Die Prinzessin plauderte lächelnd mit Frau von Noailles. Sie schien gar nichts gehört zu haben. Die Gesellschaft zerstreute sich – Guiche blieb allein zurück.
Als er über den Korridor schritt, trat Rudolf zu ihm. – »Nun, hatte ich recht?« fragte er. – »Du hattest recht,« stammelte der Graf tonlos. – »Und sie?« fragte Bragelonne. – »Sie! Sie!« rief der Unglückliche und hob die geballte Faust. »Sie lacht dazu!«