Vincenzo Bellini

Die Puritaner

Romantische Oper in drei Akten

Personen

Lord Valton, General-Gouverneur, Puritaner

Sir Georg, sein Bruder, Obrist, vom Dienst zurückgezogen, Puritaner

Lord Arthur Talbot, von Stuart’s Partei

Sir Richard Forth, Obrist, Puritaner

Sir Bruno Roberton, Offizier, Puritaner

Henriette v. Frankreich, Wittwe von Carl I.

Elvire, Tochter des Lord Valton

Soldaten Cromwell’s

Herolde und Waffenträger Arthur’s und Valton’s Puritaner. Damen. Pagen. Diener und Dienerinnen des Schlosses.

Die Handlung des ersten Aktes ist in einer Festung, in der Rähe von Plymouth; der zweite und dritte Akt in einer ländlichen Gegend, in der Nähe der Festung.

Erster Akt.

Platz in der Festung.

Erste Scene.

Roberton und Soldaten. Schildwachen

ERSTE SCHILDWACHE.

Seyd wachsam!

ZWEITE SCHILDWACHE.

Seyd wachsam!

ALLE.

Es schwand schon die Nacht!

ERSTE SCHILDWACHE.

Die Trommel –

ZWEITE SCHILDWACHE.

Schallt begrüßend –

ALLE.

Des Tages Pracht! –

CHOR.

Wenn Schlachttrompeten klingen,

Beseelet Muth den Krieger!

Den Lorbeer zu erringen,

Stürmt er zum Sieg hinan.

Schwinget die Schwerdter zum Streiten,

Den Feinden Tod zu bereiten,

Tilget in Feuergluthen

Stuart und seine Brut!

ROBERTON.

O Cromwell’s fromme Söhne,

Erhebt zu Gott das Herz!

Des Morgenliedes Töne

Steigen nun himmelwärts!

CHOR der Puritaner in der Festung.

Laut künden Mond und Sonne

Uns Gottes Allmacht an!

O Herr! lobpreisend nah’n

Wir Deinem Throne!

Der Himmel und die Erde

Erschallt von Deinem Ruhm!

Froh steigt Gesang empor,

Dich hoch zu ehren.

ERSTER SOLDAT.

Sie schweigen.

ZWEITER SOLDAT.

Zu End’ –

ALLE.

Ist das Gebet!

ROBERTON.

Der Reinen Lobgesang

Der sich zum Himmel schwang,

Ist nun verhallt.

Zweite Scene.

Die Vorigen. Diener und Dienerinnen des Schlosses.

ERSTER.

Zum Feste!

ZWEITER.

Zum Feste!

ALLE.

Zum Feste!

Die Freude belebe

Heut jedes Herz!

Es winken Lust und Scherz!

CHOR.

Kein Jüngling kann den Blicken

Elvirens widerstehen!

Er weilet mit Entzücken,

Die Holde anzusehen.

In reiner Unschuld Blüthe

Schmückt Reiz und Seelengüte

Den engelgleichen Blick –

Der Schöpfung Meisterstück!

EINIGE.

Zum Feste!

ANDERE.

Zum Feste!

ALLE.

Zum Feste!

Freut Euch Elvirens Wonne!

Auf, singe mit heiterm Blick,

Die Liebe führt zum Glück!

Alle ab. Roberton bleibt.

Dritte Scene.

Roberton. Richard.

RICHARD.

Wohin soll ich entflieh’n? Wie soll ich bergen

Der Seele herbes Leiden? Die Jubeltöne –

Durchbeben die Brust mit Höllenqualen!

Elvire! Elvire! Dir soll ich entsagen –

Auf ewig von Dir mich trennen!

Wie kann ich ohne Dich das Leben tragen?

Mein Dasein ist zerstört, wem sollt’ ich es weih’n

ROBERTON tritt vor.

Dem Vaterlande! –

RICHARD.

Was hör’ ich! Du fühlst mit mir Erbarmen?

ROBERTON.

Oeffne Dein Herz dem Freunde –

Du findest Trost in seinen Armen.

RICHARD.

Vergebens!

Ach, auf ewig muß ich entsagen

Meiner Liebe Blüthentagen,

Und ein Leben sollt’ ich tragen,

Das nur Qual und Schmerz mir beut?

Statt ersehnter Liebe Freuden,

Naht mir drohend banges Leiden,

Hoffnungslos muß ich verzagen –

Ach, Verzweiflung ist mein Loos!

Trost nur beut für herbes Scheiden

Mir der Erde dunkler Schvoß.

Eine Abtheilung Soldaten marschirt über die Bühne.

ROBERTON.

Auf! zieh’ Deinen Kriegern

Als Führer voran!

RICHARD.

Mit schloß sich auf ewig

Die ruhmvolle Bahn!

ROBERTON.

Ha, glühe nicht für Ehre

Und Vaterland Dein Herz?

RICHARD.

Mir glühet im Busen

Nur Rache, Wuth und Schmerz!

ROBERTON.

Entsage der Rache,

Zu Thaten erwache,

Wo Ehre Dir winkt!

RICHARD.

Ihr seligen Träume

Von Frieden und Wonne –

Ihr starbet im Keime,

Dahin ist mein Glück!

Gelähmt sind die Schwingen,

Umsonst ist mein Streben,

Nicht Thaten erringen,

Was mir das Schicksal raubt.

Ab.

Vierte Scene.

Zimmer der Elvire.

Elvire. Georg.

ELVIRE.

Mein theurer Oheim! O Du, mein zweiter Vater!

GEORG.

Was beweget Dein Herz? O sprich, Elvire!

ELVIRE.

Ach, nenne Tochter mich!

GEORG.

Ja – Tochter – der Name

Sei meines Alters Freude. Die heil’gen Rechte,

Die er verleihet, will ich erfüllen.

Wie sehr Dein Glück mir theuer, wird bald sich Dir enthüllen.

Mit hoher Wonne wird der Tag Dich krönen –

Dem Vater-Auge entlockt er Freudenthränen.

Ja, Dich geliebte Tochter,

Seh ich heut’ noch als Gattin.

ELVIRE.

Gattin! – Nein! Nimmermehr! –

Ach, Du kennst die sanften Triebe,

Kennst des Herzens heil’ge Flammen.

Schuldlos nährt’ ich die reine Liebe,

Ihr wollt’ ich mein Dasein weih’n.

Willst Du so Dein Kind verdammen,

Schleppst Du mich zum Traualtare,

Schmückt der Brautkranz meine Haare

Nur im Tode dann allein.

GEORG.

O verbanne den Gedanken!

ELVIRE.

Meine Treue kann nicht wanken!

GEORG.

Kündet Ahnung nicht Deinem Herzen,

Welchen Gatten ich Dir erwählt?

ELVIRE.

Gott! o rede! nenne ihn!

GEORG.

Ja, bald nah’t er –

ELVIRE.

Himmel! – Wer?

GEORG.

Dein Arthur!

ELVIRE.

Ist es Wahrheit?

GEORG.

Ja, ja ich schwöre!

ELVIRE UND GEORG.

Ist es Wahrheit –?

Ach, Arthur – welch Glück!

Es ist Wahrheit –

Dir lächelt das Glück!

GEORG.

Fließt am treuen Vaterherzen

Sanfte Thränen reiner Wonne,

Deines neuen Glückes Sonne

Leuchtet strahlend durch die Nacht.

Spende Segen, o Gott der Gnade,

Nimmer wanke vom Tugendpfade,

Die Dein Auge treu bewacht,

Güt’ger Gott, durch Deine Macht!

ELVIRE.

Ach, der Trennung Qual und Schmerzen

Lösen sich in reiner Wonne.

Meines neuen Glückes Sonne

Leuchtet strahlend durch die Nacht.

Wer stimmte für mein Glück,

Des Vaters Herz?

GEORG.

O höre!

Es deckte Erd’ und Himmel

Die Nacht mit ihrem Schleier –

Da blickt’ in stiller Feier

Ich auf zur Sternenbahn.

In dieser hehren Stunde

Gedacht ich Deiner Thränen

Ich kannte Deines Busens heißes Sehnen –

Voll Mitleid eilt’ ich zum Vater dann.

ELVIRE.

O edelmüth’ger Mann!

GEORG.

Rasch trat ich ein – mit Rührung

Ergriff ich seine Hand –

Benetzte sie mit Zähren –

Der Bruderliebe Band

Bewog ihn, mich zu hören:

»Für Arthur nährt Elvire

Im Herzen reine Triebe –

Verdammst Du ihre Liebe –

Sinkt diese Blume in’s frühe Grab.«

ELVIRE.

Dich sendete vom Himmel

Die Gottheit mir herab! –

Doch weiter! –

GEORG.

Nach ernstem Schweigen –

ELVIRE.

O Gott!

GEORG.

Sprach er endlich: »Sir Richard

Hab’ ich mein Wort gegeben,

Ihm wird der Tochter Hand!«

ELVIRE.

Gott! mich fasset Angst und Beben!

Und dann –

GEORG.

Ich wiederholte:

»So sinkt Dein Kind in’s frühe Grab.«

»Sie lebe! ja, sie lebe!«

Rief laut sein Vaterherz!

»O eile, sie zu trösten,

Besänft’ge ihren Schmerz!«

ELVIRE.

Höre! – das Horn erschallet!

GEORG.

Fürchte nichts!

Dieser Ruf gilt den Soldaten.

CHOR.

Heil dem Tapfern! Dem edlen Grafen

Arthur Talbot!

GEORG.

Nun, sprach ich Wahrheit?

ELVIRE.

O theurer Vater!

GEORG.

Fasse Dich!

CHOR.

Bald erreicht er uns’re Mauern!

Laßt mit Ehrfurcht uns ihn empfangen!

GEORG.

Deinem Glück darfst Du vertrauen,

Auf die Hoffnung gläubig bauen!

Dieser Tag gewährt nach Leiden

Deiner Seele Himmelslust!

ELVIRE.

Kaum wag’ ich dem Glück zu vertrauen;

Darf ich gläubig auf Dich bauen

Süße Hoffnung, Trost im Leiden,

Du gewährst mir Himmelslust.

Ab.

CHOR.

Heil dem Tapfern! Dem edlen Grafen

Arthur Talbot! – In Jubel – Chören

Lasset uns den Helden ehren,

Unsers Heeres Stolz und Ruhm!

Ab.

Fünfte Scene.

Gothischer Saal.

Lord Arthur Talbot. Ritter. Pagen. Dann Elvire. Lord Valton. Georg. Damen. Diener und Dienerinnen. Soldaten mit Roberton

CHOR DER MÄNNER.

Heil dem edlen Arthur!

DIE FRAUEN.

Rufet Heil Elviren!

ALLE.

Hoch verehrt Schönheit und Muth!

DIE DAMEN.

Alle Jungfrau’n überstrahlet

Sie durch Anmuth, Reiz und Würde,

Und aus jedem Munde schallet

Ihrer hohen Tugend Lob.

DIE RITTER.

Männlich schön und stark im Streite,

Würdig seines Heldenstammes,

Nennet Jeder ihn mit Freude

Zierde uns’rer Ritterschaft.

ARTHUR.

Heißgeliebte! Die reinsten Flammen

Boten uns bisher nur Qualen;

Aber heut, wo Glück und Wonne strahlen,

Reicht der Gatte Dir die Hand!

Fern, o Theure, sind jene Zeiten,

Die das Herz erfüllt mit Bangen!

Dich darf liebend mein Arm umfangen –

Neidet, Götter, meine Lust und Seligkeit!

ELVIRE.

Ach, mein Arthur!

ARTHUR.

Ach, Elvire!

ELVIRE.

Ich bin Dein!

ARTHUR.

Du bist die Meine!

ALLE.

Segne, Gott, der Liebe Flammen,

Segne ihrer Ehe Band!

Sechste Scene.

Vorige, dann Henriette.

VALTON.

Die heil’ge Handlung vollziehet ohne mich.

Mit diesem Blatt versehen,

Könnt ungehindert Ihr zur Kirche gehen.

Zu Georg.

Du wirst sie hingeleiten,

Ihr, edle Dame,

Sollt vor Englands hohem Parlamente,

Wohin ich Euch begleite, schnell erscheinen.

HENRIETTE.

(Weh’ mir! was hör’ ich?) Wozu berief man mich?

VALTON.

Nur zu gehorchen und zu schweigen,

Heischt Pflicht und streng Gebot.

ARTHUR.

Ist sie von Stuart’s Partei?

GEORG.

Seit vielen Monden

Hält man sie gefangen. Ein Jeder glaubt, daß sie

Der Stuart’s Freundin sei, weil sie verkleidet

Sich dieser Festung nahte.

ARTHUR.

(Güt’ger Himmel

Ihr Geschick ist entschieden, sie ist verloren! –

O Unglücksel’ge!)

HENRIETTE

(Mitleid spricht aus dem Blicke!)

VALTON.

Eilet nun! Zur Feier festlicher Vermählung

Bereitet Euch. Mit dem Brautgèwande

Und dem Kranz im Haar mögt Ihr sie schmücken.

Sorg’, daß im Thale die Rosse uns’rer harren.

Zu schneller Reise verpflichtet mein Befehl.

Mit Gott und meinem Segen

Geht Eurem Glück entgegen!

Siebente Scene.

Henriette, und Arthur

HENRIETTE

(Ja, den edlen Zügen vertrau’ ich!)

O Ritter! –

ARTHUR.

Sprecht! Wenn meines Rathes,

Meiner Hülfe Ihr bedürft, schenkt mir Vertrauen.

HENRIETTE.

Und wenn mein schuldlos Leben

Von Gefahr bedrohet?

ARTHUR.

O redet! laßt mich wissen, was Ihr fürchtet?

HENRIETTE.

Ich sterbe nach wenig Stunden. Doch Ihr erbebet –

ARTHUR.

Für Euch – für mich! –

Fiel nicht mein Vater, der treu dem Königblieb,

Unter dem Henkersbeil? Doch sprecht – wer seid Ihr?

Redet – wer seid Ihr – ich rette Euch!

HENRIETTE.

Unmöglich! –

Heinrich’s Tochter – Carl’s Gemahlin –

Wird das Schicksal der Edlen theilen!

ARTHUR.

Ha! Ihr die Königin!

HENRIETTE.

Ja! – Tod harret meiner!

ARTHUR.

Retten, retten werd’ ich Euch! –

Ihr müßt fliehen aus diesen Mauern –

Ja, ich selbst will Euch geleiten –

Auf geheimen, sichern Wegen –

HENRIETTE.

Ach, nur dem Beil entgegen, –

Ohne Rettung bin ich verloren.

ARTHUR.

Noch ist Hoffnung – ich will Euch retten!

Oder mit Euch sterben.

HENRIETTE.

O laß ab von dem Gedanken!

Liebend harret Dein Elvire.

Könnte Dein Entschluß noch wanken?

Ihr gehörest Du allein.

ARTHUR.

Ach, nicht ihren Namen nenne,

Raube mir nicht meinen Muth.

HENRIETTE.

Ueberlaß mich meinem Unglück,

Daß mein Schicksal sich erfülle.

Meines Lebens Stern sinkt nieder,

Doch Dein Morgenroth geht auf.

ARTHUR.

Bei der Theuren Angedenken

Sinkt dahin mein ganzer Muth.

Rettend Dein Geschick zu lenken,

Opfr’ ich heut’ mein höchstes Gut.

Achte Scene.

Elvire, Georg, die Vorigen.

ELVIRE.

Es nahet die Jungfrau im bräutlichen Kleide,

Gleich einfach, bescheiden, der Lilie im Mai

Die Rosen und Myrten, die lieblich mich kränzen –

Die Perlen, die glänzen, sind Pfänder der Treu.

GEORG, HENRIETTE, ARTHUR.

Hell strahlt im heitern Glanze

Der Unschuld lieblich Bild.

Bezauberndes Wesen,

So reizend und mild.

Seh’ ich die holde Jungfrau.

Geschmückt mit dem Kranz,

Fühlt sich von ihrer Schönheit Glanz

Die Seele hochentzückt.

ELVIRE.

Liebreich wirst Du mich belehren –

HENRIETTE.

Holde, was ist Dein Begehren?

ELVIRE.

Für ihn nur, der mir theuer,

Möchte ich reizend sein.

O schmücke mit dem Schleier

Mein Haupt, ich bitte Dich –

Zur hehren Feier.

HENRIETTE.

Ja, gern schmück’ ich Dich für ihn.

ARTHUR, GEORG.

Das Uebermaaß, die Freue,

Entschuld’ge ihr Vergeh’n;

Wer kann ihr widerstehn,

So reizend und so schön.

ELVIRE.

Doch laß zuerst den Schleier

Auf Deinem Haupt mich seh’n;

Er wird von Deinen Zügen

Die Reize noch erhöh’n.

HENRIETTE.

Du lieblich holdes Wesen,

Gern laß ich es gescheh’n.

ELVIRE.

Es berge der Schleier

Die wallenden Locken,

Zur heiligen Feier

Fein sittsam zu geh’n.

Wer Dich so erblicket,

Vom Schleier geschmücket,

Glaubt die Braut

In Dir zu seh’n.

HENRIETTE.

Zu bergen jedem Blick

Des Busens Angst und Schmerz,

Dient jetzt der Schleier mir.

Du kennst, o Gott, mein Herz,

O wende mein Geschick,

Beschütz’ mein schuldlos Haupt,

Laß mich, o Herr, nicht untergeh’n.

ARTHUR.

Sie steht im Mißgeschick,

Erhaben selbst im Schmerz,

Gleich einer Heil’gen im Schleier hier.

O stärke, Gott, mein Herz,

Zu wenden ihr Geschick.

O nimm mein Leben hin,

Nur sie laß mich gerettet seh’n.

GEORG.

Elviren’s Zauberblick

Besieget jedes Herz,

Und Alle huld’gen ihr

Der schuldlos heit’re Scherz

Erhöhet noch ihr Glück.

Ein Engel scheinet sie,

Gesandt von jenen Himmelshöh’n.

VALTON UND CHOR.

Elvire! Elvire!

Schon nahet die Stunde!

ELVIRE.

Leicht zürnet der Vater,

Hinweg muß ich eilen!

Schnell kehr’ ich zurücke,

Nicht lang’ will ich weilen.

ARTHUR, GEORG, HENRIETTE.

Ach, leicht zürnt der Vater Dir,

Ja, Du mußt jetzt eilen!

Und kehrst Du zurück,

Schmückt der Schleier Dich.

Elvire und Georg ab.

Neunte Scene.

Henriette. Arthur.

HENRIETTE.

Hinweg mit diesem Schleier! –

Nur die vom Schicksal Beglückte darf ihn tragen;

Mir ziemt er nicht.

ARTHUR.

Halt’ ein!

Ein Zeichen ist’s von Gott! Durch ihn verhüllet,

Kann es gelingen, die Wachen zu täuschen,

Daß für die Braut sie Dich halten.

Folg’ mir! –

HENRIETTE.

Was willst Du wagen?

Zu schrecklich ist das Loos, das Dich bedrohet.

ARTHUR.

Folg’ mir, weile nicht! Dich rett’ ich vom sichern Tode.

Zehnte Scene.

Die Vorigen. Richard.

RICHARD.

Halt’ ein! – Nicht sollst Du ungestraft mir rauben

Das höchste Gut des Lebens;

Nehmen werd’ ich blut’ge Rache,

Zitt’re heut vor meiner Wuth!

ARTHUR.

Ha, Dein Trotz soll hald sich legen,

Ich verlache Deine Wuth;

Muthig tret’ ich Dir entgegen –

Bald strast dieses Schwerdt den Uebermuth! –

HENRIETTE.

Haltet ein! Lebt in Frieden!

Nicht um mich fließ’ Euer Blut!

ARTHUR.

O Gott! was thust Du?

RICHARD.

Ha, die Gefang’ne! –

HENRIETTE.

Ja, ich bin’s!

ARTHUR.

Komm! Dein stolzes Drohen

Mit dem Schwerte nun zu bewähren!

RICHARD.

Nein! – Mit ihr gehst Du von hinnen –

ARTHUR.

Mit ihr?

HENRIETTE.

(Was hörte ich!)

RICHARD.

Unverwehrt sei Euch zu geh’n.

CHOR hinter der Scene.

Zur Kirche eilt! Auf, eilt zum frohen Feste!

ARTHUR.

Laß uns eilen! Schon nahen Leute.

RICHARD.

Schnell entfliehet! Gott schütz’ Euch Beide!

ARTHUR.

Und Du schweigst, bis wir entronnen

Diesen Mauern?

RICHARD.

Ich werde schweigen!

ARTHUR.

Wohlan, so schwöre –

RICHARD.

Ja, ich schwör’ es!

ALLE DREI.

Leb’ wohl!

Arthur und Henriette ab.

Elfte Scene.

Richard. Valton. Roberton. Elvire mit den Damen. Wachen. Puritaner. Diener und Dienerinnen.

RICHARD.

Schon hob die Brücke sich hinter ihnen –

Schon aus den Thoren trug sie ihr Fuß.

CHOR.

Zur Kirche eilt! Auf, zum Feste

ELVIRE.

Wo weilt Arthur?

RICHARD.

O frage nicht!

ELVIRE.

Wo weilt Arthur? Sprich!

RICHARD.

Er ist entfloh’n!

ELVIRE, RICHARD, GEORG.

Schon fern bei jenen Hütten

Eilt er mit raschen Schritten

CHOR.

Ja, mit raschen Schritten

Nah’t er jenen Höhen!

Ha, seht die Gefang’ne

Zur Seite ihm gehen.

VALTON.

Soldaten, auf, eilet!

Laßt den Donner der Geschütze

Die Lüfte durchhallen!

Schnell rächend, gleich dem Blitze,

Die Schwerdter auf sie fallen!

Ja, rächet den Verrath!

CHOR.

Ha, rächet die Frevelthat!

Ergreifet die Waffen!

Ha, zittert, Verräther!

Die Rache naht!

ELVIRE.

In Arthur’s Geleite? Gehüllt in meinen Schleier

Geht sie an seiner Seite und theure Gattin nennt er sie!

Elvire heißt die Dame – nicht ich bin mehr Elvire!

ALLE.

Elvire, was sagst Du?

ELVIRE.

Ich Elvire? Nein! Nein!

CHOR.

Die Arme ist starr und bleich,

Dem Marmorbilde gleich.

Im Wahnsinn redet sie;

Bedroht ist offenbar

Ihr Leben mit Gefahr!

ELVIRE.

Ach, Arthur! Wie, Du kehr’st zu mir zurück?

Liebe lächelt in Deinem Blick;

Ach, Arthur, folge mir zum Altare,

Ja, ew’ge Treu werd’ ich Dir schwören.

In reiner Weihe schlägt Dir mein Herz –

CHOR.

Ach, am Altare glaubt sie zu stehen,

Noch immer liebt sie den Verräther,

Der ohne Mitleid sie heut verlassen.

Sie wird ihm lieben im Tode noch.

GEORG, RICHARD, CHOR.

O mild’re, Himmel, der Armen Leiden,

Du wirst die Thränen der Unschuld rächen

Besänftige ihres Busens Schmerz,

O Gott, bestrafe die Frevelthat!

ELVIRE.

Treu schlägt für Dich mein Herz! O Gott –

Du entfliehest –

Willst grausam Du verlassen, die ewig Dich liebt?

CHOR.

Ach; wehe der Armen!

Von Wahnsinn befangen, erliegt sie dem Schmerz,

In Schönheitblüthe, voll Anmuth und Güte,

Fluch jener Stunde, wo die Verbrecher entfloh’n!

ELVIRE.

Der Hölle Gluthen gähren im Busen!

Ach, die Flamme wird mich verzehren!

In Nebel entfalten sich Schreckensgestalten –

Ihr Blick, der mir droht, verheißet mir Tod.

CHOR.

Fluch sei der Stunde, wo Beide entfloh’n!

Durch Wälder und Schluchten, von Menschen verlassen,

Ein Abscheu dem Himmel, soll Reue euch fassen.

So irrt, ihr Verfluchten, von Stürmen umgeben,

Verstoßen durchs Leben, oh’n Obdach und Ruh

In Qual und Beschwerde, in Thränen und Leiden,

Soll Himmel und Erde nie Trost Euch bereiten.

Die Rache verfolge Euch selbst im Tod’!

Zweiter Akt.

Saal mit offenen Seitenthüren.

Erste Scene.

Diener und Dienerinnen. Puritaner, Roberton, Georg. Später Richard.

CHOR.

Bringt Ihr Kunde?

GEORG.

Die Aermste schlummert.

CHOR.

Labung bringe ihr die Stunde;

Ihr Herz erfället –?

GEORG.

Bald Freude, bald Kummer.

CHOR.

Ach! Sie vergehet!

GEORG.

Dieser Wechsel von Schmerz und Freude

Hat die Sinne umhüllet.

CHOR.

Wird die Arme nie genesen?

GEORG.

Ach, dieses Hoffen ist vergebens!

Sie, die Freude meines Lebens,

Erliegt dem Schmerz.

CHOR.

Ach, so rede!

GEORG.

O theuren Freunde.

Laßt mich schweigen.

CHOR.

Ach, laß unsre Angst Dich rühren,

Theilen laß uns Deinen Schmerz.

GEORG.

Wohlan, so vernehmt ihr Leiden!

Noch schmückt ihr Haupt die Rosenkrone,

Noch prangt sie im Brautgewande;

Verzweifelnd schreit sie hinauf zu Gottes Throne:

»Wo ist Elvire? Ach sie kehrt nie zurück!«

Oft wähnt zur Trauung sie zu gehen,

Schwört ew’ge Treue mit heiterm Blicke,

Dann schreit sie plötzlich auf: »Er ist entflohen!

O theurer Arthur! Ach, kehre zurück!«

CHOR.

Ach welch grauenvoll Geschick!

Sein Verrath bricht ihr das Herz!

GEORG.

Bald träumt sie von Glück und Freude,

Bald wähnt sie sich des Todes Beute,

Dann klanget sie beim Klang der trauten Harfe

Der stillen Nacht des Busens Schmerz;

Oft glaubet sie in fremden Zügen

Den heißgeliebten zu erblicken.

Schaudernd sieht sie dann, daß sie sich täuschte

Und flehet weinend zu Gott um den Tod.

CHOR.

Ach, weh der Armen! Sie wird erliegen,

Ein Gott erbarme sich ihrer Noth.

RICHARD kommt.

Schon ereilte die Rache den Verräther.

Arthur Talbot ist verfallen dem Heukerbeile,

Durch ein Urtheil vom hohen Parlamente –

Gerecht ist die Strafe!

CHOR.

Der Fluch der That erreicht ihn noch im Leben,

O möge er Allen ein schaudernd Beispiel geben.

Es entgeht Gottes Händen

Kein Missethäter.

RICHARD.

Lord Valton, dessen Unschuld anerkannt,

Ist vom Parlamente zu hohen Würden ernannt.

CHOR.

O armer Vater! Was wirst Du empfinden,

In Wahnsinns Nacht das theure Kind zu finden?

RICHARD.

Ist keine Hoffnung mehr?

GEORG.

Alle Aerzte stimmen ein:

Nur ein Uebermaaß von Freude oder jäher Schrecken

Könnte den Geist vom Wahnsinn befrei’n.

CHOR.

Keine Buße o Arthur, sühnet den Frevel! –

RICHARD.

Durch mich, der ihm ergeben,

Spricht Cromwell heute: verfolgt auf Tod und Leben

Sei Arthur, von England ausgestoßen;

Es theilt sein Mißgeschicke, wer Schutz ihm leiht.

Wagt er frevelnd, dem Lande zu nahen,

Fällt ohne Gnade sein treulos Haupt.

Alle entfernen sich, bis auf Georg.

Zweite Scene.

Georg. Richard. Elvire.

ELVIRE.

Jede Hoffnung ist entschwunden,

Nur im Grabe lächelt Ruhe.

RICHARD UND GEORG.

Schon naht die Arme!

Wie rührend sind ihre Klagen

ELVIRE.

Seiner Stimme sanften Töne

Riefen zärtlich hier meinen Namen –

Hier vernahm ich einst die Schwüre

Ew’ger Treue, die aus seinem Herzen kamen.

Kehrt zurück, ihr Wonnestunden,

Führt den Theuren mir zurück!

Ist die Hoffnung mir entschwunden,

Find’ ich im Grabe die ersehnte Ruh’.

RICHARD, GEORG.

Ach, ihr Herz wahr’t treue Liebe

Noch dem undankbaren Mann.

ELVIRE.

Wer bist Du?

GEORG.

Kenn’st Du mich nicht, theure Tochter?

ELVIRE.

Ja, ja, mein Vater! Und Arthur, mein Geliebter?

Rede, wo weil’t er? Ach! wie Du lächelst?

Hinweg, ihr Thränen! – Zum Altar willst Du mich führen? –

Zum Tanze, zum heitern Feste –

Sind schon versammelt die Hochzeitgäste.

Ja, mit dem Kranze naht schon die Braut zum Tanze.

Ja, auch Du darfst mit mir tanzen!

Komm zum Feste!

RICHARD, GEORG.

(O Gott!)

ELVIRE.

Warum weint er?

Liebt er wohl? – Er weint? – er liebt –

RICHARD, GEORG.

Ach, nichts kann die Thränen hemmen!

ELVIRE.

Sage – hast jemals Du treu geliebt?

RICHARD.

Blick, o Theure, mir in’s Auge,

Lies im Antlitz, was mich betrübt.

ELVIRE.

Ja, Du liehst, doch stets zu Thränen,

Zu herben Leiden ist vom Schicksal

Die getreue Liebe verdammt.

GEORG.

Schweig’, o schweige, theure Tochter,

Deine Seele wird genesen.

ELVIRE.

Niemals!

RICHARD, GEORG.

Gott hört unser Fleh’n.

ELVIRE.

Niemals!

RICHARD, GEORG.

Vergessen wirst Du ihn.

ELVIRE.

Ach! ich werd’ ihn nimmer wiederseh’n.

RICHARD, GEORG.

Heil’, o Gott, des Herzens Wunde,

Wende gnädig ihr Geschick.

ELVIRE.

Nehmt, o nehmet hin mein Leben,

Oder gebt den Theuren mir zurück.

RICHARD, GEORG.

Doch sie lächelt –

Freude strahlt aus ihrem Blick.

ELVIRE.

Mir wird gelingen, zu versöhnen

Des strengen Vaters Herz

Unsre Wünsche wird er bald krönen,

Und vergessen ist jeder Schmerz.

GEORG.

Ihn, der treulos sie verlassen,

Sucht im Wahn sie liebend hier.

RICHARD.

Welche edle schöne Seele

Raubte der Verräther mir.

ELVIRE.

Hier bei Luna’s sanftem Scheine,

Unbelauscht im stillen Haine,

Laß im traulichen Vereine

Treuer Liebe uns erferu’n. –

Theurer Arthur, nicht länger weile,

Dein harret Elvire Eile, o eile!

Laß Dich meine Thränen rühren,

Komm, o theile meine Seligkeit!

RICHARD, GEORG.

Möge bald der Tag erscheinen,

Wo, befreit von bangen Qualen,

Deine Augen nicht beweinen

Ihn, der unwerth Deiner Wahl.

O gönne Ruhe Deinem Herzen,

Tröstend nahet schon die Nacht.

Elvire ab.

Dritte Scene.

Georg. Richard.

GEORG.

Richard, Du mußt Arthur retten,

Sein Geschick vermagst Du zu wenden.

RICHARD.

Ha! unmöglich! –

GEORG.

Du kannst ihn retten!

RICHARD.

Nein! –

GEORG.

Du willst nicht?

RICHARD.

Nein! Ihm werde Tod!

GEORG.

Denkst Du nimmer an jene Stunde,

Wo entflohen die Gefang’ne?

RICHARD.

Ja! –

GEORG.

Sprich, war Arthur allein der Schuld’ge?

RICHARD.

Deiner Worte Sinn –

GEORG.

Ist Wahrheit.

RICHARD.

Rede offen! –

GEORG.

Ich sprach genug.

RICHARD.

Ich gehorche dem Parlamente,

Dem Befehl beugt sich mein Wille,

Ja, es zitt’re der Rebelle! –

Englands Richter verdammen ihn allein.

Schwere Pflichten muß ich erfüllen,

Den Verräther darf ich vom Tod nicht befrein.

GEORG.

Des Hasses wilde Triebe

Nährst Du im Herzen; doch erbebe! –

Ja, die Qualen zu später Reue

Folgen drohend Dir durch’s Leben;

Muß durch Dich einst Arthur sterben,

Folgt Elvire bald dem Theuren nach.

RICHARD.

Ha! –

GEORG.

Ein Tag stürzt Beide in’s Verderben!

Und wo Dein Fuß auch weilt hienieden,

Folgt Dir dann die blut’ge That.

Wenn Dir Abends beim Mondenscheine

Bleich und seufzend ein Schatten erscheint –

Ist’s Elvire, ach sie weint –

Klagt in Dir ihren Mörder an.

Wenn der Sturm sich in Nächten erhebt,

Und Dich blutend ein Schatten umschweht –

Es ist Arthur mit Wuth in dem Blicke,

Der aus dem Grabe Dir drohend naht

RICHARD.

Wenn Elvirens Gestalt mir erscheint,

Mich als Mörder vor Gott anzuklagen,

Wird mein Seufzen und mein Sehnen,

Mir, dem Reinen, Vergebung erfleh’n!

Doch wenn Arthur’s verhaßter Schatten

Aus der Hölle mir drohend auch naht,

Stürze ihn, der Elviren verrathen,

Wuth und Rache in den Abgrund zurück! –

GEORG.

O Richard, laß durch diese Thränen

Dein edles Herz besiegen! –

RICHARD.

Kannst Du mich fühllos wähnen?

Sieh’ mich im Kampf erliegen!

BEIDE.

Ein Herz, getreu der Ehre und Ritterpflicht,

Versagt dem Unglück Mitleid nicht.

GEORG.

Noch fühl’ ich Muth und Kräfte,

An Deiner Seite zu kämpfen.

RICHARD.

Drohend nahet vielleicht der Veste

Arthur mit unsrer Feinde Schaar.

Dann treffe ihn –

GEORG.

Der Tod!

Unser Schlachtruf sei:

Alles für Ehre und Vaterland!

GEORG, RICHARD.

Wenn Schlachttrompeten tönen,

Eil’ ich zum blut’gen Streite!

Muthig dem Tod entgegen

Für Freiheit und Vaterland!

Siegend lacht Englands Söhnen

Ruhmvoll des Lorbeers Beute:

Dann lohne, was ich leide,

Mir jener Augenblick!

Dritter Akt.

Kleiner Garten – Pavillon.

Erste Scene.

Arthur. Dann Elvire.

ARTHUR.

Endlich bin ich gerettet! Die Feinde täuschte ich

Und sie verloren die Spuren meiner Schritte. –

O sel’ge Wonne! Der hoffnungslos Verbannte

Wird endlich die Theure wiedersehen!

Irrend von Strand zu Strande,

Darf ich heute, heil’ge Heimath,

Auf deinem Boden stehen.

ELVIRE.

Einsam an der Silberquelle,

Saß einst trauernd ein Troubadour,

Klagte leis’ der stillen Welle

Seiner Liebe Leiden nur.

ARTHUR.

O himmlisch – süße Klänge! Elvire! Elvire!

Wo weilest, Theure, Du? Doch wie? Du schweigest!

O Gott! – Einst tönten hier im Haine

In holder Eintracht uns’re Gesänge!

Wüßtest Du, daß Arthur liebend Dir nahe weilet –

Ja, der Verkannte kehrte treu zurücke!

Tröstung find’ er heut in Deinem Blicke

O Gott! – Es nahen Leute!

CHOR.

Ohne Weilen folget seiner Spur!

ARTHUR.

Weh’ mir, ich bin verloren!

CHOR.

Sucht ihn genau an jedem Ort!

ARTHUR.

O Himmel! Wo mich verbergen!

CHOR.

Sucht nur genau, er kann nicht fort!

ARTHUR.

Auf’s Neu verfolgen mich Cromwell’s Schergen!

Schon sind sie ferne! Dürft’ ich Unglückseliger es wagen,

Der Geliebten mich zu nahen –

Dürst’ ich ihr meinen Schmerz, meine Leiden klagen!

Doch nein! – Ich stürzte sie mit mir in’s Verderben!

Doch wird Dir, Heißbeweinte,

Meiner Stimme Klang zum Herzen dringen,

Wie einst in schönen Tagen,

Wo uns Liebe und Glück

In Wonne vereinten. –

Ueber Berge, Thal und Glüfte,

Wallt der Pilger rastlos hin,

Nur sein Schmerz erfüllt die Lüfte

Nichts erheitert seinen Sinn.

Ach, vergebens sacht sein Aug’ den Schlummer,

Nirgend findet der Verbannte Ruh’.

Rastlos verfolget ihn der Kummer,

Ewig trägt sein Sehnen ihn dem Vaterlande zu.

So vergehet Tag und Stunde

Dem verbannten Troubadour,

Seines Herzens tiefe Wunde

Heilt im dunkeln Grabe nur.

Zweite Scene.

Arthur. Elvire.

ELVIRE.

O Gott! Er schweiget! Ach, wie die sanften Töne

In die Seele mir drangen – doch wehe mir!

Er schweigt! –

Die Stimme erwecket hier ein heiß Verlangen.

Ach, mein Arthur! Wo bist Du, Theurer!

ARTHUR.

Zu Deinen Füßen!

Elvire! kannst Du vergeben?

ELVIRE.

Ach, Arthur! Ja, mein Arthur!

O Du, mein Glück, mein Leben! –

Du bist’s, Dich seh’ ich wieder!

ARTHUR.

Ach, Elvire! Selige Wonne sinkt auf mich nieder!

ELVIRE.

Sind geendet all’ unsre Leiden?

ARTHUR.

Gnädig wird der Gott uns schirmen,

Dessen Macht uns heut’ vereint.

Strahlt mir Liebe aus Deinen Blicken,

Was kann höher mich beglücken!

Darf ich, Theure, an’s Herz Dich drücken,

Ist vergessen der Trennung Schmerz!

ELVIRE.

Wir getrennt – ich war allein? –

Sprich, wie lange warst Du ferne?

ARTHUR.

Ach, drei Monden!

ELVIRE.

Nein, nein!

Schon drei Jahre! –

Ja, in Qual nicht zu ermessen,

Sind drei Jahre mir entfloh’n.

Ja, beweinend mein Geschick,

Rief ich: Arthur, ach komm’ zurück!

Von Dir getrennt, war ewig mir

Entfloh’n des Lebens Glück!

ARTHUR.

Konnte Mitleid und Erbarmen

Der Gefang’nen ich wohl versagen?

ELVIRE.

Sprich, schwurst Du ihr jemals Liebe?

Laß mich nicht vergebens fragen.

ARTHUR.

Welch ein Argwohn! Retten wollt’ ich

Sie vom Tode!

ELVIRE.

Gott! – o rede!

ARTHUR.

Nun, so wisse – es ist die Königin.

ELVIRE.

Die Königin?

ARTHUR.

Schnell vollzogen an der Armen

Ward das llrtheil, das ihr drohte!

ELVIRE.

Sprichst Du Wahrheit? welch strahlend heit’res Licht

Erhellt die Nacht in meiner Seele! –

Und Du liebst mich? –

ARTHUR.

O zweifle nicht!

ELVIRE.

Und Du schwörest –

ARTHUR.

Dir treu zu sein!

Ruhe am treuen Herzen,

O Du, mein süßes Leben!

Liebend, wenn Feinde uns umgeben,

Beschützt Dich dieser Arm.

Du nur warst mein Gedanke

In banger Trennung Tagen!

Laß dieses Aug’ Dir sagen,

Was meine Brust beseelt!

ELVIRE.

O könnt’ ich Worte finden,

Die Wonne auszudrücken!

Liebe wird mich beglücken,

Ewig bist Du nun mein!

Du warst mein Gedanke,

Dir tönten weine Klagen,

Laß dieses Aug’ Dir sagen,

Was meine Brust beseelt.

ARTHUR.

Auf’s Neue kündet dieser Ton

Die Nähe meiner Feinde!

ELVIRE.

Ja! – Die Schreckenstöne –

Sind zu gut mir bekannt – nichts soll uns trennen –

Sei ohne Sorgen – Du wirst nicht mehr verbannt!

Dort im Gemache – zerriß ich jenen Schleier

Der sie schmückte, als mit Dir sie entflohen.

Ja, schon morgen erwarten Gäste

Uns bei’m Tanz’ – bei’m Feste! –

ARTHUR.

O Gott! Was sagst Du?

ELVIRE.

Auch Du willst mich nicht verstehen!

Gleich alle Andern willst Du mein Leiden

Durch Dein Staunen noch erhöhen?

ARTHUR.

Ach – im Wahnsinn sprichst Du – o Himmel! –

ERSTER SOLDAT.

Wer da!

ZWEITER SOLDAT.

Getreue Freunde!

ERSTER SOLDAT.

Bringt die Losung!

ZWEITER SOLDAT.

Cromwell und England!

ALLE.

Ehre! Ehr’ und Sieg dem Vaterland!

ARTHUR.

Komm! wir müssen fort von hier.

ELVIRE.

Ha, auf’s Neue willst Du fliehen?

Nein, mit ihr darfst Du nicht geh’n.

ARTHUR.

Komm!

ELVIRE.

Laß meinen Schmerz Dich rühren!

ARTHUR.

Schweig!

ELVIRE.

Zu Hülfe! er will flieh’n!

ARTHUR.

Still!

ELVIRE.

Erbarmen! Helft mir!

ARTHUR.

Ha!

Dritte Scene.

Georg. Richard. Roberton. Wachen. Soldaten. Diener und Dienerinnen. Puritaner.

GEORG.

Es ist Arthur!

RICHARD.

Arthur!

ALLE.

Ha, Arthur an diesem Orte!

RICHARD.

Gottes Hund führt Dich, Verräther,

In seinem Grimme, zu diesem Strande!

GEORG, FRAUEN.

Ach, Unglücksel’ger! Welch Schicksal leitet

Dich Verbannten heut’ hierher?

RICHARD, PURITANER.

Arthur Talbot! Vom Vaterlande

Bist Du verurtheilt zum Tode!

ELVIRE.

Zum Tode!

PURITANER.

Zum Tode!

GEORG UND FRAUEN.

Unsel’ge That!

PURITANER.

Schwer räch’t Gott den Hochverrath!

ELVIRE.

Weh’! Was hört’ ich? –

ALLE.

(Es schweigt sein Mund!

Nur sein Blick giebt Leiden kund.)

ARTHUR zu Elvire.

Du wähntest grausam Dich

Von mir verrathen,

Doch schuldlos bin ich

An Deiner Qual.

Trotz biet’ ich heute dem Feind’,

Der Verräther mich nennet –

Ist Dir zur Seite

Zu sterben mir vergönnet.

ELVIRE.

Ach, welche Stimme

Tönet im Herzen,

Aus dunklem Grabe

Zu mir herauf –

Grausam fällt er durch mich

Den Mördern in die Hände!

Mit ihm auch ende

Mein düstrer Lebenslauf! –

GEORG.

Ach, seine Stimme

Ertönt im Herzen,

Sie wecket Mitleid

Im Busen auf,

Es schwimmt mein Auge

In heißen Thränen,

Nimm seine Secle,

Gott, gnädig auf!

RICHARD.

Ach, seiner Stimme Ton

Dringt mir zum Herzen,

Bald wird ihn decken

Das düstre Grab.

Furchtbar trifft ihn

Des Schicksals Zürnen,

Mitleid regt sich

Im Herzen für ihn.

CHOR DER FRAUEN.

Ach, seine Stimme

Erhöht den Schmerz.

Mitleid wecket sie

Im Herzen mir!

Bei seinen Leiden,

Bei seinem Anblick,

Lös’t sich meine Seele

In Thränen auf!

CHOR DER MÄNNER.

Der Frevler sterbe!

In Qual und Schmerzen!

Ja, Gott wird schrecklich

Sein Leben enden.

Den Landesverräther

Nimmt Gott nicht auf!

Es ende heut’ in Schmach

Sein Lebenslauf! –

Säum’t nicht länger, führt ihn zum Tode!

GEORG, RICHARD, FRAUEN.

Ihr folgt nur des Hasses Trieben,

Nicht dem Gotte, den wir ehren.

PURITANER.

Gottes Söhne, die ihn lieben,

Folgen treulich seine Lehren.

ARTHUR.

O theure Elvire!

ELVIRE.

Du lebst noch für mich? –

ARTHUR.

Ja, Heißgeliebte!

ELVIRE.

Kannst Du vergeben?

Nur ich bin schuldig an Deinem Tode!

PURITANER.

Streng’ Gerechtigkeit zu üben,

Schwingen wir das Richterschwert.

ARTHUR.

Haltet ein! – Hinweg, Barbaren!

Entfernet Euch!

Seht, wie sie bebet,

Ihr Geist entschwebet! –

Läßt dieser Anblick

Kalt Euer Herz? –

Auf Augenblicke

Bezähmet die Rache,

Dann sättigt Mordlust

Und Grausamkeit! –

PURITANER.

Zur Rache! Fort zum Tode!

Gott selbst gebot – fort, fort zum Tod! –

ALLE.

Ha! Ein Herold! –

PURITANER.

Eine Botschaft! –

ALLE ANDERN.

Was geschah?

PURITANER.

Laßt uns spähen! –

GEORG.

Frohe Kunde, Frohe Kunde!

Stuart’s Macht ist besiegt!

Ja, Vergebung, Schutz und Frieden

Kündigt England Jedem an!

RICHARD, PURITANER.

Heil sei Cromwells tapfern Schaaren,

Preiset hoch des Helden Sieg!

ELVIRE, ARTHUR.

Selige Stunde! Vom tiefsten Leide

Hebt sich die Seele zur höchsten Freude

Jede Wunde heilt die Liebe,

Mein bist Du, o süßes Glück!

CHOR.

Alle Leiden sind vergessen,

Hohe Freuden Euch beschieden.

Eurer Herzen Treue krönet

Heute segnend das Geschick.