Personen:

Kasperle

Der Zauberer

Schlambus und Bambus, des Zauberers Diener

Höhle des Zauberers, zur Seite ein dunkles Loch, von einer kleinen Tür verschlossen.

Kasperle: »Guten Tag, Herr Zauberer.«

Zauberer: »Guten Tag, wer bist du denn?«

Kasperle: »Nu, Kasperle.«

Zauberer: »So, Kasperle, na, das freut mich. Was willst du denn?«

Kasperle: »Zaubern lernen.«

Zauberer: »Dazu bist du viel zu dumm.«

Kasperle: »Oho, ich bin neunmalklug und siebenmalgescheit.«

Zauberer: »Wer sagt denn das?«

Kasperle: »Der Kasperlemann.«

Zauberer: »Der muß es freilich wissen.«

Kasperle: »Na und ob, sogar singen kann ich.«

Zauberer: »Singen, was denn?«

Kasperle: »Ein Frühlingslied, paß mal auf!« (Es singt nach eigener Melodie):

»Der Mai ist gekommen,

Die Pferde schlagen aus,

Da bleibe, wer Kinder hat,

Mit ihnen zu Haus.«

Zauberer: »Das ist aber ein seltsames Frühlingslied.«

Kasperle: »Schön, nicht wahr, da staunste?«

Zauberer: »Was kannst du dann noch?«

Kasperle (stößt ihn mit der Fußspitze an die Nase): »Das!«

Zauberer: »Das war aber frech, ich werde dich zur Strafe verzaubern.«

Kasperle: »Erst können vor Lachen!«

Zauberer: »Du bist ja ganz frech. Warte, jetzt verwandle ich dich in einen Storch.«

Kasperle: »Nä, das will ich nicht.«

Zauberer: »Doch, Strafe muß sein.«

Kasperle: »Mir schmeckt’s ohne Strafe.«

Zauberer: »Ach was, Hokuspokus, eins, zwei, drei, ein Storch er sei!«

Kasperle (lacht): »Heißa! ich bin kein Storch geworden, ich bin Kasperle!«

Zauberer: »Dann werde ich stärker zaubern, warte, jetzt wirst du ein Hase.«

Kasperle: »Nä, das will ich auch nicht, da muß ich immer Kohl fressen, und ich fresse lieber Pfannküchlein und Pudding.«

Zauberer: »Nichts da, jetzt wirst du verzaubert. Hokuspokus, eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben, ein Hase ist geblieben.«

Kasperle: »Hach, der Hase ist davongelaufen und Kasperle ist geblieben.«

Zauberer: »Potzhundert, das Zaubern geht heute aber schlecht, es muß am Wetter liegen, ich werde den Zaubermantel nehmen.« (Wirft einen Mantel über Kasperle) »Hokuspokus, eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben, acht, neun, ein Löwe sollst du sein. Bist du jetzt ein Löwe?«

Kasperle: »Nä, ich bin Kasperle.«

Zauberer: »Noch einen stärkeren Zauber muß ich anwenden.«

Kasperle: »Da bin ich doch neugierig, was bei der Zauberei herauskommt.«

Zauberer: »Hokuspokus, Hokuspokus –«

Kasperle: »Jetzt sagt er zweimal seinen Quatsch.«

Zauberer: »Stille, man unterbricht keinen Zauberer. Hokuspokus, eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben, acht, neun, zehn, einen Löwen will ich sehn.«

Kasperle (brüllt): »Huhuhuhuhuhuhu!«

Zauberer: »Ha, nun bist du ein Löwe.«

Kasperle (wirft den Mantel ab): »Nä, ich bin Kasperle.«

Zauberer: »Du hast aber doch gebrüllt.«

Kasperle: »Hach, ich kann noch viel besser brüllen. Huhuhuhuhu!«

Zauberer: »Genug, mir platzen die Ohren.«

Kasperle: »Mir platzt höchstens mal der Bauch, wenn ich nämlich zuviel gegessen habe, das kommt aber höchstens alle acht Tage einmal vor.«

Zauberer: »Jetzt gehste mal ins Zauberloch.«

Kasperle: »Was soll ich denn da drin?«

Zauberer: »Du kriechst als Kasperle hinein und kommst als Löwe wieder heraus.«

Kasperle: »Hach, fein! Aber du mußt es mir vormachen, ich weiß nicht, wie man in das Loch kriecht.«

Zauberer: »Bist du aber dumm!«

Kasperle: »Du bist noch dümmer. Du kannst mir nicht einmal vormachen, wie man in das Loch kriecht.«

Zauberer: »Oho, du Einfaltspinsel, das kann ich schon. Paß mal auf!« (Schlüpft in das Loch; Kasperle wirft schnell die Türe zu.)

Kasperle: »Wer ist nun ein Einfaltspinsel? Nun bist du in die Falle gegangen, jetzt geht es dir schlecht.«

Zauberer (schreit) »Holla Bambus, Schlambus, herbei, kommt schnell herbei!« (Des Zauberers Diener, der große Schlambus und der kleine Mohr Bambus, kommen eilig herbei.)

Schlambus: »Was ist denn los?«

Kasperle: »Was nicht angebunden ist.«

Schlambus: »Was ist denn nicht angebunden?«

Kasperle: »Was los ist.«

Schlambus: »Du bist aber frech.«

Bambus: »Ja, sehr frech, Kasperle, wir kennen dich.«

Zauberer (schreit): »Zu Hilfe! Zu Hilfe!«

Kasperle: »Etsch, ihr kennt mich nicht, der da drinne schreit, ist Kasperle, ich bin der Zauberer.«

Bambus: »Du siehst doch aber aus wie Kasperle.«

Kasperle: »Ich habe mich in Kasperle verzaubert und das Kasperle in den Zauberer, weil es so ungezogen war und nicht glauben wollte, daß ich zaubern kann. Dafür muß es bestraft werden.«

Schlambus: »Ja, dafür muß es bestraft werden, wir wollen es durchprügeln.«

Bambus: »Ja, wir wollen das verzauberte Kasperle durchprügeln.«

Kasperle: »So ist es recht, aber tüchtig. Ich mache jetzt das Loch auf und lasse es heraus.« (Er öffnet die Türe, und der Zauberer kommt heraus, Schlambus und Bambus fallen über ihn her und verprügeln ihn.)

Zauberer: »Zu Hilfe! Zu Hilfe! Ich bin doch der Zauberer!«

Kasperle: »Ein Schwindler bist du und kein Zauberer, du kannst gar nicht zaubern. Wenn du zaubern kannst, verwandle uns doch alle in Kohlköpfe.« (Der Zauberer schweigt.)

Kasperle: »Siehst du, du kannst es nicht.« (Zieht den Vorhang zu) »Meine Herrschaften, die Geschichte ist aus.«

Zauberer (schreit hinter dem Vorhang): »Ich will’s nicht wieder tun!«