Einmal war Kasperle um die Osterzeit mit Mister Stopps in Torburg, denn es hatte Ferien. Mister Stopps, der damals bald die Prinzessin Gundolfine heiraten wollte, war mitgekommen, weil ihm Kasperle so viel von dem Torburger Osterhasen erzählt hatte.

Mister Stopps wollte es nämlich gar nicht glauben, daß ein Hase Eier legen konnte. Ja, wenn es ein Osterhuhn gewesen wäre! Kasperle versicherte aber immer wieder, ein Osterhase wäre etwas ganz Besonderes.

»Wenn es so etwas Merkwürdiges ist, werde ich es kaufen«, sagte Mister Stopps, der immer darauf aus war, merkwürdige Dinge zu kaufen.

Als Kasperle antwortete, Osterhasen wären nicht zu verkaufen, heulte Mister Stopps beinahe, weil er doch so gern einen Osterhasen besitzen wollte. Da versprach Kasperle, ihm einen zu fangen. Das dumme Kasperle dachte nämlich, alle Hasen, die um die Osterzeit im Walde herumliefen, wären Osterhasen. Es dachte es sich auch sehr hübsch, seinen eigenen Osterhasen zu besitzen. Wenn man dem gut zuredete, legte er gewiß das ganze Jahr Ostereier, und Kasperle aß Ostereier schrecklich gern. Es freute sich schon darauf, immer Ostereier zu haben.

Als es zwei Tage in Torburg war, ging es auf die Osterhasenjagd. Es nahm dazu zwei Kameraden mit, Klaus und Klemens, und alle drei redeten von dem Osterhasen, als hätten sie ihn schon gefangen. Sie mußten lange suchen, ehe sie einen Hasen trafen, und der lief ihnen davon, wie, ja wie eben nur ein Hase laufen kann. Selbst Kasperle mit seinen flinken Beinen konnte ihn nicht einholen. Das war betrüblich.

Und mit einem zweiten und dritten ging es ihnen nicht besser. Da gaben sie das Hasenfangen für diesen Tag auf, und Kasperle begann auf einer Waldwiese seinen Kameraden etwas vorzukaspern. Das Lachen der Jungen hörte auch ein dicker, alter Waldhase, der zwar kein Osterhase war, er hatte noch nie im Leben ein Ei gelegt, aber er war zu jedem Streich bereit. Als er das Lachen hörte, dachte er gleich: Da muß ich dabei sein. Und flugs rannte er hin. Er rannte in seinem Eifer Kasperle gerade zwischen die Beine, und das, nicht faul, setzte sich gleich auf den Hasen. Der wollte ausreißen, aber das Kasperle war zu schwer, das konnte der Hase nicht tragen, auch hielt es ihn an den Ohren fest. So wurde der Hase, der mitlachen wollte, gefangen und in einen Sack gesteckt.

Das war sehr unangenehm für ihn. Der Hase wehrte sich, so gut er konnte, aber die drei waren stärker als er. Er wurde in dem Sack nach Torburg getragen. »Vielleicht legt er schon unterwegs Eier«, sagte Kasperle erwartungsvoll.

»Wenn sie nur nicht kaputt gehen«, sagte Klaus.

Kasperle rief: »Die sind gleich hartgekocht!«

Der Gedanke, daß der Osterhase die Eier gleich gekocht legen sollte, kam den Buben so spaßig vor, daß beide in ein heftiges Gelächter ausbrachen. Und Kasperle lachte flink über die eigene Dummheit mit.

So kamen die drei laut lachend in Torburg vor dem Gasthaus an, in dem Mister Stopps wohnte. Der stand fein angezogen in hellgrauen Hosen und dunklem Überrock vor der Türe, und Bob öffnete gerade die Türe eines Wagens. Mister Stopps wollte zur Prinzessin Gundolfine fahren. Mister Stopps war sehr neugierig, und als Kasperle mit dem Sack dahermarschiert kam, fragte er gleich: »Uas ist da drin?«

»Ein Osterhase!« riefen die drei stolz, als hätten sie eine Krone gefunden.

Bob und die Leute, die vor dem Gasthaus standen, um Mister Stopps’ Abfahrt mit anzusehen, lachten auch alle und fragten: »Ist es auch wirklich einer?«

Ehe Kasperle noch antworten konnte, rief Mister Stopps: »Oh, ich uill ihn sehen!«

Kasperle öffnete bereitwillig den Sack, und Mister Stopps nahm ihn und steckte seine Nase hinein. Weil er aber nicht recht sehen konnte, setzte er den Sack auf den Boden und öffnete ihn weit. Der Hase überlegte nicht lange, was er tun sollte, er sprang mit einem großen Satz Mister Stopps an die Nase, und der neugierige Herr setzte sich gleich auf den Erdboden. Leider hatte er sich aber gerade eine große Pfütze ausgesucht, was den hellgrauen Hosen gar nicht bekam. Der Hase kümmerte sich aber kein bißchen um das angerichtete Unheil, der dachte nur an das Ausreißen.

Als Klaus, Klemens und Kasperle den Hasen davonrennen sahen, dachten sie auch nicht an Mister Stopps in seiner Pfütze. Sie rannten mit lautem Geschrei dem Hasen nach. Das Geschrei wieder nahmen die Pferde des Wagens übel, die rannten auf einmal, ohne sich nach dem Kutscher umzusehen, dem Hasen und den drei Freunden nach. Der Kutscher und der Wirt waren wieder damit nicht einverstanden, die rannten eilig den Pferden nach und schrien aus Leibeskräften: »Halt!«

So rannten Hase, Buben, Pferde, Kutscher und Wirt die Straße entlang, und Mister Stopps saß in der Pfütze, denn vor Erstaunen über das Wettrennen vergaß auch Bob, zuerst seinem Herrn zu helfen.

Endlich aber sah er dessen Lage und half ihm wieder auf die Beine. Mister Stopps schimpfte über den Hasen, Kasperle, die Pferde, den Kutscher, über Bob und die Pfütze, aber das half ihm alles nichts, er mußte wieder ins Gasthaus gehen und sich umziehen, und mußte auf den Wagen warten, um zur Prinzessin zu fahren.

In Torburg bleibt es natürlich nicht unbemerkt, wenn ein Hase, Kasperle und zwei Buben, zwei Pferde mit einem Wagen und dem danebenlaufenden Kutscher mit Geschrei eine Straße entlangrennen. Es fanden sich Leute dazu, die mitrannten, und zuletzt war ganz Torburg in Aufregung. Das war gut für den Kutscher und den Wirt. Hilfreiche Männer hielten nämlich die Pferde auf, und so kam es, daß der Wagen gerade wieder am Wirtshaus anlangte, als Mister Stopps, angetan mit reinen Hosen, vor die Türe trat.

Aber wo war Kasperle? Mister Stopps verlangte unbedingt Kasperle und den Osterhasen zu sehen, denn er wollte beide der Prinzessin mitbringen. Aber so erwartungsvoll der lange Herr auch die Straße auf und ab sah, kein Kasperle ließ sich blicken.

Das lag im Walde unter einem Busch und wartete auf einen neuen Osterhasen. Der erste war richtig ausgerissen. Auch Klaus und Klemens waren abhanden gekommen und deshalb war der kleine Strick sehr schlechter Laune. So fand ihn Bob, der ihn suchte und der ihm nun erzählte, daß Mister Stopps lange auf ihn gewartet hätte, und nun allein zur Prinzessin Gundolfine gefahren sei.

Kasperle war das ganz gleichgültig, denn zur Prinzessin wollte es nicht gern. Trotzdem es das immer sagte, freute es sich am andern Tage sehr, als Mister Stopps sagte, die Prinzessin hätte laut über den ausgerissenen Osterhasen gelacht, und sie ließe Kasperle sagen, ihr Osterhase ginge ihr nicht durch, der hätte schon ein ganzes Nest voll Eier für Kasperle gelegt, und es solle kommen und sie suchen.

Kasperle fuhr also am Nachmittag sehr vergnügt mit dem Mister Stopps zur Prinzessin. Es fand, es wurde auch Zeit, daß es Ostereier bekam, morgen war schon Gründonnerstag, und es hatte bis jetzt noch kein Osterei geschenkt bekommen.

Seit die Prinzessin mit Mister Stopps verlobt war, war sie immer sehr nett zu Kasperle, und auch an dem Tage sagte sie freundlich: »Nun, geh nur in den Garten und suche die Ostereier, es ist ein ganzes Nest voll da für dich.«

Ganz allein auf die Ostereiersuche gehen, ist aber nicht sehr unterhaltend. Jemand muß zum Mitlachen, zum Mitfreuen dabei sein. Kasperle suchte eine Weile nach dem Eiernest herum. Da es aber nirgends ein Ei entdeckte, setzte es sich auf eine kleine Bodenerhöhung um nachzudenken, wo es noch suchen könnte. Eigentlich war Ostern gar nicht so lustig, wie es sich Kasperle gedacht hatte. Der ausgerissene Osterhase ärgerte es immer noch besonders schwer. Weil Nachsinnen anstrengend ist, schlief Kasperle ein bißchen ein. Auf einmal wachte es durch einen Schrei auf. Vor ihm stand die Prinzessin Gundolfine, die rang entsetzt die Hände und rief: »Kasperle, du sitzt ja auf den Ostereiern!«

Es war so. Kasperle saß wirklich auf dem Nest, das ein wenig mit Reisig bedeckt gewesen war. Zu Mus und Brei hatte es alle Eier zusammengesessen, denn die bunten Ostereier waren auf Wunsch der Prinzessin ganz weich gekocht worden. Kasperle sollte sich mit hartgekochten Eiern den Magen nicht verderben. Und wie sah Kasperles himmelblaues Sonntagskittelchen erst aus! Auf dem Hosenbödle klebte ein großer Eierkuchen mit lauter grünen, roten und blauen Punkten dazwischen, die kamen von den bunten Eierschalen. Kasperle heulte laut, die Prinzessin jammerte dazu. Aber alles half nichts, die Eier waren und blieben Mus und Brei, und andere gab es nicht, es waren keine mehr da.

Kasperle fuhr sehr betrübt mit Mister Stopps heim, und als es in den Gasthof kam, lag dort ein Brief für es, in dem stand, Kasperle möchte am nächsten Tag zu Herrn Peter kommen und Ostereier suchen. Das war noch was. Herr Peter besaß einen großen Garten. Er lud oft Kinder zu sich ein und ließ sie in seinem Garten spielen.

Kasperle freute sich nun auf den nächsten Tag. Da wollte es schon tüchtig suchen, um von allen die meisten Ostereier zu finden, denn sicher würden mehrere Kinder zum Eiersuchen eingeladen sein.

Als Kasperle am nächsten Tag zu Herrn Peter kam, fand es dort Klaus und Klemens und die drei Freundinnen Lore, Dore und Annemarie, die freuten sich alle auf das Eiersuchen mit Kasperle. Sehr zum Verdruß der drei Freundinnen sagten aber Klaus und Klemens, sie gingen mit Kasperle, die Mädels könnten allein suchen. Da Kasperle damit einverstanden war, blieb den Mädels nichts anderes übrig, als allein auf die Suche zu gehen. Sie hatten aber Glück dabei. Sie gingen nämlich in den Blumengarten, in dem Herr Peter alle Eier versteckt hatte, die deshalb alle von den drei Mädels gefunden wurden. Sie teilten sie redlich untereinander und fragten sich, ob wohl die Buben auch so viel gefunden hätten. Die waren unterdessen mit Mister Stopps in den Baumgarten gegangen. Dort fanden sie keine Eier. Kasperle untersuchte jedes Reisighäufchen, aber es fand kein Ei. Auf einmal aber rief es: »Da oben« und deutete auf eine hohe Ulme, auf deren Spitze ein Nest war. »Da sind welche drin«, sagte Kasperle und schickte sich an, den Baum zu erklettern.

»Unsinn, warte bis Herr Peter kommt«, rief Mister Stopps.

Aber Kasperle wartete nicht, es kletterte flink wie ein Eichhörnchen auf den Baum. Oben in dem Nest lagen wirklich fünf graugrüne, dunkelgefleckte Eier. »Nur fünfe, und so kleine!« rief Kasperle enttäuscht.

»Wirf sie runter!« forderten es die Jungen auf.

»Auffangen!« schrie Kasperle, und klatsch! hatte Mister Stopps eins auf der Nase und eine gelbe Soße rann vom Gesicht herab. Ehe noch jemand halt rufen konnte, hatte Kasperle alle Eier Klaus und Klemens zugeworfen. Da rannen gelbe Bächlein von den guten Sonntagsanzügen der beiden Buben herab, und Mister Stopps wischte an seiner Nase herum und brummte: »Ostereier suchen ist eine merkwürdige Sache.«

»Ja, freilich, wenn man sie im Krähennest sucht«, schalt Herr Peter, der von weitem alles mitangesehen hatte, und der nun eilig herbeigekommen war. Da wurde Kasperle tüchtig ausgescholten, daß es ein Krähennest ausgenommen hatte, und Klaus und Klemens jammerten über ihre verschmierten Anzüge und daß sie gar keine Eier gefunden hätten.

Ja, die hatten alle die Mädels. Aber die waren anständig und gaben den unhöflichen Buben einige ab, freilich nicht die schönsten, und die hätte Kasperle gerade gerne gehabt, aber Herr Peter sagte, die hätte es nicht verdient.

Kasperle kam wieder sehr betrübt heim, und es hätte wohl auch kein frohes Osterfest für es gegeben, wenn nicht Marlenchen gewesen wäre. Das lud es zum Ostersonnabend nach Lindeneck ein. Da gab es denn ein Eiersuchen nach Kasperles Geschmack. Die Eier lagen frisch und bunt zwischen den Frühlingsblumen und auf dem grünen Rasen, und Kasperle fand so viele, daß es die beiden Feiertage noch davon schmausen konnte. Das Eiersuchen in Lindeneck gefiel selbst Mister Stopps. Nur wollte er nicht glauben, daß der Osterhase alle diese Eier gelegt hatte. Aber Kasperle sagte: »Das ist so und das bleibt so, da kann man nicht dran tippen!«