Auf der Kasperle-Insel war man sehr traurig über Kasperles Flucht und König Tolu hatte einen schlimmen Stand. Die Kasperles beschuldigten ihn, er hätte um Bimlims Flucht gewußt, und König Tolu konnte reden, soviel er wollte, sie glaubten ihm nicht. Es wurde großer Kasperlerat gehalten, zuerst machten alle »bäh« und glaubten das wäre schön, aber König Tolu fand es nicht schön, doch sagte er nichts, denn wenn die Kasperles einmal böse waren, dann waren sie schlimm, selbst gegen ihren König.

Endlich, nachdem sie viele Purzelbäume geschossen hatten, und sehr oft »bäh« gemacht, kamen sie überein, König Tolu müsse auf das Schiff gehen und Prinz Bimlim um sein Bleiben bitten.

»Und dann,« sagte ein uraltes Kasperle, »mußt du nachsehen, ob Kasperle ein herzförmiges Mal an der linken Schulter hat. Das hatte nämlich Prinz Bimlim, das weiß ich noch.«

»Aber ich fürchte mich,« schrie König Tolu, »die Menschen nehmen mich mit, und dann sehe ich auch meine liebe Kasperle-Insel nicht wieder.«

»Ein König muß sich für seine Kasperles opfern können,« schrie das uralte Kasperle.

Da schwieg König Tolu und dachte bei sich, »auf alle Fälle nehme ich Lachpulver mit, um mich retten zu können«.

Er nahm also seine Dose Lachpulver, die er gut verbarg, und dann rüstete er sich zu der Reise nach dem Schiff.

Dort hielt man sorgsam Umschau.

»Sie kommen, sie kommen wieder und holen Kasperle,« schrie auf einmal der Matrose, der die Wache hatte.

»Oh, sie schossen wieder,« schrie Mister Stopps erfreut.

Doch sie schossen nicht. Sie schwenkten einen großen weißen Blumenkranz, das war ihr Friedenszeichen, und die auf dem Schiff verstanden es und fragten: »Was wollt ihr denn?«

»Unser König Tolu soll es sagen!«

Da trat König Tolu vor und rief: »Bimlim, sage, hast du ein herzförmiges Mal auf deiner Schulter, das hatte nämlich Prinz Bimlim.«

Nun hatte das gute Kasperle am ganzen Körper kein kleines Mal, er wollte aber nicht sagen, daß er nicht Bimlim wäre; also schrie er sofort: »Jawohl, wie ein Herz sieht es aus.« Das war nun frech geschwindelt.

»Er ist Bimlim,« dachte Tolu, »also müßte er König werden.«

Er rief hinüber: »Du sollst mein Mitkönig sein.«

»Mag ich nicht. Ich gehe ins Menschenland zurück! Ich will Marlenchen heiraten.«

»Komme mit ihr wieder, es soll euch nichts geschehen,« bat der Kasperlekönig.

In dem Augenblick kam Prinzessin Gundolfine auf das Verdeck, und weil sie sich mal wieder geärgert hatte, schnitt sie ein furchtbares Gesicht.

»Sie haben noch ein Kasperle auf dem Schiff,« schrien ein paar Kasperles, als sie die Prinzessin erblickten.

»Jawohl,« schrie das Kasperle, »es ist sogar eine Prinzessin Kasperle und will Mister Stopps heiraten.«

Hui, fuhr die Prinzessin wütend auf Kasperle los und drüben lachten alle laut, denn sie nahmen es für ein Späßlein, daß die Prinzessin Kasperle in das Wasser werfen wollte. Kasperle schrie mörderisch und Mister Stopps kam ihm zu Hilfe. Darüber fing er an, sich mit seiner lieben Braut zu streiten, und drüben lachten die Kasperles immer mehr.

König Tolu trat ganz dicht an das Ufer und bat: »Bimlim, komm wenigstens und besuche uns noch mal und bringe den großen Prinzessinnen-Kasper mit.«

Doch Kasperle schrie: »Die will nicht.«

So ging das Reden ein Weile hin und her. Kasperle wollte nicht mitgehen, und die Kasperles wollten nicht ohne ihn nach Valrosa zurückgehen. Dem König wäre es schon recht gewesen, aber er fürchtete den Zorn seiner Landeskinder. Endlich sagte er: »Weißte was, Bimlim, du besuchst uns.«

»Nä,« schrie Kasperle, »dann wird es wie beim Herzog, erst bin ich Besuch und dann werde ich eingesperrt.«

»Ich gebe dir mein Kasperlewort, du wirst nicht eingesperrt, das kleine Menschenmädchen auch nicht, und der große Menschenkasper soll auch mitkommen,« sagte König Tolu.

Alle hörten es und alle Kasperles sagten, »ein König hält sein Wort, Bimlim, komme zu uns, du wirst unser König.«

Der Strick Kasperle dachte, »ich bin ja gar nicht Bimlim, ich habe ja das Mal nicht, aber das brauchen sie nicht zu wissen,« und fragte: »Marlenchen, willst du mit?«

Aber Marlenchen wollte nicht.

Doch da fing der kleine Kasperlekönig furchtbar an zu weinen, er weinte so sehr, daß das gutherzige Marlenchen endlich sagte, einen Besuch könnten sie ja schließlich noch machen.

»Aber der alte Menschenkasper muß mitkommen,« riefen die Kasperles.

Die Prinzessin Gundolfine war zwar sehr entrüstet, daß sie für ein Kasperle gehalten wurde, aber neugierig war sie auch sehr. Also sagte sie, sie wollte mitgehen. Da wollte der gute Mister Stopps auch mitgehen, was der Prinzessin nicht recht war, sie machte ein Mäulchen und flugs machte jedes Kasperle ein Mäulchen, sie dachten, das wäre besonders lustig.

Mister Stopps war ganz traurig, aber das Kasperle sagte zu ihm: »Laß sie ziehen, vielleicht kommt sie nicht wieder, das wäre am besten.« Das war nun wieder arg frech von Kasperle.

Zuletzt fiel es aber der Prinzessin noch ein, Mister Stopps wäre ein guter Schutz und sie verlangte sein Mitgehen.

»Ich ging nicht,« brummte Kasperle.

Doch Mister Stopps ging auch mehr aus Neugier als aus Sorge um die Prinzessin mit.

Sie wurden alle vier drüben mit lautem Jubel empfangen, und dann ging es den bekannten Weg, nach Valrosa zu. Der König mit Kasperle und der Prinzessin Gundolfine voran; denn die hatte gesagt: »Ich bin eine Prinzessin, ich muß vorangehen.«

»Du sein meine liebe Braut, du mußt mit mich gehen,« rief Mister Stopps, aber davon wollte die Prinzessin nichts wissen. Sie stolzierte allen voran und König Tolu konnte ihr kaum folgen. So langten sie in Valrosa an und alle Kasperles verdrehten sich beinahe Augen und Hälse, weil alle die Prinzessin sehen wollten, die auch ein Kasperle war. Das fand die Prinzessin frech und sie schnitt solche Gesichter, daß die Kasperles kaum aus dem Lachen herauskamen. Auf einmal schrie das blitzdumme Kasperle: »Er muß sie heiraten!«

»Wer?«

»Bimlim die Menschenprinzessin.«

Das ging dem Kasperle doch über die Hutschnur. Er verdrehte fürchterlich seine Augen und schrie: »Ich stirbse.«

»Oh, stirbse nicht, mein Kahs – pärle,« schrie Mister Stopps erschrocken, »und die Prinzessin kannst du nicht heiraten, die heirate ich.«

»Nein, ich!« Und schwapp! fiel der Kasperlekönig vor der Prinzessin auf die Knie nieder und fragte: »Schöne Prinzessin, willst du mich heiraten?«

»Ach ja,« antwortete die Prinzessin etwas unüberlegt.

»So, nun bist du meine Frau,« rief Tolu, »denn bei uns Kasperles geht das Heiraten so geschwinde wie das Brezelbacken. Jetzt darfst du nicht mehr zu den Menschen zurück, jetzt mußt du bei uns bleiben.«

Da fing die Prinzessin furchtbar zu weinen an und Mister Stopps weinte auch, obgleich es ihm keinen rechten Spaß mehr machte, die Prinzessin zu heiraten.

»Schluß,« rief König Tolu, als die Prinzessin weiter klagte. »Jetzt bist du meine Frau und bleibst sie und nun ziehen wir in Valrosa ein. Voran, los, macht Musik!« und unter Bimmelbammelbimblimbim zogen alle in Valrosa ein und darin schrien alle: »König Bimlim soll leben und Prinz Tolu mit seiner Menschenprinzessin!«

Tolu ärgerte sich und der falsche Bimlim hatte ein mordsschlechtes Gewissen.

Auch tat Kasperle die Prinzessin leid, so ungut sie auch sonst war, jetzt war sie doch sehr traurig und Mister Stopps war ebenfalls traurig vor Mitleid. Der flüsterte leise Kasperle zu: »Du mußt sie befreien.«

»Immer soll ich jemand befreien,« brummte Kasperle, »wenn ich nur erst selbst wieder draußen wäre.«