Philosophie
Seinem griechischen Ursprung nach bedeutet das Wort Philosophie Weisheits- oder Wissenslehre. Der Begriff geht auf Heraklit und Herodot zurück. Nach Heraklit soll Pythagoras sich als philosophos bezeichnet haben (Diog. Laërtes, Prooem. 12. VIII 1, 8).Heute bezeichnet man als Philosophie jede theoretisch begründete Anschauung vom Weltganzen, der Stellung des Menschen im Weltganzen, der Werte, der Erkenntnis- und Handlungsmöglichkeiten des Menschen sowie seiner Rechte und Pflichten.
Die Fragen nach der Abgrenzung des Gegenstandsbereichs und nach der Gültigkeit von Argumenten und Theorien sind philosophische Fragen ist.
Die Philosophie setzt die Einzelwissenschaften voraus. Die Einzelwissenschaften brauchen die Philosophie zur Begründung ihrer allgemeinen, mit anderen Wissenschaften gemeinsamen Begriffe und Methoden.
Ursprünglich sind Philosophie, Wissenschaft und Religion eins. Sie differenzieren sich aus dem Mythos zu eigenständigen Disziplinen.
Zuerst hat Platon die Philosophie als Wissenschaft bestimmt. (Theaet. 143 D). Der Philosoph steht zwischen dem Unwissenden und dem (absolut) Wissenden (Sympos. 204 B). Die Philosophie ist der Erwerb des Wissens (Euthydem. 288 D). Quelle der Philosophie ist das Staunen (Theaet. 155 D).
Auch Aristoteles betrachtet die Philosophie als Wissenschaft (Met. VI 1, 1026a 18). Philosophie ist Wissenschaft der Wahrheit (Met. II 1, 993 b 20). Quelle der Philosophie ist wie bei Platon die Verwunderung (Met. I 2, 982 b 12).
Die Stoiker und Epikureer weisen der Philosophie neben ihrer theoretischen Aufgabenstellung eine praktische Bedeutung zu.
Die Philosophie bestimmen die Stoiker als Streben nach Tüchtigkeit und Tugend.
Epikur bestimmt die Philosophie als vernunftvolles Streben nach Glückseligkeit. (Sextus Empiricus adv. Math. XI, 169).
In der Patristik bildet sich eine philosophiefeindliche Haltung innerhalb der Theologie. In der Scholastik, insbesondere unter dem Einfluß von Thomas von Aquin, wurden Philosophie und Theologie miteinander versöhnt und schließlich als identisch betrachtet.
Nach Paracelsus ist die Philosophie vollendete Erkenntnis der Dinge und Erkenntnis der unsichtbaren Natur.
Nach Patrizzi ist Philosophie Streben nach Weisheit.
Nach Hobbes ist die Philosophie Erkenntnis der Dinge aus ihren Ursachen und Gründen.
Locke versteht unter Philosophie die wahrhafte Erkenntnis der Dinge.
Nach Shaftesbury ist die Philosophie study of happiness.
Berkeley bezeichnet sie als the study of wisdom and truth.
Nach Wolff ist die Weltweisheit eine Wissenschaft aller möglichen Dinge. Sie handelt davon, wie und warum sie möglich sind.
Nach Kant ist es Aufgabe der Philosophie, Begriffe, die als verworren gegeben sind, zu zergliedern, ausführlich und bestimmt zu machen. Vier Fragen machen das Feld der Philosophie aus: Was kann ich wissen? – Was soll ich tun? – Was darf ich hoffen? – Was ist der Mensch? Die erste Frage beantwortet die Metaphysik, die zweite die Moral, die dritte die Religion, und die vierte die Anthropologie.. Durch die Philosophie erhalten die Wissenschaften Ordnung und Zusammenhang.
Fichte faßt die Philosophie als Wissenschaftslehre auf. Sie will dasjenige im Gange unserer Vernunft, das uns unter dem Gesichtspunkte des gemeinen Bewußtseins unbekannt bleibt, entdecken. "Was für eine Philosophie man wähle, hängt … davon ob, was man für ein Mensch ist."
Hegel definiert die Philosophie formal als denkende Betrachtung der Gegenstände, material als Wissenschaft des Absoluten, als die sich denkende Idee, die wissende Wahrheit. Der Philosoph beabsichtigt zu erkennen, was unveränderlich, ewig, an und für sich ist. Ihr letztes Ziel ist, den Gedanken, den Begriff mit der Wirklichkeit zu versöhnen.
Nach Fechner ist die Philosophie die Wissenschaft der Wissenschaften.
Nach Avenarius ist die Philosophie "das wissenschaftlich gewordene Streben …, die Gesamtheit des in der Erfahrung Gegebenen mit dem geringsten Kraftaufwand zu denken".
Nach Mach besteht die Philosophie in einer gegenseitigen kritischen Ergänzung, Durchdringung und Vereinigung der Spezialwissenschaften zu einem einheitlichen Ganzen.
Auch Wundt betont den Zusammenhang von Philosophie und Einzelwissenschaften. Die Philosophie soll den ganzen Umfang wissenschaftlicher Erfahrung zur Grundlage nehmen. Die Philosophie geht den Einzelwissenschaften nicht voran. Sie führt die Arbeit der Einzelwissenschaft weiter. Die Philosophie muss den allgemeinen Erkenntnissen der Wissenschaften die endgültige systematische Ordnung geben. Alles Philosophieren beruht auf einem Trieb nach Systematisierung des Erkennens und seiner Methoden. Die Philosophie kann nicht bloße Wertlehre sein, da in jeder Wissenschaft Wertungen notwendig sind, auch kann sie nicht rein normativ sind. Die Philosophie ist eine allgemeine Wissenschaft, welche die durch die Einzelwissenschaften vermittelten allgemeinen Erkenntnisse zu einem widerspruchslosen System zu vereinigen hat.
Windelband bestimmt die Philosophie als Wertlehre, als normative Wissenschaft von den allgemeingültigen Werten.
Nach Uphues ist die Philosophie die Wissenschaft vom Wesen der Dinge und vom System der Wahrheit.
Die Philosophie wird in unterschiedliche Disziplinen aufgeteilt. Die Einteilung der Philosophie in Physik, Ethik und Logik geht nach Sextus Empiricus (adv. Math. VII, 16) auf Xenokrates zurück.
Plotin teilt die Philosophie in Dialektik, Physik und Ethik).
Nach Scotus Eriugena zerfällt die Philosophie in die praktische, die physische, die theologische und die logische Wissenschaft.
Nach Duns Scotus zerfällt die Philosophie in Metaphysik, Mathematik und Physik.
F. Bacon gliedert die Philosophie in philosophia prima (Ontologie), Naturphilosophie natürliche Theologie, Anthropologie (Psychologie, Logik, Ethik) und Politik (philosophia civilis).
Nach Locke besteht die Philosophie aus Physik, Ethik und Semiotik (Logik).
Nach Schopenhauer gliedert sich die Philosophie in Dianoiologie, Logik und Metaphysik.
Eine heute gebräuchliche Gliederung teilt die Philosophie in Logik, Erkenntnistheorie, Metaphysik (darunter Ontologie und philosophische Anthropologie) sowie Ethik auf. Sehr üblich ist auch die Unterscheidung zwischen theoretischer Philosophie (Logik, Wissenschaftstheorie, Erkenntnistheorie, Kausaltheorie, Kohärenztheorie) und praktischer Philosophie (Werttheorie, Ethik, Ästhetik, Sprachphilosophie, die Kulturphilosophie, Kommunikationstheorie, Philosophie des Geistes, Rechtsphilosophie, Religionsphilosophie). Die theoretische Philosophie wurde früher auch als reine Philosophie bezeichnet.