Interesse

Der Begriff Interesse (von lat. inter, zwischen, und esse, sein) kommt ursprünglich aus der Handels- und Rechtssprache und erhält in der Staatsphilosophie des 17. und 18. Jh. philosophische Bedeutung.

Wir unterscheiden subjektive und objektive Interessen.

Als subjektives Interesse bezeichnet man Gewinn, Nutzen, Bedürfnisse, die man zu erringen oder zu haben glaubt, sowie die damit verbundene Aufmerksamkeit bzw. das Gefallen daran und das Streben nach Befriedigung von Bedürfnissen bzw. nach Erringung eines Nutzens.

Als objektives Interesse werden die Bedürfnisse bezeichnet, die man tatsächlich besitzt – unabhängig davon, ob man sich ihrer bewusst ist oder nicht.

In beiden Bedeutungen kann man sagen, dass Individuen, Gruppen, Institutionen und Staaten Interessen haben.

Strittig ist das Verhältnis zwischen den Interessen des Individuums, der Gruppe, der Institutionen und des Staats.

Nach Hobbes stellen die Eigeninteressen der Individuen für das Allgemeine des Staats eine Bedrohung dar.

A. Smith ist der Meinung, dass im freien Zusammenspiel der privaten Interessen diese sich auf längere Sicht mit dem staatlichen Allgemeininteresse in Übereinstimmung befinden. Moral und Tugend bilden das Korrektiv des Gesamtinteresses, wenn dieser gesellschaftliche Automatismus nicht effektiv genug funktioniert.

Rousseau trennt die Privatinteressen vom Allgemeininteresse und bestreitet, dass die Vereinigung von Privatinteresse das Allgemeininteresse oder den Gemeinwillen (volonté générale) hinreichend ausdrückt.

Hegel betrachtet die bürgerliche Gesellschaft als Ort der verschiedenen, sich widerstreitenden Privatinteressen. Diese unterscheiden sich von bloß tierischen Begierden und natürlichen Bedürfnissen, da sie in einen vorgegebenen gesellschaftlichen Arbeits- und Rechtszusammenhang eingebettet sind. Dieser Zusammenhang ermöglicht die gegenseitige Anerkennung der Privatinteressen anderer und das Abschließen von Verträgen, so dass bereits vor der Ausformung der bürgerlichen Gesellschaft ein gewisses Allgemeininteresse existiert. Die Geschichte entwickelt sich nach Hegel auf die Verwirklichung eines freien Staates hin, in welchem dieses Allgemeininteresse dann voll zur Geltung kommt.

Marx knüpft an Hegel an. Doch nach Marx verwirklicht der bürgerliche Staat keineswegs das Allgemeininteresse, da er nur die Interessen der besitzenden Klasse, nicht aber die des Proletariats berücksichtigt.

Der russische Psychologe Rubinstein definiert:

"Wenn durch irgendwelche Umstände etwas eine gewisse Bedeutung für den Menschen erlangt, so kann das sein Interesse, d. h. eine spezifische Gerichtetheit der Persönlichkeit hervorrufen … Das Interesse im psychologischen Sinn des Wortes ist ein ganz spezifisches Gerichtetsein der Persönlichkeit, das schließlich nur durch das Bewußtsein ihrer gesellschaftlichen Interessen bedingt ist."

Habermas lehnt die klassische Auffassung von Erkenntnis, Theorie und Wissenschaft als interesseloses Betrachten ab. Statt dessen hebt er hervor, dass Erkenntnis, Theorie und Wissenschaft von nicht-theoretischen Zwecken, denen die Erkenntnis dienen soll, geleitet werden. Die Naturwissenschaften folgen einem technischen Erkenntnisinteresse. Sie streben nach Erkenntnis der Möglichkeiten zur Beherrschung und Veränderung der Natur mit Hilfe technologischer Eingriffe. Die Geistes- bzw. Sozialwissenschaften dagegen sind von einem praktischen bzw. emanzipatorischen Erkenntnisinteresse geleitet; ihnen geht es um das Verstehen der zwischenmenschlichen Verhältnisse, die eine freie intersubjektive Praxis fördern oder hemmen.

Eine gewichtige Rolle spielt der Interessenbegriff in der Interessenethik.