John Locke (1632 – 1704)

John Locke wurde in Wrington bei Bristol geboren.

Locke’s Vater war Rechtsanwalt und verfügte über einen kleinen Grundbesitz. Er ermöglicht dem Sohn den Besuch der Westminster School in London. Anschließend studierte am Christ Church College in Oxford. Unbefriedigt von der scholastischen Philosophie, wendet er sich den Schriften von Descartes zu. Er studiert neben der Philosophie hauptsächlich Medizin und Chemie. Locke erwirbt die akademischen Grade Bachelor und Master of Arts (1658).

Locke arbeitet in verschiedenen Stellungen an der Univ. Oxford, ist für kurze Zeit Sekretär der englischen Botschaft beim Kurfürsten von Brandenburg in Cleve, kehrt erneut nach Oxford zu medizinische Studien zurück und tritt 1667 in die Dienste von Anthony Ashley Cooper, des späteren Lord Ashley und Earl of Shaftesbury.

Bedeutend für seine Entwicklung war die Bekanntschaft mit dem Physiker und Chemiker Robert Boyle, mit dem Mediziner Sydenham und mit Newton. 1667 – 1675 lebte Locke als Arzt und Erzieher im Hause Shaftesbury.

1671 beginnt Locke mit der Ausarbeitung seines philosophischen Hauptwerkes Concerning Human Understanding (Versuche über den menschlichen Verstand), das er erst 1689/90 veröffentlichte, nachdem vorher ein von Locke verfasster Auszug von Leclerc ins Französische übersetzt worden war.

Ab 1672 erhielt Locke von Shaftesbury, der zum Lordkanzler ernannt wurde, mehrere Sekretärsposten in staatlichen Einrichtungen, die er wieder verlor, als Shaftesbury in Ungnade fiel. 1675 – 1679 lebte Locke in Frankreich. Da Shaftesbury wieder in Gunst stand, kehrte Locke 1679 nach England zurück. 1683 folgte Locke Shaftesbury, der in England Repressalien ausgesetzt war, nach Holland. In Holland lebte Locke in verschiedenen Städten (Amsterdam, Utrecht, Cleve), um sich den Verfolgungen zu entziehen. 1689 kehrte Locke nach England zurück und übernahm ein Staatsamt.

1682 lernte er die Philosophin Damaris Cudworth Masham, mit der ihn, nach einer kurzen Zeit der Verliebtheit, aus der noch Liebesbriefe erhalten sind, eine langjährige Freundschaft verband.

Ab 1691 lebte er bis zu seinem Tode größtenteils auf dem Lande. In dieser Zeit veröffentlichte er:

  • Einige Betrachtungen über die Folgen der Herabsetzung des Zinses und der Erhöhung des Münzwertes (1692)
  • Einige Gedanken über Erziehung (1693)
  • Über die Vernunftmäßigkeit des Christentums (1695)

Von 1689 bis 1692 erschienen seine Briefe über Toleranz.

Locke, dessen körperliche Schwäche in den letzten Jahren sehr zunahm, lebte zuletzt in Oates (Essex) im Hause von Francis Masham und starb dort am 28.10.1704.

Die Philosophie von Locke ist erkenntnistheoretisch orientiert. Er setzt sich mit den Anschauungen von Descartes von den angeborenen Ideen und sittlichen Prinzipien auseinander und gelangt zu einem Sensualismus.

Zentral in Locke’s Erkenntnistheorie ist der Begriff der Idee oder Vorstellung (idea).

Das einzige, was direkt Gegenstand unserer Erkenntnis sein kann, sind die Ideen. Diese sind das Material der Erkenntnis und repräsentieren das, wovon sie Ideen oder Vorstellungen sind. Sie können als Zeichen (signa) verstanden werden, die die Wirklichkeit repräsentieren. Die Ideen werden in dieser Weise als Verbindungsglieder zwischen dem erkennenden Bewußtsein und der erkannten Wirklichkeit gedacht.

Locke vertritt damit eine Repräsentationstheorie des Wissens.

Für Locke besteht ein enger Zusammenhang zwischen Gültigkeit und Genese der Erkenntnis. Nach seiner Meinung nehmen die Rationalisten (z. B. Descartes) zu Unrecht an, dass bestimmte Ideen und Prinzipien, wie logische Prinzipien und allgemeingültige moralische Normen, angeboren sind. Wir werden nicht mit Ideen geboren, sondern mit einer Fähigkeit, solche Ideen zu bilden. Diese Fähigkeit ist das Erkenntnisvermögen.

Der Verstand des Menschen ist bei seiner Geburt eine tabula rasa. Nichts ist im Verstand, was nicht vorher in den Sinnen gewesen ist. Alle Kenntnisse und Ideen gründen sich auf Erfahrung bzw. sinnliche Wahrnehmung.

Locke unterscheidet zwei Quellen der Erfahrung. Die Sensation, die von den äußeren materiellen Dingen ausgeht und die Reflexion, die sich auf die inneren Operationen unseres Geisten bezieht.

Da nach Locke jede Erkenntnis aus Ideen gebildet wird, unterscheidet er einfache und zusammengesetzte Ideen. Die einfachen Ideen entsprechen den Sinnesempfindungen. und sind von gleichförmiger und homogener Erscheinung. Einfache Ideen sind passiv. Sie lassen sich nicht auf einfachere Ideen zurückführen. Beispiele sind Ideen von Farben, Gerüchen und anderen Sinnesqualitäten.

Die Wahrnehmungsideen sind durch die Einwirkung äußerer physischer Körper auf unsere Sinnesorgane verursacht. Diese Einwirkung beruht darauf, dass die Gegenstände Eigenschaften haben, von denen sich unsere Sinnesorgane beeinflussen lassen.

Locke unterscheidet primäre und sekundäre Qualitäten. Primäre Qualitäten sind vom Körper nicht zu trennende Eigenschaften, wie Ausdehnung, Festigkeit, Gestalt, Bewegung, Ruhe und Zahl. Die primären Qualitäten, bewirken Ideen, die den Eigenschaften der Gegenstände gleichen.

Sekundäre Qualitäten sind Farbe, Geschmack, Geruch und Schall. Sekundäre Qualitäten sind subjektive Empfindungen, werden durch die in den Dingen existierenden primären Eigenschaften ausgelöst, sind ihnen aber nicht ähnlich.

Zusammengesetzte Ideen erfordern die Aktivität des Geistes.

Sensation und Reflexion, die beiden Quellen der Erfahrung, erschließen einfache Ideen, die durch Wiederholung bzw. Erinnerung, Vergleichung und Abstraktion zu zusammengesetzten Ideen verbunden werden. Alle allgemeinen, abstrahierten Ideen sind Schöpfungen des Verstandes, die auf der Ähnlichkeit der Dinge beruhen.

Lockes Lehre von den primären und sekundären Qualitäten knüpft an Positionen von Demokrit, Descartes und Galilei an.

Die Erkenntnisse unterteilt Locke in Wissen und in wahrscheinliche Kenntnisse. Wissen liegt vor, wenn die Verbindung zweier Ideen nachgewiesen werden kann. Wenn der Zusammenhang zwischen Ideen nur ungenau nachgewiesen werden kann und erst durch Argumente beschrieben werden muss, haben die Kenntnisse nur einen höheren oder niedrigen Grad der Wahrscheinlichkeit.

Nach dem Grad der Gewißheit unterscheidet Locke drei Gruppen von Wissen: Intuition, Demonstration und sensitive Erkenntnis.

Die Intuition bietet die sicherste Erkenntnis, da durch den Vergleich zweier Ideen deren Wahrheit bzw. Falschheit erkannt werden kann.

Durch die Demonstration werden Erkenntnisse mittels Beweis gewonnen, indem zwei Ideen durch Vermittlung über andere Ideen verglichen werden (Mathematik).

Die sensitive Erkenntnis stellt die Wahrnehmung der Existenz der Dinge bzw. der einzelnen Fakten dar. Ihr Grad der Gewißheit ist niedriger als der der demonstrativen Erkenntnis. Sie kann aber noch als Wissen aufgefasst werden.

Locke kritisiert skeptische Anschauungen hinsichtlich der Existenz der Außenwelt.

Als einer der Begründer des Deismus versucht Locke Glauben und Vernunft zu versöhnen. Er lehnt die Glaubenslehren im traditionellen Sinne ab und befürwortet eine rational begründete, natürliche Religion. Er verteidigt das Recht der Vernunft gegenüber den Glaubensangelegenheiten, sieht aber die Vernunfterkenntnis als beschränkt an, so dass er dem Glauben, d. h. der Offenbarung, einen Platz neben der Vernunft zuweist.

Locke zeigt sich in religiösen Fragen als Verfechter der Toleranz.

Sein Hauptwerk zur Politischen Philosophie sind die Two Treatises of Government Die erste Abhandlung, die um 1683 verfasst worden ist, enthält einen Angriff auf Robert Filmers Theorie einer auf Gottes Gnade beruhenden Alleinherrschaft. Die zweite Abhandlung ist ein klassischer Text liberalistischen politischen Denkens.

Seine Lehre vom Staat entwickelt Locke, anknüpfend an Hobbes, auf der Grundlage einer Naturrechtstheorie.

Während bei Hobbes der Naturzustand ein rechtloser Zustand, ein Krieg aller gegen alle ist, sichert bei Locke bereits das Naturrecht das Recht auf Leben und Freiheit.

Die den Menschen nach Locke von Gott verliehene Freiheit der Person äußert sich vornehmlich in der Freiheit, rechtmäßig über das Resultat seiner Arbeit zu verfügen.

Um sich gegen Verbrecher, die einen Kriegszustand hervorrufen, zu schützen, schließen sich die freien Individuen mit Hilfe eines Gesellschaftvertrags zusammen und setzen als souveränes Volk eine Regierung ein. Jede gesetzliche Regierung beruht auf der Einwilligung des Volkes. Auf dieser beruht auch die Teilnahme später geborener Bürger an dem Gesellschaftsvertrag. Diese Einwilligung ist im Grunde bereits dort gegeben, wo wir uns freiwillig auf einem bestimmten staatlichen Territorium aufhalten. Das Volk verliert seine Souveränität jedoch nicht, wenn es eine Regierung einsetzt oder billigt.

Locke empfiehlt eine Gewaltenteilung. Der Monarch nimmt die ausführende und urteilende Gewalt wahr, das Parlament die Gesetzgebung. Die Macht des Königs ist daher durch die Verfassung, die diese Gewaltenteilung vorschreibt, sowie die Gesetze, die das Parlament beschließt, begrenzt. Das Überschreiten seiner Befugnisse legitimiert das Volk zum Aufstand.

Die Möglichkeit zur ungleichen Eigentumsverteilung liegt für Locke in der Entstehung des Geldes begründet. Während Verbrauchsartikel verderblich sind und ihre Anhäufung widersinnig wäre, stellen Gold und Silber dauerhafte Gegenstände dar. Geld lässt sich horten, und es entsteht ungleicher Besitz. Da er auf keiner Verletzung des natürlichen Rechts beruht, verdient er unbedingten staatlichen Schutz.

Locke’s Ethik ist eudämonistisch.

Locke verwirft die Idee von den angeborenen moralischen Prinzipien bzw. vom Unterscheidungsvermögen zwischen Gut und Böse im Naturzustand.

In seiner Arbeiten zur pädagogischen Philosophie fordert Locke, dass die moralische Erziehung des Kindes sich auf das gute Beispiel der Mäßigung der Eltern stützen soll, und nicht so sehr auf Regeln und Vorschriften. Er entwickelt die Ideen von der freundschaftlichen Beziehung zwischen Eltern und Kind und von der Förderung der natürlichen Anlagen des Kindes.

Locke’s Philosophie war von großem Einfluss auf Hume, Leibniz und Kant.

Nach Locke beschäftigt sich die Logik oder Semiotik mit der Untersuchung der Zeichen für das Verständnis der Dinge und für die Mitteilung des Wissens an andere.

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