Paul K. Feyerabend (1924 – 1994)

Ausbildung

Der österreichische Philosoph studierte ab 1946 in Weimar Theaterwissenschaft und musische Fächer in Weimar, Geschichte, Mathematik, Physik und Astronomie in Wien sowie Philosophie in London und Kopenhagen.

In Wien war Feyerabend Mitglied eines Diskussionskreises um Victor Kraft, in dem über philosophische Grundlagenprobleme der Naturwissenschaft diskutiert wurde. Dieser Diskussionskreis wurde u. a. von Wittgenstein, Anscombe und von Wright besucht.

Feyerabend befasst sich vor allem mit Fragen der Wissenschaftstheorie, Erkenntnistheorie und den soziokulturellen Folgen der Wissenschaft.

Against Method

In Against Method (1974) bestreitet Feyerabend die These von Popper und Lakatos, dass es Regelmäßigkeiten in der Wissenschaft gibt. Wie die Forschungsgeschichte zeigt, beruht der Fortschritt in der Wissenschaft, gemessen an den Wissenschaftskriterien und der jeweils herrschenden Theorie auf Irrtümern, Irrationalitäten und abgelehnten Theorien. Wissenschaftsfortschritt konnte sich nur dort durchsetzen, wo geltende Wissenschaftsregeln und diesoziopolitische Machtsituation ignoriert, psychologische Aspekte einbezogen und die herrschende Rhetorik durch eine neue Beobachtungssprache ersetzt wurden. Dies gilt nach Feyerabend sowohl für die kopernikanische Revolution als auch für die moderne Atomtheorie und die Wellentheorie des Lichtes. Es waren nicht die besseren Argument der Grund, dass sich die neuen Theorien durchsetzten, sondern günstige psychologische Bedingungen und Propaganda.

Feyerabend kritisiert die Wissenschaft als Ideologie ihrer (unbewussten) Voraussetzungen, welche die soziale Realität strukturieren. Tatsachen werden durch eine Theorie, ein bestimmtes Erkenntnisinteresse und durch Internalisierung ideell perzipiert. Ergebnis seiner Analyse des Wissenschaftsfortschritts ist ein epistemologischer Anarchismus, für den das Schlagwort Anything goes steht.

Nach dem Prinzip der Proliferation, der Trägheit und der Inkommensurabilität und Heteromorphie des Wissens postuliert Feyerabend einen bewahrenden, nicht eliminativen und radikalen Wissenscaftspluralismus, der Erkenntnispraktiken vom Orakel, chinesischer Medizin, vorantiker Astronomie und Navigation, aber auch die modernen Wissenschaften zulässt.

Feyerabend fordert u. a. die Formulierung von Anti-Regeln und kritisiert das Konsistenzpostulat.

Science in Free Society

In Science in Free Society (1978) entwirft Feyerabend das Konzept einer freien Gesellschaft des demokratischen Relativismus, in der ein Bürger die Maßstäbe der Tradition verwendet, der er angehört.

Ob Astrologie, Voodoo-Praktiken oder die Relativitätstheorie angemessene Formen der Lebensorientierung sind, entscheiden in der freien Gesellschaft alle Bürger und nicht nur die Wissenschaftler.

Feyerabend tritt für die Trennung der Einheit von Staat und Wissenschaft ein, in der die Wissenschaft die Funktion der Kirche übernommen hat. Er kritisiert die Expertenherrschaft und ist für die Kontrolle der Wissenschaft durch Bürgerinitiativen. Dem Ethnozentrismus stellt der die Mulitiplizität kultureller Traditionen entgegen. Bürgerinitiativen als Organisationsformen des mündigen Bürgers sollen den Staat kontrollieren und den Wettstreit der Traditionen und Maßstäbe garantieren. Feyerabends Schlagwort ist hier Bürgerinitiativen statt Erkenntnistheorie.

Wissenschaft als Kunst

Feyerabend überträgt in der kleinen Schrift Wissenschaft als Kunst (1984) die Kunsttheorie von Alois Riegl, der die Kunst als Produktion gleichberechtigter Stilformen versteht, auf die Wissenschaften. Die Wissenschaften sind für Feyerabend eine Frage des Stils. Ebenso wie in der Kunst kann auch in der Wissenschaft nicht objektiv über den Wert eines Stils geurteilt werden.

Weitere Schriften

In seinem Buch Dialogo sul metodo (1989; dt.: Über Erkenntnis) verwendet Feyerabend die klassische Dialogform zur Darlegung seiner Argumente. Farewell to Reason (1986) ist eine Zusammenfassung seiner Philosophie. Nach seinem Tod durch ein Krebsleiden erschien eine Autobiographie mit dem Titel Zeitverschwendung (1995).

Weblinks