Campomanes. – Olavids. – Die Sierra Morna. – Aranjuez. – Mengs. – Marques Grimaldi. – Toledo. – Senora Pelliccia. – Rückkehr nach Madrid zum Vater der Doña Ignazia.
Bei den hauptsächlichsten Wechselfällen meines Lebens haben besondere Umstände immer so zusammengewirkt, daß mein armer Geist ein bißchen abergläubisch geworden ist; ich demütige mich, wenn ich mich in mein Inneres versenke und mich gezwungen sehe, die Wahrheit anzuerkennen. Aber was kann ich dagegen machen? Das Glück spielt mit dem Menschen, der sich der Laune der blinden Göttin überläßt, wie ein Kind eine Elfenbeinkugel aufs Geratewohl über ein Billard laufen läßt und herzlich lacht, wenn sie von ungefähr in den Beutel fällt; dies ist natürlich. Aber nicht natürlich ist es nach meiner Meinung, wenn das Glück mit dem Menschen verfährt wie ein geschickter Spieler mit der Billardkugel: er berechnet Schnelligkeit, Rückstoß, Entfernung und eine Menge von Dingen, die die große Menge mittelmäßiger Spieler auf einem Billard überhaupt nicht sieht. Es ist daher nach meiner Meinung nicht natürlich, wenn ich der Glücksgöttin die Ehre erweise, sie für eine gelehrte Mathematikerin zu halten, oder wenn ich annehme, daß dieses Wesen den physikalischen Gesetzen unterworfen ist, die für die ganze Natur gelten. Obgleich mein Verstand mir das sagt, erstaunen mich meine Beobachtungen.
Dieses Glück, von dem ich als gleichbedeutend mit dem Zufall gering denken muß, erscheint in der ehrwürdigen Gestalt einer Gottheit bei allen wichtigen Ereignissen meines Lebens. Es schien stets ein boshaftes Vergnügen darin zu finden, mir zu beweisen, daß es nicht blind ist, was man auch sagen möge. Es hat mich nur immer in die Tiefe gestürzt, um mich zu einer Höhe zu erheben, die meinem Sturz entsprach, und es hat mich anscheinend immer nur recht hoch steigen lassen, um mich ebenso tief in den Abgrund zu stürzen. Wie es scheint, hat das Glück stets nur darum eine unbeschränkte Herrschaft über mich ausgeübt, um mich zu überzeugen, daß es weiß, was es will, und daß es nach seinem eigenen Belieben verfahren kann. Um diesen Zweck zu erreichen, hat die Glücksgöttin stets die geeigneten Mittel angewandt, um mich zum Handeln zu bringen, einerlei ob ich es gern oder ungern tat, und um mir fühlbar zu machen, daß mein Wille durchaus nicht frei, sondern im Gegenteil nur ein Werkzeug sei, dessen sie sich nur bediente, um mit mir zu machen, was sie wollte.
Ich konnte nicht hoffen, in Spanien etwas ohne die Hilfe meines heimatlichen Vertreters zu erreichen, und dieser hätte ohne den Brief, den ich ihm übergeben ließ, niemals etwas für mich zu tun gewagt. Dieser Brief nun wäre wahrscheinlich so ziemlich ohne Wirkung geblieben, wenn er nicht gerade in dem Augenblick meiner Haftentlassung gekommen wäre, die wegen der von Graf Aranda mir gegebenen glänzenden Genugtuung das Tagesgespräch geworden war.
Als der Gesandte diesen Brief erhielt, tat es ihm leid, nicht mit seinem amtlichen Einfluß für mich eingetreten zu sein und nichts für mich getan zu haben; indessen gab er die Hoffnung noch nicht auf, das Publikum werde glauben, daß der Graf von Aranda nur infolge seines Einschreitens so gegen mich verfahren sei. Sein Günstling, Graf Manucci, hatte mich in seinem Auftrage zum Essen eingeladen, und infolgedessen hatte Manucci den Einfall, den großen Maler ebenfalls zu Tische zu bitten. Diese Einladung schmeichelte ganz außerordentlich der Eitelkeit eines Mannes, bei dem ich eine Zuflucht gesucht hatte, aber vergeblich. Diese Einladung besaß in seinen Augen den Anschein einer Handlung der Dankbarkeit und entschädigte ihn für die Kränkung, die er hatte empfinden müssen, als er sah, wie ich aus seinem Hause weggeführt wurde. Er schrieb mir sofort, er werde mich mit seinem Wagen abholen.
Ich ging zum Grafen Aranda, der mich eine Viertelstunde warten ließ und dann mit einer Handvoll von Papieren herauskam und lachenden Mundes zu mir sagte: »Die Geschichte ist in Ordnung; sehen Sie hier Ihre vier Briefe, die ich Ihnen wiedergebe, damit Sie sie noch einmal durchlesen.«
»Warum, gnädiger Herr, muß ich sie noch einmal durchlesen? Dieses Schriftstück da ist die Erklärung, die ich dem Alcalden abgegeben habe.«
»Ich weiß es, lesen Sie sie noch einmal, und Sie werden einsehen, daß man nicht so schreiben darf, und wenn man noch so sehr recht hat.«
»Ich bitte Sie um Verzeihung, gnädiger Herr; ein Mensch, der, wie ich es war, entschlossen ist, sich zu töten, muß so schreiben. Ich glaubte, es sei alles auf Befehl Eurer Exzellenz geschehen.«
»Sie kannten mich nicht. Sie werden jetzt zu Don Emanuel de Roda gehen, um ihm Ihren Dank abzustatten; er will Sie durchaus kennen lernen. Außerdem werden Sie mir ein Vergnügen machen, wenn Sie an einem der nächsten Tage, falls Sie nichts anderes zu tun haben, zum Alcalden gehen – nicht, um ihm Ihre Entschuldigungen auszusprechen, denn das haben Sie nicht nötig, sondern nur, um ihm eine Höflichkeit zu erweisen und dadurch die Beleidigungen in Vergessenheit zu bringen, die Sie in Ihrem Schriftstück ihm gesagt haben. Wenn Sie diese Geschichte der Fürstin Lubomirska mitteilen, so sagen Sie ihr, bitte, daß ich eingegriffen habe, sobald ich davon erfuhr.«
Vom Grafen Aranda ging ich zum Oberst Roya, um auch diesem einen Besuch zu machen. Er sagte mir, ich hätte sehr übel daran getan, dem Premierminister zu sagen, daß ich zufrieden gestellt wäre.
»Was konnte ich beanspruchen?«
»Alles: Absetzung des Alcalden und fünfzigtausend Duros als Entschädigung für die Qualen, die man Sie an jenem abscheulichen Orte hat erdulden lassen. Sie sind in einem Lande, wo man laut sprechen kann, ausgenommen der Inquisition gegenüber.«
Der Oberst, jetzt General, ist einer der liebenswürdigsten Spanier, die ich gekannt habe.
Ich ging nach Hause, und bald darauf kam Mengs und holte mich ab. Der Gesandte empfing mich mit großer Auszeichnung und Herzlichkeit; er spendete dem Ritter Mengs die größten Lobsprüche, weil er mich in seinem Hause aufgenommen und versucht habe, mich vor einem Unglück zu schützen, das wohl auch einen herzhaften Mann zur Verzweiflung bringen könne. Bei Tische erzählte ich ausführlich alle meine Leiden in Buen Retiro und mein Gespräch mit dem Grafen Aranda, der mir meine Briefe zurückgegeben hatte. Man begehrte jene Briefe zu lesen, und jeder sprach seine Meinung darüber aus. Die Gäste waren: der französische Konsul Abbé Bigliardi, Don Rodriguez Campomanes und der berühmte Don Pablo d’Olavides. Bei dem Meinungsaustausch über meine Briefe verurteilte der Gesandte sie, indem er sie als wild bezeichnete. Campomanes dagegen lobte sie und sagte, sie enthielten durchaus keine Beleidigung und wären genau so, wie sie sein müßten, um den Leser, wäre dieser auch König, zu zwingen, mir sofort Gerechtigkeit zu verschaffen.
Olavides und Bigliardi stimmten ein. Mengs unterstützte die Meinung des Gesandten und lud mich ein, bei ihm zu wohnen, damit ich nicht mehr den Verleumdungen der Spione ausgesetzt sei, von denen es in Madrid wimmle. Ich nahm seine Einladung erst an, nachdem ich mich lange hatte bitten lassen, und besonders nachdem der Gesandte mir gesagt hatte, ich sei dem Ritter Mengs diese Genugtuung schuldig für die mittelbare Beleidigung, die ihm angetan worden sei.
Ich war sehr erfreut, Campomanes und Olavides kennen zu lernen; denn beide waren geistvolle Männer von einer Art, die in Spanien sehr selten ist. Sie waren zwar nicht Gelehrte im eigentlichen Sinne des Wortes, aber sie waren über religiöse Vorurteile erhaben, denn sie scheuten sich nicht nur nicht, sich öffentlich darüber lustig zu machen, sondern arbeiteten ganz offen an deren Zerstörung. Campomanes hatte dem Grafen Aranda das ganze Material gegen die Jesuiten geliefert. Das Publikum machte mit einer Art von heiterer Teilnahme die Bemerkung, daß Aranda, Campomanes und der Jesuitengeneral alle drei schielten. Auf meine Frage, warum er die Jesuiten hasse, antwortete Campomanes: »Ich hasse alle religiösen Orden als schädliche Schmarotzer, und wenn es nur auf mich ankäme, würde ich sie alle von der pyrenäischen Halbinsel und von der ganzen Welt vertilgen.«
Er hatte viele Schriften gegen die Tote Hand verfaßt, und da er mit dem venetianischen Gesandten sehr befreundet war, hatte Herr von Mocenigo ihm alles mitgeteilt, was der Senat gegen die Mönche getan hatte. Er hätte dieser Mitteilungen nicht bedurft, wenn er einfach alles gelesen hätte, was unser Fra Paolo Sarpi über diesen Gegenstand geschrieben hat. Campomanes war ein scharfsichtiger, tätiger und mutiger Mann; er war Fiskal des Hohen Rates von Kastilien, dessen Vorsitzender Aranda war, und galt allgemein für einen rechtschaffenen Mann, der stets nur im Interesse des Staates handelte. Darum war er von den Staatsmännern geliebt und geachtet, aber die Mönche und die Frömmler haßten ihn, und die Inquisition hatte ohne Zweifel seinen Untergang geschworen. Man sagte überall ganz laut, Campomanes werde in den Kerkern der Heiligen Hermandad umkommen, wenn er nicht in zwei bis drei Jahren Bischof sei. Diese Weissagung traf nur zum Teil ein: er wurde wirklich vier Jahre später in die Gefängnisse der Inquisition gesperrt, aber er erlangte nach drei Jahren seine Freiheit wieder, nachdem er widerrufen hatte. Das Krebsgeschwür, das Spanien verzehrt, ist immer noch vorhanden. Sein Freund Olavides wurde noch härter behandelt, und Aranda selber hätte dem blutdürstigen Ungeheuer nicht entgehen können, wenn er nicht als vernünftiger Mann von durchdringendem Verstande den Pariser Botschafterposten für sich erbeten hätte. Diesen bewilligte der König ihm von Herzen gern, weil ihm dadurch die Notwendigkeit erspart blieb, den Grafen der Wut der Mönche auszuliefern.
Karl der Dritte, der im Wahnsinn starb, wie alle Könige, die zugleich ehrenhafte Männer sind, sterben müssen, hatte Dinge vollbracht, die denen, die ihn kannten, unglaublich erschienen; denn er war eigensinnig wie ein Maulesel, schwach wie ein Weib, materiell wie ein Holländer, bigott und fest entschlossen, eher zu sterben, als seine Seele mit der allerkleinsten Todsünde zu beflecken.
Ein jeder wird begreifen, daß ein solcher Mann der Sklave seines Beichtvaters sein mußte.
Zu jener Zeit, von der ich erzählte, beschäftigte das Kabinett von Madrid sich mit einem schönen Unternehmen. Man hatte aus verschiedenen deutschen Kantonen der Schweiz tausend Familien ins Land gezogen, um eine Kolonie in der schönen, aber verödeten Gegend der Sierra Morena zu gründen. Ganz Europa kennt diese Gegend durch die Abenteuer des Don Quijote in dem Cervantesschen Meisterwerk. Die Natur schien sich darin gefallen zu haben, ihre schönsten Gaben über diese Landschaft auszuschütten: ein köstliches Klima, fruchtbarer Boden, reichliches und sehr reines Wasser und endlich die günstigste Lage zwischen Andalusien und Granada; und trotzdem war diese große, schöne Landschaft verödet.
Um diesem unerfreulichen und beinahe unerklärlichen Zustande abzuhelfen, hatte der König beschlossen, geschickten und fleißigen Kolonisten auf eine gewisse Anzahl Jahre den vollen Ertrag der Erde zum Geschenk zu machen. Infolgedessen hatte er Schweizer ins Land gerufen und ihnen die Reise bezahlt. Die Schweizer kamen, und die spanische Regierung beeilte sich, sie unterzubringen und sie vor allen Dingen einer guten weltlichen und geistlichen Polizei zu unterwerfen. Olavides, der ein kluger Mann und einigermaßen belesen war, betrieb diese Angelegenheit. Er verhandelte mit den Ministern, um unter der neuen Bevölkerung gute Ordnung zu schaffen; sie brauchte Beamte für eine gute und schnelle Rechtspflege, Priester, einen Gouverneur und die nötigen Handwerker, um Häuser und Kirchen zu bauen, besonders aber einen Zirkus für die Stiergefechte, die für gute, einfache Schweizer vollkommen überflüssig sind; einem Spanier jedoch ist es ganz unbegreiflich, wie man diese entbehren kann.
In seinen Eingaben hatte Don Pablo Olavides sehr vernünftigerweise gesagt, wenn die Kolonie gedeihen solle, so müsse man jede Art von Mönchen völlig fernhalten. Er hatte die besten Gründe dafür beigebracht, aber selbst wenn er die Richtigkeit seiner Behauptung mathematisch bewiesen hätte, so wäre nichts weiter nötig gewesen, um ihm den Haß aller Mönche und Mönchsfreunde von ganz Spanien zuzuziehen, vor allen Dingen den des dummen Bischofs, zu dessen Sprengel die neue Kolonie gehörte. Die Weltpriester sagten, Olavides habe recht; aber die Mönche schrien, es sei eine Gottlosigkeit, und da die Inquisition in erster Linie mönchisch ist, so begannen bereits die Verfolgungen.
Auf dieses Thema kam unsere Unterhaltung beim Essen. Nachdem ich schweigend die Gründe und Gegengründe angehört hatte, sagte ich so bescheiden wie möglich, in wenigen Jahren werde aus mehreren physikalischen und moralischen Gründen die mit so großen Kosten eingerichtete Kolonie wie ein leichter Rauch sich verflüchtigen. Der Hauptgrund, den ich vorbrachte, war der, daß der Schweizer sich von allen anderen Nationen unterscheidet. Ich sagte ungefähr folgendes: »Der Schweizer ist eine Pflanze, die sofort entartet und abstirbt, wenn sie in ein anderes Erdreich versetzt wird. Die Schweizer sind ein Volk, das allgemein in hohem Grade dem Heimweh unterworfen ist. Wenn diese Krankheit bei einem Menschen auftritt, ist das einzige Heilmittel, daß er nach dem Dorf, der Hütte, dem See zurückkehrt, wo er geboren ist. Sonst geht er zugrunde und stirbt. Ich glaube, es wäre gut, die Schweizer Kolonie mit einer Kolonie von Spaniern zu verbinden, damit sie sich durch Heiraten vermischen; man dürfte ihnen, wenigstens in der ersten Zeit, nur schweizerische Richter und Priester geben. Vor allen Dingen aber müßte man ihnen zusichern, daß sie in Gewissensfragen außerhalb der Inquisition stehen; denn die Schweizer Bauern haben in Liebesangelegenheiten ganz eigentümliche Gesetze und Gebräuche, von denen sie ihrer Natur nach niemals lassen können, die aber die geistliche Denkungsart in Spanien niemals billigen würde. Der geringste Zwang in dieser Hinsicht würde sehr schnell ein allgemeines Heimweh hervorrufen.«
Meine Bemerkungen, die Olavides anfangs nur für einen Scherz gehalten hatte, leuchteten ihm schließlich doch ein, und er begriff, daß ich wohl recht haben könnte. Er bat mich, meine Gedanken über diesen Gegenstand aufzuschreiben und meine Ansichten nur ihm allein mitzuteilen. Ich versprach es ihm, und Mengs setzte den Tag fest, an dem er mit mir zusammen bei ihm speisen könnte.
Am nächsten Tage ließ ich mein kleines Gepäck zu Mengs bringen, und sobald ich mich bei dem berühmten Maler eingerichtet hatte, begann ich an einer Denkschrift über die Kolonien zu arbeiten, indem ich den Gegenstand vom ärztlichen und philosophischen Standpunkt aus behandelte.
Ich stellte mich dem Don Emanuel de Roda vor, der, was in Spanien sehr selten vorkommt, ein Gelehrter war. Er liebte lateinische Poesie und fand Geschmack an der italienischen, gab jedoch der spanischen den Vorzug, was man an einem Kinde Kastiliens sehr natürlich finden wird. Er empfing mich außerordentlich freundlich, bat mich ihn oft zu besuchen und sprach mir wegen meiner ungerechten Verhaftung sein tiefstes Bedauern aus.
Der Herzog von Lossada wünschte mir Glück dazu, daß der venetianische Gesandte überall mein Lob singe. Er ermutigte mich, an eine Verwertung meiner Talente zu denken, indem ich mich der Regierung für einen geeigneten Posten anböte. Er versprach mir zur Erreichung dieses Zweckes seinen besten Beistand.
Der Fürst della Cattolica lud mich mit dem venetianischen Gesandten zusammen zum Mittagessen. So machte ich denn im Verlauf von drei Wochen eine Menge schöner Bekanntschaften; ich wohnte bei Mengs und speiste oft bei Herrn von Mocenigo. Ich dachte ernstlich daran, mich in Spanien anstellen zu lassen, denn da ich aus Lissabon keinen Brief erhielt, so wagte ich nicht auf gut Glück dorthin zu gehen. Da Pauline mir nicht mehr schrieb, gab es für mich kein Mittel, zu erfahren, was aus ihr geworden war.
Ich verbrachte meine Abende oft bei einer spanischen Dame, namens Sabattini, bei der eine Tertulia stattfand, das will sagen: eine Versammlung. Diese bestand zum größten Teil aus Gelehrten von kläglicher Art. Ferner ging ich zum Herzog von Medina-Sidonia, einem weisen und vernünftigen gelehrten Herrn; ich war ihm durch einen Kammerdiener des Königs, dessen Bekanntschaft Mengs mir verschafft hatte, einen gewissen Don Domingo Varnier, vorgestellt worden. Auch ging ich sehr oft zu Doña Ignazia; da es aber nicht möglich war, mit ihr allein zu sein, so langweilte ich mich. Wenn ich einmal einen günstigen Augenblick traf, um ihr zu sagen, sie solle doch irgendeine Lustpartie mit ihren beiden Cousinen ausdenken, antwortete sie mir, sie wünsche das ebensosehr wie ich, aber während der Fastenzeit müsse sie jeden Gedanken solcher Art weit fortweisen; denn die heilige Woche nahe heran, und da Gott für uns gestorben sei, so müßten wir an Buße und nicht an irdische Lust denken. Nach Ostern könnten wir vielleicht daran denken. Dies ist die Sinnesart aller jungen Betschwestern in Spanien.
Vierzehn Tage vor Ostern verließ der König Madrid, um mit seinem ganzen Hof nach Aranjuez zu gehen. Herr von Mocenigo lud mich ein, mitzukommen und bei ihm zu wohnen; er werde dort leicht eine Gelegenheit finden, mich vorzustellen. Wie man sich denken kann, hatte ich seine Einladung angenommen; aber am Tage vor der Abreise, während ich mit Mengs in seinem Wagen fuhr, um einen Besuch zu machen, ergriff mich plötzlich ein Fieber mit so heftigem Schüttelfrost, daß ich mit dem Kopf gegen eines von den Kutschfenstern schlug und das Glas zerbrach. Mengs bekam einen Schreck und ließ sofort umkehren; man brachte mich zu Bett, und vier Stunden darauf brach ein sehr reichlicher Schweiß aus, der durch zwei Matratzen und den Strohsack drang und den ganzen Fußboden unter meinem Bett überschwemmte. Dieses Schwitzen dauerte zehn bis zwölf Stunden. Achtundvierzig Stunden darauf hörte das Fieber auf, aber eine außerordentliche Schwäche fesselte mich noch acht Tage ans Bett, und ich konnte erst am Sonnabend vor Ostern mich nach Aranjuez begeben. Ich wurde von dem Gesandten sehr gut aufgenommen und untergebracht; aber in derselben Nacht wurde ein Geschwür, das ich bereits während des Tages gespürt hatte, so groß wie ein Ei, und es war mir unmöglich, aufzustehen und in die Messe zu gehen. In fünf Tagen wurde dieses Geschwür so groß wie eine gewöhnliche Melone. Der Gesandte und Manucci waren ganz erschrocken, als sie es sahen, und der Leibarzt des Königs, ein Franzose, erklärte, er habe so etwas noch nie gesehen. Ich selber war vollkommen ruhig; denn da ich keine Schmerzen hatte und die ganze Masse weich war, so erriet ich, daß es nur eine Ansammlung von Lymphe war, die sich in diesen Körperteil ergossen hatte; es war nur eine Ergänzung zu meinem letzten außerordentlich starken Schwitzen. Ich beschrieb dem Arzt mein letztes Kranksein und bat ihn, das Geschwür zu öffnen. Er tat dies. Aus dieser Öffnung ergoß sich einen Tag lang eine unglaubliche Menge Eiter. Am fünften Tage war die Wunde beinahe geschlossen, aber vor Schwäche konnte ich das Bett nicht verlassen.
In dieser Lage befand ich mich, als ich durch einen besonderen Boten ein Schreiben von Mengs erhielt; er übergab mir den Brief, der in diesem Augenblick vor mir liegt und den ich wörtlich abschreibe:
Gestern ließ der Pfarrer meiner Gemeinde an der Tür der Pfarrkirche die Namen der in seinem Bezirke wohnenden Personen anschlagen, die nicht an Gott glauben und das Osterfest nicht gefeiert haben. Unter diesen Namen steht auch der Ihrige, mit allen Buchstaben ausgeschrieben, und ich mußte mir eine unangenehme Bemerkung von besagtem Pfarrer gefallen lassen, der mir voller Bitterkeit den Vorwurf machte, daß ich Ketzern eine Zuflucht gewährte. Ich wußte nicht, was ich ihm antworten sollte, denn sicherlich konnten Sie einen Tag länger in Madrid bleiben und Ihre Christenpflicht erfüllen, wäre es auch nur gewesen, um die Rücksichten zu erfüllen, die Sie mir schuldig sind. Meine Verpflichtung gegen meinen königlichen Herrn, die Sorge um meinen guten Ruf und das Bedürfnis, in Zukunft ruhig sein zu können, nötigen mich, Ihnen mitzuteilen, duß mein Haus nicht mehr das Ihrige ist. Wenn Sie nach Madrid zurückkommen, mögen Sie wohnen, wo Sie wollen; meine Bedienten werden Ihre Sachen den Leuten übergeben, die Sie mit der Abholung beauftragen.
Ich bin usw.
Antonio Raffael Mengs.
Dieser grobe, unverschämte und ungerechte Brief – denn ich hatte bei Mengs einen musterhaften Lebenswandel geführt –, dieser Brief, sage ich, machte auf mich einen solchen Eindruck, daß Mengs ihn nicht ungestraft an mich geschrieben haben würde, wäre ich nicht sieben starke Meilen von ihm entfernt und außerordentlich schwach gewesen. Ich sagte dem Boten, er könne gehen. Er erwiderte mir, er habe Befehl, auf meine Antwort zu warten. Ich knüllte den Brief zusammen, warf ihn dem Manne ins Gesicht und rief: »Berichte deinem elenden Auftraggeber, was ich soeben getan habe, und sage ihm in meinem Namen, dies sei die Antwort, die ein derartiger Brief verdiene.«
Der unschuldige Bote war ganz verdutzt und ging hinaus, ohne ein Wort zu sagen.
Der Zorn gab mir Kräfte; ohne eine Minute zu verlieren, kleidete ich mich an und begab mich in einer Sänfte nach der Kirche von Aranjuez, wo ein Franziskaner mir die Beichte abnahm, und am nächsten Morgen um sechs Uhr früh empfing ich das heilige Abendmahl.
Mein Beichtvater war so gefällig, mir eine Bescheinigung zu schreiben, daß ich vom Augenblick meiner Ankunft an hätte das Bett hüten müssen und daß ich trotz meiner großen Schwäche mich in die Kirche hätte tragen lassen. Dort hätte ich ihm gebeichtet und von ihm das heilige Abendmahl erhalten; somit hätte ich als guter Christ mein Osterfest gefeiert. Hierauf nannte er mir den Pfarrer, der meinen Namen an seine Kirchentür angeschlagen hatte.
Ich ging in die Wohnung des Gesandten zurück und schrieb dem unduldsamen Pfarrer, die Bescheinigung, die ich ihm übersende, werde ihm begreiflich machen, warum ich nicht mein Osterfest gefeiert habe. Ich hoffe, er werde sich nun von meiner Rechtgläubigkeit überzeugt haben, und sich beeilen, meinen Namen von der Schandliste zu streichen. Zum Schluß bat ich ihn, den beiliegenden Brief dem Ritter Mengs zu überbringen.
Dem Maler schrieb ich: »Ich erkenne an, daß ich die Beschimpfung verdient habe, die Sie mir soeben angetan haben, indem Sie mich aus Ihrem Hause weisen; ich habe den sehr großen Fehler begangen, Ihrer Bitte nachzugeben und Ihnen die Ehre zu erweisen, bei Ihnen Wohnung zu nehmen. Aber als Christ, der soeben das Osterfest gefeiert hat, verzeihe ich Ihnen Ihr rohes Betragen und empfehle Ihnen nur, sich einen Vers zu merken, den alle anständigen Leute kennen, der Ihnen aber ohne Zweifel unbekannt ist:
Turpius ejictur quam non admittitur hospes.«
Nachdem ich meine Briefe abgefertigt hatte, erzählte ich das Abenteuer dem Gesandten. Er antwortete mir: »Das wundert mich gar nicht. Mengs steht nur wegen seines Talentes in Achtung; ganz Madrid kennt ihn als einen verrückten Menschen von sehr gewöhnlicher Gesinnung.«
In der Tat hatte der ehrgeizige Mann nur aus Eitelkeit mich aufgefordert, bei ihm zu wohnen. Die ganze Stadt sollte es wissen in einem Augenblick, wo man überall von der glänzenden Genugtuung sprach, die ich auf Befehl des Grafen Aranda erhalten hatte, und man sollte glauben, diese Genugtuung sei mir, wenigstens zum Teil, aus Rücksicht auf ihn gewährt worden. Er hatte tatsachlich in seinem Stolz gesagt, ich hätte fordern sollen, daß der Alcalde Messa mich nicht nach meiner Wohnung, sondern nach seinem Hause zurückbrächte, da er mir in seinem Hause die Verhaftung hätte ankündigen lassen.
Mengs war ruhmsüchtig und ehrgeizig, ein großer Arbeiter, aber eifersüchtig und Feind aller zeitgenössischen Maler, die etwas konnten. Er hatte unrecht; denn obwohl er in Farbengebung und Zeichnung ein großer Künstler war, fehlte es ihm an Erfindungsgabe, und diese ist eine wesentliche Eigenschaft des Malers sowohl wie des Dichters.
Eines Tages sagte ich ihm: »Wie jeder große Dichter ein Maler sein muß, so muß jeder große Maler ein Dichter sein.« Hierüber wurde er ernstlich böse, weil er, übrigens mit Unrecht, glaubte, ich wolle ihm seinen Fehler vorwerfen. Diesen gestand er zwar sich selber nicht ein, aber er fühlte ihn doch.
Er war sehr unwissend und wollte trotzdem für gelehrt gelten; er opferte dem Bacchus und Komus und wollte doch für nüchtern gelten. Er war wollüstig, jähzornig, eifersüchtig und geizig und machte trotzdem Anspruch darauf, im Rufe eines tugendhaften Menschen zu stehen. Da er ein großer Arbeiter war, so aß er für gewöhnlich nicht zu Mittag; denn nach dem Essen konnte er nichts mehr machen, weil er sich gewöhnlich bis zur Sinnlosigkeit betrank. Wenn er auswärts speiste, trank er nur Wasser, um sich nicht bloßzustellen. Er sprach vier Sprachen, aber schlecht, und konnte nicht einmal seine Muttersprache richtig schreiben. Trotzdem behauptete er, auch auf diesem Gebiete wie auf allen anderen vollkommen zu sein. Als sein Tischgenosse interessierte ich mich aufrichtig für ihn, aber schon etliche Tage vor meiner Abreise nach Aranjuez wurde er gegen mich verschnupft, weil ich zufällig seine Schwächen erkannte, und weil er sich meine Zurechtweisungen gefallen lassen mußte. Der Flegel war entrüstet, weil er wesentlichen Anlaß hatte, mir dankbar zu sein. Ich hatte ihn eines Tages verhindert, ein Schreiben an den König abzuschicken, das ihn lächerlich gemacht haben würde. Diese Eingabe mußte dem König selber vor Augen kommen, und Mengs hatte sie unterzeichnet el mas inclito, womit er sagen wollte: Ihr demütigster Diener. Ich machte ihn darauf aufmerksam, daß el mas inclito: der Erlauchteste, Edelste, Erhabenste bedeutet, und nicht der demütigste Diener; dieses heißt auf spanisch: el mas humilde. Der stolze Ignorant wurde zornig, sagte mir, es wäre unrecht von mir, zu glauben, daß ich besser Spanisch könnte als er, und war in Verzweiflung, als das Wörterbuch ihm nachwies, daß er unrecht hatte.
Ein anderes Mal glaubte ich ihn verhindern zu müssen, einen bösen Fehler zu begehen, indem er eine ausführliche Kritik gegen jemand veröffentlichte, der behauptet hatte, wir besäßen auf der Welt kein Denkmal aus der Zeit vor der Sündflut. Mengs glaubte den Verfasser zu zerschmettern, indem er vorbrachte, man sehe die Überreste des Turms zu Babel; eine doppelte Dummheit; denn man sieht diese angeblichen Überreste nicht, und selbst wenn man sie sähe, so stammt doch dieser eigentümliche Turm aus der Zeit nach der Sündflut.
Über alle Maßen jähzornig, schlug Mengs zuweilen seine Kinder beinahe zu Krüppeln. Mehr als einmal entriß ich seinen Händen seinen armen Sohn, den der rohe Mensch mit seinen Zähnen zerreißen zu wollen schien. Er rühmte sich, daß sein Vater, ein schlechter Maler in Böhmen, ihn mit dem Stock in der Hand erzogen habe. Er behauptete, dadurch sei er ein großer Maler geworden, und hatte beschlossen, dasselbe System anzuwenden, um seine Kinder zu zwingen, ebenfalls etwas zu werden.
Er war tief gekränkt, wenn er einen Brief erhielt, dessen Adresse nicht seinen Titel Ritter und seinen Namen: Raffael trug. Eines Tages erlaubte ich mir, ihm zu sagen, man sehe diese Dinge als Kleinigkeiten an, und ich sei durchaus nicht beleidigt gewesen, daß die Briefe, die er mir nach Madrid und Florenz geschrieben habe, nicht meinen Rittertitel getragen hätten, obgleich ich die Ehre hätte, mit demselben Orden geschmückt zu sein wie er. Er antwortete mir nicht, und daran tat er gut. Der Grund, weshalb er die Weglassung seiner Taufnamen als eine Beleidigung ansah, war halbverrückt. Er sagte in aller Einfalt, da er Antonio wie Correggio und Raffael wie Raffael von Urbino hieße, so könnten diejenigen, die diese beiden Vornamen fortließen, das nur in der Absicht tun, zu leugnen, daß die Eigenschaften dieser beiden glänzenden Maler in ihm allein vereinigt seien.
Eines Tages wagte ich ihm zu sagen, als ich eines seiner Gemälde betrachtete, die Hand einer Figur sei mißraten, denn der vierte Finger sei weniger lang als der Zeigefinger. Er antwortete ärgerlich, das müßte so sein, und zum Beweis zeigte er mir seine Hand. Lachend zeigte ich ihm die meine, indem ich ihm sagte, ich sei überzeugt, daß meine Hand so geformt sei wie die aller Abkömmlinge Adams.
»Von wem behaupten Sie denn, daß ich abstamme?«
»Das weiß ich nicht. Aber ganz gewiß gehören Sie nicht zu meiner Art.«
»Im Gegenteil, Sie gehören nicht zu der meinigen, überhaupt nicht zur menschlichen Rasse; denn alle wohlgebildeten Hände von Männern und Frauen sind wie die meinigen und nicht wie die Ihrigen.«
»Ich wette hundert Dublonen, daß Sie unrecht haben.«
Er sprang auf, warf Pinsel und Palette auf die Erde, läutete seinen Bedienten und sagte zu mir: »Wir werden sehen, wir werden sehen!«
Seine Leute kamen, er sah ihre Hände an, untersuchte sie ganz genau und fand, daß der Zeigefinger kürzer ist als der Ringfinger. Zum ersten Male sah ich ihn lachen und hörte ihn einem Streit durch ein Scherzwort ein Ende machen. Er sagte nämlich: »Ich bin entzückt, daß ich mich rühmen kann, wenigstens in etwas einzig zu sein.«
Mit Vergnügen teile ich hier eine sehr vernünftige Bemerkung mit, welche Mengs eines Tages zu mir machte. Er hatte eine Magdalena gemalt, die wirklich von überraschender Schönheit war. Seit etwa zehn Tagen sagte er mir jeden Morgen: »Heute Abend wird das Bild fertig sein!«
Eines Tages sagte ich ihm, er habe sich am Tage vorher getäuscht, indem er mir gesagt habe, das Bild werde am Abend fertig sein.
»Nein!« antwortete er mir: »denn neunundneunzig von hundert Kennern könnten es für vollendet halten; mir aber liegt am Urteil des hundertsten, und mit dessen Augen sehe ich das Bild an. Es gibt überhaupt auf der ganzen Welt nur relativ fertige Bilder, und diese Magdalena wird erst fertig sein, wenn ich nicht mehr an ihr arbeite, und selbst dann wird sie nur relativ fertig sein; denn sicherlich würde das Bild fertiger sein, wenn ich einen Tag länger daran arbeiten würde. In eurem Petrarca ist kein einziges Sonett, das wirklich vollendet wäre. Auf dieser Welt ist nichts vollkommen, was aus der Hand oder dem Geiste des Menschen hervorgeht, es müßte denn etwa eine mathematische Berechnung sein.«
Ich umarmte ihn vor Freude über seine treffliche Bemerkung. Weniger groß war meine Freude an einem anderen Tage, als er mir sagte: »Ich wünschte, ich wäre Raffael von Urdino gewesen. Das war ein großer Maler!«
»Ganz gewiß; aber wie können Sie sagen: Sie wünschen gewesen zu sein? Dieser Wunsch ist gegen die Natur; denn wenn Sie Raffael gewesen wären, so wären Sie nicht mehr; Sie können nicht im Ernst reden, wenn Sie sich nicht etwa vorstellen, Sie genössen die Glorie des Paradieses; wenn das der Fall ist, so schweige ich.«
»Ganz und gar nicht! Ich möchte Raffael gewesen sein, ganz einerlei, ob ich heute körperlich oder seelisch vorhanden bin.«
»Das ist Unsinn. Denken Sie doch darüber nach! Wenn Sie nicht Ihren Verstand verloren haben, können Sie einen solchen Wunsch nicht hegen.«
Er wurde zornig und sagte mir eine Menge Beleidigungen, über die ich nur lachte.
Ein andermal verglich er die Arbeit des Dichters, der eine Tragödie dichtet, mit der eines Malers, der ein Gemälde entwirft, worauf die ganze Tragödie in eine einzige Handlung zusammengefaßt ist.
Nachdem ich eine Menge Unterschiede besprochen hatte, schloß ich mit den Worten: »Der tragische Dichter muß alle Kräfte seines Geistes aufbieten, damit die kleinsten Einzelheiten zueinander stimmen, während der Maler, der sich nur um eine Oberfläche zu bekümmern habe, seine Farben auftragen und dabei mit anwesenden Freunden sich unterhalten kann. Das beweist, daß ein Gemälde sowohl durch die Handfertigkeit des Künstlers wie durch seinen Geist entsteht, während in einer guten Tragödie alles ein Werk des Genies ist. Dies beweist schlagend die Minderwertigkeit des Malers dem Dichter gegenüber. Finden Sie mir einen Dichter, der bei seinem Koch sein Abendessen bestellen kann, während er mit dem Dichten einer Tragödie oder mit der Abfassung epischer Verse beschäftigt ist.«
Wenn Mengs sich besiegt und überführt fühlte, gab er doch durchaus nicht zu, daß er unrecht hatte, sondern wurde grob und behauptete, ich hätte ihn beleidigt. Trotzdem wird dieser Mann, der schon im Alter von fünfzig Jahren starb, als Philosoph, großer Stoiker, Gelehrter und Musterbild aller Tugenden auf die Nachwelt kommen, und zwar dank der Lebensbeschreibung, die einer der Anbeter seines Talentes in Groß-Quartformat mit sehr schönen Typen hat drucken lassen, und die er dem König von Spanien gewidmet hat. Diese Lebensbeschreibung, die richtigen Lobeshymnen eines Höflings, ist weiter nichts als ein Lügengewebe. Mengs war nur ein großer Maler, und als solcher verdiente er allerdings auf die Nachwelt zu kommen, hätte er auch weiter nichts hervorgebracht als das herrliche Gemälde, das den Hochaltar der königlichen Kapelle in Dresden schmückt; allerdings hat er die Ideen zu diesem Meisterwerk aus der wunderbaren Schöpfung des Fürsten aller Maler, der Raffaelschen Transfiguration, entnommen.
Ich werde noch von Mengs sprechen, da wir ihm in zwei oder drei Jahren noch einmal in Rom begegnen.
Meiner Schwäche wegen hütete ich noch das Zimmer, als Manucci zu mir kam und mir den Vorschlag machte, ihn nach Toledo zu begleiten. »Der Gesandte,« sagte er zu mir, »muß dem diplomatischen Korps ein großes Galaessen geben, woran ich nicht teilnehmen kann, da ich nicht angestellt bin; mein Fehlen wird jedoch nicht auffallen, wenn man weiß, daß ich mit Ihnen auf der Reise bin. In fünf oder sechs Tagen sind wir wieder zurück.«
Es war mir sehr angenehm, Toledo zu sehen, und da wir in einem bequemen Wagen reisen sollten, so nahm ich an. Wir fuhren am anderen Morgen ab und kamen abends in der berühmten Stadt an. Bei den Toren dieser Hauptstadt von Neu-Kastilien, die auf einer Anhöhe liegt, befinden sich die Reste einer Naumachie. Der Tajo, der, wie man versichert, Gold mit sich führt, umfließt die Stadt von zwei Seiten. Wir fanden für spanische Verhältnisse eine recht gute Unterkunft und gingen am Morgen mit einem Fremdenführer aus, der uns in den Alcazar führte. Das ist der Louvre von Toledo, ein großer Palast, wo einstmals die maurischen Könige wohnten. Hierauf gingen wir in den Dom, ein sehenswertes Kunstdenkmal wegen der Reichtümer, die er enthält. Ich sah das Tabernakel, worin am Fronleichnamstage das heilige Sakrament herumgetragen wird. Es ist von Silber und so schwer, daß dreißig kräftige Männer nötig sind, um es zu tragen. Der Erzbischof von Toledo hat ein Jahreseinkommen von dreihunderttausend Duros, und seine Geistlichkeit hat jährlich vierhunderttausend, mehr als zwei Millionen Franken! Ein Domherr, der mir die Gefäße mit den Reliquien zeigte, sagte mir, in dem einen derselben befänden sich die dreißig Silberlinge, die Judas für den Verkauf unseres Heilandes erhalten hätte. Als ich ihn bat, mir diese Silberlinge zu zeigen, warf er mir grimmige Blicke zu und sagte mir, der König selber würde nicht wagen, eine solche Neugier an den Tag zu legen.
Wie man sich denken kann, beeilte ich mich, ihm meine eifrigsten Entschuldigungen auszusprechen; ich bat ihn, er möchte doch die unwissende Neugier eines Fremden nicht übel nehmen. Dies schien ihn zu beruhigen.
In Spanien sind die Priester Betrüger, auf die man noch mehr Rücksicht nehmen muß als in anderen Ländern.
Am nächsten Tage besahen wir die physikalische und naturgeschichtliche Sammlung. An dieser war nichts Wunderbares, aber man konnte doch wenigstens lachen, ohne daß man den Zorn eines Mönches oder die Klauen der Inquisition zu befürchten brauchte. Der Mann, der uns die Sehenswürdigkeiten zeigte, machte uns besonders auf einen ausgestopften Drachen aufmerksam und sagte: »Dies beweist, meine Herren, daß der Drache kein Fabeltier ist.« Er sagte uns jedoch nicht, ob der Drache aus den Händen der Natur hervorgegangen sei oder ob die Kunst damit etwas zu schaffen habe. Hierauf zeigte er uns den Basilisken, ein würdiges Gegenstück zum Drachen und den unsichtbaren dreißig Silberlingen des Judas. Der Blick dieses angeblichen Basilisken tötete uns nicht, sondern machte uns lachen. Endlich zeigte uns der freundliche Señor, wahrscheinlich, um uns eine Probe von der Ausdehnung seiner Kenntnisse zu geben, was? – das Schurzfell eines Freimaurermeisters, indem er uns versicherte, der Herr, der dieses Schurzfell dem Museum geschenkt habe, sei persönlich in der Loge gewesen. »Und dies beweist,« setzte er mit wichtiger Miene hinzu, »daß diejenigen sich sehr täuschen, welche behaupten, diese Sekte existiere nicht.«
Die Reise kräftigte meine Gesundheit, so daß ich nach meiner Rückkehr nach Aranjuez allen Ministern meine Aufwartung machen konnte. Der venetianische Gesandte stellte mich dem Marques Grimaldi vor, mit dem ich mehrere Besprechungen über die Kolonie in der Sierra Morena hatte. Es stand mit dieser Kolonie schlecht. Ich reichte ihm meinen Plan ein, worin ich nachwies, daß die Kolonie aus Spaniern gebildet werden müßte.
»Allerdings,« sagte er, »aber Spanien ist überall schwach bevölkert, und nach Ihrem Plan müßten wir eine Gegend berauben, um eine andere zu bereichern.«
»Durchaus nicht; denn zehn Einwohner, die in Asturien Hungers sterben, würden in der Kolonie fünfzig Kinder hervorbringen. Diese fünfzig würden zweihundert hervorbringen und so fort.«
Mein Plan wurde einer Kommission übergeben, und Marques Grimaldi versicherte mir: wenn der Plan angenommen würde, sollte ich zum Gouverneur der Kolonie ernannt werden.
Eine italienische Opera buffa entzückte zu jener Zeit den ganzen Hof, mit Ausnahme des Königs, denn dieser empfand gar keinen Geschmack an Musik. Der König sah aus wie ein Hammel, und auch seine Organe schienen zum Teil mit denen dieses Tieres übereinzustimmen, dem jede Empfindung für Harmonie der Töne abgeht. Man lausche einer Herde von hundert Hammeln und man wird hundert verschiedene Halbtöne hören. Karl der Dritte liebte nur die Jagd; wir werden sehen, warum.
Ein italienischer Kapellmeister, den Herr von Mocenigo beschützte, wollte gerne ein neues Drama in Musik setzen; er schmeichelte sich mit der Hoffnung, daß er allgemeinen Beifall verdienen und durch diese Oper sein Glück machen werde. Da die Zeit zu kurz war, um nach Italien zu schreiben, so erbot ich mich auf der Stelle ein Drama zu dichten; ich wurde beim Wort genommen, und am nächsten Tage übergab ich ihm den ersten Akt. Der Maestro setzte ihn in vier Tagen in Musik, und der venetianische Gesandte lud alle Minister ein, der Probe dieses Aktes in dem großen Saale seines Palastes beizuwohnen. Die beiden andern Akte waren auch bereits geschrieben; man fand die Musik köstlich, und in vierzehn Tagen wurde die ganze Oper aufgeführt. Der Kapellmeister empfing schöne Geschenke; von mir aber nahm man an, daß ich über einem Dichter stehe, der für Geld arbeite; mein Lohn bestand daher in Beifall – wahrer Hofmünze. Übrigens war es für mich in meiner Lage Lobes genug, daß der Gesandte entzückt war, mich unter seinen Hausgenossen zu sehen, und daß ich von den Ministern als ein Mann gefeiert wurde, der imstande war, zu den Vergnügungen des Hofes beizutragen.
Die Abfassung dieser Oper hatte mich genötigt, die Bekanntschaft der Künstlerinnen zu machen. Die erste war eine Römerin, namens Pelliccia; sie war weder schön noch häßlich, schielte ein wenig und besaß ein mittelmäßiges Talent. Sie hatte eine jüngere Schwester, die wirklich hübsch, um nicht zu sagen schön war. Trotzdem interessierte die junge keinen Menschen, und die ältere liebten alle, die mit ihr sprachen.
Ihr Gesicht hatte den Vorzug schielender Augen: einen rührenden sanften Blick; ihr Lächeln war fein und bescheiden, ihr Benehmen gewandt und edel, ohne Anmaßung; alle Welt liebte sie. Ihr Gatte war ein schlechter Maler, ein ziemlich häßlicher Biedermann, der mehr den Eindruck ihres Bedienten als den ihres Gemahls machte. Er war ihr sehr treu ergeben, und sie belohnte ihn dafür durch ein rücksichtsvolles Benehmen. Sie flößte mir keine Liebe ein, wohl aber eine aufrichtige Freundschaft. Ich besuchte sie jeden Tag und dichtete ihr Verse zu römischen Melodien, die sie mit großer Anmut sang. Sie war mir, wie ich ihr, in Freundschaft treu ergeben.
Eines Tages bei der Probe eines Aktes der Oper, zu der ich den Text geschrieben hatte, sprach ich mit ihr über die großen Herren, die sich eingefunden hatten, um die neue Musik zu hören. Der Operndirektor, namens Marescalchi, hatte mit dem Gouverneur von Valencia die Abmachung getroffen, daß er den ganzen September mit seiner Truppe dort zubringen solle, um auf einem eigens dazu erbauten kleinen Theater komische Opern aufzuführen. Man hatte in Valencia noch niemals eine italienische Oper gesehen, und Marescalchi hoffte dort Geld zu verdienen. Die Pelliccia wünschte von irgendeinem großen Herrn vom Hofe einen Empfehlungsbrief für Valencia zu erhalten, und da sie niemanden kannte, so fragte sie mich, ob sie den venetianischen Gesandten bitten könnte, sich für sie zu interessieren und irgend jemanden um einen Brief zu ersuchen.
»Ich will Ihnen einen Rat geben: Bitten Sie selber den Herzog von Arcos um diesen Brief.«
»Wer ist das?«
»Der Kavalier, der dort, zwanzig Schritte von uns entfernt, steht und Sie ansieht.«
»Aber wie darf ich das wagen?«
»Er ist ein großer Herr, und ich will darauf wetten, er hat die allergrößte Lust, Ihnen gefällig zu sein. Gehen Sie augenblicklich zu ihm und bitten Sie ihn um diese Gnade; ich bin fest überzeugt, er wird glücklich sein, sie Ihnen zu gewähren.«
»Dazu habe ich nicht den Mut. Stellen Sie mich vor.«
»Nein, damit würde ich alles verderben; er darf nicht einmal ahnen, daß ich Ihnen den Rat gegeben habe. Ich werde Sie jetzt verlassen; eine Minute darauf treten Sie an ihn heran und tragen ihm Ihr Anliegen vor.«
Ich ging nach dem Orchester, und als ich einen Augenblick darauf den Kopf umwandte, sah ich, wie der Herzog auf die Sängerin zuging.
»Die Sache ist in Ordnung«, sagte ich bei mir selber.
Nach der Probe sagte die Pelliccia mir, sie werde den Brief am Tage der ersten Opernaufführung erhalten.
Der Herzog hielt Wort; er übergab ihr einen versiegelten Brief an einen Kaufmann Don Diego Valencia.
Da sie erst im September nach Valencia gehen sollte, so war noch Zeit, denn wir befanden uns erst im Mai. Wir werden daher erst später erfahren, was der Brief enthielt.
In Aranjuez verkehrte ich viel mit dem Kammerdiener des Königs, Don Domingo Varnier, mit einem anderen Kammerdiener des Prinzen von Asturien, der jetzt den Thron einnimmt, und mit einer Kammerfrau der Prinzessin, heutigen Königin. Diese angebetete Prinzessin hatte die Macht besessen, eine Menge ebenso törichter wie lästiger Etikettenvorschriften zu unterdrücken und den ernsten und schweren Ton des Hofes in eine sanfte Liebenswürdigkeit zu verwandeln. Mit großem Vergnügen sah ich Seine Katholische Majestät jeden Tag um elf Uhr zu Mittag essen, wie es im siebzehnten Jahrhundert in Paris die Schuster taten; er aß jeden Tag dasselbe, ging jeden Tag zur selben Stunde auf die Jagd und kam abends todmüde mit seinem Bruder zurück.
Der König war sehr häßlich, aber alles ist verhältnismäßig; denn er war schön im Vergleich zu seinem Bruder, der eine wahre Vogelscheuche war. Dieser Bruder reiste niemals ohne ein Bild der heiligen Jungfrau, das Mengs ihm gemalt hatte. Es war ein Gemälde von zwei Fuß Höhe und dreieinhalb Fuß Breite. Die Jungfrau saß auf dem Grase; ihre Füße waren nackt und ihre Beine nach maurischer Art gekreuzt und bis zu den Waden entblößt. Es war ein wollüstiges Bild, das die Seele durch die Vermittlung der Sinne entflammte. Der Infant war in dieses Bild verliebt, aber er hielt die verbrecherischsten aller wollüstigen Gefühle für Frömmigkeit; es war unmöglich, daß er beim Betrachten dieses Bildes nicht vor fleischlicher Begier glühte, die lebendige Wirklichkeit in seinen Armen zu halten. Hiervon hatte jedoch der Infant keine Ahnung; er war entzückt, in die Mutter des Heilandes verliebt zu sein. So sind übrigens die Spanier im allgemeinen alle. Wenn ein Bild sie interessieren soll, muß es sich an ihre Sinne wenden, und sie legen alles nur zugunsten der Leidenschaft aus, die sie beherrscht.
Bevor ich nach Aranjuez ging, sah ich in Madrid das Bild einer Madonna, die ihren Sohn an der Brust hielt. Es war das Altargemälde einer Kapelle in der Hieronymus-Straße. Die Kapelle war den ganzen Tag voll von Frauen, die dorthin gingen, um die Mutter des Gottessohnes anzubeten. Ihre Gestalt hatte weiter nichts Interessantes als den wundervollen Busen, woran das Kind hing.
Die Almosen, die diesem Heiligtum zuflossen, waren so reichlich, daß man im Laufe von anderthalb Jahrhunderten – solange Zeit hatte das Bild seine Anziehungskraft auf die Menge geübt – eine große Anzahl silberner Lampen und Leuchter und andere Gefäße von vergoldetem Silber und sogar von Gold angeschafft hatte. Vor der Tür der Kapelle fand man stets mehrere herrschaftliche Kutschen, und eine Schildwache stand dort, um die Ordnung aufrecht zu erhalten und Streitigkeiten zwischen den Kutschern der vielen sich kreuzenden Wagen zu verhindern; denn kein Kavalier fuhr an diesem heiligen Ort vorbei, ohne den Wagen anhalten zu lassen und, wenn auch nur im Vorübergehen, der Jungfrau zu huldigen und den beata ubera, quae lactaverunt aeterni patris filium – die seligen Brüste, die des ewigen Gottes Sohn genährt haben.
Wenn man den Menschen kennt, wird man sich über diese Frömmigkeit nicht verwundern.
Als ich wieder in Madrid war, wollte ich dem Abbate Pico einen Besuch machen; ich befahl meinem Kutscher, nicht durch die Straße der Kapelle zu fahren, damit er keinen Aufenthalt durch die vielen Wagen hätte.
»Oh, Señor,« antwortete er mir, »seit einiger Zeit führt nur noch selten ein Wagen bei der Kapelle vor; ich kann ganz bequem durchkommen.«
Er fuhr weiter und bei der vormals so besuchten Kapelle vorbei; es war kein Mensch da.
Als ich vor dem Hause des Abbates, den ich besuchen wollte, aus dem Wagen stieg, fragte ich den Kutscher nach der Ursache dieser Veränderung.
»Oh, Señor! Die Menschen werden jeden Tag schlechter.«
Dieser Grund erschien mir kindisch, und als ich mit dem Abbate, einem geistvollen und ehrwürdigen Greise, eine Tasse Schokolade getrunken hatte, fragte ich ihn, warum jene Kapelle nicht mehr in Gunst stehe.
Er lachte laut auf und sagte: »Verzeihen Sie mir, mein Lieber, wenn ich Ihnen dies nicht zu sagen wage. Gehen Sie selber hin, und Ihre Neugier wird befriedigt werden.«
Meine Neugier wurde durch diese Worte lebhaft erregt, und ich ging sofort hin.
Beim Anblick des heiligen Bildes wußte ich sofort alles: der Busen war unter einem Tuch verschwunden. Das herrliche Gemälde war verdorben; die berückende Zauberei war verschwunden. Man sah nicht einmal mehr die Rundung der Brust; das Kind streckte den Hals aus, ohne etwas zu finden, und die Kopfhaltung der Jungfrau war nicht mehr natürlich, weil sie nicht mehr den Zweck hatte, die Bewegung der Lippen ihres Säuglings zu verfolgen.
Dieses Unglück war gegen Ende des Karnevals des Jahres 1768 geschehen. Der alte Kaplan war gestorben; der Vandale, der ihm nachfolgte, fand den herrlichen Busen skandalös, und so verschwand denn jeder Reiz des Bildes.
Der Priester hatte vielleicht recht als Dummkopf, aber er hatte unrecht als Christ und Spanier. Übrigens ist es wahrscheinlich, daß die beträchtliche Verminderung der Almosen ihn recht bald seinen Vandalismus hat bedauern lassen.
Mein Interesse für diesen Vorfall und meine unersättliche Neugier, die Menschen zum Sprechen zu bringen und auf diese Weise zu studieren, veranlaßte mich zu einem Besuch bei diesem Busenzerstörer, der nach meiner Vorstellung alt und dumm sein mußte.
Ich ging also eines Morgens zu ihm; anstatt mich jedoch einem Greise gegenüber zu finden, sah ich einen dreißigjährigen schönen Mann von lebhaftem und zuvorkommendem Wesen, der mir mit dem besten Anstande, obwohl er mich doch nicht kannte, eine Tasse Schokolade anbot. Ich lehnte diese ab, wie jeder Fremde es tun muß; denn abgesehen davon, daß die Schokolade im allgemeinen schlecht ist, wird sie einem überall und zu allen Stunden angeboten, und man würde ersticken, wenn man sie jedesmal annähme.
Ohne meine Zeit mit einer langen Vorrede zu verlieren, sagte ich ihm, als großer Freund der Malerei empfände ich einen tiefen Schmerz, daß er ein herrliches Gemälde hätte verderben lassen.
»Das mag sein,« antwortete er; »aber gerade seine künstlerische Schönheit machte es in meinen Augen unwürdig, ein Weib darzustellen, dessen Anblick zur Frömmigkeit anregen, die Seele erheben und reinigen muß, nicht aber die Sinne mit fleischlichen Begierden erfüllen darf. Mögen alle Gemälde zugrunde gehen, wenn sie alle zusammen die unschuldige Ursache der geringsten Sünde sein können.«
»Wer hat Ihnen diese Verstümmlung erlaubt? In Venedig hätte die Staatsinquisition, sogar Herr Barbarigo selber, obgleich er Theologe und sehr fromm ist, Sie unter die Bleidächer bringen lassen; denn die Liebe zur Paradieseswonne darf nicht den schönen Künsten schaden, und ich bin überzeugt, der Evangelist Sankt Lukas, der, wie Sie wissen müssen, Maler war und das Bildnis der Mutter unseres Heilandes mit nur drei Farben gemalt hat – er spricht jetzt gegen Sie zur heiligen Jungfrau, deren schönstes Bild Sie verstümmelt haben.«
»Mein Herr, ich bedurfte der Erlaubnis keines Menschen. Ich muß jeden Tag vor diesem Altar die Messe lesen, und ich schäme mich nicht, Ihnen zu sagen, daß ich nicht mehr imstande war, Gott zu opfern. Sie sind ein Mann und ein Christ; Sie werden meine Schwäche entschuldigen. Die wollüstige Erscheinung brachte meine Phantasie in Verwirrung.«
»Wer zwang Sie, das Bild anzusehen?«
»Ich sah es nicht an, aber der Feind Gottes zeigte es mir, ohne daß ich es wollte.«
»Warum haben Sie sich nicht verstümmelt, wie Origines es tat? Glauben Sie mir, Ihre Geschlechtsteile, die zu schwach sind, weil sie allem Anschein nach zu stark sind, haben nicht den Wert des von Ihnen zerstörten Gemäldes.«
»Mein Herr, Sie beleidigen mich!«
»Das ist nicht möglich; denn das ist nicht meine Absicht.«
Der junge Priester führte mich mit solchem Ungestüm an die Tür, daß ich sein Haus mit der Überzeugung verließ, er würde mittels der Inquisition irgendeine spanische Rache gegen mich anspinnen. Ich wußte, daß es ihm leicht sein würde, sich meinen Namen zu verschaffen, und da ich Scherereien dieser Art fürchtete, so beschloß ich, ihm zuvorzukommen.
Diese Befürchtung und dieser Entschluß wurden durch ein Ereignis hervorgerufen, das ich hier als Episode erzählen will.
Einige Tage vorher hatte ich einen Franzosen, namens Ségur, kennen gelernt, der erst ganz vor kurzem nach dreijähriger Haft aus dem Gefängnisse der Inquisition entlassen worden war. Er hatte in seinem Saal einen Brunnen, bestehend aus einem Marmorbecken, in das ein nacktes Kind nach der Art des Brüsseler Manneken-Pis das Wasser strömen ließ, nämlich aus seinem kleinen Gliede. Herr Ségur hatte die Gewohnheit, sich an diesem Brunnen zu waschen. Das Kind konnte nach Belieben einen Amor oder einen kleinen Jesus vorstellen; aber der Bildhauer hatte die Phantasie gehabt, seinen Kopf mit einer Art von Glorienschein zu schmücken; infolgedessen machte der Fanatismus daraus das Kind Gottes. Der arme Ségur wurde der Gottlosigkeit angeklagt, und die Inquisition fand es sündhaft, daß er zum Waschen ein Wasser benützte, das man als den Urin Christi ansehen konnte.
Ich fühlte mich zum mindesten ebenso schuldig wie Ségur, und da ich mich nicht der Gefahr einer gleichen Strafe aussetzen wollte, so begab ich mich zum Großinquisitor und berichtete dem Bischof Wort für Wort das Gespräch, das ich mit dem bildzerstörenden Kaplan gehabt hatte. Zum Schluß bat ich ihn um Verzeihung für den Fall, daß der Priester sich etwa beleidigt fühlen sollte, und versicherte Seiner Gnaden, ich wäre ein guter Christ und durchaus rechtgläubig.
Ich hätte niemals erwartet, in Madrid einen Großinquisitor zu finden, der ein geistreicher Mann und trotz seinem häßlichen Gesicht ein liebenswürdiger Mensch war; aber ich hatte mich geirrt; denn der würdige Prälat lachte nur zu meiner Erzählung. Ich hatte bei ihm beichten wollen, aber dies hatte er abgelehnt.
»Der Kaplan«, sagte er zu mir, »ist selber schuldig und ist unfähig, seinen Beruf auszuüben; denn indem er die anderen für ebenso schwach hält wie sich selber, hat er der Religion einen wirklichen Schaden zugefügt. Trotzdem, mein lieber Sohn, haben Sie unrecht daran getan, ihn zu reizen.«
Da ich ihm meinen Namen hatte sagen müssen, las er mir, immer mit lachendem Gesicht, eine andere Anschuldigung vor, die von einem Augenzeugen des Vorfalles bei ihm eingereicht worden war. Er warf mir mit Sanftmut vor, den Beichtvater des Herzogs von Medina-Sidonia, einen Franziskaner, als Ignoranten behandelt zu haben, weil er mir nicht hatte zugeben wollen, daß ein Priester die Messe zum zweitenmal lesen müßte, selbst wenn er inzwischen gegessen haben sollte, falls an einem Feiertag sein König die Messe nicht gehört hätte und beföhle, sie noch einmal zu lesen.
»Sie hatten recht«, sagte der liebenswürdige Bischof zu mir; »trotzdem aber durften Sie ihn nicht ins Gesicht einen Ignoranten schelten, denn man darf nicht jede Wahrheit sagen. In Zukunft vermeiden Sie jeden müßigen Streit über religiöse Dinge, sowohl was das Dogma wie die Disziplin betrifft. Damit Sie bei Ihrem Abschied von Spanien einen richtigen Begriff von der Inquisition mit sich fortnehmen, so will ich Ihnen sagen, daß der Pfarrer, der Sie auf die Liste der Exkommunizierten gesetzt hat, einen derben Verweis erhalten hat; denn er hätte Sie vorher väterlich warnen und vor allen Dingen sich erkundigen müssen, ob Sie krank wären; wir wissen, daß dies wirklich der Fall war.«
Hierauf beugte ich vor ihm eine Knie zur Erde, küßte ihm die Hand und entfernte mich sehr zufrieden.
Doch zurück nach Aranjuez! Sobald ich erfuhr, daß der Gesandte mich in Madrid nicht bei sich unterbringen konnte, wo ich zu verweilen gedachte, um die Ergebnisse meiner Arbeiten über die Kolonie abzuwarten, schrieb ich meinem guten Freunde, dem Schuhflicker Don Diego, ich brauchte ein gut möbliertes Zimmer, ein gutes Bett, eine Kammer und einen ehrlichen Bedienten, der auf meinen Wagen hinten aufsteigen wollte. Ich gab ihm an, wieviel ich monatlich ausgeben wollte, und schrieb ihm, daß ich Aranjuez verlassen würde, sobald er mir mitteilte, daß alles von mir Gewünschte bereit wäre.
Der Plan der Besiedelung der Sierra Morena nahm meine Zeit sehr in Anspruch, denn ich schrieb über die Polizeiverwaltung, auf die es vor allen Dingen ankam, um die Kolonie zur Blüte zu bringen. Meine Schriftstücke gefielen dem Minister Grimaldi und schmeichelten Herrn von Mocenigo; dieser hoffte: wenn es mir gelänge, zum Gouverneur der Kolonie ernannt zu werden, so würde dadurch der Ruhm seiner Gesandtschaft erhöht und sein diplomatischer Einfluß gestärkt werden.
Meine Arbeiten hielten mich jedoch nicht ab, mich gut zu unterhalten und vor allen Dingen die Herren vom Hofe zu besuchen, die mich über die besonderen Charaktereigenschaften der verschiedenen Mitglieder der königlichen Familie am besten unterrichten konnten. Don Varnier, ein kluger, offener und wahrheitsliebender Mann, war in dieser Beziehung eine reiche Mine, die ich mit Vorteil ausbeutete.
Eines Tages fragte ich ihn, ob es wahr sei, daß der König den Minister Squillace nur deshalb begünstigt habe, weil er früher dessen Frau geliebt habe.
»Das ist eine Verleumdung«, antwortete Varnier, »und sie ist aus der unruhigen Phantasie von Leuten entstanden, die für wahrnehmen, was kaum wahrscheinlich ist. Wenn der Beiname des Keuschen einem König der Wahrheit gemäß und nicht aus Schmeichelei beigelegt werden soll, so verdient Karl der Dritte ihn vielleicht mehr, als bis jetzt irgend ein König ihn verdient hat. In seinem ganzen Leben hat er sich nicht ein einziges Mal einem anderen Weibe genähert als der verstorbenen Königin, und zwar nicht so sehr wegen seiner Verpflichtung zur ehelichen Treue wie aus Christenpflicht. Er meidet die Sünde aus Furcht, seine Seele zu beflecken, und weil er die Schande vermeiden will, dem Beichtvater seine Schwäche gestehen zu müssen. Er ist stark, sogar robust und erfreut sich einer eisernen Gesundheit, und da er niemals eine Krankheit, wäre es auch nur das geringste Fieber, gehabt hat und mit einem sehr spanischen Temperament begabt ist, so ist kein einziger Tag seiner Ehe vergangen, ohne daß er der Königin die eheliche Pflicht erwies, ausgenommen wenn ihre Gesundheit die Fürstin zwang, ihn um Schonung zu bitten. Dann mattete sich der keusche Gemahl auf der Jagd ab, um seine Glut zu löschen, und kasteite sich, indem er sich erregender oder allzu nahrhafter Speisen enthielt. Stellen Sie sich vor, wie verzweifelt der Mann war, als er plötzlich Witwer war; denn er war entschlossen, tausendmal lieber zu sterben, als sich zu der Demütigung gezwungen zu sehen, eine Geliebte zu nehmen. Seine einzige Zuflucht war die Jagd und ein solches Arbeitsprogramm für jede Stunde des Tages, daß ihm keine Zeit übrig blieb, an Weiber zu denken. Dies war eine sehr schwierige Sache, denn er findet weder am Lesen noch am Schreiben irgendwelchen Gefallen; die Musik ist für ihn nur ein Geräusch, das das Ohr betäubt, und jede Unterhaltung ist ihm zum Ekel, sobald sie ein wenig munter wird. Er tat nun folgendes und wird es bis zu seinem Tode tun: um sieben Uhr kleidet er sich an und begibt sich dann in ein Zimmer, wo er frisiert wird. Um acht Uhr betet er; hierauf hört er die Messe, und nach dem Gottesdienst nimmt er seine Schokolade und eine ungeheure Prise Tabak, die er in seine große Nase stopft und einige Minuten darin behält. Es ist die einzige, die er den ganzen Tag über nimmt. Von neun Uhr an arbeitet er mit seinen Ministern bis elf. Dann kommt das Mittagessen, das nur dreiviertel Stunden dauert, da er stets allein speist. Hierauf macht er der Prinzessin von Asturien einen kurzen Besuch; mit dem Schlage zwölf steigt er in seinen Wagen und fährt zur Jagd. Um sieben Uhr ißt er einen Bissen, wo er sich gerade befindet, und um acht Uhr kommt er so müde zurück, daß er oft einschläft, bevor er in seinem Bett liegt. Auf diese Weise hält er seine sinnlichen Bedürfnisse nieder.«
»Er ist ein armer Mann, ein freiwilliger Märtyrer an sich selber.«
»Er hat daran gedacht, sich wieder zu verheiraten, aber Adelaide von Frankreich bekam Furcht, als sie sein Bild sah, und wies ihn ab. Dies kränkte ihn, und er verzichtete auf eine zweite Heirat. Wehe dem, der ihm vorschlagen würde, eine Geliebte zu nehmen!«
Wir sprachen hierauf noch weiter vom Charakter des Königs, und Don Domingo sagte mir, die Minister hatten recht, daß sie den Herrscher unzugänglich machten; denn wenn es durch Überraschung irgend jemandem gelänge, sich dem König zu nahen und ihn um irgendeine Gnade zu bitten, so machte er es sich zur Ehrensache, niemals eine abschlägige Antwort zu geben, weil er der Meinung wäre, daß er nur so sich als König betätigte.
»Er ist also nicht hartherzig, wie man von ihm glaubt?«
»Nein, Könige stehen selten in dem Ruf, den sie verdienen. Die Fürsten, zu denen man am leichtesten Zugang findet, sind notwendigerweise am wenigsten freigebig; denn sie werden fortwährend mit lästigen Gesuchen bestürmt, und wenn sie ein neues Gesicht sehen, so ist ihr erster Gedanke, das abzuschlagen, was man von ihnen verlangen wird.«
»Aber wenn Karl der Dritte nicht zugänglich ist, so braucht er ja offenbar keine Bitte zu gewähren noch abzuschlagen.«
»Man findet ihn allein auf der Jagd, und dann ist er gewöhnlich guter Laune. Sein Hauptfehler ist seine Halsstarrigkeit, denn wenn er einmal etwas will, so will er es durchaus, und Unmöglichkeiten gibt es für ihn nicht. Vor seinem Bruder, dem Infanten, hat er die größte Hochachtung; er kann ihm nichts abschlagen, obgleich er doch stets der Herr bleiben will. Man glaubt, er werde ihm die Erlaubnis bewilligen, eine Gewissensehe einzugehen, obgleich der König illegitime Kinder nicht liebt. Er fürchtet aber, der Infant werde verdammt sein, weil er bereits drei uneheliche Kinder hat.«
In Aranjuez befanden sich eine unglaubliche Menge Leute, die die Minister verfolgten, um von ihnen Stellen zu erlangen. »Alle diese Leute«, sagte Don Domingo zu mir, »gehen wieder nach Hause, wenn der König zurückreist, und kein einziger hat etwas erlangt.«
»Sie verlangen also Unmögliches?«
»Sie verlangen gar nichts. ›Was wünschen Sie?‹ sagt ein Minister zu ihnen.
›Was nach der Meinung Eurer Exzellenz für mich passen kann,‹
›Aber was können Sie denn?‹
›Das weiß ich nicht. Eure Exzellenz kann mein Talent prüfen und mir dann das Amt geben, das ich am besten auszufüllen vermag.‹
›Gehen Sie; ich habe keine Zeit.‹«
Aber so ist es überall. Karl der Dritte ist im Wahnsinn gestorben; die Königin von Portugal ist wahnsinnig; der König von England ist es gewesen, und manche behaupten, er sei nicht geheilt. Man möchte sagen, es sei unter den Königen eine Epidemie ausgebrochen, und das wäre kein Wunder, denn die Könige, die ihre Pflicht tun wollen, haben zu viel zu tun.
Ich verabschiedete mich von Herrn von Mocenigo drei Tage, bevor er selber abreiste, und umarmte voll Zärtlichkeit Manucci, der mir während meines ganzen Aufenthaltes unaufhörlich Beweise seiner Freundschaft gab. Ich gestehe dies zu meiner eigenen Schande und hoffe, man wird dieses Geständnis als mildernden Umstand für das Unrecht ansehen, das ich gegen ihn begangen habe.
Mein Schuhflicker Don Diego hatte mir geschrieben, für die Summe, die ich ausgeben wollte, bekäme ich auch noch eine biskayische Magd, die mir gute Mahlzeiten bereiten würde, so oft ich Lust hätte. Er hatte mir auch die Adresse meiner Wohnung geschickt, die in der Alcalastraße lag. Ich reiste von Aranjuez am Morgen ab und kam am Nachmittag in Madrid an.
In meiner Wohnung fand ich meine Biskayerin, die französisch sprach. Ich hatte ein sehr hübsches Zimmer mit einer schönen Kammer und ein zweites sehr sauberes Zimmer, worin ich einen Freund aufnehmen konnte, denn es war mit einem guten Bett versehen. Ich ließ mein Gepäck heraufschaffen und sah bei dieser Gelegenheit meinen Lakaien, dessen Gesichtsausdruck mir gefiel.
Da ich neugierig auf die Geschicklichkeit meiner Köchin war, so befahl ich ihr, ein gutes Abendessen für mich allein herzurichten, und wollte ihr Geld dazu geben. Sie antwortete mir aber: »Ich habe Geld, mein Herr, und werde Ihnen morgen meine Rechnung geben.«
Nachdem ich mir die Sachen von Mengs hatte abholen lassen, lenkte ich meine Schritte nach Doña Ignazias Wohnung, um dem Vater meine volle Zufriedenheit auszusprechen. Ich kam an und fand das Haus leer. Erstaunt darüber, daß er mich nicht von seinem Umzuge benachrichtigt hatte, ging ich nach Hause; nachdem ich dort meine Sachen geordnet hatte, fragte ich meinen Bedienten Filippo, wo denn Don Diego jetzt wohne.
»Das ist sehr weit, Herr; ich werde Sie morgen hinführen.«
»Wo wohnt mein Wirt?«
»Über Ihnen, Herr; aber Sie können sicher sein, daß man niemals den geringsten Lärm machen wird.«
»Ich wünsche ihn zu sehen.«
»Er ist ausgegangen und wird erst um zehn Uhr nach Hause kommen.«
Ich gab Filippo bis zum Abendessen Urlaub, und um neun Uhr meldete er mir, daß im Nebenzimmer aufgetragen sei. Hungrig stand ich auf und sah zu meiner großen Überraschung einen kleinen Tisch, der mit einer geschmackvollen Sauberkeit gedeckt war, wie man sie in Spanien selten trifft. Es tat mir leid, daß ich nicht Don Diego bei mir hatte, um ihm zu sagen, wie sehr ich zufrieden sei. Ich setzte mich zu Tisch, und nun kam mein würdiger Schuhflicker mir geradezu wie ein Held vor, denn meine Biskayerin konnte es mit dem ersten cordon bleu Frankreichs aufnehmen. Ich hatte fünf Schüsseln und dazu las Criadillas, die ich leidenschaftlich liebte; alles war ausgezeichnet, tadellos. Obgleich ich meine Wohnung ziemlich teuer bezahlte, schien es mir doch unmöglich zu sein, noch obendrein eine so ausgezeichnete Köchin zu haben.
Als ich mit dem Abendessen so ziemlich fertig war, sagte Filippo mir, mein neuer Wirt sei nach Hause gekommen, und wenn ich es erlaube, werde er mir guten Abend wünschen.
»Er möge eintreten; er wird mir angenehm sein.«
Die Türe öffnete sich; ich sah Don Diego und seine reizende Tochter. Er hatte das Haus eigens gemietet, um mich beherbergen zu können!