Ankunft in Bologna. – Meine Ausweisung aus Modena. – Reise nach Parma und Turin. – Die schöne Jüdin Lia. – Die Modistin R.

Die Corticelli hatte einen warmen Mantel, mit Pelz gefüttert; aber der Narr, der sie entführte, hatte nicht einmal einen Überrock. Dabei herrschte eine schneidende Kälte, die noch durch einen sehr beißenden Wind vermehrt wurde, der uns ins Gesicht blies, und dem wir in einem zweisitzigen, vorne offenen Stuhlwagen schutzlos ausgesetzt waren.

Trotzdem ließ ich nirgends anhalten, denn ich fürchtete, verfolgt zu werden und umkehren zu müssen, und dieses würde mich sehr geärgert haben.

Wenn ich sah, daß der Postillon langsamer fuhr, spornte eine Vermehrung des Trinkgeldes ihn zu immer größerer Eile an. Ich dachte, der Wind würde mich über den Apennin blasen; ich war vor Kälte erstarrt. Die Postillone, die mich so leicht bekleidet meine Taler verschwenden sahen, um die Fahrt zu beschleunigen, bildeten sich ein, ich sei ein Prinz, der eine junge Erbin aus irgendeiner vornehmen Familie entführte. In unserem Wägelchen zusammengekauert, hörten wir sie ihre Gedanken über uns austauschen, während die Pferde gewechselt wurden.

Meine Corticelli fand diese Vermutung so komisch, daß sie während der ganzen übrigen Fahrt aus vollem Halse darüber lachte. In fünf Stunden legten wir eine Entfernung von vierzig Miglien zurück, denn wir waren um acht von Florenz abgefahren, und um ein Uhr hielten wir vor einem Posthause auf päpstlichem Gebiet, wo ich nichts mehr zu fürchten hatte. Man nennt dieses Posthaus den »Abgeladenen Esel«. Der seltsame Name des Gasthofes war für meine Schöne ein Anlaß zu neuer Heiterkeit. Alles schlief; aber nachdem wir einen Höllenlärm gemacht hatten, bewirkten einige Paoli, die ich an die Bediensteten verteilte, daß ich ein gutes Feuer bekam, dessen ich vor allem bedurfte. Ich hatte einen Wolfshunger, aber man sagte mir, es sei nichts zu essen da. Vom Gegenteil überzeugt, lachte ich dem Wirt ins Gesicht und sagte ihm, er möchte mir seine Butter, seine Eier, seinen Makkaroni, einen Schinken und Parmesankäse bringen; denn ich wußte, daß dieses alles überall in Italien zu haben ist. Bald wurde ich bedient und zeigte dem guten Wirt, daß wir genug hatten, um eine ausgezeichnete Mahlzeit zu halten. Wir aßen für vier; hierauf ließ ich mir ein reines Bett aus Matratzen herrichten, die für Betten ausgereicht hätten, und wir legten uns nieder, nachdem ich befohlen hatte, uns zu wecken, sobald eine vierspännige englische Kutsche ankäme.

Mit Makkaroni und Schinken vollgestopft, ein wenig erhitzt vom Chianti und Monte-Pulciano und ermüdet von unserer Fahrt, bedurften wir mehr des Schlafes als der Liebe; wir dachten daher auch nicht an die Wollust, sondern überließen uns der Ruhe, bis wir aufwachten. Dann widmeten wir einen Augenblick dem Vergnügen, aber es war so wenig, daß es nicht der Mühe wert ist, davon zu reden.

Gegen ein Uhr machte der Hunger sich lebhaft bemerkbar; wir standen auf, und der Wirt setzte uns ein ausgezeichnetes, von mir angeordnetes Mittagessen vor. Ich wunderte mich, daß mein Wagen nicht kam, doch faßte ich mich in Geduld. Als aber bis zum Einbruch der Nacht immer noch nichts kam, begann ich Befürchtungen zu hegen. Die Corticelli jedoch, die fortwährend lachte, wollte nichts Trauriges hören. Wir legten uns zu Bett, nachdem wir beschlossen hatten, den Sohn des Postmeisters nach Florenz fahren zu lassen, wenn meine Kutsche während der Nacht nicht ankommen würde. Als wir aufwachten, war der Wagen immer noch nicht da. Der Sohn des Postmeisters konnte mir nicht dienen; ich ließ mir einen sicheren Boten besorgen und schickte ihn mit genauen Weisungen an Costa. Für den Fall eines gewalttätigen Verfahrens war ich entschlossen, nach Florenz zurückzukehren, wo ich unter allen Umständen mit dem Verluste von zweihundert Skudi davongekommen wäre.

Der Bote, der um zwölf Uhr abgegangen war, kam schon um zwei Uhr zurück und meldete mir, meine Leute würden sofort kommen. Meine Kutsche war mit Fuhrmannspferden bespannt, und hinter ihr fuhr eine zweispännige Kalesche, worin eine alte Frau und ein junger Mann saßen.

»Das ist die Mama!« rief die Corticelli. »Ha ha, da wird’s was zu lachen geben. Wir müssen ihnen etwas zu essen machen lassen, und sie muß uns recht weitläufig diese wunderbare Geschichte erzählen, an die sie bis zu ihrem Tode denken wird.«

Costa sagte mir, der Auditor habe, um sich wegen meiner Mißachtung seiner Befehle zu rächen, der Post verbieten lassen, mir Pferde für meinen Wagen zu liefern. Infolgedessen habe er einen Vetturino nehmen müssen, und dadurch sei die Reise verzögert worden.

Dann begann Signora Laura ihre Geschichte: »Ich hatte ein gutes Abendessen zurechtgemacht, wie Sie es mir befohlen hatten. Es hat, wie Sie sehen werden, mir mehr als zehn Paoli gekostet, die Sie mir gütigst wiedererstatten werden, denn ich bin eine arme Frau. Als alles zurecht war, freute ich mich, daß Sie bald kommen würden; aber vergebens. Ich war in Verzweiflung. Um Mitternacht schickte ich endlich meinen Sohn in Ihren Gasthof, um nach Ihnen zu fragen; stellen Sie sich meinen Schmerz vor, als er zurückkam und mir sagte, man wisse nicht, was aus Ihnen geworden sei. Ich verbrachte in Tränen eine schlaflose Nacht. Am Morgen ging ich aufs Gericht, um Sie wegen der Entführung meiner Tochter anzuklagen. Ich flehte die Beamten an, sie möchten Sie verfolgen lassen und Sie zwingen, mir meine Tochter zurückzugeben. Aber denken Sie sich: man hat sich über mich lustig gemacht! Man lachte mir ins Gesicht und sagte: ›Warum haben Sie sie allein ausgehen lassen? Ihre Tochter ist in guten Händen, und Sie wissen wohl, bei wem sie ist und warum sie dort ist.‹ Solche Verleumdung!«

»Verleumdung?« fragte die Corticelli.

»Ganz gewiß! Damit sagten sie mir doch, ich hätte sozusagen der Entführung zugestimmt, und das konnten die Kerle doch nicht annehmen! Denn wenn ich eingewilligt hätte, wäre ich doch nicht zu ihnen gegangen, um mein Recht zu verlangen. Wütend ging ich dann zum Doktor Vannini; bei ihm traf ich Ihren Kammerdiener, der mir sagte, Sie wären nach Bologna abgereist und ich würde Sie dort finden, wenn ich hinter Ihrer Kutsche herfahren wollte. Ich erklärte mich dazu bereit, und ich hoffe, Sie werden den Fuhrlohn bezahlen, den ich mit dem Vetturino ausbedungen habe. Aber gestatten Sie mir. Ihnen zu sagen: was Sie getan haben, geht denn doch über den Spaß.«

Ich tröstete die habsüchtige Mutter mit dem Versprechen, alles zu bezahlen und ihr alles zu vergüten, was sie ausgegeben oder in Florenz zurückgelassen hatte. Am nächsten Tage reisten wir nach Bologna ab, wo wir bei guter Zeit ankamen. Ich schickte meinen Bedienten mit meinem Wagen in den Gasthof und stieg selber bei der Corticelli ab.

Acht Tage verbrachte ich bei dem Mädchen. Ich ließ mir das Essen aus dem Wirtshause kommen und genoß recht abwechslungsreiche Freuden, deren ich mich mein Leben lang erinnern werde; denn das ausgelassene Mädchen hatte eine Menge von jungen Freundinnen, die alle hübsch und recht gefällig waren. Wie ein Sultan lebte ich während dieser kurzen Woche, die ich noch jetzt gerne in mein altes Gedächtnis zurückrufe, indem ich mit einem Seufzer sage: Tempi passsati!

Es gibt in Italien mehr als eine Stadt, wo man sich alle sinnlichen Vergnügen verschaffen kann, die man in Bologna findet; aber man erhält sie nirgends so billig, noch so bequem, noch so ungestört. Außerdem lebt man in Bologna so gut: man geht unter den schönen Steinlauben im Schatten spazieren, und man findet dort Geist und Gelehrsamkeit. Es ist sehr schade, daß entweder die Luft, oder das Wasser, oder der Wein – denn die Sache ist noch nicht ausgemacht – eine leichte Krätze verursachen. Indessen ist dies für die Bologneser durchaus nichts Unangenehmes, sondern vielmehr ein Vorzug, den sie allem Anschein nach sehr hoch schätzen: man kratzt sich. Besonders die Damen wissen zur Frühlingszeit ihre Finger mit großer Anmut in Bewegung zu setzen.

Gegen Mittfasten verließ ich die Corticelli, indem ich ihr gute Reise wünschte; denn sie wollte nach Prag abreisen, wohin sie auf ein Jahr als zweite Tänzerin engagiert war. Ich versprach ihr, sie persönlich abzuholen und nebst ihrer Mutter nach Paris zu bringen; meine Leser werden sehen, wie ich ihr Wort hielt.

Am Tage meiner Abfahrt von Bologna kam ich abends in Modena an; ich hielt hier infolge einer jener plötzlichen Launen an, denen ich stets unterworfen war. Am nächsten Morgen ging ich aus, um mir die Gemäldegalerie anzusehen. Als ich zum Mittagessen in meinen Gasthof kam, sah ich dort einen großen Flegel, der mir im Namen der Regierung den Befehl überbrachte, spätestens am nächsten Tage meine Reise fortzusetzen. Ich rief den Wirt und ließ mir in seiner Gegenwart den Befehl wiederholen. Hierauf sagte ich: »’s ist gut«, und der Kerl entfernte sich.

»Was ist das für ein Mensch?« fragte ich den Wirt.

»Ein Sbirre.«

»Ein Sbirre? Und die Regierung wagt es, mir einen solchen Menschen zu schicken!«

»Der Bargello kann ihn geschickt haben.«

»Der Bargello ist also Gouverneur von Modena? Ein solcher Niederträchtiger?«

»Niederträchtiger? … Schweigen Sie! Der ganze Adel verkehrt mit ihm.«

»Der Adel ist hier also sehr gemein?«

»Nicht gemeiner als anderswo. Der Bargello ist der Unternehmer der Oper; die vornehmsten Herren speisen bei ihm und gewinnen auf diese Weise seine Freundschaft.«

»Das ist unglaublich! Aber warum weist mich denn dieser gnädige Herr Bargello aus Modena aus?«

»Das weiß ich nicht; aber wenn ich Ihnen raten darf, sprechen Sie mit ihm; Sie werden in ihm einen vollendeten Kavalier finden.«

Anstatt zu diesem Hans A …. zu gehen, begab ich mich zum Abbate Testa-Grossa. Ich hatte ihn im Jahre 1753 in Wien kennen gelernt. Er war ein Mann von niederer Herkunft, aber von bedeutendem Geist; nun war er alt und ruhte auf seinen Lorbeeren aus. Er hatte das Glück gehabt, durch sein Verdienst die Gunst des Glückes erschwungen zu haben, und sein Herr, der Herzog von Modena, hatte ihn würdig befunden, sich lange Jahre von ihm bei auswärtigen Herrschern vertreten zu lassen.

Der Abbate Testa-Grossa erkannte mich und nahm mich auf das freundlichste auf; als er jedoch von meinem Erlebnis hörte, wurde er sehr verstimmt.

»Was kann ich tun?« fragte ich ihn.

»Abreisen; denn dieser Mann könnte Ihnen einen noch viel größeren Schimpf antun.«

»Ich werde gehen, aber könnten Sie mir das Vergnügen machen, mich über den Grund eines so verletzenden Verfahrens aufzuklären?«

»Kommen Sie heute Abend wieder. Wahrscheinlich werde ich Ihren Wunsch erfüllen können.«

In der Dämmerung stellte ich mich pünktlich bei ihm ein, denn ich war mehr neugierig als unruhig, wodurch ich mir die Feindschaft des Herrn Bargello zugezogen haben könnte, von dem ich überhaupt nicht gekannt zu sein glaubte. Der Abbate befreite mich von meiner Unruhe, indem er sagte: »Der Bargello hat Ihren Namen auf der ihm jeden Tag überbrachten Liste der ankommenden oder abreisenden Fremden gesehen. Er hat sich erinnert, daß Sie die Kühnheit besaßen, aus den Bleikammern zu entfliehen; und da er so etwas für höchst verdammenswert hält, hat er beschlossen, ein so schlimmes Beispiel der Verletzung der Gerechtigkeit, mag diese auch noch so ungerecht sein, nicht in Modena zu lassen. Kraft seiner allerhöchsten Gewalt hat er Ihnen daher den Befehl zugestellt, die Stadt zu verlassen.«

»Diese Mitteilung erleichtert mich; aber ich wundere mich, Herr Abbate, daß Sie mir dies erzählen, ohne darüber zu erröten, daß Sie Untertan des Herzogs von Modena sind. Wie unwürdig! Solche Polizei läuft ja der Moral, dem Menschenrecht und dem Staatswohl zuwider!«

»Sie haben wohl recht, so zu denken, mein lieber Herr; aber die Menschen sind noch weit davon entfernt, die Einrichtungen zu kennen, die ihrer Würde entsprechen.«

»Ohne Zweifel, weil es so viele Unwürdige gibt.«

»Das will ich nicht bestreiten.«

»Leben Sie wohl, Herr Abbate.«

»Leben Sie wohl, Herr Casanova.«

Am nächsten Tage sah ich in dem Augenblick, wo ich in meinen Wagen steigen wollte, einen Mann von fünfundzwanzig bis dreißig Jahren, von hohem kräftigen Wuchs und breiten Schultern, mit düsteren, funkelnden Augen und merkwürdig dichten Augenbrauen, der wie ein richtiger Halsabschneider aussah. Er sprach mich an und bat mich höflich, mit ihm einen Augenblick auf die Seite zu gehen und ihn anzuhören.

»Wenn Sie drei Tage in Parma bleiben wollen und mir hier Ihr Wort geben, daß Sie mir fünfzig Zechinen schenken, sobald ich sie von Ihnen verlange, und Sie die Gewißheit haben, daß der Bargello tot ist, so verspreche ich Ihnen, ihn vor Ablauf von vierundzwanzig Stunden durch einen Büchsenschuß zu töten.«

»Ich danke Ihnen. Er ist ein Vieh, das man seines natürlichen Todes sterben lassen muß. Da haben Sie einen Taler; trinken Sie auf meine Gesundheit.«

Heute freue ich mich, daß ich so gehandelt habe; aber ich gestehe: wäre ich sicher gewesen, daß der schlechte Kerl mir keine Falle stellte, so hätte ich ihm das gewünschte Versprechen gegeben. Die Furcht, mich bloßzustellen, ersparte mir ein Verbrechen.

Am nächsten Tage kam ich in Parma an und stieg im Gasthof »Zur Post« unter dem Namen eines Chevaliers de Seingalt ab; diesen Namen trage ich noch; denn wenn ein Ehrenmann einen Namen annimmt, der keinem Menschen gehört, hat niemand das Recht, ihm diesen zu bestreiten, und es ist seine Pflicht, ihn nicht wieder abzulegen. Ich trug ihn bereits seit zwei Jahren, aber ich vereinigte ihn oft mit meinem Familiennamen.

Sobald ich in Parma angekommen war, entließ ich Costa; aber zu meinem Unglück nahm ich ihn eine Woche später, zwei Tage vor meiner Abreise, wieder an. Sein Vater war ein armer Violinspieler, wie auch ich es gewesen war; er hatte eine zahlreiche Familie zu ernähren und tat mir leid.

Ich erkundigte mich nach Herrn Antoine; er war nicht mehr da. Herr Dubois Châtelereux, der Münzdirektor, befand sich mit Erlaubnis des Infanten-Herzogs von Parma in Venedig, um dort den Prägestempel einzurichten, dessen man sich niemals bedient hat. Die venetianischen Münzen sind nicht geändert. Republiken hängen abergläubisch an den alten Gewohnheiten; sie fürchten, daß Verbesserungen zu Änderungen führen, die der Festigkeit der Staatsverfassung schaden könnten. Die Regierung des aristokratischen Venedigs bewahrt noch immer den griechischen Charakter, den sie bei der Geburt der Republik hatte.

Mein Spanier hatte sich gefreut, als ich Costa entließ; er ärgerte sich, als ich ihn wieder nahm, und sagte zu mir: »Er ist kein ausschweifender Mensch; er ist nüchtern und liebt schlechte Gesellschaft nicht; aber ich halte ihn für einen Dieb und zwar für einen gefährlichen Dieb, gerade weil er sich ein Gewissen daraus macht, Sie in Kleinigkeiten zu betrügen. Gnädiger Herr, denken Sie an mich: er wird Sie übers Ohr hauen. Er wartet, um den großen Schlag zu machen, nur auf den Augenblick, wo er Ihr Vertrauen gewonnen hat. Ich mache es anders, ich bin ja so eine Art Spitzbube, aber Sie kennen mich.«

Er sah richtiger als ich; denn fünf oder sechs Monate darauf stahl der Italiener mir fünfzigtausend Taler. Dreiundzwanzig Jahre später, im Jahre 1784, fand ich ihn in Wien als Kammerdiener des Grafen Hardegg wieder. Da ich sah, daß er von dem Gelde nichts mehr besaß, bekam ich Lust, ihn hängen zu lassen. Ich bewies ihm schwarz auf weiß, daß dies nur von mir abhängen würde; aber er flehte mich unter Tränen um Schonung an und ihn rettete das Mitleid, das ein braver Mann, namens Bertrand, der beim sardinischen Gesandten wohnte, mit ihm hatte. Dieser Mann, den ich hoch schätzte, veranlaßte mich zu der heroischen Handlung, ihm zu vergeben. Auf meine Frage, was er mit all dem mir gestohlenen Gelde und mit den Juwelen gemacht hätte, antwortete der Elende mir, er hätte alles verloren, indem er das Kapital zu einem Biribispiel hergegeben hätte; seine eigenen Teilhaber hätten ihn ausgeplündert, und seitdem hätte er arm und unglücklich gelebt. Er hatte im selben Jahre Momolos Tochter geheiratet und verließ sie, nachdem er sie zur Mutter gemacht hatte.

Doch weiter:

In Turin stieg ich in einem Privathause ab, wo Abbate Gama wohnte, der mich bereits erwartete. Trotz der Predigt über die Sparsamkeit, die der gute Abbate mir hielt, nahm ich das ganze erste Stockwerk; es war eine sehr schöne Wohnung.

In bezug auf unsere diplomatischen Angelegenheiten versicherte er mir, ich würde im Mai meine Beglaubigungsschreiben erhalten und dann würde er mich unterrichten, wie ich mich zu verhalten hätte. Dieser Auftrag war mir sehr angenehm, und ich sagte ihm daher, ich wäre bereit, nach Augsburg zu gehen, sobald die Gesandten der kriegführenden Mächte dort zusammenkommen würden.

Nachdem ich der Wirtin die nötigen Anweisungen in bezug auf meinen Tisch gegeben hatte, ging ich aus. Ich trat in ein Kaffeehaus, um die Zeitungen zu lesen, und der erste, den ich dort sah, war der Marquis Desarmoises, den ich in Savoyen kennen gelernt hatte. Er sagte mir: »Vor allen Dingen habe ich Ihnen mitzuteilen, daß die Hasardspiele verboten sind. Die Damen, die Sie in Aix gekannt haben, werden ohne Zweifel entzückt sein, Sie wieder zu sehen. Ich selber lebe vom Tricktrackspiel, obgleich ich im Würfeln nicht glücklich bin; aber es kommt bei diesem Spiel mehr auf Talent als auf Glück an.«

Ich begriff sehr wohl, daß bei gleichem Glück derjenige gewinnen muß, der besser zu rechnen versteht; aber das Gegenteil war mir unbegreiflich.

Wir machten einen Spaziergang in der schönen Allee, die nach der Zitadelle führt. Ich bemerkte eine Menge sehr hübscher Personen. In Turin hat das weibliche Geschlecht alle Reize, die die Liebe nur wünschen kann, aber in keiner Stadt Italiens ist die Polizei so unbequem. Da die Stadt klein und sehr bevölkert ist, sind Spione überall. Man kann daher eine gewisse Freiheit nur unter außerordentlichen Vorsichtsmaßregeln genießen, und nur mit Hilfe von sehr geschickten Kupplerinnen, die man gut bezahlen muß; denn sie riskieren, wenn sie entdeckt werden, eine barbarische Strafe. Man duldet weder öffentliche Dirnen noch Privat-Mätressen; dies ist den verheirateten Frauen sehr angenehm, und die unwissende Polizei hätte das doch wohl übrigens sehen müssen. Man begreift, welch leichtes Spiel infolgedessen die Päderastie in einer Stadt hat, wo die Leidenschaften sehr lebhaft sind.

Unter den Schönheiten, die meine Blicke auf sich gelenkt hatten, fesselte mich besonders eine. Ich fragte Desarmoises, der sie alle kannte, nach ihrem Namen. Er sagte mir: »Sie ist die berühmte Lia, eine unbesiegliche Jüdin, die den Angriffen der berühmtesten Liebhaber von Turin widerstanden hat. Ihr Vater ist ein bekannter Roßtäuscher; es ist nicht schwierig, sie zu besuchen, aber es ist nichts bei ihr zu machen.«

Ich fühlte mich um so mehr aufgelegt, die Sache zu wagen, da sie für so schwierig galt, und sagte daher zu Desarmoises: »Führen Sie mich zu ihr.«

»Sobald Sie wollen.«

Ich lud ihn ein, mit mir zu speisen, und als wir nach meinem Gasthause gingen, begegneten wir Herrn Zeroli und zwei oder drei anderen Herrn von der Spielgesellschaft von Aix. Ich machte und empfing Komplimente; da ich aber keine Lust hatte, einen von ihnen zu besuchen, so verabschiedete ich mich höflich unter dem Vorwande, daß ich Geschäfte hätte.

Gleich nach dem Essen führte Desarmoises mich nach der Porta del‘ Po zu Lias Vater, dem Roßkamm. Ich fragte ihn, ob er ein gutes Reitpferd zu verkaufen hätte. Er rief einen Stalljungen und gab ihm seine Befehle; während er mit mir sprach, trat seine reizende Tochter hinzu. Sie war blendend. Sie konnte höchstens zweiundzwanzig Jahre alt sein. Ein schlanker Nymphenwuchs, herrliche Haare vom schönsten Schwarz, eine Haut von Lilien und Rosen, die schönsten Augen voll Geist und Feuer, lange Wimpern und schön gewölbte Brauen, die allen, die an die Erlangung so herrlicher Reize dachten, den Krieg erklären zu wollen schienen – dies waren ihre Vorzüge. Ihr Benehmen verriet eine gute Erziehung und Weltgewandtheit.

In die Betrachtung der Reize dieses schönen Mädchens versunken, sah ich anfangs nicht das Pferd, das vor mir stand. Endlich aber prüfte ich es, indem ich den Kenner spielte: nachdem ich Knie und Beine befühlt, die Ohren bewegt und das Maul untersucht hatte, ließ ich es mir im Schritt, im Trab und im Galopp vorreiten; hierauf sagte ich dem Juden, ich würde am nächsten Morgen in Stiefeln wiederkommen, um es selber zu reiten. Das Pferd war ein schöner Apfelschimmel; es kostete vierzig Piemonteser Pistolen, ungefähr hundert Zechinen.

»Es ist die Sanftmut selbst,« sagte Lia, »und hat einen so vortrefflichen Paßgang, daß es in dieser Gangart es mit dem Trabe jedes anderen Pferdes aufnimmt.«

»Sie haben es also geritten, mein Fräulein?«

»Mehrere Male, mein Herr; und wenn ich reich wäre, würde ich es niemals verkaufen.«

»Sie würden zwei Glückliche machen; denn das Pferd muß Sie lieben, seitdem Sie es geritten haben. Ich werde es nur kaufen, wenn ich Sie es habe reiten sehen.«

Sie errötete. Ihr Vater sagte zu ihr: »Du mußt dem Herrn den Gefallen tun.«

Sie erklärte sich bereit, und ich versprach ihnen, am nächsten Morgen um neun Uhr wiederzukommen.

Wie man sich denken kann, war ich pünktlich. Ich fand Lia in Kuriertracht. Was für ein Körper! Welche Formen der Venus Kallipygos! Ich war durch diesen Eindruck bereits besiegt.

Zwei Pferde standen bereit; sie schwang sich anmutig und leicht wie der geschickteste Reitknecht auf das ihrige, und ich bestieg das andere. Wir machten einen ziemlich langen Spazierritt. Das Pferd ging sehr gut, aber was machte ich mir aus dem Tier! Ich hatte nur für sie Augen und Gedanken. Auf dem Rückwege sagte ich zu ihr: »Schöne Lia, ich werde das Pferd kaufen, aber nur, um es Ihnen zu schenken; wenn Sie es nicht annehmen, verlasse ich Turin noch heutigen Tages. Ich knüpfe an mein Geschenk keine andere Bedingung, als daß Sie die Gefälligkeit haben, mit mir auszureiten, sooft ich Sie darum bitte.«

Da ich ihrem Gesicht ansah, daß sie meine Worte günstig aufnahm, so sagte ich ihr weiter, ich würde sechs Wochen in Turin bleiben; ich hätte mich auf der Promenade in sie verliebt, und der Kauf des Pferdes wäre nur ein Vorwand gewesen, um Gelegenheit zu finden, ihr meine Gefühle kundzugeben. Sie antwortete mir mit sehr bescheidenem Wesen, die Freundschaft, die sie mir eingeflößt hätte, sei unendlich schmeichelhaft für sie, und das großmütige Geschenk, das ich ihr mache, sei nicht nötig, um mir ihre Freundschaft zu gewinnen. Sie fuhr fort: »Die Bedingung, die Sie mir auferlegen, ist mir außerordentlich angenehm, und ich bin überzeugt, ich mache meinem Vater ein Vergnügen, indem ich sie annehme. Ich bitte Sie nur um die Gefälligkeit, mir dieses Geschenk in seiner Gegenwart zu machen und zu wiederholen, daß Sie das Pferd nur kaufen werden, wenn ich es annehme.«

Ich sah mich leichter, als ich geglaubt hatte, auf gutem Wege und tat nach ihrem Begehren. Ihr Vater, namens Moses, fand das Geschäft sehr gut. Er wünschte seiner Tochter Glück, bekam die vierzig Pistolen, über die er mir eine Quittung gab, und bat mich ihm die Ehre zu erweisen, am nächsten Tage bei ihm zu frühstücken. Dies wünschte ich gerade.

Am nächsten Tage empfing Moses mich mit großer Ehrerbietung. Die schöne Lia trug Frauenkleider, aber sie sagte mir, wenn ich ausreiten wollte, würde sie sich augenblicklich umkleiden.

»Wir werden ein anderes Mal ausreiten, liebenswürdige Lia; heute bin ich glücklich, Sie in Ihrem Hause unterhalten zu dürfen.«

Ihr Vater aber, habgierig wie alle seine Glaubensgenossen, sagte mir: wenn ich gerne spazieren führe, könnte er mir einen sehr hübschen Phaethon mit zwei ausgezeichneten Pferden verkaufen.

»Sie können sie dem Herrn zeigen«, sagte Lia, die vielleicht mit ihrem Vater im Einverständnis war.

Moses antwortete nicht und ging hinaus, um anspannen zu lassen.

»Ich will mir den Wagen ansehen,« sagte ich zu Lia; »aber ich werde ihn nicht kaufen, denn ich wüßte nicht, was ich damit anfangen sollte.«

»Sie können mit der Dame, die Sie lieben, darin spazieren fahren.«

»Also mit Ihnen! Aber vielleicht würden Sie es nicht wagen?«

»Ei warum denn nicht? Wir können ja aufs Land, in die Umgebung von Turin fahren.«

»Gut, Lia; ich werde mir die Pferde ansehen.«

Der Vater kam, und wir gingen in den Hof.

Wagen und Pferde gefielen mir, und ich sagte Lia dies.

»Nun,« sagte Moses, »alles zusammen kostet nur vierhundert Zechinen; aber wenn einer das Gespann nach Ostern haben will, so muß er mindestens fünfhundert dafür geben.«

Lia stieg ein, ich setzte mich neben sie, und wir fuhren eine Stunde lang in der Umgegend spazieren. Dann fuhren wir nach Hause; ich sagte Moses, ich würde ihm am nächsten Tage Antwort geben, er entfernte sich, und ich ging mit der schönen Lia ins Haus.

Als wir im Zimmer waren, sagte ich zu ihr: »Wagen und Pferde sind gewiß vierhundert Zechinen wert, und ich werde sie morgen mit Vergnügen bezahlen; aber ich nehme sie unter denselben Bedingungen wie das Pferd und unter einer Bedingung außerdem: daß Sie mir alle Gunst gewähren, die man von einer zärtlichen gegenseitigen Liebe erwarten kann.«

»Sie sprechen klar und deutlich; ich muß Ihnen ebenso antworten: Ich bin ein anständiges Mädchen und verkaufe mich nicht.«

»Schöne Lia! Alle Frauen, anständig oder nicht, verkaufen sich. Wenn ein Mann Zeit hat, kauft er die Frau, die seine Liebe begehrt, durch eifrige Bewerbung; wenn er es eilig hat, wie ich, bedient er sich der Geschenke und sogar des Goldes.«

»Ein solcher Mann ist ungeschickt; er täte besser daran, dem Gefühl Zeit zu lassen, für ihn zu sprechen.«

»Dies wäre für mich der Gipfel des Glücks, Lia; aber ich habe es eilig.«

Da in diesem Augenblick ihr Vater eintrat, so ging ich, indem ich ihm sagte: »Wenn ich morgen nicht kommen kann, werde ich übermorgen kommen, und dann werden wir vom Phaeton sprechen.«

Offenbar hatte Lia mich für einen Verschwender genommen, den sie anführen könnte: sie hätte gerne den Wagen auf dieselbe Art bekommen wie das Pferd; aber ich war ja kein Neuling mehr. Ich hatte mich leicht dazu entschlossen, auf gut Glück hundert Zechinen zu opfern; weiter aber konnte meine Verschwendung ohne bestimmte Aussichten nicht gehen.

Ich beschloß, meine Besuche einzustellen und zu warten, wie die Sache mit ihr und ihrem Vater enden würde. Ich rechnete stark auf die Habsucht des Juden: er liebte das Geld und mußte sich ärgern, wenn seine Tochter es nicht möglich zu machen wußte, mich zum Ankauf des Wagens zu veranlassen, einerlei ob sie sich mir hingab oder nicht; denn dies mußte ihm vollkommen gleichgültig sein. Ich war beinahe gewiß, daß sie mir von selber kommen würden.

Am nächsten Sonnabend bemerkte ich die schöne Jüdin auf der Promenade. Wir gingen so nahe aneinander vorbei, daß ich sie anreden konnte, ohne daß es nach Absicht von meiner Seite aussah, zumal da ihre Blicke mir zu sagen schienen: Kommen Sie!

»Man sieht Sie ja gar nicht mehr, mein Herr!« sagte sie zu mir; »aber kommen Sie morgen und frühstücken Sie mit mir, oder ich schicke Ihnen das Pferd zurück.«

Ich versprach ihr, recht früh zu kommen; selbstverständlich hielt ich ihr Wort.

Wir frühstückten sozusagen unter vier Augen; denn obgleich noch ihre Tante als dritte dabei war, so war diese doch nur des Anstandes wegen da. Nach dem Frühstück verabredeten wir, miteinander auszureiten, und sie zog sich in meiner Gegenwart als Mann an; aber auch die Tante war dabei. Da sie ihre Lederhosen schon vorher angezogen hatte, so ließ sie ihre Röcke fallen; hierauf legte sie ihr Mieder ab und zog eine Jacke an. Ohne dem Anschein nach darauf zu achten, sah ich einen prachtvollen Busen; die listige Jüdin wußte aber wohl, was sie von meiner Gleichgültigkeit zu halten habe.

»Wollen Sie mir wohl meine Busenkrause in Ordnung bringen?« fragte sie mich. Sie entflammte mich hierdurch, und meine Hand war recht unbescheiden. Ich glaubte jedoch in diesem ganzen Manöver einen abgekarteten Plan zu erraten und war daher auf meiner Hut, um diesen zu vereiteln. In dem Augenblick, wo wir zu Pferde stiegen, kam ihr Vater und sagte zu mir: »Wenn Sie Phaeton und Wagen mir abkaufen wollen, lasse ich zwanzig Zechinen ab.«

Ich antwortete ihm: »Ihre Tochter hat es in der Gewalt, mich nach unserer Rückkehr vom Spazierritt zur Erfüllung aller Ihrer Wünsche zu veranlassen.«

Wir ritten im Schritt ab. Im Laufe des Gespräches sagte Lia mir, sie habe unvorsichtigerweise ihrem Vater gesagt, es stehe bei ihr, mich zum Ankauf des Wagens zu veranlassen, und wenn ich sie nicht mit ihrem Vater entzweien wolle, müsse ich die Güte haben, ihn zu kaufen. »Schließen Sie das Geschäft ab,« fuhr sie fort; »und behalten Sie sich vor, mir den Wagen erst dann zu schenken, wenn Sie überzeugt sind, daß ich Sie liebe.«

»Meine liebe Lia, es steht in Ihrer Macht, Ihren Willen durchzusetzen; aber Sie wissen, unter welcher Bedingung.«

»Ich verspreche Ihnen, mit Ihnen allein auszureiten, so oft Sie wollen – allerdings, ohne einzukehren; aber ich glaube, daraus machen Sie sich auch nichts. Ihre Neigung ist sehr flüchtig gewesen; es war nur eine einfache Laune.«

»Um Sie vom Gegenteil zu überzeugen, werde ich den Phaeton kaufen und in eine Remise stellen lassen. Die Pferde werde ich füttern lassen, ohne mich ihrer zu bedienen. Aber wenn Sie mich nicht binnen acht Tagen glücklich machen, werde ich Wagen und Pferde wieder verkaufen.«

»Kommen Sie morgen!«

»Ich werde kommen; aber ich verlange heute Morgen schon ein Unterpfand Ihrer Zärtlichkeit.«

»Heute Morgen? Das wäre mir unmöglich.«

»Verzeihen Sie – ich gehe mit Ihnen auf Ihr Zimmer, und beim Umkleiden können Sie mir mehr als eine Gunst bewilligen.«

Wir kamen nach Hause, und zu meiner Überraschung hörte ich sie ihrem Vater sagen, der Phaeton sei mein; er brauche ihn nur anspannen zu lassen. Der Jude lächelte; wir gingen alle drei ins Haus, und Lia sagte zu mir mit siegesbewußter Miene: »Zählen Sie das Geld auf!«

»Ich habe es nicht bei mir; aber ich will Ihnen eine Anweisung geben.«

»Hier ist Papier.«

Ohne Zögern schrieb ich dem Bankier Zappata, er möchte bei Sicht dreihundertundachtzig Zechinen zahlen. Der Jude ging, um das Geld zu holen, und Lia blieb mit mir allein.

»Indem Sie mir vertraut haben, lieber Freund,« sagte sie zu mir, »haben Sie sich meines Herzens würdig gemacht.«

»Also schnell, entkleiden Sie sich!«

»Nein, meine Tante ist im Hause, und da ich die Tür nicht schließen kann, könnte sie eintreten; aber ich verspreche Ihnen, morgen werden Sie mit mir zufrieden sein. Ich will mich jetzt umkleiden, aber treten Sie bitte in diese Kammer! Sobald ich wieder die Kleider meines Geschlechts trage, können Sie hereinkommen.«

Ich erklärte mich einverstanden, und sie schloß mich ein. Ich sah mir die Türe an und erblickte eine schmale Spalte zwischen den beiden Flügeln. Ich stieg auf einen Schemel, sah durch die Spalte und bemerkte Lia der Tür gegenüber auf einem Sofa sitzen und sich auskleiden. Sie zog ihr Hemd aus, nahm ein Handtuch, das neben ihr lag, und trocknete ihre Brüste und hierauf ihre Füße ab. Als sie ihre Reithose ausgezogen hatte und ganz nackt dastand, fiel scheinbar zufällig einer ihrer Ringe zur Erde und rollte unter das Kanapee. Sofort stand sie auf, sah nach rechts und links und bückte sich dann, um unter dem Sofa zu suchen. Um den Ring zu erfassen, mußte sie sich auf die Knie niederlassen und den Kopf nach vorne neigen. Nachdem sie sich wieder auf das Kanapee gesetzt hatte, mußte sie sich abermals abtrocknen. Sie tat dies so gründlich, daß meinen, von allen diesen Reizen entflammten Augen nicht der kleinste Teil ihres Körpers mehr ein Geheimnis blieb. Ich war überzeugt, sie wußte, daß ich dieses ganze Manöver mit ansah; wahrscheinlich erriet sie auch, welche Verheerungen sie in meiner leicht entzündlichen Natur anrichtete.

Als sie endlich fertig war, befreite sie mich aus meiner Kammer. Ich schloß sie in meine Arme und sagte ihr: »Ich habe alles gesehen!«

Sie spielte die Ungläubige, ich zeigte ihr den Spalt und schickte mich an, von meinen Rechten Gebrauch zu machen; da trat der verfluchte Moses ein. Wenn er nicht blind war, mußte er sehen, in welchen Zustand seine Tochter mich versetzt hatte; aber er dankte mir, gab mir die Quittung über das Geld, das er einkassiert hatte, und sagte: »Mein ganzes Haus gehört Ihnen.«

Ich verabschiedete mich von ihnen und ging ärgerlich fort. Ich stieg in meinen Phaeton und fuhr nach Haus; den Kutscher behielt ich, indem ich ihn beauftragte, sofort einen Stall und eine Remise zu besorgen.

Ich nahm mir vor, Lia nicht wiederzusehen, denn ich ärgerte mich über sie. Sie hatte mir in ihren wollüstigen Stellungen nur zu sehr gefallen; aber sie hatte in mir eine Aufregung hervorgerufen, die eine Todfeindin der Liebe ist. Sie hatte Amor gezwungen, zum Dieb zu werden, und in seiner hungrigen Gier hatte sich das Kind dazu herbeigelassen; als es jedoch nachher das Recht zu haben glaubte, eine kräftigere Nahrung zu verlangen, dann aber sich zurückgewiesen sah, wich die Glut einem Gefühl der Verachtung. Lia wollte sich ihre eigenen Gefühle nicht gestehen, und meine Liebe wollte sich nicht offen zum Diebstahl bekennen.

Ich machte die Bekanntschaft eines sehr liebenswürdigen Kavaliers, der Soldat, Gelehrter und großer Pferdekenner war. Er führte mich bei mehreren hübschen Damen ein, doch pflegte ich den Verkehr mit diesen nicht; denn ich hätte bei ihnen allen Gefühl aufwenden müssen; ich wollte jedoch nur solide Genüsse, selbst wenn ich sie mit schwerem Gelde erkaufen mußte. Der Chevalier de Brézé war nicht der richtige Mann für mich: er war zu tugendhaft für einen Wüstling wie mich. Er kaufte von mir den Phaeton und die Pferde, die ich Lia versprochen hatte, und ich verlor nur dreißig Zechinen daran.

Ein gewisser Baretti, der mich in Aix in Savoyen gekannt hatte und dem Marquis de Prié als Croupier diente, führte mich bei der Mazzoli ein. Sie war eine frühere Tänzerin, zurzeit Geliebte des Chevaliers Raiberti, eines kalten aber sehr ehrenwerten Mannes, der damals das Portefeuille der auswärtigen Angelegenheiten Seiner Allergetreuesten Majestät innehatte. Die Dame war durchaus nicht hübsch, aber sehr gefällig; sie ließ für mich Mädchen in ihr Haus kommen, von denen jedoch nicht eine einzige mir würdig erschien, Lia zu ersetzen. Ich glaubte diese nicht mehr zu lieben; aber ich täuschte mich.

Der Chevalier Cocona, der in jenem Augenblick das Unglück hatte, der heiligen Veronika geweiht zu sein, überließ mir seine Geliebte, eine sehr hübsche Soubrette; aber obwohl meine Augen sich überzeugten und trotz allen Versicherungen, die sie mir gab, hatte ich nicht den Mut, sie anzurühren; aus Angst enthielt ich mich ihrer. Graf Trana, ein Bruder des Chevaliers und alter Bekannter von Aix her, stellte mich der Frau von Sc. vor; sie war eine Dame der hohen Gesellschaft und ein sehr schönes Weib, aber sie wollte mich zu einem verbrecherischen Schritt verleiten, vor dem mein guter Schutzgeist mich bewahrte; ich besuchte sie daher nicht mehr. Graf Trana rechtfertigte sich. Kurze Zeit nachher starb sein Onkel, und er wurde reich; aber er verheiratete sich und wurde unglücklich.

Ich langweilte mich, und Desarmoises, der stets mit mir speiste, fand seine Rechnung nicht dabei. Er riet mir, die Bekanntschaft einer Französin zu machen, die in Turin ein sehr berühmtes Putzgeschäft hatte. Sie nannte sich Madame R. Sie hatte in ihrem Dienst sieben oder acht junge Mädchen, die sie in einem an ihren Laden anstoßenden Saal arbeiten ließ. Er glaubte, bei richtigem Benehmen könnte ich eine nach meinem Geschmack für mich gewinnen. Da meine Börse gut gespickt war, so hielt auch ich die Sache für nicht allzu schwierig und folgte seinem Rat. Ich trat bei der Dame ein und fand bei ihr zu meiner angenehmen Überraschung Lia, die um eine Menge von allerhand Sachen feilschte, die sie sämtlich zu teuer fand. Sie sagte mir in einem Tone freundschaftlichen Vorwurfes, sie habe mich für krank gehalten.

Ich fühlte meine Liebesglut von neuem erwachen und antwortete ihr: »Ich bin sehr beschäftigt gewesen; doch werde ich morgen das Vergnügen haben, Sie zu sehen.«

Sie lud mich zu einer jüdischen Hochzeit ein, wo ich zahlreiche Gesellschaft und mehrere hübsche junge Damen finden würde. Ich wußte, daß derartige Feierlichkeiten sehr ergötzlich sind, und versprach ihr daher, zu erscheinen. Nachdem sie lange gehandelt hatte, fand sie alles zu teuer und entfernte sich. Madame R. wollte alle die sieben Sachen wieder wegräumen, ich sagte jedoch: »Ich nehme das Ganze für meine Rechnung.«

Sie lächelte; ich zog meine Börse und zählte ihr das Geld auf.

»Wo wohnen Sie, mein Herr?« fragte sie mich, »und wann soll ich Ihnen die Waren zuschicken?«

»Sie könnten, Madame, mir die Ehre erweisen, morgen früh um neun Uhr die Sachen selber zu mir bringen und mit mir frühstücken.«

»Ich kann nicht einen Augenblick von hier abkommen, mein Herr.«

Frau R. war trotz ihren fünfunddreißig Jahre noch ein sogenannter leckerer Bissen und hatte gewisse Gefühle in mir erregt.

»Ich wünsche schwarze Blonden,« sagte ich.

»Wollen Sie mir bitte folgen, mein Herr.«

Zu meiner großen Freude sah ich im Saal eine Menge junger Arbeiterinnen. Sie waren alle reizend, aber sehr eifrig mit ihrer Arbeit beschäftigt und wagten mich kaum anzusehen. Frau R. öffnete mehrere Schränke und zeigte mir prachtvolle Blonden. Der Anblick dieser ganzen Schar von Nymphen machte mich zerstreut; ich sagte ihr, ich wünschte Blonden für zwei Baütten nach venetianischer Art. Sie wußte sofort Bescheid. Mit diesen Baütten wurde zu meiner Zeit in Venedig der größte Luxus getrieben. Die Blonden kosteten mir mehr als hundert Zechinen. Frau R. rief zwei von ihren jungen Mädchen bei Namen und befahl ihnen, am nächsten Morgen die Spitzen und die von Lia ausgesuchten und zu teuer gefundenen Waren zu mir zu bringen. Ein »Ja, Mama« war ihre Antwort.

Sie standen auf und küßten ihrer Mama die Hand; ich fand diese Zeremonie spaßhaft, aber angenehm, weil sie mir Gelegenheit gab, sie näher zu betrachten. Ich fand sie reizend. Wir gingen wieder in den Laden; ich setzte mich neben den Ladentisch und lobte die Schönheit der jungen Madchen; außerdem sagte ich – was allerdings nicht wahr war – ich würde sie selber den Mädchen vorgezogen haben. Sie dankte mir, sagte mir jedoch unumwunden, sie habe einen Liebhaber. Einen Augenblick darauf nannte sie mir auch dessen Namen. Es war der Graf von St. Giles, ein Schwächling, der sich sehr wenig zur Galanterie eignete. Ich glaubte, Frau R. scherze; doch erfuhr ich am nächsten Tage, daß sie mir die Wahrheit gesagt hatte. Jeder nach seinem Geschmack! Ich vermute, diese Frau, die recht wohl noch imstande war, eine Laune zu erregen, war mehr in die Börse als in die Person des Graubarts verliebt. Ich hatte ihn im »Café du Change« kennen gelernt.

Am nächsten Morgen brachten die beiden hübschen Zöfchen mir die Ware. Ich bot ihnen Schokolade an, war jedoch nicht imstande, sie zur Annahme meiner Einladung zu bewegen. Ich kam auf den Einfall, die von Lia ausgesuchten Sachen von ihnen hintragen zu lassen, und bat sie, sie möchten wiederkommen und mir sagen, wie sie mein Geschenk aufgenommen hätte. Sie erklärten sich bereit und warteten, bis ich ein Briefchen geschrieben hatte. Es war mir unmöglich, ihnen auf irgendeine Art meine Zärtlichkeit zu beweisen; denn ich hatte nicht gewagt, die Tür zu schließen, meine Wirtin und die häßlichen Töchter des Hauses gingen fortwährend aus und ein. Bei ihrer Rückkehr jedoch fing ich sie auf der Treppe ab, gab jeder von ihnen eine Zechine und sagte, es hänge nur von ihnen ab, sich meines Herzens zu bemächtigen. Lia hatte mein schönes Geschenk angenommen und ließ mir sagen, sie erwarte mich.

Am nächsten Nachmittag ging ich aufs Geratewohl spazieren. Ich kam zufällig an dem Modesalon vorbei; Frau R. sah mich, lud mich ein, hereinzukommen, und bat mich, neben ihr Platz zu nehmen.

»Mein Herr,« sagte sie zu mir, »ich danke Ihnen vielmals für Ihre Freigebigkeit gegen meine jungen Damen. Sie sind ganz entzückt nach Hause gekommen. Sagen Sie mir offen heraus, ob Sie in die schöne Jüdin sehr verliebt sind.«

»Ich bin bis über die Ohren in sie verliebt; aber ich bin nicht glücklich gewesen und habe mich nun mit meinem Schicksal abgefunden.«

»Daran haben Sie recht getan. Lia ist eine Spitzbübin, die nur alle Herren, die sich in ihre Reize verlieben, zum besten halten will.«

»Sollten nicht auch vielleicht Ihre reizenden Zöglinge diesem Grundsatz huldigen?«

»Nein; aber sie sind nur gefällig, wenn ich es ihnen erlaube.«

»So empfehle ich mich also Ihrer Güte; denn sie wollten nicht einmal eine Tasse Schokolade von mir annehmen.«

»Das dürfen sie auch nicht. Ich sehe, Sie kennen Turin nicht. Befinden Sie sich in Ihrer Wohnung wohl?«

»Ausgezeichnet.«

»Haben Sie dort vollkommene Freiheit?«

»Ich denke, ja,«

»Können Sie jeder beliebigen Dame ein Abendessen geben und können Sie in Ihren Räumen machen, was Sie wollen? Ich bin überzeugt, Sie können es nicht.«

»Ich habe bis jetzt noch keine Gelegenheit gehabt, einen Versuch zu machen; aber ich glaube …«

»Geben Sie sich keinen Täuschungen hin; die Leute in Ihrem Hause sind Polizeispione.«

»Sie glauben also, es wäre mir nicht möglich, Sie und zwei oder drei Ihrer Schülerinnen zum Abendessen bei mir zu haben?«

»Jedenfalls weiß ich ganz genau, daß ich mich hüten würde, hinzugehen. Am nächsten Morgen würde die ganze Stadt es wissen, vor allen anderen die Polizei.«

»Und wenn ich anderswo eine Wohnung nähme?«

»Es wäre überall das gleiche; denn Turin ist ein Nest von Spionen; aber ich kenne ein Haus, wo Sie nach Ihrer Bequemlichkeit leben könnten und wohin meine Mädchen, unter gewissen Vorsichtsmaßregeln, Ihnen alles bringen könnten, was Sie bei mir kaufen würden.«

»Wo ist das Haus? Ich werde Ihre Ratschläge getreulich befolgen.«

»Vertrauen Sie keinem Piemontesen, das ist die Hauptsache.«

Hierauf gab sie mir die Adresse eines gut möblierten Hauses, das nur von einem alten Hausmeister und seiner Frau bewohnt wurde.

»Man wird Ihnen das Haus monatsweise vermieten,« sagte sie zu mir; »und wenn Sie die Monatsmiete vorausbezahlen, wird man Sie nicht einmal nach Ihrem Namen fragen.«

Das hübsche Häuschen lag zweihundert Schritte von der Zitadelle in einer stillen Straße; durch eine Tür, die nach der Campagna hinaus ging, konnte ich sogar mit meinem Wagen einfahren. Ich fand alles, wie Frau R. es mir geschildert hatte, bezahlte ohne Feilschen für einen Monat voraus und zog schon am nächsten Morgen ein. Frau R. bewunderte meine Schnelligkeit.

Ich besuchte die jüdische Hochzeit und unterhielt mich dabei; denn die Zeremonie hat etwas Symbolisches und zugleich lächerlich Groteskes; ich widerstand jedoch allen Künsten, die Lia aufbot, um mich wieder in ihre Netze zu locken.

Ich mietete von ihrem Vater einen geschlossenen Wagen, den ich ebenso wie die Pferde in meinem Häuschen unterbrachte. So konnte ich ganz nach meinem Belieben durch die Vorder- oder durch die Hintertür, bei Tage oder bei Nacht gehen oder kommen, wie ich wollte; denn ich wohnte tatsächlich in der Stadt und zugleich auf dem Lande. Ich mußte dem neugierigen Gama meine Wohnung angeben; auch glaubte ich Desarmoises sie nicht verbergen zu dürfen, denn dieser hing wegen seiner Bedürftigkeit ganzlich von mir ab. Trotzdem war auf meinen Befehl auch für sie, wie für alle anderen, meine Tür verschlossen, wenn ich nicht besondere Anweisungen gegeben hatte, den von mir erwarteten Personen zu öffnen. Ich hatte keinen Anlaß, an der Treue meiner beiden Bedienten zu zweifeln.

In diesem Hause der Seligkeit musterte ich sämtliche jungen Mädchen der Madame R. Diejenige, die ich näher kennen zu lernen wünschte, kam stets in Begleitung einer anderen, die ihr als Ehrenwächterin diente und die ich gewöhnlich nach Hause schickte, nachdem ich ihr ihren Anteil am Kuchen gegeben hatte. Die letzte, namens Victorine, bildhübsch und zärtlich wie eine Taube, hatte das Unglück, versperrt zu sein; sie wußte jedoch nichts davon. Madame R., die es ebenfalls nicht wußte, hatte sie nur als Jungfer zugeschickt; auch ich hielt sie dafür zwei Stunden lang, während welcher ich mich fortwährend bemühte, den Zauber zu brechen oder vielmehr die Schale zu sprengen. Aber alle meine Anstrengungen waren vergebens. Endlich, als ich völlig erschöpft war, wollte ich sehen, was der Grund sei. Ich brachte sie in eine geeignete Lage, versah mich mit einer Kerze und begann die Untersuchung. Ich sah ein fleischiges Häutchen mit einem so kleinen Loch, daß kaum die Spitze einer dicken Nadel hindurchdringen konnte. Victorine ermutigte mich, den Eingang mit meinem kleinen Finger zu erzwingen; aber ich mühte mich vergeblich, diese Mauer zu durchbrechen, die von der Natur für gewöhnliche Mittel undurchdringlich gemacht war. Ich geriet in Versuchung, mit einem Messer das Hindernis zu beseitigen, und das junge Mädchen forderte mich dringend dazu auf; ich fürchtete jedoch eine Blutung, die mich vielleicht in böse Verlegenheit gebracht hätte. Deshalb stand ich davon ab, und daran tat ich wohl.

Die arme Victorine war dazu verurteilt, als Jungfrau zu sterben, wenn nicht ein geschickter Chirurg die Operation an ihr vornahm, die an Fräulein Cheroffini kurze Zeit nach ihrer Verheiratung mit Herrn Lepri vollzogen wurde. Sie weinte vor Kummer, als ich sagte: »Mein liebes Kind, dein kleiner Gott Hymen trotzt dem kräftigsten Amor und macht es ihm unmöglich, in deinen Tempel einzudringen.«

Ich beruhigte sie jedoch mit der Versicherung, daß ein guter Wundarzt sie leicht zu einem vollkommenen Weibe machen könne.

Am nächsten Tage erzählte ich den Vorfall der Frau R. Sie rief lachend: »Aber das ist ja für Victorine sehr günstig! Sie kann dadurch ihr Glück machen.«

Der Graf von Padua ließ sie einige Jahre später operieren und machte ihr Glück. Als ich aus Spanien zurückkehrte, fand ich sie schwanger und wurde dadurch verhindert, mich für meine erfolglosen Bemühungen bezahlt zu machen.

Am Gründonnerstag meldete man mir in aller Frühe Moses und Lia. Ich hatte ihren Besuch nicht erwartet, doch empfing ich sie aufs beste. Während der Karwoche wagten die Juden sich nicht in den Straßen von Turin sehen zu lassen; ich riet ihnen daher, die drei Tage bei mir zu verbringen, und als der Schelm mir einen schönen Ring zum Verkauf anbot, sah ich, daß es mir keine große Mühe kosten würde, sie zu überreden.

»Ich werde,« antwortete ich ihm, »diesen Ring nur aus Lias Händen kaufen können.«

Er lächelte; ohne Zweifel bildete er sich ein, ich würde ihr den Ring schenken; ich hatte mir jedoch bereits vorgenommen, sie in ihrer Erwartung zu täuschen. Ich bewirtete sie vornehm zu Mittag und Abend; hierauf gingen sie für die Nacht in ein hübsches Zimmer mit zwei Betten, das nicht weit von dem meinigen entfernt war. Ich hätte sie getrennt schlafen lassen können, indem ich Lia in einem Zimmer unterbrachte, das an das meinige anstieß, so daß ich sehr leicht einen nächtlichen Ausflug zu ihr machen konnte; aber ich hatte bereits für Lia zu viel getan und wollte daher nichts einer Überraschung oder auch nur einer Heimlichkeit zu verdanken haben. Sie sollte von selber zu mir kommen.

Als Moses am nächsten Morgen sah, daß ich den Ring noch nicht gekauft hatte, sagte er mir, er müsse in Geschäften ausgehen; er bat mich um meinen Wagen für den ganzen Tag und versprach, am Abend wiederzukommen und seine Tochter abzuholen. Ich ließ anspannen und kaufte ihm, bevor er abfuhr, den Ring für sechshundert Zechinen ab; aber ich stellte meine Bedingungen dabei. Ich war in meinem eigenen Hause; Lia konnte mich nicht betrügen. Sobald der Vater fort war, bemächtigte ich mich der Tochter. Sie war den ganzen Tag gefügig und verliebt. Ich hatte sie in den Naturzustand versetzt, und obwohl ihr Leib das Vollkommenste war, was man sich denken kann, brauchte und mißbrauchte ich ihn auf jede Art. Am Abend fand der Vater sie etwas ermüdet, aber er war ebenso zufrieden wie ich. Lia war weniger zufrieden, denn sie hatte erwartet, ich würde ihr zum Abschied den Ring schenken. Ich beschränkte mich jedoch darauf, ihr zu sagen, ich wolle mir das Vergnügen vorbehalten, ihr den Ring in ihre Wohnung zu bringen.

Am Ostermontag brachte ein Mann mir ein Schreiben, das mich vor die Polizei lud.