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904. Nacht
Bei dieser Gelegenheit fiel er denn in einen Abgrund
hinab, wo er einen schmählichen Tod fand, während seine Freunde in ihrer
Unbesorgtheit glücklich und gesund erwachten. Hätte dieser Mann seine
Einsichten unterdrückt, und sich vertrauensvoll dem Geschick überlassen, ohne
die Vorherbestimmung umgehen zu wollen, so wäre er unbeschadet davon gekommen.
Doch diese Geschichte ist gar nichts im Vergleich mit der
Erzählung von dem Mann, der den Leuten Gutes erzeigte, ohne sie zu kennen.
Geschichte
von dem Mann, der den Leuten Gutes erzeigte, ohne sie zu kennen
1)
Ein Araber von sehr hohem Ansehen und vielen edeln
Eigenschaften, hatte mehrere Brüder, die ihn oft einluden, oder ihm sonst
Gesellschaft leisteten. Das eine Mal war die Reihe an ihm, seine Freunde zu
bewirten, und er hatte deshalb alles aufs festlichste vorbereitet. Wohlriechende
Wachskerzen erleuchteten die Zimmer, die kostbarsten Früchte prangten auf den
Tellern, alle Seltenheiten waren hervorgerufen, sogar die schönsten Sänger und
Sängerinnen waren befehligt zu erscheinen. Der Wirt ging eben aus, um seine
Freunde zusammen zu suchen. Es befand sich niemand in seinem Hause, und da er
bald wieder kommen wollte, legte er bloß ein gewöhnliches Vorlegeschloss an
seine Türe.
In derselben Stadt befand sich ein sehr gebildeter junger
Mann, der als Kaufmann mit vielen Waren dahin gekommen war. Allein er war so
freigebig und verschwenderisch gewesen, dass er sein großes Vermögen vertan,
und nichts mehr hatte, als was er von Kleidungsstücken auf dem Leib trug. Ja,
er war sogar genötigt, sein Bett zu verkaufen, und die Wohnung, wo er so
glückliche Tage verlebt hatte, zu verlassen, und die Einwohner der Stadt von
Tage zu Tage um eine Nachtherberge zu ersuchen. Als er eines Tages auch so in
den Straßen umher irrte, begegnete er einer sehr schönen Frau, deren Anblick
ihn seine unglückliche Lage vergessen ließ. Er nahte sich ihr, und sie merkte
wohl, dass er sich scheute, mit ihr zu sprechen. Da sie ihn indessen auf alle
Art zum Besten hatte, so wollte er es seinerseits auch nicht fehlen lassen, und
er rufte sie daher an, und lud sie ein, ihn zu begleiten. Sie willigte sogleich
ein, und sagte lachend: „Ich will mit Dir in Deine Wohnung gehen.“ Da
bereute er sein Unglück, dass er keine Wohnung mehr hatte, und war außer sich,
sie nicht bewirten zu können. Doch schämte er sich aber auch, es ihr
abzuschlagen, da er sie einmal eingeladen hatte.
Ganz mit dem Gedanken beschäftigt, wie er sie auf eine
gute Art los werden könnte, ging er von einer Straße zur anderen, und kam
endlich in eine Gasse, die keinen Ausweg hatte. Am Ende derselben bemerkte er
eine Türe, die durch eine Vorlegeschloss verschlossen war: „Ach
verzeihe,“ rief er plötzlich aus: „Ich sehe soeben, dass mein
Bedienter ausgegangen ist, und dass er die Türe verschlossen hat. Was machen
wir nun? Und wer wird sie uns öffnen?“ – „Ach,“ rief sie,
„mein Herr, dieses Schloss ist nicht zehn Drachmen wert.“ –