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860. Nacht

Abul Mosaffer nahm willig meine fünf Silberstücke an und
versprach mir lächelnd, den ihm gegebenen Auftrag auszurichten. Ich dankte ihm
und ging alsbald wieder nach Hause, auf den Arm meiner Mutter gestützt.

Abul Mosaffer, in Begleitung einer großen Anzahl von
Kaufleuten, stach in See, und nach einer ziemlich glücklichen Fahrt landete er
an den Küsten von China. Als ein jeder seine Waren abgesetzt und andere gekauft
hatte, ging man wieder gen Balsora unter Segel.

Schon drei Tage wogte das Schiff in offener See, da befahl
Mosaffer plötzlich, wieder ans Ufer zu steuern. Die Kaufleute, voll
Verwunderung über eine solche Wendung, fragten ihn nach der Ursache.

„Ihr erinnert Euch doch,“ antwortete ihnen Abul
Mosaffer, „des Auftrages, welchen der arme Abu Muhammed Alkeslan mir
gegeben hat? Nun, ich habe ihn gänzlich vergessen. Wir müssen also notwendig
umkehren, ihm etwas zu kaufen, was ihm nützlich sein kann, damit ich mein ihm
getanes Versprechen erfülle.“

„Um Gottes willen, Herr,“ antworteten die
Kaufleute dem Scheich, „zwingt uns nicht, wieder umzukehren. Der Raum, den
wir bereits durchlaufen haben, ist zu beträchtlich, als dass wir uns solcher
Geringfügigkeit wegen dem Unwetter aussetzen sollten, welches wir schon
überstanden, und den Gefahren, welchen wir bisher so glücklich entgangen
sind.“

Da aber Abul Mosaffer nichts hören wollte, sondern fest
an seinem Vorsatz beharrte, so erboten sich die Kaufleute, jeder die Summe zu
verdoppeln, welche ich ihm übergeben hatte. Abul Mosaffer fand dieses Erbieten
so vorteilhaft für mich, dass er es annahm.

Die Kaufleute setzten also ihre Fahrt fort und landeten an
einer äußerst bevölkerten Insel, wo ein bedeutender Handel mit Perlen und
Diamanten getrieben wurde. nachdem auf einer sehr bequemen Reede der Anker
ausgeworfen war, stiegen alle ans Land, um ihre Waren zu verhandeln. Indem Abdul
Mosaffer auf dem Basar so auf- und abging, sah er einen Mann sitzen, der eine
große Menge Affen um sich hatte, unter welchen sich einer befand, der ganz
schäbig war. Als er stehen blieb, um ihn näher zu betrachten, bemerkte er,
dass, sobald die übrigen Affen ihren Herrn die Augen abwenden sahen, sie alle
über ihren unglücklichen Gefährten herfielen und ihn auf schreckliche Weise
misshandelten. Wenn ihr Herr es gewahrte, stand er auf und schlug drein, um sie
auseinander zu bringen; aber es half nicht, dass er sie züchtigte und die
listigsten ankettete: Sobald er den Rücken drehte, fingen sie ihr Spiel von
neuem an.

Abul Mosaffer, von Mitleid gerührt, diesen armen Affen so
gequält zu sehen, näherte sich seinem Herrn und fragte ihn, ob er ihm den
Affen verkaufen wollte. „Ich biete Euch dafür,“ sagte er, „fünf
Piaster, welche mir eben ein armer Waisenknabe übergeben hat, um ihm etwas zu
kaufen.“

„Ich bin es gern zufrieden,“ antwortete der Herr
des Affen, „und ich wünsche, dass dieser Handel für Euren Schützling
recht vorteilhaft sein möge.“

Nachdem Abul Mosaffer den bedungenen Preis bezahlt hatte,
nahm er das Tier mit sich und befahl einem seiner Sklaven, es an Bord des
Schiffes zu bringen und auf dem Verdeck anzubinden.

Als die Kaufleute ihre Einkäufe gemacht hatten, gingen
sie wieder unter Segel und schifften nach einer anderen Insel, wo sie kaum
gelandet waren, als sie sich von den Barken der Taucher umgeben sahen, welche
ihre Dienste anzubieten kamen. Indem diese Leute nun für einige Geldstücke ins
Meer tauchten, geriet der Affe, der ihnen zusah, so in Bewegung, dass es ihm
gelang, sich loszureißen, und er sich ebenso wie jene ins Meer stürzte.

„Guter Gott!“, rief Abul Mosaffer aus, als er
den Affen verschwinden sah, „was wird der arme Muhammed Alkeslan sagen,
wenn er das Tier, welches ich für sein Geld gekauft habe, nicht einmal zu sehen
bekommt?“

Als die Taucher wieder emporkamen, erschien auch der Affe
wieder mit ihnen und hielt in seinen Pfoten mehrere Perlenmuscheln, welche er zu
Abul Mosaffers Füßen niederlegte. Dieser, verwundert über eine solche Tat,
konnte sich nicht enthalten zu glauben, dass dieser Affe ein außerordentliches
Wesen und ein Geheimnis dahinter verborgen wäre.

Nachdem die Kaufleute wieder unter Segel gegangen waren,
wurden sie von einem Sturm befallen, welcher sie von ihrer Richtung abtrieb und
sie an die Küste einer Insel warf, welche die Singeninsel genannt wurde, und
deren Einwohner Schwarze und Menschenfresser waren.

Als diese Wilden das Schiff erblickten, griffen sie es in
ihren Booten von allen Seiten an, bemächtigten sich desselben, banden die
Kaufleute und führten sie vor ihren König.

Dieser wilde Fürst befahl, eine Anzahl dieser
Unglücklichen zu braten, und sättigte sich samt den vornehmsten seiner
Untertanen an ihrem Fleisch. Die übrigen Kaufleute, nachdem sie Zeugen des
Unglücks ihrer Gefährten gewesen, wurden in eine Hütte gesperrt und
erwarteten wehklagend dasselbe Schicksal.