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855. Nacht

Nachdem er am folgenden Tag sich seines Ladens entledigt
hatte, dachte er nur daran, seine Reise fortzusetzen. Obwohl er das größte
Verlangen fühlte, seinen Sohn zu umarmen und sich den Wünschen des Kalifen zu
fügen, der auf die Rückkehr an seinen Hof drang, so entschloss er sich
nichtsdestoweniger, zuvor nach Kairo zu reisen, um seinen Vater und seine Mutter
zu sehen. Sie setzten sich also alle zusammen auf das Sofa, welches sie in einem
Augenblick in einer engen Straße von Kairo niederließ.

Als Alaeddin an die Türe des Hauses pochte, worin er
seien Kindheit verlebt hatte, hörte er mit unaussprechlichem Vergnügen die
Stimme seiner Mutter, welche fragte, ohne zu öffnen:

„Wer ist da? Was will man bei unglücklichen Eltern,
welche das verloren haben, was ihnen das Teuerste auf der Welt war?“

„Es ist Euer Sohn Alaeddin,“ rief er ihr zu.
„Alaeddin,“ sagte sie mit einem Seufzer, „ist lange tot!“

„Meine Mutter,“ sagte er mit erhobener Stimme,
„ich bitte Euch, öffnet mir, ich bin Euer Sohn Alaeddin.“

Auf diese Worte, welche ihr Herz mit der innigsten Freude
durchdrangen, öffnete die arme Mutter hastig die Türe. Ihr Sohn warf sich in
ihre Arme und riss sich nur aus ihnen los, um in die Arme seines Vaters zu
sinken. Als die ersten Entzückungen der Freude und der Zärtlichkeit gestillt
waren, stellte Alaeddin seinen Eltern seine beiden Gattinnen und seinen Freund
Achmed Aldanaf vor.

Nach Verlauf von drei Tagen bezeigte Alaeddin seinen
Eltern das Verlangen, sich mit ihnen nach Bagdad zu begeben. Sie wollten ihn
anfangs bereden, in Kairo zu bleiben; aber nachdem Alaeddin ihnen vorgestellt
hatte, dass er verpflichtet wäre, an den Hof zurückzukehren, so willigten sie
ein, ihm dahin zu folgen. Alaeddin ließ also alles zu seiner Abreise
vorbereiten, und nach wenigen Tagen begab er sich mit seinem Vater und seiner
Mutter, seinen beiden Frauen und Achmed Aldanaf nach Bagdad.

Als Harun Arreschyd von der Ankunft Alaeddin unterrichtet
wurde, kam er ihm entgegen in Begleitung Aslans und der vornehmsten Herren
seines Hofes und empfing ihn mit offenen Armen.

Danach ließ er den mit Ketten belasteten Achmed Komakom
vorführen und sagte zu Alaeddin:

„Ich habe diesen Verbrecher nur deshalb bis jetzt
leben lassen, damit Du selber ihn bestrafen könntest.“

Alaeddin, bei dem Anblick dieses Menschen, der Schuld war
an allen seinen Leiden, zog seinen Säbel und ließ ihm den Kopf von den
Schultern fliegen.

Der Kalif wollte hierauf aus Alaeddins Munde die
Erzählung der Abenteuer vernehmen, welche ihm seit dem verhängnisvollen Tag
ihrer Trennung begegnet waren.

Alaeddin säumte nicht, ihm Genüge zu leisten.

Als er geendigt hatte, wünschte der Kalif ihm Glück zu
seiner Vermählung mit der Prinzessin Husn Merim und wollte, dass der
Heiratsvertrag in seiner Gegenwart vollzogen würde. Es gab bei diesem Anlass
Feste und Lustbarkeiten, welche sieben Tage hindurch währten. Alaeddin wurde
von neuem mit Ehren überhäuft, und sein Sohn wurde Oberhaupt des hohen Rats
der Sechzig.

Die Unglücksfälle, welche der Günstling erlitten hatte,
vermehrten die Anhänglichkeit seines Herrn für ihn. Er bewies ihm ein
unbegrenztes Vertrauen, welches in der Folge nichts mehr erschüttern konnte.

Alaeddin, so am Hof durch die beständige Gunst des
Kalifen beglückt, war es nicht minder in seiner ganzen Umgebung. Jasmin, deren
Liebe sich so treu bewährt hatte, Sobe