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815. Nacht

Der Kaufmann ging von Laden zu Laden und wiederholte seien
Nachfrage bei jedem Apotheker, den er traf: Aber alle Lachten ihm ins Gesicht
und machten sich über ihn lustig.

Da er sah, dass seine Mühe vergeblich war, so ging er
nach seinem Laden zurück und setzte sich hin, das Herz von Traurigkeit
überwältigt.

Der oberste Makler, ein gewandter und schlauer Mann namens
Scheich Mohammed, der ihn so erblickte, grüßte ihn und befragte ihn um die
Ursache der Niedergeschlagenheit, in welche er ihn versunken sähe.

Der Kaufmann erzählte ihm die Zwiesprache, welche er
vergangenen Abend mit seiner Frau gehabt hatte, und beklagte sich sehr, dass er,
nachdem er mit ihr schon seit mehr als zwanzig Jahren verheiratet wäre, noch
immer keine Kinder mit ihr hätte.

„Sie behauptet, es sei meine Schuld,“ fügte er
hinzu, „und hat mich den ganzen Morgen nach einem Mittel herumlaufen
lassen, welches die Kraft hätte, Kinder zu verschaffen: Aber es ist mir
unmöglich gewesen, dergleichen aufzutreiben.“

„Ich besitze, was Euch fehlt,“ sagte Mohammed,
„aber welche Belohnung verheißt Ihr demjenigen, der Euch nach einer mehr
als zwanzigjährigen Ehe das Glück der Vaterschaft verschafft?“

„Rechnet,“ antwortete der Kaufmann, „auf
meine ganze Erkenntlichkeit und Freigebigkeit.“

Scheich Mohammed forderte vorläufig von ihm eine Zeckine,
und der Kaufmann gab ihm anstatt der einen gleich zwei.

Mohammed nahm hierauf ein großes Gefäß und tat darin
Zimt, Gewürznelken, Kardamom, Ingwer, weißen Pfeffer und einige andere
Spezies, vermischte es mit Asche des Bergkrokodils, und nachdem er alles dies
gerieben hatte, kochte er es in trefflichem Olivenöl. Hierauf nahm er sechs Lot
des besten Weihrauchs und ein kleines Maß schwarzer Körner. Dies alles
vermischte er mit Honig und machte daraus eine Art Teig, welchen er wieder in
das Gefäß tat. So übergab er es dem Kaufmann und riet ihm, sich des Inhalts
desselben anstatt frischer Butter zu bedienen, nachdem er Hammelfleisch oder
Hauslauch gegessen hätte. „Darauf,“ fügte er hinzu, „müsst Ihr
nicht vergessen, ein großes Glas Wein zu trinken.“

Der Kaufmann beschloss, diesen Rat genau zu befolgen, und
brachte seiner Frau Hammelfleisch und Tauben, welche er sie zum Abendessen
zurichten zu lassen bat. Zugleich übergab er ihr das Gefäß, welches das von
Mohammed bereitete Mittel enthielt, und empfahl es ihr, es sorgfältig zu
bewahren.

Als der Abend gekommen war, wurde das Essen aufgetragen.
Der Kaufmann, nachdem er dem Hammel- und Taubengericht Ehre angetan hatte,
verlangte das überbrachte Gefäß, aß zur großen Verwunderung seiner Frau
fast alles, was darin war, und trank darauf ein großes Glas Zypernwein. Nach
diesem Abendessen legten der Kaufmann und seine Frau sich zu Bett.

Nach Verlauf einiger Monate spürte die Frau des
Kaufmanns, dass sie schwanger wäre. Als der Augenblick ihrer Niederkunft
eingetreten war, rief man eine Hebamme, welche sie glücklich von einem schönen
Knaben entband. Die Hebamme versäumte nicht, als gute Muselmännin bei der
Entbindung des Kindes die Namen Ali und Mohammed auszusprechen, und hierauf
schrie sie ihm aus aller Kraft ins Ohr: „Allah Akbar!“ und
überreichte ihn seiner Mutter, welche ihm die Brust gab. Das Kind nahm sie
sogleich an, sog lange und schlief ein.

Nach drei Tagen war die Mutter imstande, wieder
aufzustehen. Der Kaufmann trat in ihr Zimmer, wünschte ihr Glück zu ihrer
Genesung und wollte das Kind sehen. Als man es ihm überreichte, war er erstaunt
über dessen Schönheit und Größe, denn obwohl es erst drei Tage alt war, so
würde man es doch dem Ansehen nach für ein Kind von einem Jahr gehalten haben.

„Welchen Namen hast Du ihm gegeben?“, fragte der
Kaufmann seine Frau.

„Wäre es eine Tochter gewesen,“ antwortete sie,
„so hätte ich ihr schon einen gegeben. Aber da es ein Knabe ist, so kommt
es Euch zu, ihn zu benennen.“