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802. Nacht

„Warum könnt ihr, gnädige Frau, doch nicht
mitgehen, die Moscheen und heiligen örter zu besuchen! Ihr würdet dort
ehrwürdige Greise und andächtige Frauen sehen, welche vom Himmel alles für
Euch erbitten würden, was ihr nur wünschen könntet.“

„Ich möchte von Herzen gern Euch begleiten,“
antwortete Naam. Hierauf sich zu ihrer Schwiegermutter wendend, sprach sie:

„Ich ersuche Euch, edle Frau, bittet meinen Mann,
dass er mich mit Euch und der frommen Alten ausgehen lasse, um die Moscheen zu
besuchen, und uns unter die Armen und Diener Gottes zu mischen.“

Die Schwiegermutter versicherte darauf, es wäre ihr
selber lieb, diese Andachtsübung zu verrichten, und versprach, mit ihrem Sohn
davon zu reden. Als Naama über diese Verhandlungen eintrat, nahte sich ihm die
Alte, küsste ihm die Hand, pries seine Güte und Großmut, und ging mit
Segenswünschen über ihn hinaus.

Am folgenden Morgen kam die Alte wieder. Sie benutzte den
Augenblick, weil Naama nicht zu Hause war, ging zu der jungen Sklavin, und sagte
zu ihr:

„Wir haben gestern den ganzen Abend damit zugebracht,
für Euch zu beten. Lasst uns heute zusammen ausgehen. Kommt auf einen
Augenblick mit zu unsern heiligen Personen: Wir sind wieder hier, ehe Naama
zurückkommt.“

Naam wandte sich zu ihrer Schwiegermutter, und bat sie um
die Erlaubnis, nur auf einen Augenblick, bevor ihr Mann zurückkäme,
auszugehen.

„Ich habe zu Naama noch nichts davon gesagt,“
erwiderte die Schwiegermutter, „und ich fürchte, es möchte ihm unlieb
sein, wenn er erfährt, dass ihr ausgegangen seid.“

„Gnädige Frau,“ sagte die Alte, „wir
wollen nicht weiter, als in die nächste Moschee gehen, und nicht säumen,
heimzukommen.“

Die Alte aber führte die junge Sklavin, sobald sie mit
ihr aus dem Haus getreten war, gerade nach Hedschadsches Palast, dem sie
sogleich ihre Ankunft melden ließ. Als Hedschadsche in das Zimmer trat, wohin
Naam von der Alten gebracht war, wurde er äußerst überrascht von ihrer
Schönheit: Niemals hatte er etwas so vollkommenes und regelmäßiges gesehen.
Naama ließ, sobald sie ihn erblickte, den Schleier fallen.

Hedschadsche ließ auf der Stelle einen der Offiziere
kommen, befahl ihm, mit fünfzig Reitern zu Pferde zu steigen, die junge Sklavin
auf eins seiner besten Kamel zu setzen, sie so nach Damask zu führen und sie
den Händen des Kalifen Abdalmelek eben Mervan zu überliefern. Er gab ihnen
überdem einen Brief an diesen Fürsten mit, und gebot ihnen, die Antwort darauf
zurückzubringen, und sich der größten Eile zu befleißigen.

Der Offizier beeiferte sich, diese Befehle zu vollziehen.
Er bemächtigte sich der jungen Sklavin, ließ sie ein Kamel besteigen, und
reiste ab. Während der ganzen Reise tat Naam nichts als weinen und seufzen,
dass sie sich also von ihrem Gatten getrennt sah.

Als der Offizier in Damask ankam, bat er um Erlaubnis, den
Kalifen zu sprechen, und überreichte ihm den ihm anvertrauten Brief. Als dieser
Fürst ihn gelesen hatte, fragte er, wo die junge Sklavin wäre. Der Offizier
stellte sie ihm nun vor, und übergab sie seinen Händen.

Der Kalif ließ sie in ein besonderes Zimmer führen, und
ging auf der Stelle zu seiner Gemahlin, ihr zu verkünden, dass Hedschadsche ihm
neulich für tausend Zeckinen eine Sklavin aus dem Geschlecht der Fürsten von
Kufah gekauft hätte: „Diese Sklavin,“ fügte er hinzu, „ist
soeben zugleich mit diesem Brief angekommen.“