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759. Nacht

Wir führen fort, uns mit anderen Dingen zu unterhalten,
bis zum Anbruch des Tages. Da nahm ich Abschied von ihr, und entfernte mich auf
dieselbe Weise, wie ich gekommen war.

Ich ging nach Hause, verweilte dort einige Augenblicke,
und kehrte dann eilig zu Almamun zurück, welcher sehr in Zorn gegen mich war.
Ich begrüßte ihn, und er antwortete mir:

„Ich gebe Dir Deinen Gruß nicht zurück, Dir, der
meine Befehle und meine Gesellschaft verachtet.“

Zu gleicher Zeit rief er den Türhütern und machte ihnen
sehr heftige Vorwürfe.

„Fürst der Gläubigen,“ sagte ich zu ihm,
„besänftige Dich, denn ich habe Dir eine sehr ergötzliche Geschichte zu
erzählen.“

„Lass hören,“ erwiderte er. Ich erzählte ihm
hierauf alles, was mir begegnet war, und fügte noch hinzu:

„Ich habe von ihr ein Stelldichein für Dich selber
erhalten.“

Da war er auf dem Gipfel der Freude, und den ganzen Tag
hindurch hatte er nichts anderes zu tun, als sich meine Erzählung wiederholen
zu lassen und mich über die Schöne zu befragen, bis der Tag zu Ende ging.

Kaum war die Nacht gekommen, als er zu mir sagte:
„Jetzt ist es Zeit.“

Wir standen auf, und gingen zusammen hinaus, nachdem wir
miteinander verabredet hatten, dass ich ihn nicht auf die gewöhnliche Weise
anreden, sondern die Feierlichkeit bei Seite setzen, und dass er mich wie
seinesgleichen und wie seinen Vetter behandeln sollte. Wir begaben uns also an
den bewussten Ort, und fanden dort zwei Körbe hängen: Ich setzte mich in den
einen, er setzte sich in den andern, und wir wurden alsbald auf das flache Dach
emporgehoben. Von hier stiegen wir in den Palast hinab, und traten in den Saal,
wo sich heute drei Sofas befanden. Ich setzte mich auf das eine, Almamun setze
sich auf das andere, so dass eins in der Mitte leer blieb.

Bald erschienen die schönen Sklavinnen mit ihrer Herrin,
welche anmutig in deren Mitte einher trat. Man brachte Speisen und Getränke, wie
gewöhnlich. Almamun blickte mich ganz verwundert über die Schönheit dieses
Schauspiels an.

Nach der Mahlzeit fingen wir an, Geschichten zu erzählen,
und Lieder zu singen. Dabei trug nun Almamun durch die überlegenheit seiner
Erziehung und die Anmut seiner Sitten bei der Schönen den Sieg davon. Sie sagte
zu mir:

„Ich finde Deinen Vetter weit über den
Lobeserhebungen, welche Du mir von ihm gemacht hast, und er besitzt noch mehr
schöne Gaben, als Du sagtest: Du bist weit unter der Wirklichkeit
geblieben.“

Wir verbrachten eine bezaubernde Nacht: Almamun überließ
sich ohne Rückhalt dem Vergnügen zu essen und zu trinken, zu singen und zu
spielen.

Hierauf begann eine der jungen Sklavinnen, Verse von
meiner Komposition zu singen, verfehlte aber mehrmals das rechte Maß. Almamun,
der sie auswendig wusste, bemerkte bald, wo sie fehlte. Und jetzt, überrascht
von der Gewohnheit zu befehlen, nahm er den gebieterischen Ton des Kalifen an,
und sagte zu mir:

„Abu Ishak, sing Du dieses Lied.“