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758. Nacht

„Abu Ishak,“ sagte er zu mir, „ich hatte
Dir befohlen, den Palast nicht zu verlassen. Was ist denn so dringendes
vorgefallen, dass es dich nötigte, wegzugehen?“

„Fürst der Gläubigen,“ antwortete ich ihm,
„als Du mich verlassen hattest und ich hier allein blieb, erinnerte ich
mich, dass eine junge Sklavin mich zu Hause erwartete, und beschloss, sie zu
besuchen: Ich habe mich nicht enthalten können, mich bei ihr zu vergessen. Der
Rausch und die Leidenschaft haben mich zu dieser Schönen hingerissen.“

Hierauf setzten wir uns, und tranken wieder den ganzen
Tag.

Als es Nacht wurde, ging der Kalif in sein Frauenzimmer,
und sagte, beim Herausgehen, wieder zu mir: „Geh nicht weg, damit wir
zusammen frühstücken.“

Sobald er fort war, konnte ich mich nicht mehr halten, und
ich fühlte dasselbe Verlangen, welches mich den vorigen Abend gequält hatte.
Ich wollte also hinweggehen, als die Leute des Kalifen sich widersetzten, mit
den Worten: „Du bist Schuld, dass der Fürst auf uns gegrollt hat.“
Aber das Geld, welches ich unter sie verteilte, machte sie willfähriger, und
sie ließen mich gehen.

Ich nahm wieder meinen Weg nach dem Ort, wo ich den
gefälligen Korb wieder einladend hängen sah. Ich setzte mich hinein: Sobald
man das Gewicht meines Leibes darin spürte, zog man mich empor., und als die
Sklaven mich erblickten, sagten sie: „Das ist unser gestriger Gesell.“

„Ja,“ antwortete ich ihnen.

„Wartet,“ fuhren sie fort, „bis wir sie
befragt haben, denn es ist nicht ihre Gewohnheit, jemand wieder aufzunehmen, den
sie schon einmal aufgenommen hat.“

Man ging also hin, sie davon zu benachrichtigen, und kam
bald zurück mit der Erlaubnis, mich aussteigen zu lassen. Man führte mich
wieder in den Saal mit den beiden Sofas. Alsbald erschien die Herrin mit
demselben Gefolge, setzte sich, erkundigte sich nach meinem Befinden und was
ich, seit ich sie verlassen, gemacht hätte, und bezeugte mir so viel
Vergnügen, mich wieder zu sehen, dass ich ganz verwirrt wurde. Hierauf kamen
Speisen und Weine, wie gestern. Wir aßen und tranken uns satt, und unsere
Unterhaltung war noch belebter, als die vorige Nacht.

Indem sie nun an den Geschichten, welche ich ihr
erzählte, und an meinen Schwänken großes Gefallen fand, rief sie aus:

„Ja ich schwöre es bei dem Allerhöchsten, Du bist
ein prächtiger Mensch, und unerschöpflich an lustigen und wundersamen
Geschichten.“

„Was würdest Du erst sagen, wenn Du meinen Vetter
sähst?“

„Mit Dir,“ erwiderte sie, „ist keiner zu
vergleichen.“

„Gleichwohl, schwöre ich Dir, ich bin nur ein
Tropfen gegen sein Weltmeer: Wenn du erlaubtest, dass ich Dir ihn vorstellte, so
würdest Du Dich von meiner Wahrhaftigkeit überzeugen.

„Was Du von mir verlangst, stimmt nicht zu der hier
eingeführten Ordnung,“ versetzte sie, „denn noch ist niemand, der
einmal dieses Haus betreten hat, darin zurückgekehrt, ausgenommen Du, weil ich
an Dir eine gute Erziehung und angenehme Sitten erkannt habe.“ –

„Aber, Herrin, wenn ihr meinen Vetter sähet, würdet
ihr weniger aus mir machen, und würde mein Verdienst sich in Euren Augen
beträchtlich verringern.“ – „Wohlan, so führe ihn mir die nächste
Nacht her.“