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748. Nacht

Als nun die Nacht gekommen war, sah er, trotz seinem
Verlangen, noch länger dort zu verweilen, sich gezwungen, sich zu entfernen,
und er kehrte traurig nach Attafs Palast zurück.

Attaf kam ihm entgegen, denn die lange Abwesenheit Giafars
hatte ihn beunruhigt. Er äußerte die Besorgnis, welche er seinetwegen gehabt
hatte. Giafar sagte, zur Entschuldigung seines Ausbleibens, dass das Vergnügen,
welches der Spaziergang ihm gewährt, in verleitet hätte, denselben zu
verlängern.

Als das Abendessen aufgetragen war, bemerkte Attaf, dass
sein Gast keine Esslust hatte, und äußerte sich darüber. Giafar antwortete
ihm, er hätte zu Mittag viel gegessen, und das wäre ohne Zweifel die Ursache,
dass er der Abendmahlzeit nicht Ehre machen könnte.

Die Vorstellungen, welche den Wesir bei dem Abendessen
beunruhigten, umlagerten ihn auch während der Nacht. Vergeblich suchte er den
Schlaf, unaufhörlich schwebte das Bild derjenigen vor seinen Augen, die er am
Fenster gesehen hatte, und er konnte sich nicht enthalten zu seufzen, indem er
zu sich selber sprach: „O, wie beneide ich das Glück desjenigen, der Dich
besitzen soll! O Du, deren Schönheit so glänzend ist, wie die Sonne, deren
Strahlen den Mond verdunkeln!“ In dieser unaufhörlichen Wallung des
Liebesfiebers, welches ihn verzehrte, brachte Giafar die Nacht hin.

Am folgenden Morgen konnte er nicht aufstehen, und sein
Wirt fragte ihn, warum er das Bett nicht verließe. Giafar antwortete ihm, dass
er die ganze Nacht kein Auge zugetan hätte. Hierauf sandte Attaf nach einem
Arzt, der, beim Anblick des Kranken, sogleich erkannte, dass sein übel von
keiner Gefahr wäre. Er befragte ihn über sein Befinden, fühle ihm an den Puls
und erriet leicht die Ursache seines Unwohlseins.

Er verschrieb nun etwas, und schob das Papier unter sein
Kopfkissen. Während er hiermit beschäftigt war, kam man, Attafs Befehle wegen
des Mittagsmahles einzuholen, und Attaf ging deshalb hinaus. Als er wieder
herein kam, sagte ihm der Arzt, er hätte das, was er dem Kranken verschrieben,
unter dessen Kopfkissen gelegt, und Attaf dankte ihm für seine Bemühung, indem
er ihm ein Goldstück gab.

Als er nun die Verordnung las, war er sehr erstaunt, zu
vernehmen, dass Giafar verliebt wäre. Der Arzt benachrichtigte nämlich Attaf
darin, er müsste sich beeilen, die Leidenschaft Giafars zu befriedigen, der
sonst, wie er sich ausdrückte, in der größten Gefahr schwebte.

Nachdem Attaf diese Weisung gelesen, machte er Giafar
Vorwürfe über das Stillschweigen, welches er gegen ihn beobachtet hatte, und
zeigte ihm die Verordnung des Arztes.

Giafar war sehr verwundert über den Scharfsinn des
Arztes, und sah sich gezwungen, die Wahrheit zu bekennen. Er erzählte nun
seinem Wirt, wie er im Vorbeigehen in einer abgelegenen Straße an einem Fenster
eine junge Schöne von reizender Gestalt erblickt hätte, deren Züge er ihm
schilderte.