Project Description

684. Nacht

Nach einiger Zeit besänftigte sich das Ungestüm des
Windes. Das Wetter wurde ganz ruhig, aber man bemerkte, dass das Schiff völlig
von seiner Bahn abgetrieben war und sich in unbekannten Gegenden befand. Der
Schrecken der Schiffsmannschaft und der Reisenden stieg aufs höchste, als der
Steuermann ihnen endlich ankündigte, dass er endlich die Gegend erkennte und
nicht länger an dem unglücklichen Schicksal zweifeln könnte, welches sie
bedrohte. Nach seiner Schätzung sollte das Schiff sich jetzt in dem Grünen
Meer befinden, welches Ungeheuer und boshafte Geister aller Art bewohnen und die
Schiffe verschlingen, die so unglücklich sind, in diese Gegen verschlagen zu
werden.

Diese Verkündigung setzte alle Zuhörer in Bestürzung,
aber Habib beruhigte sie durch seine Festigkeit und Kühnheit. „Fürchtet
nichts,“ rief er aus, „von diesen boshaften Geistern. Ich fürchte
nicht ihre Anfälle, welchen ich schon mehr als einmal getrotzt habe, und ich
verspreche Euch, Euch aus ihren Klauen zu befreien.“

Habib fasste den beherzten Entschluss, sich selber dem
Oberhaupt der Geister entgegenzustellen, welcher nach den Anzeigen des
Steuermannes das Schiff in der Richtung fortzog, in welcher es sich bewegte. Er
ließ sich also an ein Seil binden und schwang sich in das Meer, mit dem
Zauberschwert in der Hand, welches ihm sein Schutzgeist gegeben hatte.

Er erkannte alsbald das Ungeheuer, welches schon
herbeieilte, ihn zu verschlingen. Aber ohne vor seinem Anblick zu erschrecken,
schlug er so gewaltig auf dasselbe, dass er ihm den Kopf entzwei spaltete.

Nachdem er sich also von diesem gefährlichen Feind
befreit hatte, gab er den Kaufleuten ein Zeichen, ihn vermittelst des Seiles,
woran er festgebunden war, wieder an Bord zu ziehen. Sobald nun das Schiff aus
den Klauen des Geistes befreit war, welcher seine Lauf aufgehalten hatte,
schwebte es wieder ganz frei dahin.

Ein solcher Zug des Heldenmutes war zu auffallend, als
dass man nicht etwas übernatürliches in dem Helden ahnen sollte, welcher eben
ein so gefährliches Abenteuer bestanden hatte. Erkenntlich für den großen
Dienst, welchen er ihnen geleistet hatte, legten die Kaufleute ihm alle ihre
Habe zu Füßen; aber der älteste unter ihnen, der vor allen vermutete, dass
der Prinz im Schutz geheimnisvoller Mächte stände, beschwor ihn, nicht länger
seinen Rang und Namen zu verbergen, sondern sich ihnen zu erkennen zu geben. Der
Prinz weigerte sich lange, ihre Neugierde zu befriedigen. Endlich aber gab er
ihren dringenden Bitten nach und erzählte ihnen die wunderbaren Abenteuer,
welche ihn an Bord des Schiffes geführt hatten.

Mit günstigem Wind erreichte das Schiff nun bald wieder
dem Steuermann bekannte Gegenden, welcher voll Freuden den Reisenden die Inseln
Bellur ankündigte, in deren Nähe man sich jetzt befand. Sowie man näher kam,
erkannte man eine prächtige Stadt, in deren Hafen das Schiff einlief, und
alsbald war es von einer Menge Booten umringt, welche zur Ausschiffung der
Reisenden und der Waren ihre Dienste anboten.

Dorrat-al-Gawas war noch ein Raub der traurigen
Betrachtungen, welche die Trennung von ihrem geliebten Prinzen und die
Vorstellung der zahllosen Gefahren, von welchen er bedroht war, in ihr
erzeugten, als einer der ihr unterworfenen Geister kam und ihr die Ankunft des
Prinzen Habib verkündigte. Sogleich befahl sie, dass vielfache
Freudenbezeigungen aller Untertanen das Glück ihrer Königin kundtun, und dass
der Weg, welcher den Prinzen zu ihr führte, mit Teppichen und kostbaren Stoffen
bedeckt werden sollte. Zu gleicher Zeit schickte sie ihm eine zahlreiche
Ehrenwache, um ihn nach ihrem Palast zu begleiten.