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677. Nacht

Ihr Verlobter erkannte bei ihrem Anblick, dass er von dem
Geist nicht getäuscht worden war; und indem er nach seiner Hauptstadt
zurückkehrte, befahl er die Zurüstungen zu seiner Hochzeit, welche mit großer
Pracht gefeiert wurde.

Die Erfüllung der Verkündigung des Geistes bleib nicht
aus. Die neue Königin wurde nach einigen Monaten schwanger und gebar eine
reizende Tochter, auf deren Erziehung sie alle ihre Sorgfalt verwandte. Diese
Tochter ist die Prinzessin Dorrat-al-Gawas, von welcher ich Euch eben sagte.
Ausgerüstet mit allen Geschicklichkeiten und trefflichen Eigenschaften, hat die
junge Prinzessin nach dem Tod ihrer Eltern den Thron der Inseln Bellur
bestiegen, wo sie zugleich neben der großen Anzahl ihrer Untertanen eine Menge
von Geistern beherrscht, welche sich unter den Schutz ihrer Gesetze begeben
haben.“

Mit diesen Worten verschwand Al-Abus. Was er zuletzt dem
jungen Prinzen erzählt hatte, erregte bei diesem ernsthafte Betrachtungen.

Ganz nachdenklich trat Habib in ein Gebüsch, welches das
Schloss seines Vaters umgab, als er mitten unter den dicht laubigen Bäumen ein
Fräulein gewahrte, dessen Anblick ihn bezauberte. Er wähnte, es wäre eine der
Huris des heiligen Propheten; und um sich von der Wahrheit seiner Vermutung zu
überzeugen, verbarg er sich dergestalt, dass es unmöglich war, ihn zu
bemerken. Kaum hatte er so viel Zeit gehabt, sein Versteck einzunehmen, als er
vierzig mit dem prächtigsten Gefieder geschmückte Vögel sich zu den Füßen
der jungen Schönen niederlassen sah. Sobald diese Vögel die Erde berührten,
verwandelten sei sich in ebenso viele Nymphen, welche sich bemühten, ihrer
Herrin ihre Huldigung darzubringen.

„Warum,“ fragte diese sie, „habt ihr mich
nicht sogleich bei meiner Abreise begleitet? Ihr wusstet doch, dass meine
Absicht war, meinem Vielgeliebten, dem Prinzen Habib, einen Besuch zu machen;
welche Ursachen haben Eure Abreise verzögern und Euch berechtigen können,
meine Befehle zu versäumen?“

„Es ist nicht unsere Schuld,“ antworteten die
Nymphen, „wir haben alle unsere Kräfte angestrengt, um Euch zu folgen;
aber es war uns unmöglich, der reißenden Schnelligkeit Eures Fluges
gleichzukommen.“

Habib erkannte aus diesem Gespräch alsbald die
Prinzessin, von welcher der Geist ihm erzählt hatte, und er war in Versuchung,
sich ihr zu Füßen zu werfen, aber ein Gefühl von Furcht und Ehrerbietung
verhinderte ihn, diesem ersten Antrieb nachzugeben, und er hörte noch folgendes
Gespräch:

„An dieser Stelle,“ sprach Dorrat-al-Gawas,
„will ich denjenigen erwarten, der mir zum Gatten bestimmt ist. Er kommt
oft in diesen Garten, sich zu ergötzen; und um ihn zu sehen, habe ich die
Hauptstadt meiner Staaten verlassen und die halbe Welt durchzogen: Ich hoffe,
dass er, unterrichtet von dem Schicksal, welches uns bestimmt ist, durch seinen
Glücksstern in dieses Gebüsch geführt werde. Ja, alles verkündet mir, dass
ich mich nicht getäuscht habe, denn ich erblicke ihn unter den Bäumen, und
siehe, da kommt er schon auf uns zu.“

Dorrat-al-Gawas erkannte wirklich den Prinzen Habib,
welcher aus dem Gebüsch hervortrat und sich ihr näherte. Die Prinzessin selber
ging ihm entgegen und gab ihm ganz das Vergnügen zu erkennen, welches sie bei
seinem Anblick empfand.

Der Prinz erwiderte das Entgegenkommen mit nicht minderer
Wärme; und er gestand ihr, dass er seit den Entdeckungen, welche sein Lehrer,
der Geist Al-Abus, ihm gemacht, das lebhafteste Verlangen empfunden, diejenige
kennen zu lernen, welche ihm zur Gattin bestimmt wäre, und dass seine
Leidenschaft dermaßen angewachsen, dass er fast den Schlaf verloren hätte.

Als er diese Worte aussprach, erblickte er am Rand des
Gesichtskreises einen ungeheuren Vogel, welcher auf sie loszukommen schien.
Dieser Vogel senkte sich zu den Füßen der Prinzessin nieder und verwandelte
sich auf der Stelle in einen Greis, welcher sie beide sehr freundlich
begrüßte.