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608. Nacht

Als die vier Sultane saßen und ein Gespräch begonnen
hatten, worin der Sultan von Yemen erfuhr, weshalb die andern ins Land gekommen
waren, wurde ein goldener Tisch gebracht und ein prächtiges Mahl in Gefäßen
von Achat, Kristall und Gold aufgetragen. Die Becken und Geißkannen waren von
reinem Gold und mit Juwelen besetzt. Die Pracht in jeder Sache war so groß,
dass der Sultan von Yemen sich nur mit Mühe zurückhalten konnte, sein
Erstaunen nicht zu zeigen, und innerlich ausrief: „Beim Allah, bis jetzt
habe ich noch keine solche Verschwendung von Glanz, Zierlichkeit und Reichtum
gesehen!“ Als das Mahl beendet war, wurden mehrere Arten von Kaffee,
Zuckerwerk und Sorbet hereingebracht, worauf die Gesellschaft sich unterhielt.
Die drei Sultane fragten ihren königlichen Gast, ob er Kinder hätte, worauf er
erwiderte, dass er zwei Söhne hätte.

Die Sultane baten ihn nun, sie holen zu lassen, und er
schickte sogleich einen Boten an sie ab. Sie begaben sich auf reich gezäumten
Rossen und prächtig gekleidet in das Lager. Als sie in das Zelt traten,
blickten die Prinzessinnen, die hinter durchsichtigen Goldgeweben alles sehen
konnten, was in dem Zelt vorging, begierig nach ihnen, und diejenige, welche
ihren Vogel verloren hatte, fragte die andern beiden, ob einer von den Prinzen
ihr Mann wäre. sie verneinten es, indem sie hinzufügten, dass der viel
schöner und edler aussähe als jene. Auch die Sultane fragten ihre Töchter und
erhielten gleiche Antworten.

Die Sultane fragten hierauf den Vater der Prinzen, ob er
keine andern Söhne hätte, worauf er antwortete, er hätte wohl noch einen,
aber er bekümmerte sich schon lange weder um ihn noch um seine Mutter, und
beide lebten unter den Sklaven des Harems. Die Sultane äußerten den Wunsch,
ihn zu sehen, und er wurde herbeigeführt, aber in einem schlechten Kleid. Die
beiden Prinzessinnen, welche er von den Tieren befreit und nachher geheiratet
hatte, erkannten ihn alsbald und riefen zugleich: „Das ist wahrhaftig unser
geliebter Gatte!“ Er wurde hierauf von den Sultanen umarmt und zu seinen
Frauen gelassen, die ihm voll Freuden und Entzücken um den Hals fielen und ihn
herzten und küssten, während die Prinzessin, welche den Vogel verloren hatte,
sich verschleiert zu seinen Füßen warf und seien Hand küsste.