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544. Nacht

„Herr,“ fuhr der dritte Bruder fort, „wer
diesen Ball besitzt, findet in ihm bewundernswürdige Kräfte. Er vermag jemand
in einem Augenblick von einem Ende der Erde nach dem andern zu versetzen. Er
vollendet in zwei Tagen einen Weg von zweihundert Jahren. Man darf ihm nur den
Ort andeuten, wohin man gebracht sein will: Sogleich bewegt er sich und
durchfliegt den Zwischenraum so schnell wie ein Sturmwind, und reißt den
Wünschenden leicht mit sich fort.“

Als der dritte Bruder also seine Rede geendigt hatte,
beschloss Asem, sich den Ball, sowie die beiden andern Stücke, zuzueignen.

„Es ist nicht genug, „sprach er zu ihnen,
„dass ihr mir die Kräfte dieser drei Dinge herzählt, ich muss auch
Beweise von Euren Worten haben. Sonst kann ich nicht Euer Schiedsrichter
sein.“

„Ihr habt Recht,“ riefen die drei Männer aus,
„versucht also ihre Kräfte, so wie es Euch beleibt, und möge Gott Euch in
Euren Unternehmungen beschirmen!“

Asem setzte nun die Kappe auf den Kopf, knüpfte die
Trommel an seinen Gürtel, warf den Ball auf den Boden, und sprach den Ort aus,
wohin er wollte, und der folgsame Ball rollte sogleich fort, und durchflog mit
ihm den Raum mit Windesschnelle.

Als die drei Brüder den Asem mit ihrem Erbteil so rasch
dahin fahren sahen, rannten sie ihm nach, und schrieen:

„Ihr habt jetzt den gewünschten Versuch gemacht,
seid ihr nicht zufrieden? Es ist genug, haltet doch an, haltet!“ –

Aber vergeblich schrieen sie aus allen ihren Kräften,
Asem war schon zehn Tagesreisen weit von ihnen.

Sein Fahrzeug hielt endlich vor dem Tor eines
weitläufigen Gebäudes. Asem stieg aus seinem Schifflein, ergriff seine
Trommel, und legte die Finger auf die Zaubercharaktere. Er war im Begriff, sie
zu schlagen, als eine Stimme sich hören ließ und folgende Worte aussprach:

„Du hast gesiegt Asem, Du hast einen Teil der
Schwierigkeiten überstiegen, welche Dir entgegenstanden: Dennoch kannst Du das
Ziel Deiner Wünsche nicht eher völlig erreichen, als nach einer langen Reihe
von Gefahren und Prüfungen. Verbirg sorgfältig Deinen Ball, denn Du bist jetzt
in dem Gebiet der bösen Geister.“

Asem befolgte den Rat dieser Stimme, nahm seinen Ball und
verbarg ihn unter seinen Kleidern. Hierauf blickte er voll Unruhe umher, und
rief aus: „Wer bist Du?“

„Ich bin,“ antwortete die Stimme, „einer
der Geister, welche Dir durch die Kraft der Trommel dienstbar sind. Ich wache
unablässig für Deine Sicherheit. Die übrigen Geister, meine Genossen, werden
nicht eher erscheinen, als bis die Gefahr es erheischt. Setze Deine Fahrt fort,
denn Du bist noch drei Jahrreisen von den Inseln Waak al Waak entfernt.“

Asem verlor nicht den Mut, und nach einem kurzen Gebet
begab er sich wieder auf den Weg, und gelangte endlich in eine von Schlangen,
Drachen und wilden Tieren wimmelnde Wüste. Erschüttert von diesem furchtbaren
Anblick, schlug er leicht auf seine Trommel: „Was ist dies für ein
Land?“, fragte er.

„Es ist das Land der Drachen,“ antwortete die
Stimme. „Sei auf Deiner Hut, und verweile nicht in diesem gefahrvollen
Land, wie ermüdet Du Dich auch fühlst. Die Geister dieser Gegend sind die
grimmigsten aller, und ihre furchtbaren Höhlen sind von wilden Tieren
erfüllt.“