Project Description

533. Nacht

Mit dem Anbruch des Tages lief er nach seinem Laden, voll
Ungeduld, seinen neuen Freud wieder zu sehen. Dieser ließ nicht auf sich warten,
sondern stellte sich auch bald ein, mit einem Schmelztiegel in der Hand. Nach
den gewöhnlichen Begrüßungen, hieß der Fremde den jungen Mann Feuer
anzuzünden. Er fragte ihn, ob er nicht etwas geringes Metall, sei es Eisen,
oder Blei, oder dergleichen hätte. Asem fand einen alten kupfernen Topf, sie
brachen ihn in Stücke und taten ihn in den Tiegel. Hierauf nahm der Alchimist
seinen Turban ab, faltete ihn auseinander und nahm daraus ein wenig gelbes
Pulver, welches er auf das Kupfer warf, und einige geheimnisvolle Worte dabei
aussprach. Nach kurzer Zeit nahm er es wieder vom Feuer, und ließ den
erstaunten Asem eine Barre des reinsten Goldes sehen, und forderte ihn auf, sie
zu einem Wechsler zu tragen.

„Seid ihr jetzt überzeugt von meiner Kunst?“,
sprach triumphierend der Alchimist. Und als Asem ihn um die Mitteilung seines
Geheimnisses bat, sagte er zu ihm: „Heut Abend will ich mit Euch essen, und
wenn wir allein sind, Euer Verlangen erfüllen.“

Sie gingen auf der Stelle nach Hause. Asem zeigte seiner
Mutter die Goldbarre, welche er machen gesehen hatte, und bat sie, den Abend bei
einer ihrer Nachbarinnen zuzubringen, damit er mit seinem Gast allein bliebe,
und bereitete das Abendessen so prächtig als ihm möglich war. Die Mutter,
durch den Augenschein überzeugt, machte keine Bemerkung darüber, und fügte
sich dem Verlangen ihres Sohnes.

Als sie weg war, begann das Abendessen. Asem tat sich
höchst gütlich, mit dem ganzen Gelüst eines armen Mannes, welcher soeben sein
Glück gemacht hat. Ein so guter Muselmann er war, so trank er doch viel Wein,
ein Getränk, woran er nicht gewöhnt war, und bald war er völlig berauscht.

Als der boshafte Greis seinen Wirt in diesem Zustand sah,
benutzte er diesen Augenblick, ein Schlafpulver in Asems Schale zu tun, welcher
sie leerte, ohne es zu bemerken. Kaum hatte er getrunken, so sank er auf sein
Kissen zurück, vom tiefsten Schlaf überwältigt.

Dies war der von dem falschen Zauberer erwartete
Augenblick: Er wirft ihn in einen langen Kasten, verschließt ihn, nimmt den
Schlüssel zu such, und ruft die Träger, welche er bestellt hatte, sich bereit
zu halten. Diese bemächtigen sich des Kastens und tragen ihn vor dem Betrüger
her. Er wird an Bord eines Schiffes gebracht, welches bereit ist, unter Segel zu
gehen. Man lichtet die Anker, und sie stechen in See.

Als Asems Mutter am Abend nach Hause kam, und weder ihren
Sohn noch seinen Gast wieder fand, zweifelte sie nicht mehr an dem Unglück ihres
Sohnes und an der Verworfenheit des Menschen, gegen welchen sie ihm so sehr
empfohlen hatte auf seiner Hut zu sein. Verzweiflungsvoll riss sie sich die
Haare aus und klagte das Schicksal und die Unvorsichtigkeit ihres Sohnes und die
Grausamkeit desjenigen an, welcher ihn ihr entrissen hatte. Die Nachbarn, welche
auf ihr Geschrei herbeiliefen, waren erstaunt über das, was sie von ihr
vernahmen. Vergeblich suchten sie ihr Trost einzusprechen: Sie ließ in ihrem
Hof einen Grabstein errichten, und beweinte Nacht und Tag ihren Verlust, ohne
Nahrung zu sich nehmen zu wollen.