Project Description

479. Nacht

Während des ersten Monats begegnete unsern Reisenden
nichts Außergewöhnliches, aber endlich kamen sie an einen Scheideweg, wo drei
Wege sich ihrem Auge darboten. In der Mitte war eine Pyramide errichtet, auf
deren einer Seite man las: „Weg der Glückseligkeit“, auf einer
andern: „Weg der Reue“ und auf der dritten: „Wer diesen Weg
einschlägt, kehrt vermutlich nie wieder“.

Dies ist gerade der Weg, welchen ich nehmen will,“
sprach der Prinz, als er diese letzte Inschrift gelesen hatte. Und sogleich
befahl er seinen Leuten, ihm auf diesem Weg zu folgen.

Sie zogen nun zwanzig Tage lang mitten durch tiefe
Wälder, voll wilder Tiere und giftigen Gewürms. Mit jedem Schritt, den sie
taten, schien das Land, welches sie durchreisen sollten, immer furchtbarer zu
werden: Bald stellten sich Herden von brüllenden Löwen ihnen in den Weg, vor
welchen sie sich nur dadurch schützen konnten, dass sie in dem Wald einen
großen Brand rings um sich her anzündeten. Bald mussten sie schroffe Felsen
von ungeheurer Höhe, und glatt wie Spiegel, überklimmen. In der Nacht
erschienen tausend gespenstische Gestalten vor ihren Blicken, und der Tag,
welchen sie mit Ungeduld erwarteten, ließ sie nur noch mehr das Grauenvolle
dieser Gegend empfinden.

Nachdem sie einer Menge von Gefahren getrotzt hatten,
welchen der größte Teil seiner Leute erlag, kam der Prinz endlich an eine in
Trümmern liegende und ganz unbewohnte Stadt. Er ließ hier seine Zelte
aufschlagen. Und nachdem er seine Abwaschungen verrichtet und das Abendgebet
gesprochen hatte, wollte er sich den Süßigkeiten des Schlafes überlassen, als
plötzlich einer der Geister, welche in den verfallenen Gebäuden hausen, ihm
erschien.

„Ich grüße dich, König der Wüsten, mächtiger
Herrscher,“ sprach der Prinz zu ihm, indem er sich ehrfurchtsvoll
verneigte, „sei willkommen!“

Dieser Anrede fügte er noch andere schmeichelhafte und
verbindliche Worte bei. Als der Prinz bemerkte, dass der Geist durch seinen
ungeheuren Haarwuchs beschwert war, so nahm er seine Schere, und schnitt ihm die
langen Locken ab, welche ihm über die Schultern hinab fielen, reichte ihm Wasser
sich zu waschen, und bot ihm von den Vorräten, welche sich in seinem Zelt
befanden.

Der Geist war dankbar für diesen Empfang, und sprach zu
ihm: „Hassan, deine Ankunft an diesem Ort verdammt mich zum Tod, aber sage
mir, was ist denn die Absicht deiner Reise?“

Der Prinz teilte ihm seine Abenteuer mit und sein
Verlangen, das Reich der Kaffern zu besuchen.