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472. Nacht

Die Prinzen Bahman und Perwis, welcher jeder aus seinem
Zimmer, während sie sich ankleideten, ihre Schwester früher als gewöhnlich in
dem Garten gesehen hatten, gingen, sobald sie fertig waren, zusammen ihr
entgegen. Sie begegneten ihr mitten im Garten, und da sie schon von Ferne
bemerkt hatten, dass sie etwas unter dem Arm trug, und nun in der Nähe sahen,
dass es ein goldenes Kästchen war, verwunderten sie sich darüber.

„Liebe Schwester,“ sprach der Prinz Bahman zu
ihr als er herankam, „du trugest nichts, als wir dich in Begleitung des
Gärtners gehen sahen, und jetzt sehen wir dich mit einem goldenen Kästchen
zurückkommen. Ist es ein Schatz, welchen der Gärtner gefunden hat?“

„Meine Brüder,“ antwortete die Prinzessin,
„es verhält sich gerade umgekehrt: Ich habe den Gärtner dahin geführt,
wo das Kästchen verborgen war, habe ihm den Ort gezeigt und es ausgraben
lassen. Ihr werdet noch mehr über meinen Fund erstaunen, wenn ihr seht, was es
enthält.“

Die Prinzessin öffnete das Kästchen, und die Prinzen
waren verwundert, als sie es mit Perlen angefüllt sahen, welche, jede einzeln
betrachtet, zwar nicht von ansehnlicher Größe waren, aber von großem Wert
durch ihre Vollkommenheit und Menge. Sie fragten die Prinzessin, durch welches
Abenteuer sie zur Kunde dieses Schatzes gelangt wäre.

„Meine Brüder,“ antwortete sie, „sofern
euch keine wichtigere Angelegenheit anderswohin ruft, so kommt mit mir, ich will
es euch erzählen.“

Der Prinz Perwis sprach darauf:

„Welche wichtigere Angelegenheit könnten wir haben,
als hiervon unterrichtet zu werden, was uns so nahe angeht. Wir hatten nichts
anders vor, als dir entgegen zu kommen.“

Hierauf ging die Prinzessin Parisade in der Mitte der
beiden Prinzen nach dem Haus zurück, und erzählte ihnen unterwegs, wie sie,
der übereinkunft mit ihnen gemäß, den Vogel befragt, was er ihr geantwortet,
und was sie ihm auf das angeratene Gericht von Gurken mit Perlenfüllung
eingewendet, und welches Mittel er ihr angegeben, Perlen genug zu bekommen,
indem er ihr den Ort angezeigt, wo sie dieses Kästchen gefunden hätte. Die
Prinzen und die Prinzessin hatten allerlei Vermutungen, in welcher Absicht der
Vogel ein solches Gericht für den Sultan bereitet wissen wollte, und sogar das
Mittel dazu angegeben hatte. Aber endlich, nachdem sie lange hin und her
darüber gesprochen hatten, beschlossen sie damit, sie sähen den Zweck nicht
ein, jedoch müsste man den Rat genau befolgen, und nichts daran fehlen lassen.

Als sie wieder ins Haus traten, ließ die Prinzessin den
Küchenmeister in ihr Zimmer kommen, und nachdem sie ihm zu dem Gastmahl für
den Sultan ihre Befehle erteilt hatte, wie sie es haben wollte, fügte sie
hinzu:

„Außer dem, was ich dir hier gesagt habe, sollst du
mir noch ein besonderes Gericht für den Sultan machen, und so, dass niemand
außer dir Hand daran lege. Dieses Gericht ist eine Schüssel mit gefüllten
Gurken, deren Füllung du aber von diesen Perlen machen sollst.“ Und
zugleich öffnete sie das Kästchen, und zeigte ihm die Perlen.

Der Küchenmeister, der niemals von einer solchen Füllung
gehört hatte, trat zwei Schritte zurück, mit einem Gesicht, welches genügend
seine Gedanken ausdrückte. Die Prinzessin erriet diese, und sprach:

„Ich sehe wohl, du hältst mich für wahnsinnig, dass
ich dir ein Gericht auftrage, wovon du nie gehört hast, wovon man
zuversichtlich behaupten kann, das es niemals gemacht worden ist. Dies ist wahr,
ich weiß es, wie du: Aber ich bin keineswegs wahnsinnig, und mit vollem
Verstand befehle ich dir, es zu machen. Geh, sinne darauf, und tue dein Bestes.
Nimm das Kästchen mit, und bringe es mir mit den übrigen Perlen wieder, wenn
mehr darin sind, als du brauchst.“