Dreißigstes Capitel.


Dreißigstes Capitel.

Das Meer Lidenbrock.

Anfangs konnte ich nichts sehen. Meine des Lichts entwöhnten Augen schlossen sich unverzüglich. Als ich sie wieder zu öffnen vermochte, war ich noch mehr bestürzt als erstaunt.

»Das Meer! rief ich aus.

– Ja, erwiderte mein Oheim, das Meer Lidenbrock, und ich glaube gern, kein Seefahrer wird mir die Ehre der Entdeckung streitig machen, und das Recht, ihm meinen Namen beizulegen.«

Eine große Wasserfläche, der Anfang eines See’s oder Meeres, breitete sich vor unsern Blicken bis über die Grenzen des Gesichtskreises aus. Das buchtenreiche Ufer bot den letzten Wellenschlägen einen feinen Sand dar voll kleiner Muscheln, welche den ersten Wesen der Schöpfung zur Behausung gedient hatten. Die Wellen brachen sich daran mit dem lauten Gemurmel, welches den umschlossenen Räumen eigenthümlich ist. Beim Wehen eines mäßigen Windes flog ein leichter Schaum auf, und es benetzten einige Flocken desselben mein Gesicht. An diesem flachen Ufer, hundert Klaftern vom Rande der Wellen, verliefen sich die Strebemauern enormer Felsen, welche zu einer unmeßbaren Höhe sich erhoben. Einige zerrissen mit scharfer Kante das Ufer und bildeten Vorgebirge, welche der Wellenschlag benagte. Weiter hinaus verfolgte das Auge ihre klar gezeichnete Masse auf dem nebeligen Hintergrund des Horizonts.

Es war ein wirkliches Meer mit der eigenwilligen Gestalt der Ufer auf der Oberwelt, aber öde und von erschrecklich wildem Aussehen.

Meine Blicke konnten sich weithin über dieses Meer ergehen, weil ein ganz besonderes Licht es bis auf’s kleinste Detail erleuchtete. Nicht das Sonnenlicht mit seinen glänzenden Büscheln und seiner prachtvollen Strahlenergießung, noch das blasse und unstete des Nachtgestirns, das ein rückgestrahltes ohne Wärme ist. Nein. Die Leuchtkraft dieses Lichtes, seine zitternde Verbreitung, seine klare und trockene Weiße, die geringe Höhe seiner Temperatur, sein Glanz, der an Gehalt den des Mondlichtes übertraf – dies Alles bekundete klar einen elektrischen Ursprung. Es war gleichsam ein Nordlicht, ein dauerndes kosmisches Phänomen, welches diese Höhle erfüllte, die einen Ocean zu enthalten fähig war.

Das Gewölbe über meinem Kopf, der Himmel, wenn man will, schien aus großem Gewölk zu bestehen, beweglichen und wechselnden Dünsten, welche in Folge ihrer Verdichtung nach einigen Tagen sich in heftigen Regen entladen mußten. Ich hatte geglaubt, unter einem so starken Druck der Atmosphäre könne die Verdünstung des Wassers nicht vor sich gehen, und doch war, aus einem mir noch unbekannten physikalischen Grund, reichlich Gewölk in der Luft verbreitet. Damals aber war es schönes Wetter. Die elektrischen Streifen erzeugten auf den sehr hohen Wolken staunenswerthe Lichtspiele. Lebhafte Schatten fielen auf ihre unteren Schichten, und oft drang zwischen zwei getrennten Schichten ein Strahl mit merkwürdiger Stärke bis zu uns. Aber im Ganzen war’s nicht Sonnenlicht, denn es fehlte ihm an Wärme. Seine Wirkung war traurig, ganz besonders melancholisch. Anstatt eines Firmaments mit seinem Sternenglanz fühlte ich über diesen Wolken ein granitenes Gewölbe, das mit seiner ganzen Wucht auf mir lastete, und so unermeßlich dieser Raum war, hätte er doch für den bescheidensten Trabanten nicht zum Spaziergang hingereicht.

Wir waren in einer enormen Höhle, in Wirklichkeit doch im Gefängniß. Ihre Breite konnte man nicht beurtheilen, weil das Gestade unabsehbar sich erweiterte, und auch ihre Länge nicht, weil der Blick bald durch eine etwas unbestimmte Linie des Horizonts aufgehalten war. Ihre Höhe mußte mehr als einige Meilen betragen. Wo dies Gewölbe sich auf seine granitenen Strebemauern stützte, konnte das Auge nichts wahrnehmen; aber es hing manches Gewölk in der Atmosphäre, dessen Höhe auf zweitausend Klaftern zu schätzen war, eine Höhe, welche die der Erdendünste übertraf und ohne Zweifel der beträchtlichen Dichtigkeit der Luft zuzuschreiben ist.

Der Ausdruck »Höhle« ist offenbar nicht passend, um diesen unermeßlichen Raum zu bezeichnen. Aber wer sich in die Abgründe des Erdballs hinabwagt, für den reichen die Worte der menschlichen Sprache nicht mehr aus!

Ich wußte übrigens nicht, durch welche geologische Thatsache ich das Vorhandensein einer solchen Aushöhlung erklären sollte. War es möglich, daß dieselbe durch das Erkalten des Erdkörpers entstand? Ich kannte wohl aus den Berichten der Reisenden einige berühmte Grotten, aber keine von solcher Ausdehnung.

A. von Humboldt hat die Grotte zu Guachara in Columbia untersucht, und eine Strecke von zweitausendfünfhundert Fuß ausgekundet; wenn dabei nicht hinsichtlich ihrer Tiefe ein Geheimniß vorbehalten blieb, so erstreckte sie sich wahrscheinlich nicht viel weiter. Die ungeheure Mammuth-Grotte in Kentucky zeigte wohl riesenhafte Verhältnisse, denn ihre Wölbung erhob sich fünfhundert Fuß über einen unergründlichen See, und es sind Reisende darin über zehn Meilen weit gedrungen, ohne das Ende zu finden. Aber was wollten diese Höhlen neben derjenigen bedeuten, welche ich damals bewunderte, mit ihrem Dunsthimmel, ihrer elektrischen Beleuchtung und einem ungeheuren Meer innerhalb ihres Schooßes? Für diesen unermeßlichen Umfang reichte meine Phantasie nicht aus.

Alle diese Wunder betrachtete ich im Stillen. Es mangelte mir der Ausdruck für meine Empfindungen, denn für neue Lebenserscheinungen fehlte die Bezeichnung. Ich betrachtete, dachte nach, bewunderte mit einer Bestürzung, zu der sich einiger Schrecken gesellte.

Das Unerwartete dieses Anblicks rief die Farbe der Gesundheit wieder auf mein Angesicht, und ich war im Zug mich durch Erstaunen zu kuriren und meine Genesung durch diese neue therapeutische Methode zu vollenden; zudem belebte mich die Lebenskraft einer sehr dichten Luft, indem sie meinen Lungen mehr Sauerstoff zuführte.

Es ist leicht begreiflich, daß nach einer siebenundvierzigtägigen Einkerkerung in einem engen Gange ein unendlicher Genuß darin lag, diesen Seewind voll salzhaltiger Feuchtigkeit einzuathmen.

Darum hatte ich auch nicht zu bereuen, daß ich aus meiner dunkeln Grotte herausgekommen war. Mein Oheim, der schon an solche Wunder gewöhnt war, gerieth nicht mehr in Erstaunen.

»Fühlst Du Dich stark genug zu einem kleinen Spaziergang? fragte er mich.

– Ja, gewiß, erwiderte ich; es wird mir höchst angenehm sein.

– Nun, so nimm meinen Arm, Axel, wir wollen uns längs dem Ufer halten.«

Voll Eifer nahm ich’s an, und wir begannen an der neuen Meeresküste zu wandeln. Links bildeten steile, über einander gethürmte Felsen eine riesenhafte Gruppe von wundervoller Wirkung, an deren Seiten zahllose Cascaden mit klarem, rauschendem Wasser herabströmten. Einige leichte Dünste, die zwischen den Felsen hervordrangen, zeigten warme Quellen an, und Bäche rieselten sanft zu dem gemeinschaftlichen Becken.

Unter diesen Bächen erkannte ich unseren treuen Reisegefährten, den Hansbach, der sich gemächlich in dem Meer verlief, als hätte er seit Anfang der Welt es so gemacht.

»Er wird von nun an uns fehlen, sagte ich seufzend.

– Bah! erwiderte der Professor, ob dieser oder ein anderer, gleichviel.«

Die Antwort kam mir etwas undankbar vor.

Aber in dem Augenblick erregte ein unerwarteter Anblick meine Aufmerksamkeit. In einer Entfernung von hundert Schritten, an der Ecke eines hohen Vorgebirgs, lag vor unseren Augen ein hoher, dichter Wald. Derselbe bestand aus Bäumen mittlerer Höhe von einem Wuchs gleich regelmäßigen Sonnenschirmen mit deutlich abgezirkelten Umrissen; die Lichtströmung schien ihrem Laube nicht beizukommen, denn trotz eines Windes blieben sie unbeweglich, wie ein Gebüsch versteinerter Cedern.

Ich beeilte mich hinzukommen, ich wußte diese ganz sonderbaren Wesen nicht zu benennen. Gehörten sie nicht zu den bereits bekannten zweimalhunderttausend Pflanzengattungen, und mußte man ihnen in der Flora der Sumpfgewächse eine besondere Stelle anweisen? Nein. Als wir nahe kamen, war meine Ueberraschung so groß, als mein Erstaunen.

In der That hatten wir Producte der Erde vor uns, aber von riesenhaftem Maßstab. Mein Oheim wußte sie sogleich richtig zu benennen.

»Nur ein Wald von Champignons«, sagte er.

Und er täuschte sich nicht. Nun mache man sich einen Begriff, welche Entwickelung diese theuren Pflanzen in warmer, feuchter Umgebung erreichen können. Ich wußte, daß nach Bulliard das Lycoperdon giganteum acht bis neun Fuß Umfang erreichen kann; hier aber waren weiße Champignons, dreißig bis vierzig Fuß hoch, mit einer Kappe von entsprechendem Durchmesser. Sie standen da zu Tausenden. Kein Lichtstrahl drang durch ihren dichten Schatten und es herrschte völliges Dunkel unter diesen Domen, die gleich runden Dächern einer afrikanischen Stadt neben einander gereiht waren.

Doch wünschte ich weiter vorzudringen. Todeskälte drang aus diesen fleischigen Wölbungen herab. Eine halbe Stunde lang schweiften wir in diesem feuchten Dunkel umher, so daß wir mit wahrem Wohlbehagen uns wieder am Meeresufer einfanden.

Aber die Vegetation dieser unterirdischen Landschaft beschränkte sich nicht auf diese Champignons. Weiter hinaus sah man gruppenweise eine Menge anderer Bäume mit farblosem Laub. Sie waren leicht zu erkennen; es waren niedere Gesträuche der Erdoberfläche in außerordentlichen Dimensionen, hundert Fuß hohe Lycopodien riesenhafte Sigillarien, Farrenkräuter so hoch wie breitastige Tannenbäume, Lepidodendreen mit runden gabelförmigen Stämmen, die in lange Blätter endigten und mit rauhen Haaren besetzt waren.

»Zum Staunen, prachtvoll! rief mein Oheim. Da ist ja die ganze Flora der zweiten Epoche der Welt, der Uebergangsepoche. Da sehen wir unsere niedrigen Gartengewächse in den ersten Jahrhunderten als Bäume! Schau doch, Axel, bewundere! Eine festliche Freude für einen Botaniker!

– Sie haben Recht, lieber Oheim. Die Vorsehung scheint in diesem ungeheuren Gewächshaus die vorsündfluthigen Pflanzen aufbewahrt zu haben, welche der Scharfsinn der Gelehrten so glücklich wieder aufgefunden hat.

– Du sagst ganz richtig, es sei ein Gewächshaus; besser noch würdest Du’s vielleicht eine Menagerie nennen.

– Eine Menagerie!

– Ja, ohne Zweifel. Sieh nur diesen Staub unter unseren Füßen, diese auf dem Boden zerstreuten Gebeine.

– Gebeine! rief ich aus. Ja, Gebeine vorsündfluthiger Thiere!«

Ich stürzte über diese Jahrhunderte alten Trümmer von einer unzerstörbaren Mineralsubstanz her, und wußte ohne Besinnen diese riesenhaften Knochen, welche wie ausgetrocknete Baumstämme aussahen, zu benennen.

»Hier ist der Unterkiefer des Mastodon, sagte ich; hier die Backenzähne des Dinotherium; dieser Hüftknochen kann nur dem allergrößten dieser Gattung, dem Megatherium, angehört haben. Ja, es ist wohl eine Menagerie, denn diese Gebeine sind gewiß nicht durch eine Ueberschwemmung hieher verpflanzt worden. Die Thiere, von welchen sie herrühren, haben an den Ufern dieses unterirdischen Meeres, unter dem Schatten dieser Riesenpflanzen gelebt. Sieh, da sind ja ganze Skelette. Und dennoch.

– Dennoch? sagte mein Oheim.

– Ich begreife nicht das Vorkommen solcher Vierfüßler in dieser Granithöhle.

– Weshalb?

– Weil das thierische Leben auf der Erde erst in den secundären Perioden existirt hat, als sich durch Anschwemmungen aus dem Niederschlag das Erdreich gebildet und an die Stelle der Felsen der Urperiode getreten war.

– Ah nun, Axel, auf Deinen Einwand giebt’s eine sehr einfache Antwort, nämlich, daß dieses Terrain ein durch Niederschlag gebildetes ist.

– Wie? in einer solchen Tiefe unter der Erdoberfläche!

– Ja wohl, und diese Thatsache läßt sich geologisch erklären. Zu einer gewissen Zeit bestand die Erde nur aus einer elastischen Rinde, welche kraft der Gesetze der Anziehung abwechselnden Bewegungen nach oben und unten unterworfen war. Es ist wahrscheinlich, daß Einsenkungen des Bodens stattfanden, und daß ein Theil des sedimentären Terrains auf den Grund eines plötzlich geöffneten Abgrundes hinabgezogen wurde.

– Das muß wohl der Fall sein. Aber wenn vorsündsluthige Thiere in diesen unterirdischen Regionen gelebt haben, wer sagt uns, daß nicht eins von diesen Ungeheuern noch jetzt in dieser dunkeln Waldung oder hinter diesen steilen Felsen umherstreift?«

Bei diesem Gedanken prüfte ich, nicht ohne Schrecken, den Horizont in verschiedenen Richtungen; aber es zeigte sich kein lebendes Wesen an diesen öden Gestaden.

Ich war ein wenig müde und setzte mich am Ende eines Vorgebirgs nieder, an dessen Fuß sich die Wellen rauschend brachen. Von da aus umfaßte mein Blick die ganze durch eine Ausbiegung der Küste gebildete Bai. Im Hintergrunde fand sich ein kleiner Hafen zwischen den pyramidalen Felsen. Seine Gewässer schlummerten ruhig im Schutze vor’m Wind. Eine Brigg und zwei bis drei Goeletten hätten daselbst bequem ankern können. Ich war fast darauf gefaßt, ein Fahrzeug mit vollen Segeln herauskommen zu sehen, um unter’m Südwind das Weite zu suchen.

Aber diese Täuschung verschwand rasch. Wir waren wohl die einzigen lebenden Geschöpfe dieser unterirdischen Welt. Wenn es mitunter windstille war, kam eine tiefere Stille, als die der Wüste über die trockenen Felsen und lastete auf der Oberfläche des Meeres. Ich suchte dann den Nebel der Ferne zu durchdringen, diesen vor den geheimnißvollen Hintergrund des Horizonts gezogenen Vorhang zu zerreißen. Wie drängten da sich die Fragen auf meinen Lippen? Wo endigte das Meer? Wohin führte es? Würden wir je die jenseitigen Ufer desselben zu erkennen im Stande sein?

Mein Oheim zweifelte seinerseits nicht daran. Ich wünschte und fürchtete es zugleich.

Nachdem wir eine Stunde in Betrachtung dieses merkwürdigen Anblicks hingebracht, gingen wir zu der sandigen Uferstelle zurück, um wieder in die Grotte zu gelangen. Und so schlief ich unter’m Eindruck der seltsamsten Gedanken ein und ruhte in tiefem Schlummer.

Einunddreißigstes Capitel.


Einunddreißigstes Capitel.

Zu Schiffe.

Am folgenden Tag wachte ich völlig geheilt auf. Ich dachte, ein Bad würde mir sehr heilsam sein, und tauchte mich einige Minuten lang in die Gewässer dieses mittelländischen Meeres.

Als ich zurückkam, speiste ich mit trefflichem Appetit. Hans verstand sich darauf, ein Frühstück zu bereiten; er war mit Wasser und Feuer versehen, so daß er ein wenig Abwechselung in unser Frühstück bringen konnte. Zum Dessert lieferte er uns einige Tassen Kaffee, und nie hat mir dieses köstliche Gebräu angenehmer geschmeckt.

»Jetzt, sagte mein Oheim, ist die Zeit der Ebbe und Fluth, und wir dürfen die Gelegenheit, diese Erscheinung zu studiren, nicht vorüber gehen lassen.

– Wie? Ebbe und Fluth?

– Allerdings.

– Reicht der Einfluß von Sonne und Mond so weit hinab?

– Warum nicht? Sind die Körper nicht im Ganzen der allgemeinen Anziehung unterworfen? Diese Wassermasse kann sich folglich nicht dem allgemeinen Gesetz entziehen. Daher wirst Du auch sehen, daß sie, trotz des Drucks der Atmosphäre, welcher auf ihre Oberfläche wirkt, steigt, wie das atlantische Meer.«

In diesem Augenblick betraten wir den Sand am Ufer, und sahen die Wellen nach und nach mehr auf dem flachen Boden vordringen.

»Da ist ja die beginnende Fluth, rief ich aus.

– Ja, Axel, und aus dieser Anhäufung von Schaum kannst Du abnehmen, daß das Meer wohl zehn Fuß hoch steigt.

– Wunderbar!

– Nein, es ist natürlich.

– Sie haben gut reden, lieber Oheim, alles dies kommt mir außerordentlich vor, und ich kann kaum meinen Augen trauen. Wer hätte jemals sich in dieser Erdrinde ein wirkliches Meer gedacht, mit Ebbe und Fluth, Seewind und Stürmen!

– Warum nicht? Spricht ein Grund der Physik dagegen?

– Ich sehe nicht, sobald man das System der Central-Wärme aufgeben muß.

– Also bis auf diesen Punkt findet sich Davy’s Theorie gerechtfertigt?

– Offenbar, und dennoch liegt darin kein Widerspruch, daß es Meere oder Landschaften im Innern der Erde giebt.

– Ohne Zweifel, aber unbewohnte.

– Gut! Warum sollten diese Wasser nicht einige Fische von einer unbekannten Gattung enthalten?

– Jedenfalls haben wir bis jetzt noch nicht einen einzigen wahrgenommen.

– Nun, wir können Angeln machen, und sehen, ob der Köder hier unten ebenso anzieht als in den Gewässern unter’m Mond.

– Wir wollen’s versuchen, Axel, denn wir müssen in alle Geheimnisse dieser neuen Gegenden dringen.

– Aber wo befinden wir uns denn? lieber Oheim, denn ich habe noch nicht diese Frage an Sie gerichtet, worauf Ihre Instrumente Ihnen die Antwort schon gegeben haben müssen.

– Horizontal dreihundertundfünfzig Meilen von Island.

– So weit?

– Ich bin überzeugt, daß ich nicht um fünfhundert Klaftern irre.

– Und die Magnetnadel weist fortwährend auf Süd-Ost?

– Ja, mit einer westlichen Abweichung von neunzehn Grad und zweiundvierzig Minuten, gerade wie oben auf der Erde. Was die verticale Richtung betrifft, so ist ein merkwürdiger Fall eingetreten, den ich sorgfältig beobachtet habe.

– Und welcher?

– Die Nadel, anstatt sich, wie sonst auf der nördlichen Hemisphäre, gegen den Pol hin zu richten, hebt sich dagegen.

– Also muß man daraus schließen, daß der magnetische Anziehungspunkt sich zwischen der Erdoberfläche und dem Punkt, wo wir eben sind, findet.

– Ganz richtig, und es ist zu vermuthen, daß, wenn wir in die Polargegenden kämen, zum siebenzigsten Grad, wo James Roß den magnetischen Pol entdeckt hat, die Nadel in senkrechter Richtung stehen würde. Folglich liegt dies geheimnißvolle Centrum der Anziehung nicht sehr tief.

– Wirklich, und das ist eine von der Wissenschaft nicht geahnte Thatsache.

– Die Wissenschaft, lieber Junge, ist voll Irrthümer, die man aber nicht zu scheuen hat, weil sie allmälig der Wahrheit zuführen.

– Und wie tief sind wir jetzt unten?

– Fünfunddreißig Meilen.

– Also, sagte ich mit einem Blick auf die Karte, das schottische Hochland über unserm Kopf, und dort die mit Schnee bedeckten Gipfel der Grampiangebirge sind wunderbar hoch.

– Ja, erwiderte der Professor lachend. Eine etwas schwere Bürde, aber das Gewölbe ist solid; der große Baumeister des Weltalls hat es aus guten Materialien errichtet, und niemals hätte der Mensch ihm eine gleiche Tragfähigkeit zu geben vermocht. Was wollen die Brückenbogen und die Gewölbe der Kathedralen gegen dieses Schiff mit einem Halbmesser von drei Meilen, unter welchem ein Meer und seine Stürme sich bequem entwickeln können?

– O! Ich habe keine Angst, daß mir der Himmel auf den Kopf falle. Jetzt, lieber Oheim, was haben Sie im Plan? Denken Sie nicht auf die Erdoberfläche zurückzukehren?

– Zurückkehren? Das wäre! Im Gegentheil, die Reise fortsetzen, weil Alles bis jetzt so gut gegangen.

– Doch weiß ich nicht, wie wir unter dieser flüssigen Ebene weiter dringen werden.

– O! Ich denke nicht kopfüber mich hinein zu stürzen. Aber wenn die Oceane, richtig benannt, nur Seen sind, weil sie von Land umgeben werden, so ist mit um so mehr Grund anzunehmen, daß dieses innere Meer vom granitenen Bau umgeben ist.

– Kein Zweifel.

– Nun, auf dem jenseitigen Ufer bin ich sicher neue Ausgänge zu finden.

– Wie groß glauben Sie, daß dieser Ocean sei?

– Dreißig bis vierzig Meilen.

– Ah! sagte ich; doch meinte ich, diese Schätzung möchte wohl nicht völlig genau sein.

– Also wir haben keine Zeit zu verlieren, und gleich morgen wollen wir in die See stechen.«

Unwillkürlich sah ich mich um nach dem Fahrzeug, das uns hinüberschaffen sollte.

»Nun, sagte ich, einschiffen werden wir uns. Gut! und auf welchem Boot werden wir Platz nehmen?

– Dafür bedarf’s keines Bootes, lieber Junge, sondern ein gutes und solides Floß wird ausreichen.

– Ein Floß! rief ich aus. Ein Floß ist ebenso schwer zu bauen, und ich sehe nicht …

– Du siehst nicht, Axel, aber wenn Du hören willst, könntest Du hören!

– Hören?

– Ja, die Hammerschläge würden Dir begreiflich machen, daß Hans schon an der Arbeit ist.

– Er errichtet ein Floß?

– Ja.

– Wie! hat er schon Bäume gefällt?

– O! die Bäume waren sämmtlich gefällt. Komm, und Du wirst ihn bei der Arbeit finden.«

Nachdem wir eine Viertelstunde weit gegangen, bemerkte ich jenseits des Vorgebirgs, welches den kleinen Hafen bildete, Hans bei der Arbeit. Nur noch einige Schritte und ich war bei ihm. Zu meiner großen Ueberraschung lag ein halb fertiges Floß auf dem Sand; es war aus Balken einer ganz besonderen Holzart gefertigt, und eine Anzahl Bohlen, Kniestücke, Spante aller Art bedeckten den Boden. Man konnte daraus schon eine Flotte bauen.

»Oheim, rief ich, was ist das für ein Holz?

– Fichten, Tannen, Birken, allerlei zapfentragende Bäume des Nordens, die durch’s Seewasser mineralisirt worden.

– Ist’s möglich?

– Man nennt dies fossile Holz ’surtarbrandur‘.

– Aber dann muß es, als versteinertes Holz und hart wie ein Stein, im Wasser untergehen?

– Das ist zuweilen der Fall; manches Holz der Art ist vollständig Anthracit geworden; anderes aber, wie dieses, hat nur einen Anfang der Umbildung erlitten. Schaue nur«, fuhr mein Oheim fort, und warf eins dieser kostbaren Stücke in’s Meer.

Das Stück kam, nachdem es untergesunken, wieder an die Oberfläche des Wassers und schwankte auf den Wellen.

»Hast Du Dich überzeugt? sagte mein Oheim.

– Um so mehr, als es unglaublich ist!«

Am folgenden Abend war, Dank der Geschicklichkeit des Führers, das Floß fertig; es war zehn Fuß lang und fünf breit. Die mit starken Stricken zusammengeschnürten Balken von Surtarbrandur gewährten eine solide Fläche, und als dieses improvisirte Fahrzeug in’s Wasser gelassen war, schwamm es ruhig auf den Wogen des Meeres Lidenbrock.

Einundzwanzigstes Capitel.


Einundzwanzigstes Capitel.

Wassermangel.

Am folgenden Tage brachen wir in aller Frühe auf. Eile war nöthig. Wir waren fünf Tagereisen von dem Kreuzweg entfernt.

Ueber die Leiden unseres Rückwegs will ich kurz sein. Mein Oheim ertrug sie mit dem Zorne eines Mannes, der einer Uebermacht weichen muß; Hans mit der Ergebung seiner friedlichen Natur; ich muß ich gestehen, mit Klagen und in Verzweiflung: gegen solches Mißgeschick konnte ich nicht den Muth finden.

Wie bereits erwähnt, ging uns das Wasser bereits am Ende des ersten Tages gänzlich aus. Wir waren zum Trunk auf den Wachholderbranntwein angewiesen, aber der brannte höllisch die Kehle, und ich konnte ihn nicht einmal ansehen. Die Temperatur war mir zum Ersticken, meine Kräfte waren gelähmt, ich war mitunter nahe daran regungslos hinzufallen. Man machte dann Halt; mein Oheim und der Isländer stärkten mich wieder, so gut sie vermochten. Aber ich bemerkte bereits, daß der Erstere gegen die äußerste Ermüdung und die Qualen des Durstes eine peinliche Wirkung übte.

Endlich, Dienstag, 8. Juli, gelangten wir, auf den Knieen, auf den Händen uns fortschleppend, halbtodt an dem Vereinigungspunkt der beiden Galerien an. Hier blieb ich wie eine träge Masse auf dem Lavaboden ausgestreckt liegen. Es war zehn Uhr vormittags.

Hans und mein Oheim versuchten mir einige Brocken Zwieback beizubringen. Lange Seufzer entfuhren meinen aufgeschwollenen Lippen. Ich fiel in tiefen Schlummer.

Nach einer Weile kam mein Oheim heran und nahm mich in seine Arme.

»Armer Junge!« murmelte er mit dem Ton wahren Mitleidens.

Diese Worte rührten mich, da ich bei dem harten Professor Zärtlichkeiten nicht gewöhnt war. Ich ergriff seine zitternden Hände mit den meinigen. Er ließ es geschehen und blickte mich an. Seine Augen waren feucht.

Darauf nahm er seine Flasche, die ihm an der Seite hing. Zu meinem Erstaunen hielt er sie an meine Lippen:

»Trink«, sprach er.

Konnte ich meinen Ohren trauen? War mein Oheim nicht bei Sinnen? Ich sah ihn starr an. Ich mocht‘ es nicht begreifen.

»Trink«, wiederholte er.

Und er nahm seine Flasche und leerte sie ganz aus in meinen Mund.

O! unendliche Erquickung! Ein Schluck Wasser benetzte meinen glühenden Mund; ein einziger, der aber genügte, das entfliehende Leben mir wieder zu geben.

Ich dankte meinem Oheim mit gefalteten Händen.

»Ja, sagte er, der letzte Tropfen! der letzte! verstehst Du wohl? Der letzte! Ich hatte ihn sorgfältig in meiner Flasche aufbewahrt. Zwanzigmal, hundertmal mußte ich meinem erschrecklichen Verlangen widerstehen! Aber mein Axel, ich hob es für Dich auf.

– Lieber Oheim! stammelte ich, und Thränen quollen aus meinen Augen.

– Ja, armer Junge, ich dachte mir, bei Deiner Ankunft an diesem Kreuzweg würdest Du halb todt hinsinken, und habe meinen letzten Tropfen aufgehoben, Dich wieder zu beleben.

– Dank! Dank!« rief ich aus.

So wenig auch mein Durst gestillt war, einige Kraft hatte ich doch wieder gefunden. Meine bereits zusammen geschrumpften Kehlmuskeln erweiterten sich wieder, die Entzündung meiner Lippen war beschwichtigt. Ich vermochte zu reden.

»Sehen wir, sagte ich, jetzt haben wir keine andere Wahl; wir haben kein Wasser, müssen also denselben Weg zurück.«

Während ich sprach, mied mein Oheim meinen Blick; er senkte den Kopf, seine Augen wichen den meinigen aus.

»Wir müssen rückwärts, rief ich aus, und wieder den Weg nach dem Snäfields einschlagen. Wenn uns Gott nur die Kraft verleiht, wieder bis zur Höhe des Kraters zu gelangen!

– Zurückkehren! rief mein Oheim, als antworte er sich selbst, und nicht mir.

– Ja, zurück, und ohne einen Augenblick zu verlieren.«

Es entstand eine ziemlich lange Pause.

»Also, Axel, fuhr der Professor mit seltsamem Ton fort, diese Tropfen Wasser haben Dir Muth und Thatkraft nicht wieder belebt?

– Den Muth!

– Ich sehe Dich so muthlos, wie zuvor, und auch Worte der Verzweiflung!«

Was für ein Mann, mit dem ich zu thun hatte, und was für Projecte hegte sein verwegener Geist immer noch!

»Wie? Sie wollen nicht? …

– Verzichten auf die Unternehmung, im Augenblick, wo Alles anzeigt, daß sie gelingen kann! Niemals!

– So müssen wir uns entschließen, das Leben hinzugeben?

– Nein, Axel, nein! Geh‘ nur. Deinen Tod will ich nicht. Hans mag Dich begleiten. Lasse mich allein!

– Sie verlassen!

– Lasse mich, sag‘ ich Dir! Ich hab‘ die Reise unternommen, und werde sie bis zu Ende führen, oder ich kehre nicht zurück. Geh‘ nur! Axel, geh‘ nur!«

Mein Oheim sprach mit größter Aufregung. Seine Stimme, die eine Weile weich geworden, ward wieder hart, drohend. Er rang mit düsterer Energie gegen das Unmögliche! Ich wollte ihn nicht in der Tiefe dieses Abgrunds verlassen, und dagegen drängte mich der Selbsterhaltungstrieb, ihn zu fliehen.

Hans begriff, was zwischen uns vorging, aber er zeigte doch wenig Antheil an der Frage, wobei sein eigenes Dasein im Spiel war; er war bereit, nach dem Winke seines Herrn weiter zu gehen oder zu bleiben.

Wir beide hätten wohl den hartnäckigen Professor zur Einsicht bringen, zur Rückkehr nöthigen können. Ich trat zu ihm, legte meine Hand in die seinige; er rührte sich nicht. Ich zeigte ihm den Weg nach dem Krater; er blieb unbeweglich. In meinem Angesicht waren alle meine Leiden zu lesen. Der Isländer schüttelte sanft den Kopf und wies ruhig auf meinen Oheim und sprach »Master.«

– »Der Herr, rief ich aus! Unsinnig! Nein, er ist nicht Deines Lebens Herr! wir müssen fliehen! ihn mit fortreißen! Hörst Du? verstehst Du mich?«

Ich faßte Hans beim Arm, rang mit ihm. Mein Oheim legte sich in’s Mittel.

»Ruhig, Axel, sprach er. Bei diesem unerschütterlichen Diener wirst Du nichts ausrichten. So höre, was ich Dir vorzulegen habe.«

Ich kreuzte die Arme und sah meinem Oheim in’s Angesicht.

»Der Mangel an Wasser ist das einzige Hinderniß der Ausführung meiner Projecte. In dieser östlichen Galerie, die aus Lava, Schiefer, Kohlen besteht, haben wir nicht einen Tropfen gefunden. Möglich aber ist, daß wir in dem westlichen Tunnel glücklicher sind.«

Ich schüttelte ungläubig den Kopf.

»Höre mich bis zu Ende an, fuhr der Professor mit gehobener Stimme fort. Während Du regungslos da lagst, hab‘ ich diesen Gang untersucht. Er führt direct in’s Innere, und in wenig Stunden mitten in den Kern des Granit. Da müssen wir reichlich Quellen finden. Die Felsart bringt es mit sich, und der Instinct geht einig mit der Logik zu Gunsten meiner Ueberzeugung. Dies also ist mein Vorschlag. Columbus hat von seiner Schiffsmannschaft drei Tage begehrt, um die neue Welt zu entdecken. Ich begehre von Dir nur noch einen Tag. Stoßen wir nicht binnen dieser Zeit auf das mangelnde Wasser, so schwöre ich Dir, daß wir nach der Oberfläche zurückkehren werden.«

Trotz meiner Gereiztheit rührten mich diese Worte, und die Gewalt, welche mein Oheim sich anthat, eine solche Sprache zu führen.

»Nun denn! rief ich, ich füge mich Ihrem Wunsch, und Gott möge Ihre übermenschliche Energie lohnen! Es sind nur wenige Stunden. Also vorwärts!«

Zweiundzwanzigstes Capitel.


Zweiundzwanzigstes Capitel.

Noth.

Wir gingen also durch die neue Galerie wieder abwärts, Hans, wie gewöhnlich, voran. Wir waren noch keine hundert Schritte weit, als der Professor, die Lampe an der Wand, ausrief:

»Hier ist Urgebirg! Wir sind auf dem rechten Weg! Vorwärts! Vorwärts!«

Als in der ersten Epoche der Welt die Erde allmälig erkaltete, veranlaßte die Verringerung des Umfangs in ihrer Rinde Verschiebungen, Risse, Klüfte und Spalten. Der eben betretene Gang war ein Spalt dieser Art, durch welchen ehemals der ausgeworfene Granit seinen Weg fand. Seine unzähligen Wendungen bildeten ein verworrenes Labyrinth im ursprünglichen Boden.

Im Verhältniß, wie wir abwärts kamen, zeigten sich klarer die aufeinanderfolgenden Schichten, woraus das Urgestein besteht. Die Geologie sieht dieses als die Unterlage der mineralischen Rinde an, und hat erkannt, daß es aus drei verschiedenen Schichten besteht, dem Schiefer, Gneis und Glimmerschiefer, welche auf dem unerschütterlich festen Granit lagern.

Nun befanden sich nie Mineralogen in einer so merkwürdig günstigen Lage, um die Natur an Ort und Stelle zu studiren. Was die Sonde, die rohe Maschine ohne Intelligenz über das innere Gefüge nicht zu Tage fördern konnte, waren wir im Begriff mit eigenen Augen zu sehen, mit Händen zu greifen.

Quer durch die Lage des Schiefergesteins in schönen grünen Schattirungen zogen Erzgänge, Kupfer, Braunstein und etliche Spuren von Platina und Gold. Ich dachte mir, wie die Habgier der Menschen von diesen so tief vergrabenen Schätzen nie einen Genuß haben wird. Sie sind bei dem Durcheinanderrütteln jener Urzeit so tief versenkt worden, daß sie von Schaufel und Hacke nicht zu erreichen sind.

An die Schiefer reiheten sich die Gneis, von geschichtetem Bau, merkwürdig durch regelmäßig parallele Blätter, sodann die Glimmerschiefer in großen Stücken, welche durch das Funkeln des weißen Glimmers in die Augen sprangen.

Das Licht der Apparate, von den kleinen Facetten der Felsenmasse zurückgeworfen, kreuzte seine Feuerstrahlen unter allen Winkeln, so daß man denken konnte, man reise durch einen hohlen Diamanten, worin tausendfach blendend die Strahlen sich brachen.

Gegen sechs Uhr fing dieser Glanz an merklich schwächer zu werden, fast zu verschwinden; die Wände nahmen eine krystallisirte, aber düstere Färbung; der Glimmer mischte sich inniger mit dem Feldspath und Quarz, um das allerhärteste Gestein zu bilden, welches, ohne zerdrückt zu werden, die vier Stockwerke des Erdreichs trägt. Wir befanden uns mitten im Granit.

Es war Abends acht Uhr. Immer noch kein Wasser. Ich litt fürchterlich. Mein Oheim schritt immer voran, wollte nicht stehen bleiben. Er lauschte mit dem Ohre das Murmeln einer Quelle zu erhaschen. Vergebens!

Inzwischen versagten mir meine Beine den Dienst. Ich widerstand meinen Qualen, um nicht meinen Oheim zum Stillestehen zu nöthigen, Es wäre für ihn ein Verzweiflungsschlag gewesen, denn der Tag lief zu Ende, der letzte, welcher ihm gehörte.

Endlich gingen mir die Kräfte aus. Ich fiel nieder mit einem Schrei: »Hilfe! ich sterbe!«

Mein Oheim kam augenblicklich herbei. Er sah mich an mit gekreuzten Armen; dann murmelte er dumpf: »Es ist Alles aus!«

Eine fürchterlich zornige Bewegung war das letzte, was ich sah, als ich die Augen schloß.

Beim Wiederaufschlagen derselben gewahrte ich meine Gefährten unbeweglich in ihre Decken gewickelt. Schliefen sie? Ich meines Theils konnte nicht einen Augenblick in Schlaf kommen. Ich litt allzu sehr, zumal bei dem Gedanken, daß nicht zu helfen sein solle. Meines Oheims letzte Worte, »Alles ist aus!« hallten in meinem Ohre wieder, denn bei dem hohen Grade meiner Schwäche war kein Gedanke, wieder auf die Erdoberfläche zu kommen.

Wir befanden uns anderthalb Meilen in der Tiefe!

Es war mir, als laste diese ganze Masse auf meinen Schultern. Ich fühlte mich wie zerschmettert und strengte mich vergebens an, mich auf meinem Granitlager umzudrehen.

So verflossen einige Stunden. Tiefe Stille herrschte um uns, Grabesstille. Kein Laut drang durch diese zum Mindesten fünf Meilen dicken Mauern.

Inzwischen glaubte ich mitten in meinem Schlummer ein Geräusch zu vernehmen. Es war dunkel im Tunnel. Als ich recht achtsam blickte, schien mir’s, als sähe ich den Isländer mit der Lampe in der Hand verschwinden.

Weshalb entfernt er sich? Will Hans uns verlassen? Mein Oheim schlief. Ich wollte schreien; die Stimme versagte mir zwischen den ausgetrockneten Lippen. Es war völlig dunkel geworden, und das letzte Geräusch war verstummt.

»Hans verläßt uns! schrie ich. Hans! Hans!«

So rief ich, jedoch nur im stillen Innern. Inzwischen, nach der ersten Anwandlung des Schreckens, schämte ich mich wieder meines Verdachts gegen den braven Menschen. Unmöglich wollte er fliehen. Er ging die Galerie abwärts, nicht nach oben, wohin üble Absicht ihn gezogen hätte. Dabei beruhigte ich mich ein wenig, und ich kam auf andere Gedanken. Hans, dieser friedliche Mann, mußte einen wichtigen Beweggrund haben, der ihn vom Lager trieb. Ging er, um eine Quelle zu finden? Hatte er in der Stille der Nacht ein Murmeln gehört, das nicht bis zu meinem Ohr gedrungen war?

Dreiundzwanzigstes Capitel.


Dreiundzwanzigstes Capitel.

Der Hansbach.

Eine Stunde lang überdachte ich in meinem wahnsinnigen Gehirn alle Gründe, welche den phlegmatischen Jäger zum Handeln treiben konnten. Die absurdesten Ideen verwickelten sich in meinem Kopf. Ich glaubte, ich sei im Begriff, ein Narr zu werden!

Doch endlich vernahm man Fußtritte aus der Tiefe des Ganges. Hans kam zurück. Das Licht fing an unstät an den Wänden zu schimmern, dann kam es an der Mündung des Tunnels zum Vorschein. Hans erschien, trat nahe zu meinem Oheim, legte ihm die Hand auf die Schulter und weckte ihn sanft. Er richtete sich auf und rief:

»Was giebt’s?

– Vatten«, erwiderte der Jäger.

Man muß annehmen, daß jeder Mensch, wenn ihn heftige Schmerzen anregen, alle Sprachen versteht. Ich verstand nicht ein einziges Wörtlein dänisch, und doch begriff ich instinctmäßig das Wort unsers Führers.

»Wasser! Wasser! rief ich aus, klaschte mit den Händen, geberdete mich wie wahnsinnig.

– Wasser! wiederholte mein Oheim. ‚Hwar?‘ fragte er den Isländer.

– Nedat«, antwortete Hans.

Wo? Unten! Ich verstand Alles. Ich ergriff des Jägers Hand und drückte sie; er sah mich ruhig an.

Ohne uns mit Vorbereitungen aufzuhalten, waren wir flugs auf dem Weg, in einem Gang von zwei Fuß Fall per Klafter.

Nach einer Stunde hatten wir bei tausend Klaftern zurückgelegt und waren zweitausend Fuß abwärts gekommen.

In diesem Augenblick vernahm ich deutlich einen ungewohnten Ton seitwärts in der Granitwand, eine Art dumpfes Brausen gleich fernem Donner. Während der ersten halben Stunde unsers Wegs, da wir noch nicht auf die angekündigte Quelle stießen, überkam mich wieder die Angst; nun aber belehrte mich mein Oheim über den Ursprung des Geräusches, welches man vernahm.

»Hans hat sich nicht geirrt, sagte er; was Du da hörst, ist das Rauschen eines Baches.

– Ein Bach? rief ich aus.

– Ohne allen Zweifel. Ein unterirdischer Fluß strömt in unserer Nähe!«

Wir beschleunigten unsere Schritte, von Hoffnung gespornt. Ich fühlte keine Müdigkeit mehr. Bereits das Rauschen eines murmelnden Wassers erquickte mich. Es wurde merklich stärker. Nachdem wir den Bach lange Zeit über unserm Kopf gehört, floß er jetzt in der linken Seitenwand, brausend und sprudelnd. Ich hielt öfters meine Hand wider den Felsen, in Hoffnung, Spuren von durchsickernder Feuchtigkeit zu finden. Aber vergebens.

Eine halbe Stunde verfloß noch. Eine halbe Lieue wurde noch zurückgelegt.

Es zeigte sich nun klar, daß der Jäger, als er abwesend war, sein Suchen nicht weiter hatte fortsetzen können. Geleitet von einem den Bergbewohnern eigenthümlichen Instinct, erkannte er im Gefühl diesen Bach durch den Felsen hindurch, gesehen aber hatte er das köstliche Naß sicherlich nicht, seinen Durst nicht damit gestillt.

Bald ergab sich auch, daß wir, wenn wir weiter fort gingen, uns von dem fließenden Wasser, dessen Rauschen schwächer zu werden anfing, wieder entfernen würden.

Wir gingen also wieder zurück. Hans blieb genau an der Stelle stehen wo der Bach am nächsten zu sein schien.

Ich setzte mich neben der Wand nieder, während das Wasser in einer Entfernung von zwei Fuß sehr reißend strömte. Aber eine Granitwand trennte uns noch.

Ohne nachzudenken, ohne mich zu fragen, ob es nicht irgend ein Mittel gebe, dieses Wasser sich zu verschaffen, gab ich mich im ersten Augenblick einer Verzweiflung hin.

Hans sah mich an, und ich glaubte ein Lächeln auf seinen Lippen zu bemerken.

Er stand auf und nahm seine Lampe. Ich folgte ihm nach. Er ging nach der Wand hin; ich sah ihm zu, was er machte. Er hielt sein Ohr ganz nahe an den bloßen Stein, fuhr mit demselben daran vorbei, sorgfältig lauschend. Ich begriff, daß er genau die Stelle suchte, wo man den Bach am lautesten rauschen hörte. Diese Stelle fand er in der linken Wand, drei Fuß über dem Boden.

Ich war in großer Bewegung! Ich wagte nicht zu rathen, was der Jäger thun würde. Aber ich konnte nicht umhin, ihn zu begreifen, zu beglückwünschen, mit Liebesbezeigungen zu überschütten, als ich ihn zur Spitzhaue greifen sah, um sich an den Felsen selbst zu machen.

»Retten Sie! rief ich aus.

– Ja, wiederholte mein Oheim wie wahnsinnig, Hans hat Recht! Der wackere Jäger! Wir wären nicht darauf gekommen!«

Ich glaub’s wohl! So einfach ein solches Mittel auch war, es wäre uns nicht in den Sinn gekommen. Es war doch höchst gefährlich, mit der Hacke in dies Gerüste des Erdballs einzuhauen? Es konnte ein Einsturz erfolgen, der uns zermalmte! Der Bach konnte, nachdem er durchgebrochen, uns verschlingen. Diese Gefahren hatten nichts Grillenhaftes; aber damals konnte die Besorgniß vor Einsturz oder Ueberschwemmung uns nicht abhalten, denn unser Durst war stark.

Hans machte sich an die Arbeit, die weder mein Oheim, noch ich fertig gebracht hätte. Die Ungeduld hätte uns die Hand geführt, so daß der Felsen unter wiederholten Schlägen zertrümmert worden wäre. Der Führer dagegen, ruhig und bedächtig, hieb den Felsen mit öfter wiederholten kleinen Schlägen an, und grub so ein sechs Zoll breites Loch. Es dauerte nicht lange, so war die Haue schon zwei Fuß in die Granitwand gedrungen. Die Arbeit währte über eine Stunde. Ich zappelte vor Ungeduld! Mein Oheim wollte es mit Macht angreifen; ich konnte ihn kaum zurückhalten, und schon griff er zur Haue, als man plötzlich ein Zischen vernahm. Ein Wasserstrahl brach aus der Wand vor, und schlug wider die Wand der entgegengesetzten Seite.

Hans, den der Stoß bald umgeworfen hätte, konnte einen Schmerzensschrei nicht unterdrücken. Ich begriff es, als ich meine Hände in den Strahl tauchte, und schrie ebenfalls laut auf. Das Wasser war siedend heiß.

»Das Wasser ist hundert Grad heiß! rief ich.

– Nun, es wird schon kalt werden«, erwiderte mein Oheim.

Der Gang füllte sich mit Dämpfen, und es entstand ein Bach, der sich in Krümmungen verlief; wir konnten bald unsern Trunk daraus schöpfen.

Ach! welche Lust! welch‘ unvergleichliche Erquickung! Woher kam das Wasser? daran lag wenig. Es war Wasser, das, wenn auch warm, das schon entschwindende Leben doch dem Herzen wieder zuführte. Ich trank ohne einzuhalten, ohne nur zu kosten.

Erst nachdem ich mich eine Minute erquickt, rief ich aus: »Aber das Wasser ist eisenhaltig!

– Das ist für den Magen vortrefflich, versetzte mein Oheim; und es hat viel Mineralgehalt! Es könnte eine Reise nach Spaa oder Teplitz sparen!

– Und wie gut schmeckt’s!

– Ich glaub’s wohl, ein Wasser, das man zwei Meilen unter der Erde schöpft. Es hat einen Tintengeschmack, doch nichts Unangenehmes. Hans hat uns da eine famose Erquickungsquelle verschafft. Darum schlag ich auch vor, dem heilsamen Bach seinen Namen zu geben.

– Gut!« rief ich aus.

Und der Name »Hansbach« wurde gleich angenommen.

Hans ward dadurch nicht stolzer. Nachdem er sich ein wenig erquickt, setzte er sich mit gewohnter Ruhe in einen Winkel.

»Jetzt, sagte ich, sollte man dies Wasser nicht sich verlaufen lassen?

– Zu welchem Zweck? erwiderte mein Oheim, ich vermuthe, die Quelle ist unerschöpflich.

– Gleichviel! Füllen wir unseren Schlauch und die Flaschen, und versuchen dann die Oeffnung zu stopfen.«

Man folgte meinem Rath. Hans versuchte mit Granitsplittern und Werch die gehauene Oeffnung zu stopfen. Das war nicht leicht, weil man sich die Hände verbrannte, ohne den Zweck zu erreichen. Der Druck war zu stark und die Versuche mißglückten.

»Offenbar liegt die Quelle dieses Stromes sehr hoch.

– Ohne Zweifel, versetzte mein Oheim. Wenn dieser Wasserstrahl aus einer Höhe von zweiunddreißigtausend Fuß kommt, so ist’s ein Druck von tausend Atmosphären. Aber es fällt mir etwas ein.

– Was?

– Warum setzen wir uns in den Kopf die Oeffnung zu verstopfen?

– Weil …«

Ich war in Verlegenheit, einen Grund zu finden.

»Wenn unsere Flaschen leer sind, werden wir sie wieder füllen können?

– Nein, offenbar.

– Nun, so lassen wir dies Wasser fließen! Es wird seinen natürlichen Lauf abwärts nehmen, uns den Weg zeigen und zugleich erfrischen!

– Ein guter Gedanke! rief ich aus, und in Begleitung dieses Baches haben wir um so mehr Grund für das Gelingen unsers Vorhabens.

– Ah! Jetzt kommst Du darauf, lieber Junge, sagte der Professor lachend.

– Noch besser, ich bin schon darauf.

– Einen Augenblick! Ruhen wir erst einige Stunden aus.«

Ich hatte wirklich vergessen, daß es Nacht war. Der Chronometer zeigte mir’s. Bald verfielen wir, hinlänglich gestärkt und erquickt, in tiefen Schlummer.

Vierundzwanzigstes Capitel.


Vierundzwanzigstes Capitel.

Weiter hinab.

Am folgenden Morgen hatten wir schon die bestandenen Leiden vergessen. Ich war erstaunt, daß ich keinen Durst mehr hatte, und fragte nach dem Grund. Der zu meinen Füßen rieselnde Bach gab mir murmelnd die Antwort.

Man frühstückte und trank dies köstliche Stahlwasser. Ich fühlte mich wieder ganz gekräftigt und entschlossen zur weiteren Reise. Warum sollte ein Mann von Ueberzeugung, wie mein Oheim, nebst einem sinnreichen Führer, wie Hans, und einem »entschlossenen« Neffen, wie ich, nicht zum Ziel gelangen? So schöne Gedanken schlichen nun in meinen Kopf! Hätte man mir jetzt den Vorschlag gemacht, nach der Höhe des Snäfields zurück zu kehren, ich hätte ihn mit Unwillen zurück gewiesen.

Es handelte sich aber nur um’s Hinabsteigen.

»Vorwärts!« rief ich, und rief durch enthusiastische Betonung die alten Echo der Erde wach.

Freitags um acht Uhr frühe wurde die Reise fortgesetzt. Der Granitgang zog sich in krummen Umwegen mit unerwarteten Winkeln labyrinthähnlich hin; doch im Ganzen in der Hauptrichtung nach Südost. Mein Oheim befragte unaufhörlich auf’s Sorgfältigste den Compaß, um über den zurückgelegten Weg klar zu sein.

Die Galerie lief fast horizontal mit höchstens zwei Zoll Fall per Klafter. Der Bach floß zu unseren Füßen gemächlich murmelnd. – Mein Oheim verwünschte das Horizontale der Richtung. Sein Weg zog sich unendlich in die Länge, und anstatt längs dem Erdradius hinabzugleiten, machte er, wie er sich ausdrückte, den Weg der Hypothenuse. Aber wir hatten keine andere Wahl, und so lange man nur abwärts dem Centrum näher kam, wenn auch langsam, durfte man sich nicht beklagen. Doch nahm von Zeit zu Zeit der Fall zu; unser Bach eilte brausend, und wir gelangten mit ihm mehr in die Tiefe.

Im Ganzen lief diesen und den folgenden Tag der Weg meistentheils horizontal, und verhältnißmäßig wenig vertical.

Am 10. Juli, Freitag Abends, mußten wir unserer Schätzung nach uns dreißig Meilen südöstlich von Reykjawik, und in einer Tiefe von zweieinhalb Meilen befinden.

Damals öffnete sich vor unseren Füßen ein etwas erschrecklicher Schacht. Mein Oheim konnte sich nicht enthalten in die Hände zu klatschen, als er die steilen Wände in Berechnung zog.

»Dieser wird uns weit führen, rief er aus, und leicht, denn die Felsenvorsprünge bilden eine wirkliche Leiter!«

Die Stricke wurden von Hans derart verwendet, daß jeder Unfall dadurch verhütet wurde. Wir begannen hinabzusteigen. Ich getraue mir nicht, es gefährlich zu nennen, denn ich war mit dergleichen Uebungen bereits vertraut.

Dieser Schacht war eine enge, in dem Grundbau angebrachte Spalte von der Art, welche man »faille« nennt. Offenbar war derselbe durch Zusammenziehung des Gerippes der Erde zur Zeit ihrer Erkaltung entstanden. Wenn vormals die von dem Snäfields ausgeworfenen Gegenstände durch denselben ihren Weg fanden, so war mir unerklärlich, warum diese keine Spur davon darin zurück ließen. Wir stiegen eine Art von Wendeltreppe hinab, die man für ein Werk menschlicher Hände hätte halten können.

Von Viertelstunde zu Viertelstunde mußte man anhalten, um gehörig auszuruhen, daß unsere Kniekehlen ihre Elasticität wieder gewannen. Man setzte sich dann auf einen Vorsprung und ließ die Beine hängen, man plauderte beim Essen und trank dazu aus dem Bach.

Es versteht sich, daß der Hansbach zum Wasserfall geworden war und sich dabei sein Umfang vermindert hatte; aber er war noch mehr als hinreichend, um unsern Durst zu stillen; übrigens bekam er an minder rauhen Stellen seinen gewöhnlichen ruhigen Lauf.

Am 6. und 7. Juli folgten wir den Windungen dieses Ganges, und drangen dabei wieder zwei Meilen in der Erdrinde weiter vor, das machte fast fünf Meilen unter dem Meeresspiegel. Aber am 8. gegen Mittag bekam derselbe in südöstlicher Richtung einen weit sanfteren Abfall, von etwa fünfundvierzig Grad.

Der Weg wurde sodann bequem und völlig einförmig. Es hätte auch nicht leicht anders sein können; es war keine Landschaft da, welche hätte Abwechselung gewähren können.

Endlich, Mittwoch 15., befanden wir uns sieben Meilen unter der Erde, und etwa fünfzig Meilen vom Snäfields entfernt. Obwohl wir etwas ermüdet waren, so hielt sich doch unsere Gesundheit in gutem Zustand, und die Reise-Apotheke war noch unberührt.

Mein Oheim verzeichnete von Stunde zu Stunde die Angaben des Compasses, des Chronometers, Manometers und Thermometers, dieselben, welche er in dem wissenschaftlichen Bericht von seiner Reise veröffentlicht hat. Er konnte sich daher von seiner Lage genaue Rechenschaft geben. Als er mir mittheilte, wir befänden uns horizontal fünfzig Meilen entfernt, konnte ich einen lebhaften Ausdruck meines Staunens nicht zurückhalten.

»Was hast Du vor? fragte er.

– Nichts, ich machte nur eine Bemerkung.

– Welche, mein Lieber?

– Sind Ihre Berechnungen richtig, so befinden wir uns nicht mehr unter Island.

– Meinst Du?

– Wir können uns leicht davon überzeugen.«

Ich maß mit dem Zirkel auf der Karte.

»Ich irrte nicht, sagte ich. Wir sind über Cap Portland hinaus, und die fünfzig Meilen in südöstlicher Richtung versetzen uns mitten unter’s Meer.

– Unter’m Meer, versetzte mein Oheim und rieb sich die Hände.

– Also, rief ich aus, haben wir den Ocean über unserem Kopf!

– Bah! Axel, ganz natürlich! Ziehen nicht zu Newcastle die Kohlengruben weit unter dem Meere hin?«

Der Professor fand wohl diese Lage sehr einfach; aber der Gedanke, daß ich unter der Masse des Meeres wandelte, machte mir doch etwas Sorge. Jedoch, ob die Ebenen und Gebirge Islands über unserm Kopf waren, oder die Wogen des Atlantischen Meeres, machte im Ganzen wenig Unterschied, wenn nur der Granitbau fest war. Uebrigens gewöhnte ich mich bald an diesen Gedanken; denn der Gang, welcher bald geradaus, bald in Krümmungen launenhaft hinzog, führte doch immer südöstlich und stets weiter in die Tiefe hinab.

Vier Tage darauf, Samstags, 18. Juli, kamen wir Abends in einer Art von geräumiger Grotte an; mein Oheim stellte Hans seine wöchentlichen drei Reichsthaler zu, und es wurde beschlossen, morgen solle Rasttag sein.

Fünfundzwanzigstes Capitel.


Fünfundzwanzigstes Capitel.

Rasttag.

Ich wachte am Sonntag Morgen mit dem gewohnten Gedanken sofortiger Abreise auf. Und, obwohl im tiefsten Abgrund, war es doch immer angenehm. Uebrigens waren wir bereits förmliche Troglodyten geworden, und ich dachte gar nicht mehr an Sonnen- und Mondenschein und Sternenlicht, an Bäume, Häuser, Städte und alle diese Ueberflüssigkeiten des irdischen Lebens, woraus die Leute unter’m Mond sich Nothwendigkeiten geschaffen haben. In unserer Eigenschaft als Fossilien spotteten wir über diese unnützen Wunderdinge.

Die Grotte bildete einen geräumigen Saal. Auf seinem Granitboden floß gemüthlich der treue Bach. So weit von seiner Quelle entfernt hatte sein Wasser keinen höheren Wärmegrad mehr, wie seine Umgebung, so daß man’s leicht trinken konnte.

Nach dem Frühstück verwendete der Professor einige Stunden darauf, seine täglichen Notizen in Ordnung zu bringen.

»Für’s Erste, sagte er, will ich Berechnungen anstellen, um unsere Lage genau aufzunehmen: ich möchte nach unserer Rückkehr eine Karte von unserer Reise entwerfen, eine Art von senkrechtem Erddurchschnitt, welche das Profil der Expedition geben wird.

– Das wird sehr merkwürdig sein, lieber Oheim; aber werden Ihre Aufzeichnungen dafür hinlänglich genau sein?

– Ja. Ich habe die Neigungen und Winkel sorgfältig gemessen, und ich kann mich darauf verlassen, daß ich nicht irre. Sehen wir nun zuerst, wo wir uns befinden. Nimm den Compaß und merke die Richtung, welche er angiebt.«

Ich betrachtete das Instrument, und antwortete, nachdem ich’s genau geprüft:

»Ost-Quart-Süd-Ost.

– Recht! sagte der Professor, indem er die Angabe aufzeichnete, und einige flüchtige Berechnungen hinwarf. Ich entnahm daraus, daß wir fünfundachtzig Meilen seit unserer Abreise zurückgelegt hatten.

– Also reisen wir unter’m atlantischen Meere?

– Ganz richtig.

– Und in diesem Augenblick bricht vielleicht ein Sturm los, und Schiffe werden über unserm Kopf von Sturm und Wogen gerüttelt?

– Wohl möglich.

– Und die Wallfische werden mit ihrem Schwanz wider die Wände unseres Gefängnisses schlagen?

– Sei ruhig, Axel, es wird ihnen nicht gelingen, es zu erschüttern. Aber kehren wir zu unseren Berechnungen zurück. Wir befinden uns im Südosten, fünfundachtzig Meilen vom Snäfields, und meinen Notizen nach in einer Tiefe von sechzehn Meilen.

– Sechzehn Meilen! rief ich aus.

– Allerdings.

– Aber das ist ja die äußerste Linie, welche die Wissenschaft für die Dicke der Erdrinde angenommen hat.

– Ich stelle das nicht in Abrede.

– Und es sollte, nach dem Gesetz für die steigende Temperatur, hier eine Wärme von fünfzehnhundert Grad sein.

– Es ’sollte‘, lieber Junge.

– Und all dieser Granit könnte sich nicht in festem Zustand halten, und wäre in vollem Schmelzen begriffen.

– Du siehst, daß nichts daran ist, und daß, wie gewöhnlich, die Theorien durch die Thatsachen Lügen gestraft werden.

– Ich muß es zugeben, aber es setzt mich doch in Erstaunen.

– Was giebt der Thermometer an?

– Siebenundzwanzig und sechs Zehntel Grad.

– Es fehlen also noch vierzehnhundertvierundsiebenzig Grad und vier Zehntel an dem, was die Gelehrten behaupten. Folglich beruht das verhältnißmäßige Steigen der Temperatur auf einem Irrthum. Folglich irrte Humphry Davy nicht. Folglich darf ich ihm Gehör leihen. Was hast Du darauf zu antworten?

– Nichts.«

Zwar hätte ich viel darauf zu sagen gehabt. Ich ließ die Theorie Davy’s in keiner Hinsicht gelten, ich hielt stets an der Centralwärme fest, obwohl ich ihre Wirkungen nicht spürte. Eher ließ ich wirklich gelten, daß dies Kamin eines erloschenen Vulkans, mit seinem störrigen Lava-Ueberzug die Wärme nicht durch seine Wände dringen ließ.

Aber anstatt mich mit Aufsuchen neuer Beweise aufzuhalten, beschränkte ich mich darauf, die Lage der Dinge zu nehmen, wie sie war.

»Lieber Oheim, fuhr ich fort, ich halte alle Ihre Berechnungen für genau, aber gestatten Sie mir eine strenge Folgerung daraus zu ziehen.

– Thu’s, Lieber, nach Belieben.

– An dem Punkt, wo wir uns befinden, unter der Breite Islands, beträgt der Erdradius ungefähr fünfzehnhundertdreiundachtzig meilen?

– Fünfzehnhundertdreiundachtzig ein Drittel.

– Nehmen wir nun sechzehnhundert Meilen. Von diesen haben wir zwölf zurückgelegt.

– So ist’s.

– Und zwar um den Preis von fünfundachtzig Meilen Diagonale?

– Richtig.

– Binnen zwanzig Tagen etwa?

– Ja.

– Nun machen sechzehn Meilen den hundertsten Theil des Erdradius aus. Fahren wir so fort, so brauchen wir noch zweitausend Tage, oder nächst fünf und ein halb Jahr, um hinunter zu kommen!«

Der Professor hatte nichts darauf zu erwidern.

»Ohne in Anschlag zu bringen, daß, wenn eine verticale Linie von sechzehn Meilen durch eine horizontale von achtzig gewonnen wird, dies achttausend Meilen in südöstlicher Richtung beträgt, und daß man also viel Zeit braucht, um von einem Punkt des Umfangs zum Centrum zu gelangen!

– Zum Teufel mit Deinen Berechnungen! entgegnete mein Oheim zornig. Zum Teufel mit Deinen Hypothesen! Worauf beruhen sie denn? Wer sagt Dir denn, daß dieser Gang nicht direct bis zu unserm Ziel führt? Zudem hab‘ ich zu meinen Gunsten einen Vorgänger. Was ich unternehme, hat schon ein Anderer ausgeführt, und was ihm glückte, wird auch mir glücken.

– Ich hoff‘ es; aber schließlich darf ich doch …

– Du darfst schweigen, Axel, wenn Du in der Weise aburtheilen willst.«

Ich sah wohl, daß der fürchterliche Professor unter der Haut des Oheims wieder zum Vorschein zu kommen drohte, und ich ließ mir’s gesagt sein.

»Jetzt, fuhr er fort, befrage den Manometer. Was zeigt er an?

– Einen sehr bedeutenden Druck.

– Gut. Du siehst, daß, wenn man allmälig abwärts kommt, man sich nach und nach an die dichtere Atmosphäre gewöhnt, so daß man gar nicht darunter zu leiden hat.

– Gar nicht, abgerechnet etwas Ohrenschmerzen.

– Das will nichts heißen, und Du wirst dies Uebel beseitigen, wenn Du die äußere Luft rasch mit der in Deinen Lungen enthaltenen in Verbindung bringst.

– Ganz recht, versetzte ich, entschlossen, meinem Oheim nicht mehr zu widersprechen. Es ist sogar eine rechte Lust, sich in diese dichtere Atmosphäre zu tauchen. Haben Sie bemerkt, mit welcher Stärke sich darin der Ton fortpflanzt?

– Gewiß. Ein Tauber würde da trefflich zum Gehör gelangen.

– Aber diese Dichtheit wird ohne Zweifel zunehmen?

– Ja, nach einem noch wenig festgestellten Gesetz. Es steht richtig, daß die Schwerkraft im Verhältniß, wie man abwärts kommt, geringer wird. Du weißt, daß ihre Wirksamkeit am meisten auf der Erdoberfläche fühlbar ist, und daß im Centrum der Erde die Gegenstände kein Gewicht mehr haben.

– Ich weiß es; aber sagen Sie mir, wird die Luft nicht endlich an Dichtigkeit dem Wasser gleich kommen?

– Allerdings, bei einem Druck von siebenhundertundzehn Atmosphären.

– Und unterhalb dieser Grenze?

– Wird die Dichtigkeit stets zunehmen.

– Wie können wir aber dann abwärts kommen?

– Nun, da stecken wir uns Steine in die Taschen.

– Wahrhaftig, Oheim, Sie haben auf Alles eine Antwort.«

Ich wagte auf dem Feld der Hypothesen nicht weiter vorzugehen; ich wäre vielleicht noch auf eine Unmöglichkeit gestoßen, wobei der Professor außer sich gekommen wäre.

Es war jedoch klar, daß die Luft unter einem Druck, der auf Tausende von Atmosphären steigen konnte, am Ende in einen festen Zustand übergehen würde, und dann mußte man, vorausgesetzt, daß unsere Körper Widerstand zu leisten fähig wären, Halt machen, trotz alles Disputirens auf der Welt.

Aber ich machte diesen Grund gar nicht geltend. Mein Oheim hätte mir abermals seinen Saknussemm vorgehalten. Dieses Beispiel eines Vorgängers ist aber ohne Gewicht, denn hält man auch die Reise des gelehrten Isländers für echt, so gab es doch darauf einen sehr einfachen Einwand.

Im sechzehnten Jahrhundert waren Barometer und Manometer noch nicht erfunden; wie konnte dann Saknussemm sein Anlangen im Mittelpunkt der Erde feststellen?

Aber ich behielt diesen Beweisgrund für mich, und wartete die Ereignisse ab.

Der übrige Theil des Tages verfloß in Berechnungen und Unterhaltungen. Ich war stets mit dem Professor Lidenbrock gleicher Ansicht, und beneidete Hans um seine vollkommene Leidenschaftslosigkeit, indem er, ohne viel nach Ursache und Wirkung zu fragen, sich blind vom Verhängniß leiten ließ.

Sechsundzwanzigstes Capitel.


Sechsundzwanzigstes Capitel.

Verirrt.

Offen gestanden, die Dinge standen bisher gut, und ich durfte mich nicht beklagen. Wenn die Schwierigkeiten nicht »im Durchschnitt« zunahmen, so konnte es nicht fehlen, daß wir unser Ziel erreichten. Und welcher Ruhm dann! Ich war so weit gekommen, daß ich à la Lidenbrock urtheilte. Ernstlich. Gehörte das mit zu der seltsamen Umgebung, worin ich lebte? Vielleicht.

Während einiger Tage führte uns ein vermehrt abschüssiger Weg, der mitunter selbst erschrecklich senkrecht war, tief in’s Innere des Erdkerns. An manchen Tagen kam man eine und eine halbe bis zwei Meilen dem Centrum näher. Das Hinabsteigen war gefährlich, aber die Geschicklichkeit unseres Hans und seine merkwürdige Kaltblütigkeit kamen uns dabei sehr zu statten. Dieser Isländer von unverwüstlichem Gleichmuth opferte sich ohne Umstände auf, und wir hatten es ihm zu danken, daß wir über manchen schlimmen Fall hinaus kamen, was uns allein nicht möglich gewesen wäre.

Während der beiden Wochen nach unserer letzten Unterhaltung fiel nichts besonders Merkwürdiges vor. Nur ein einziges Ereigniß von ernstester Bedeutung ist mir unvergeßlich, und aus gutem Grund. Nicht den kleinsten Umstand dabei hätte ich aus dem Sinn verlieren können.

Am 7. August waren wir allmälig bis zu einer Tiefe von dreißig Meilen gelangt, das heißt über unserem Kopf waren dreißig Meilen an Felsen, Ocean, Festland und Städten. Wir mußten damals zweihundert Meilen von Island entfernt sein.

Diesen Tag zeigte sich im Tunnel sehr wenig Fall.

Ich ging voran. Mein Oheim trug einen der beiden Rühmkorff’schen Apparate, ich den andern. Ich betrachtete die Granitschichten.

Auf einmal, als ich mich umsah, fand ich mich allein.

»Gut, dachte ich, ich bin zu rasch gegangen, oder Hans und mein Oheim sind stehen geblieben. So muß ich sie aufsuchen. Zum Glück geht der Weg nicht merklich aufwärts.«

Ich ging also meinen Weg zurück, eine Viertelstunde lang. Ich sah um mich. Kein Mensch. Ich rief. Keine Antwort. Meine Stimme verhallte unter einer Menge Echo’s, welche sie plötzlich wach rief.

Jetzt ward ich unruhig; es überlief mich ein Schauder am ganzen Körper.

»Nur ruhig, sagte ich laut. Sicherlich werde ich meine Gefährten wieder finden. Es giebt ja nur einen Weg! Da ich voran war, muß ich wieder rückwärts.«

Eine halbe Stunde lang ging ich in dieser Richtung. Ich horchte, ob man mir nicht zuriefe, und in dieser dichten Atmosphäre konnte ich schon von weitem her es hören. Todesstille herrschte in dem unermeßlichen Gang.

Ich blieb stehen. Ich konnte nicht glauben, daß ich mich ganz allein befand. Verirrt wollte ich wohl sein, nicht verloren. Verirrt, da findet man sich wieder.

Ich sagte mir wiederholt: »Da es nur einen Weg giebt und da sie diesen gehen, so muß ich wieder zu ihnen kommen. Ich brauche nur ferner rückwärts zu gehen, es sei denn, daß sie, als sie mich nicht sahen und nicht daran dachten, daß ich vorausging, auf den Gedanken kamen, zurück zu gehen. Nun, selbst in diesem Fall, wenn ich eile, werd‘ ich sie wieder finden. Das ist klar!«

Ich wiederholte mir diese letzten Worte, wie ein Mensch, der nicht überzeugt ist. Uebrigens brauchte ich lange Zeit, um diese so einfachen Gedanken zu verbinden und in Form eines Urtheils zu bringen.

Nun kam mir ein Zweifel. War ich wirklich voran? Gewiß, Hans folgte mir nach hinter meinem Oheim her. Er war sogar einige Augenblicke stehen geblieben, um sein Gepäck auf seiner Schulter wieder zu befestigen. An alles dies erinnerte ich mich. Ich hätte in dem Augenblick weiter gehen müssen.

»Uebrigens, dacht‘ ich, hab‘ ich ja ein sicheres Mittel, mich nicht zu verirren, meinen treuen Bach, der mich in dem Labyrinth leiten kann. Ich brauche nur an ihm aufwärts zurück zu gehen, so muß ich nothwendig meinen Gefährten auf die Spur kommen.«

Diese Gedanken gaben mir wieder Muth, und ich beschloß, ohne einen Augenblick Zeitverlust mich auf den Weg zu machen.

Wie pries ich da meines Oheims Vorsicht, als er den Jäger hinderte, das für die Quelle in die Wand gehauene Loch wieder zuzumachen. Also sollte die heilsame Quelle, nachdem sie uns unterwegs erquickt, mich durch die Irrgänge der Erdrinde hindurch führen.

Bevor ich mich aufmachte, wollte ich mich etwas abwaschen.

Ich bückte mich, um im Hansbach mein Angesicht zu netzen.

Man denke sich meine Bestürzung! Ich griff nur auf dürren und rauhen Granit! Der Bach floß nicht mehr zu meinen Füßen.

Siebenundzwanzigstes Capitel.


Siebenundzwanzigstes Capitel.

Im dunkeln Labyrinth.

Meine Verzweiflung war unbeschreiblich. Kein Wort der menschlichen Sprache könnte meine Gefühle ausdrücken. Ich war lebendig begraben; unter den Qualen des Hungers und Durstes hinzusterben war mein Loos.

Unwillkürlich berührte ich mit meinen brennenden Händen den Boden. Wie trocken schien dieser Fels!

Aber wie hab‘ ich den Lauf des Baches verfehlt? Denn kurz, er war nicht mehr da! Nun begriff ich den Grund der auffallenden Stille, als ich zum letzten Mal horchte, ob nicht ein Ruf meiner Gefährten zu meinem Ohr dringe. Also hatte ich, als ich den ersten unvorsichtigen Schritt auf diesem Wege ging, die Abwesenheit des Baches nicht bemerkt. Offenbar hatte sich der Weg vor mir gabelförmig getheilt, und ich schlug die eine Richtung ein, während der Hansbach, den Launen einer andern folgend, mit meinen Genossen unbekannten Tiefen zueilte!

Wie konnte ich zurückkommen? Spuren gab’s keine. Auf diesem Granit drückte sich der Fuß nicht ein. Ich zerbrach mir den Kopf, die Lösung des unlöslichen Problems zu finden. Meine Lage war in dem einzigen Wort begriffen: verloren!

Ja! Verloren in einer Tiefe, die unermeßlich schien!

Diese dreißig Meilen dicke Erdrinde lastete mit fürchterlichem Gewicht auf meinen Schultern. Ich fühlte mich zermalmt.

Ich versuchte meine Gedanken auf die Angelegenheiten der Oberwelt zu richten. Kaum war es mir möglich. Hamburg, das Haus der Königsstraße, mein armes Gretchen, diese ganze Welt über mir, ging rasch vor meiner verstörten Erinnerung vorüber. In lebhaftem Träumen überblickte ich die Begebnisse der Reise, die Ueberfahrt, Island, Herrn Fridrickson, den Snäfields! Ich sagte mir, wenn ich in meiner Lage noch einen Schatten von Hoffnung bewahrte, sei es ein Zeichen des Wahnsinns, und da sei Verzweiflung noch besser!

In der That, welche Menschenmacht konnte mich auf die Oberfläche der Erde zurück führen, diese enormen Bögen zerspalten, welche sich über meinem Kopfe wölbten? Wer konnte mich auf den Heimweg leiten und mit meinen Gefährten wieder zusammen bringen?

»O! mein Oheim!« rief ich in Verzweiflung.

Dies Wort war der einzige Vorwurf, der über meine Lippen kam, denn ich begriff, was der unglückliche Mann leiden mußte, indem auch er mich suchte.

Als ich mich so von aller menschlichen Hilfe verlassen sah, unfähig, etwas für meine Rettung vorzunehmen, dachte ich an den Beistand des Himmels.

Die Erinnerungen aus meinen Kinderjahren, an meine Mutter, die ich nur in frühesten Jahren gekannt, lebten mir wieder auf. Ich wendete mich zum Gebet, so wenig Ansprüche ich machen konnte, daß Gott, zu dem ich so spät mich wendete, mein heißes Flehen erhören werde. Diese Hinwendung zur Vorsehung machte mich etwas ruhig, und ich vermochte alle meine Geisteskräfte auf meine Lage zu concentriren.

Ich hatte Lebensmittel auf drei Tage, und eine gefüllte Flasche. Länger konnte ich allein nicht existiren. Aber mußte ich auf- oder abwärts?

Aufwärts ohne Zweifel; immer aufwärts!

So mußte ich an die Stelle gelangen, wo ich von der Quelle abgekommen war, zu der unseligen Spaltung des Weges. Dort, hatte ich einmal den Bach zu meinen Füßen, konnte ich immer weiter nach oben, bis zur Höhe des Snäfields gelangen.

Wie hab‘ ich doch nicht früher daran gedacht! Darin lag doch offenbar eine Aussicht auf Rettung. Am dringendsten war’s also, den Hansbach wieder zu finden.

Ich richtete mich auf und ging, auf meinen Stock gestützt, den Gang hinaus. Der Abhang war ziemlich steil. Ich schritt mit Hoffnung und ohne Verlegenheit, wie ein Mensch, der keine andere Wahl hat.

Eine halbe Stunde lang stieß ich auf kein Hinderniß. Ich versuchte, meinen Weg an der Form des Tunnels, an dem Vorsprung gewisser Felsen, an der Eigenthümlichkeit der Krümmungen wieder zu erkennen. Aber es fiel mir durchaus kein besonderes Zeichen auf, und ich erkannte bald, daß mich diese Galerie nicht zu jener Wegespaltung führen konnte. Sie war ohne Ausgang. Ich stieß wider eine undurchdringliche Wand, und fiel auf den Felsboden.

Welch‘ fürchterlicher Schrecken, welche Verzweiflung mich da ergriff, kann ich nicht ausdrücken. Ich war vernichtet. Meine letzte Hoffnung zerschellte an dieser Granitwand.

Verloren in diesem Labyrinth, dessen Irrgänge sich in allen Richtungen kreuzten, konnte ich ein unmögliches Entrinnen nicht mehr versuchen. Ich mußte den jämmerlichsten Tod erleiden! Und seltsamer Weise kam mir in den Sinn, es werde, wenn mein fossil gewordener Körper einmal aufgefunden würde, eine bedeutende wissenschaftliche Streitfrage darüber entstehen, daß man dreißig Meilen im Schooße der Erde ihn vorgefunden!

Ich wollte laut reden, aber es kamen nur rauhe Töne von meinen trockenen Lippen. Ich keuchte.

Mitten in dieser großen Angst befiel ein neuer Schrecken meinen Geist. Meine Lampe hatte beim Fallen Schaden gelitten und ich war nicht im Stande, sie zu repariren. Ihr Licht wurde bleicher und drohte mir auszugehen!

Ich sah, wie der Lichtstrom in der Serpentine des Apparats schwächer wurde. Auf den dunkeln Wänden entwickelte sich eine Procession beweglicher Schatten. Ich wagte nicht mehr, mein Auge zu schließen, in Besorgniß, das geringste Atom dieser entfliehenden Helle zu verlieren! Jeden Augenblick kam mir’s vor, als wolle es erlöschen, und dunkle Nacht würde mich dann umfangen.

Endlich zitterte ein letzter Schimmer in der Lampe. Ich folgte ihm, fing ihn mit den Blicken auf, sammelte alle Kraft meiner Augen auf ihn, als sei das die letzte Lichtempfindung, welche ihnen vergönnt würde, und ich war versenkt in unermeßliche Finsterniß.

Ein fürchterlicher Schrei entfuhr mir! Oben auf der Erde, inmitten des tiefsten Dunkels der Nächte, verliert das Licht niemals ganz seine Rechte! Es ist zerstreut, es ist fein; aber, so wenig davon noch übrig ist, die Netzhaut des Auges faßt es endlich auf! Hier, nichts! Die absolute Dunkelheit machte aus mir einen Blinden in vollem Sinn des Worts.

Nun verlor ich den Kopf. Ich stand auf und streckte die Hände aus, versuchte mit Schmerzen zu tasten. Ich fing an zu fliehen, stürzte in dem wirren Labyrinth auf’s Gerathewohl stets abwärts, wie ein unterirdischer Höhlenbewohner, rief, schrie, heulte, quetschte mich an den Felsenvorsprüngen, fiel und stand blutend wieder auf, stets gewärtig, auf eine nicht bemerkte Wand zu stoßen und mir den Kopf daran zu zerschellen.

So lief ich unsinnig, ohne zu wissen, wohin. Nach einigen Stunden, ganz erschöpft an Kräften, fiel ich wie eine träge Masse bewußtlos neben der Wand nieder.

Achtundzwanzigstes Capitel.


Achtundzwanzigstes Capitel.

Ein Spiel der Akustik.

Als ich wieder zum Bewußtsein kam, war mein Angesicht naß, von Thränen benetzt. Wie lange dieser Zustand dauerte, kann ich nicht sagen. Ich hatte gar kein Mittel mehr, mir Rechenschaft von der Zeit zu geben. Nie gab’s eine Einsamkeit gleich der meinigen, nie eine so vollständige Verlassenheit!

Nach meinem Fall hatte ich viel Blut verloren. Ach! ich jammerte, daß ich nicht gestorben war, »daß ich noch zu sterben hatte!« Ich wollte nicht mehr denken, wies jeden Gedanken von mir, überwältigt von Jammer wälzte ich mich auf dem Boden.

Bereits fühlte ich mich wieder einer Ohnmacht und damit der völligen Vernichtung nahe, als ein starkes Getöse in mein Ohr drang. Es glich einem anhaltenden Donnern, ich vernahm, wie die Tonwellen sich allmälig in fernen Tiefen verloren.

Woher dies Getöse? Es kam ohne Zweifel von einer Naturerscheinung im Schooße des Erdbaues her! Von einer Gasexplosion, dem Herabsturz einer gewaltigen Steinschichte!

Ich lauschte, um zu vernehmen, ob sich das Getöse wiederhole. So verlief eine Viertelstunde in völliger Stille. Ich hörte nicht einmal mehr mein Herzklopfen.

Plötzlich glaubte ich, als mein Ohr zufällig an die Wand kam, unbestimmte, unvernehmliche Worte in weiter Ferne zu hören. Ich zitterte.

»Eine Sinnentäuschung!« dachte ich.

Doch nein. Als ich achtsamer lauschte, hörte ich wirklich Stimmengemurmel. Aber zu vernehmen, was man sagte, war mir aus Schwäche nicht möglich. Doch waren’s Worte, die man sprach, ganz gewiß.

Eine Weile fürchtete ich, es seien meine eigenen Worte, die mir ein Echo zurückwarf. Hatte ich wohl ohne mein Wissen geschrieen? Ich preßte meine Lippen fest zusammen und lehnte mein Ohr abermals wider die Wand.

»Ja, sicherlich, man spricht! man spricht!«

Als ich längs der Wand einige Fuß weiter ging, hörte ich deutlicher. Es gelang mir unbestimmte, seltsame, unbegreifbare Worte zu vernehmen. Sie drangen zu mir, als seien sie leise gesprochen, sozusagen gemurmelt. Oefters wiederholt mit schmerzlicher Betonung hörte ich das Wort: »förlorad«.

Wer sprach? Offenbar Hans oder mein Oheim. Aber wenn ich sie hörte, konnten auch sie mich hören.

»Hilfe! zu Hilfe!« schrie ich aus Leibeskräften.

Ich horchte, lauschte nach einer Antwort, einem Schreien, einem Seufzer. Kein Laut ließ sich vernehmen einige Minuten lang. Eine Welt von Gedanken erschloß sich in meinem Geist. Ich dachte, meine Stimme sei zu schwach, um bis zu meinen Gefährten zu dringen.

»Denn sie sind’s unfehlbar, wiederholte ich. Wer sonst, dreißig Meilens unter der Erde?«

Ich horchte abermals. Als ich mein Ohr längs der Wand fortbewegte, kam ich auf einen mathematischen Punkt, wo die Stimmen ihren Höhegrad an Stärke zu erreichen schienen. Abermals drang das Wort »förlorad« zu meinen Ohren; dann wieder so ein Donnergeroll, wie das, welches mich aus meiner Erstarrung geweckt hatte.

»Nein, sagte ich, nein. Quer durch die Grundmassen kann man diese Stimmen nicht vernehmen. Die Granitwand würde den stärksten Ton nicht hindurchdringen lassen! Die Töne kommen aus der Galerie selbst! Es muß dabei eine ganz besondere Wirkung der Akustik im Spiel sein!«

Ich horchte abermals, und diesesmal ja! hörte ich meinen Namen deutlich hinaus gerufen!

Mein Oheim rief! Er sprach mit dem Führer, von dem das dänische »förlorad« herrührte.

Jetzt begriff ich Alles. Um mir vernehmlich zu werden, mußte ich hart neben der Wand sprechen, welche meine Stimme, wie der elektrische Draht, fortleitete.

Aber ich hatte keine Zeit zu verlieren. Entfernten sich meine Gefährten noch eine kurze Strecke, so war die Akustik nicht mehr möglich. Ich trat also nahe an die Wand heran, und sprach so deutlich, wie möglich, die Worte:

»Mein Oheim Lidenbrock!«

Ich wartete in höchster Spannung. Der Ton läuft nicht äußerst schnell, und die dichtere Luft erhöht nicht seine Schnelligkeit, sondern nur seine Stärke. Einige Secunden verflossen, bis endlich diese Worte zu meinem Ohr drangen:

»Axel, Axel! Bist Du’s?«

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»Ja! ja!« erwiderte ich.

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»Mein Kind, wo bist Du?«

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»Verloren, im tiefsten Dunkel!«

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»Aber Deine Lampe?«

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»Verloschen.«

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»Und der Bach?«

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»Verschwunden.«

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»Axel, armer Axel, fasse wieder Muth!«

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»Warten Sie ein wenig, ich bin erschöpft! Habe nicht mehr die Kraft zu antworten. Aber sprechen Sie zu mir!«

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»Muth, fuhr mein Oheim fort. Rede nicht, lausche mir. Wir haben Dich auf- und abwärts in der Galerie gesucht; konnten Dich nicht finden. Ich habe sehr um Dich geweint, mein Kind! Endlich, in Voraussetzung, Du seist noch längs dem Hansbach, sind wir wieder abwärts gegangen und haben unsere Flinten abgefeuert. Jetzt können unsere Stimmen zwar akustisch zusammen kommen, aber die Hände noch nicht sich berühren! Doch verzweifle nicht, Axel! Sich hören zu können, ist schon Etwas!«

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Während dessen hatte ich überlegt. Eine gewisse, noch unbestimmte Hoffnung kam mir wieder. Vor Allem war mir ein Punkt von Wichtigkeit. Ich hielt meine Lippen an die Wand und sprach:

»Mein Oheim?«

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»Mein Kind? hörte ich nach einer kleinen Weile.«

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»Vor Allem, wie weit sind wir von einander?«

»Das kann man leicht erfahren.«

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»Haben Sie Ihren Chronometer?«

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»Ja.«

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»Nun, nehmen Sie ihn. Sprechen Sie meinen Namen und verzeichnen genau die Secunde. Ich will ihn wiederholen, sobald er zu mir gelangen wird, und Sie verzeichnen ebenso genau den Augenblick, wo meine Antwort eintreffen wird.«

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»Gut, und die Hälfte der Zeit zwischen meiner Frage und Deiner Antwort wird angeben, wieviel meine Stimme braucht, um bis zu Dir zu gelangen.«

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»Richtig, Oheim.«

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»Bist Du bereit?«

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»Ja.«

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»Nun, gieb Acht, ich spreche Deinen Namen.«

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Ich hielt mein Ohr an die Wand, und sobald das Wort »Axel« bei mir anlangte, antwortete ich unverzüglich »Axel«, dann wartete ich.

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»Vierzig Secunden«, sagte darauf mein Oheim. Vierzig Secunden verflossen zwischen den beiden Worten; der Ton brauchte also zwanzig Secunden, um zu mir zu gelangen. Nun, da tausendundzwanzig Fuß auf die Secunde kommen, so macht das zwanzigtausendvierhundert Fuß, d.i. eine und fünf achtel Meilen.

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»Anderthalb Meilen!« murmelte ich.

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»Nun, das kann man schon fertig bringen, Axel!«

»Aber, muß ich auf- oder abwärts?«

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»Abwärts, und zwar deshalb: Wir sind an einen weiten Raum gekommen, wo eine Menge Galerien münden. Ohne Zweifel wird die, welche Du eingeschlagen hast, Dich dahin führen, denn es scheint, alle diese Spalten, diese Risse im Erdkörper, bilden einen Strahl um die ungeheure Höhle, wo wir uns befinden. Mache Dich auf und setze Deinen Weg fort. Gehe, schleppe Dich fort; wenn’s Noth thut, rutsche über steile Abhänge, und Du wirst unsere Arme finden, Dich am Ende des Weges aufzunehmen. Auf, mein Kind, auf den Weg!«

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Diese Worte belebten mich wieder.

»Adieu, Oheim, rief ich; ich gehe. Sobald ich diese Stelle verlassen habe, können wir nicht mehr durch Worte verkehren. Adieu also!«

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»Auf Wiedersehen, Axel! auf Wiedersehen!«

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Dies waren die letzten Worte, welche ich hörte. Diese merkwürdige Unterredung, welche mitten durch die Masse der Erde in einer Entfernung von mehr als einer Meile geführt wurde, schloß mit diesen Worten voll Hoffnung. Ich dankte Gott im Gebet, denn er hatte mich in dem unermeßlichen Dunkel an den Punkt geleitet, der vielleicht der einzige war, wo die Stimme meiner Gefährten zu mir gelangen konnte.

Diese sehr erstaunliche Wirkung der Akustik ist durch die Gesetze der Physik leicht zu erklären; sie rührte von der Form des Ganges und der Leitungsfähigkeit des Gesteins her. Es giebt manche Beispiele solcher Fortpflanzung der Töne, welche in dem Zwischenraum nicht vernehmbar sind. Ich erinnere mich, daß diese Naturerscheinung an manchen Stellen beobachtet worden ist, unter anderen in der inneren Galerie der Paulskirche zu London, und besonders mitten in den merkwürdigen Höhlen Siciliens, den Latomien bei Syrakus, von welchen die merkwürdigste unter dem Namen »Ohr des Dionysius« bekannt ist.

Diese Erinnerungen kamen mir in den Kopf, und es war mir klar, daß, weil meines Oheims Stimme bis zu mir drang, kein Hinderniß zwischen uns lag. Indem ich dem Weg des Tones mich anschloß, so mußte ich logisch ebenso wohl, wie er, ankommen, wenn mir die Kräfte nicht ausgingen.

Ich richtete mich also auf und schleppte mich fort. Der Abhang war ziemlich jäh; ich ließ mich hinabgleiten.

Bald nahm die Schnelligkeit, womit ich hinabrutschte, in erschreckendem Verhältniß zu, und drohte ein wirkliches Fallen zu werden. Es fehlte mir die Kraft mich zurückzuhalten.

Plötzlich schwand mir der Boden unter den Füßen. Ich fühlte, daß ich über die Unebenheiten einer senkrechten Galerie abprallend hinabrollte. Mein Kopf schlug wider einen spitzen Felsen und ich verlor das Bewußtsein.