Das Pusterohr

Wilhelm Busch

Das Pusterohr

Hier sitzt Herr Bartelmann im Frei’n
Und taucht sich eine Brezel ein.

Der Franz mit seinem Pusterohr
Schießt Bartelmann ans linke Ohr.

Ei Zapperment, so denkt sich der,
Das kam ja wohl von unten her.

Doch nein – denkt er -, es kann nicht sein!
Und taucht die Brezel wieder ein.

Und – witsch – getroffen ist die Brezen,
Herrn Bartelmann erfaßt Entsetzen.

Und – witsch – jetzt trifft die Kugel gar
Das Aug‘, das sehr empfindlich war,

So daß dem armen Bartelmann
Die Träne aus dem Auge rann.

Ei, Zapperment – so denkt sich der -,
Das kommt ja wohl von oben her! –

Aujau! Er fällt – denn mit Geblase
Schießt Franz den Pfeil ihm in die Nase.

Da denkt Herr Bartelmann, aha!
Dies spitze Ding, das kenn‘ ich ja!

Und freudig kommt ihm der Gedanke:
Der Franz steht hinter dieser Planke!

Und – klapp! – schlägt er mit seinem Topf
Das Pusterohr tief in den Kopf!

Drum schieß mit deinem Püstericht
Auf keine alten Leute nicht!

Das Rabennest

Wilhelm Busch

Das Rabennest

Zwei Knaben, jung und heiter,
Die tragen eine Leiter.

Im Nest die jungen Raben,
Die werden wir gleich haben.

Da fällt die Leiter um im Nu,
Die Raben sehen munter zu.

Sie schreien im Vereine,
Man sieht nur noch die Beine!

Der Jäger kommt an diesen Ort
Und spricht zu seinem Hund: »Apport!«

Den Knaben apportiert der Hund,
Der Jäger hat die Pfeif‘ im Mund.

»Nun hole auch den andern her!«
Der Schlingel aber will nicht mehr.

Der Jäger muß sich selbst bemühn,
Den Knaben aus dem Sumpf zu ziehn.

Zur Hälfte sind die Knaben
So schwarz als wie die Raben.

Der Hund und auch der Jägersmann,
Die haben schwarze Stiefel an.

Die Raben in dem Rabennest
Sind aber kreuzfidel gewest.

Der Bauer und das Kalb

Wilhelm Busch

Der Bauer und das Kalb

Ein Bauer, der kein Geld mehr hat,
Der brächte gern sein Kalb zur Stadt.

Doch schau, wie dieses Tier sich sträubt,
Und widerspenstig stehen bleibt!

Der liebenswürdige Bauersmann
Bietet umsonst ihm Kräuter an.

Vergebens druckt er es und schiebt,
Das Kalb bleibt stehn, wie’s ihm beliebt.

Und ganz vergeblich ebenfalls
Sucht er es fortzuziehn am Hals.

Jetzt schau, wie er’s mit Disteln sticht!
Das Kalb schreit: »Bäh!« Doch geht es nicht.

Er nimmt das Kalb bei Schweif und Ohr,
Doch bleibt es störrisch wie zuvor.

Mit Drohen und Belehren
Sucht er es zu bekehren.

Doch schon im nächsten Augenblick
Möcht‘ es durchaus zum Stall zurück.

Da denkt er, es mit Schlägen
Zum Gehen zu bewegen.

Allein trotz allem Schlagen
Muß er das Kalb noch tragen.

Weil das ihm aber lästig ist,
Besinnt er sich auf eine List.

Er hängt die Glocke um, schreit: »Muh!«
Da glaubt das Kalb, er sei die Kuh.

Der Bauer und der Windmüller

Wilhelm Busch

Der Bauer und der Windmüller

Die Luft ist kühl, es weht der Wind.
Der Bauer zieht zur Mühl‘ geschwind.

Ei, denkt der brave Bauersmann,
Da bind‘ ich meinen Esel an.

Der böse Müller hat’s gesehn
Und läßt sogleich die Mühle gehn.

Den Esel zieht es fort, o Graus!
Der Müller guckt zum Loch heraus.

Am Schwanz hängt sich der Bauer an,
Was ihm jedoch nicht helfen kann.

Denn sieh! die Haare halten nicht.
Bumbs, liegt er da, der arme Wicht.

Der Müller aber mit Vergnügen
Sieht in der Luft den Esel fliegen.

Indessen haut dem Bäuerlein
Ein Flügel an das rechte Bein.

Jetzt endlich bleibt die Mühle steht.
Doch um den Esel ist’s geschehn.

Hier siehst du nun auf einem Karr’n
Den Abgeschied’nen heimwärts fahrn.

Und als der Bauer kam nach Haus,
Fuhr seine Frau zur Tür heraus,

Mit einem Besen groß und lang
Macht sie dem Bauern angst und bang.

Der Bauer nimmt die Säge
Und wehrt sich ab die Schläge.

Ein Sägezahn trifft ganz genau
Ins Nasenloch der Bauersfrau.

Die Nase blutet fürchterlich,
Der Bauer denkt: »Was kümmert’s mich?«

Zur Mühle geht der Bauersmann
Und fängt sogleich zu sägen an.

Racksknacks! Da bricht die Mühle schon, –
Das war des bösen Müllers Lohn.

Der böse Müller aber kroch
Schnell aus dem off’nen Mühlenloch

Der Bauer und sein Schwein

Wilhelm Busch

Der Bauer und sein Schwein

Ein Bauer treibt in guter Ruh
Sein fettes Schwein der Heimat zu.

Bei einem Wirte kehrt er ein
Und kauft sich einen Branntewein.

Da zieht das Schwein, der Bauer fällt,
Weil er sich auf das Seil gestellt.

Des Wirtes Nachbar und sein Sohn,
Die warten auf die Knödel schon.

Auf einmal kommt herein die Sau
Und stößt die gute Nachbarsfrau.

Sie stößt, mit schrecklickem Gebrumm,
Das Kind, den Tisch und Nachbar um.

Heraußen steht das Bäuerlein
Und wartet auf sein fettes Schwein.

Das Schwein läuft aus der Tür heraus,
Der Bauer reitet fort im Saus.

Dem Schweine kommt das lästig vor,
Drum wälzt es sich im feuchten Moor.

Ans Ufer springt das böse Schwein,
Der Bauer mühsam hinterdrein.

Ins Schilderhaus verkriecht es sich,
Der Bauer spricht: »Jetzt hab‘ ich Dich!«

Er setzt sich auf das Schilderhaus,
Da schaut des Schweines Schwanz heraus.

Der Wirt, Soldat und Nachbarsmann,
Die greifen jetzt den Bauern an.

Doch endlich schlachtet man das Schwein,
Da freuet sich das Bäuerlein.

Der Hahnenkampf

Wilhelm Busch

Der Hahnenkampf

Der Gickerich, ein Gockel fein,
Guckt in den Topf voll Brüh hinein.

Ein zweiter, Gackerich genannt,
Kommt auch sogleich herzugerannt.

Und jeder langt mit Mühe
Im Topfe nach der Brühe.

Der Gicker- und der Gackerich
Betrachten und fixieren sich.

Zum Kampf gerüstet und ganz nah,
So stehn sie Aug‘ in Auge da.

Sie fangen mit den Tatzen
Entsetzlich an zu kratzen.

Und schlagen sich die Sporen
Um ihre roten Ohren.

Jetzt rupft der Gickerich, o Graus,
Dem Gackerich die schönste Feder aus.

Doch Gackerich, der erst entfloh,
Macht’s jetzt dem andern ebenso.

Und zieht den Gickerich noch obendrein
Beim Schopfe in den Topf hinein.

Da kämpfen sie noch ganz erhitzt,
Daß rund herum die Brühe spritzt.

Und keiner hält sich für besiegt,
Obschon der Topf am Boden liegt.

Jetzt kommt der Schnauzel hergerennt
Und macht dem ganzen Streit ein End‘.

Sieh da, die Hähne gehn nach Haus
Und sehen ganz erbärmlich aus.

Der Schnauzel frißt den Rest der Brüh‘,
Den Schaden hat das Federvieh.

Adelens Spaziergang

Wilhelm Busch
Adelens Spaziergang

Ein Mädchen, schön und voll Gemüt,
Geht hier spazieren, wie man sieht.

Sie pflückt auf frühlingsgrüner Au
Vergißmeinnicht, das Blümlein blau.

Ach Gott! Da hupft ein grüner, nasser,
Erschrecklich großer Frosch ins Wasser.

Adele, die ihn hupfen sah,
Fällt um und ist der Ohnmacht nah.

Ameisenbisse tun gar weh;
Schnell springt Adele in die Höh‘.

Ein Schäfer weidet in der Fern. –
Den Ziegenbock hat man nicht gern.

Es stößt der Bock – Adele schreit –
Der Hirt ist in Verlegenheit.

Auf seine Hörner nimmt der Bock
Adelens Krinolinenrock.

Hund, Hirt und Herde stehen stumm
Um diesen Unglücksfall herum.

Der Schäfer trägt Adelen fort;
Ein Storch kommt auch an diesen Ort.

Schnapp! faßt der Storch die Krinoline
Und fliegt davon mit froher Miene.

Hier sitzt das Ding im Baume fest
Als wunderschönes Storchennest.

Zwei Diebe

Wilhelm Busch

Zwei Diebe

Ganz heimlich flüstern diese zwei,
Natürlich nur von Lumperei.

Da gehen sie in tiefem Schweigen,
Wohin? Das wird sich später zeigen.

Ein Fenster, welches nicht verschlossen,
Erklimmen sie auf Leitersprossen.

Hier schläft ein reicher Privatier
Bei seinem Gelde in der Näh!

Und als der Privatier erwacht,
Ein Messer ihm entgegenlacht.

Schnell will er die Pistole kriegen,
Der Dieb mißgönnt ihm das Vergnügen.

Seht nur! wie die Pistole kracht,
Dem Lumpen hat es nichts gemacht.

Der Privatier ganz zornentbrannt,
Haut mit dem Säbel umeinand.

Und jeder haut und jeder sticht,
Und keiner trifft den andern nicht.

Hier knebeln sie den dicken Mann,
Daß er nicht schrein und laufen kann.

Und hängen ihn, o Sünd‘ und Schand‘,
An einen Nagel an die Wand.

Da kommt, vom lauten Knack erwacht,
Die Köchin im Gewand der Nacht.

Und ruft mit bangem Wehgeschrei
Durchs Fenster nach der Polizei.

Da faßt der Dieb sie bei der Jacke
Und überzieht sie mit dem Sacke.

Da liegt sie nun, was hilft ihr Schrein?

Der Sack hüllt ihre Klagen ein.

Doch seht! Die brave Polizei

Kommt, wie gewöhnlich, schnell herbei.

Die Diebe sind im Schrank versteckt,

Die Polizei hat’s gleich entdeckt.

Die Diebe sausen ins Gemach

Mit aufgespanntem Regendach.

Am Rücken liegt die Polizei,

Die Diebe stürmen schnell vorbei.

Da sieht man beide lustig fliegen,

Die böse Sache scheint zu siegen.

Doch still: die Strafe fehlet nie!

Gesegnet sei das Paraplü!