9. Kapitel

Der Krieg gegen Antiochos von Asien

In dem Reiche Asien trug das Diadem der Seleukiden seit dem Jahre 531 (223) der König Antiochos der Dritte, der Urenkel des Begründers der Dynastie. Auch er war gleich Philippos mit neunzehn Jahren zur Regierung gekommen und hatte Tätigkeit und Unternehmungsgeist genug namentlich in seinen ersten Feldzügen im Osten entwickelt, um ohne allzu arge Lächerlichkeit im Hofstil der Große zu heißen. Mehr indes durch die Schlaffheit seiner Gegner, namentlich des ägyptischen Philopator, als durch seine eigene Tüchtigkeit war es ihm gelungen, die Integrität der Monarchie einigermaßen wiederherzustellen und zuerst die östlichen Satrapien Medien und Parthyene, dann auch den von Achäos diesseits des Tauros in Kleinasien begründeten Sonderstaat wieder mit der Krone zu vereinigen. Ein erster Versuch, das schmerzlich entbehrte syrische Küstenland den Ägyptern zu entreißen, war im Jahre der Trasimenischen Schlacht von Philopator bei Raphia blutig zurückgewiesen worden, und Antiochos hatte sich wohl gehütet, mit Ägypten den Streit wieder aufzunehmen, solange dort ein Mann, wenn auch ein schlaffer, auf dem Thron saß. Aber nach Philopators Tode (549 205) schien der rechte Augenblick gekommen, mit Ägypten ein Ende zu machen; Antiochos verband sich zu diesem Zweck mit Philippos und hatte sich auf Koilesyrien geworfen, während dieser die kleinasiatischen Städte angriff. Als die Römer hier intervenierten, schien es einen Augenblick, als werde Antiochos gegen sie mit Philippos gemeinschaftliche Sache machen, wie die Lage der Dinge und der Bündnisvertrag es mit sich brachten. Allein nicht weitsichtig genug, um überhaupt die Einmischung der Römer in die Angelegenheiten des Ostens sofort mit aller Energie zurückzuweisen, glaubte Antiochos seinen Vorteil am besten zu wahren, wenn er Philippos‘ leicht vorauszusehende Überwältigung durch die Römer dazu nutzte, um das Ägyptische Reich, das er mit Philippos hatte teilen wollen, nun für sich allein zu gewinnen. Trotz der engen Beziehungen Roms zu dem alexandrinischen Hof und dem königlichen Mündel hatte doch der Senat keineswegs die Absicht, wirklich, wie er sich nannte, dessen „Beschützer“ zu sein; fest entschlossen, sich um die asiatischen Angelegenheiten nicht anders als im äußersten Notfall zu bekümmern und den Kreis der römischen Macht mit den Säulen des Herakles und dem Hellespont zu begrenzen, ließ er den Großkönig machen. Mit der Eroberung des eigentlichen Ägypten, die leichter gesagt als getan war, mochte es freilich diesem selbst nicht recht ernst sein; dagegen ging er daran, die auswärtigen Besitzungen Ägyptens eine nach der andern zu unterwerfen und griff zunächst die kilikischen sowie die syrischen und palästinensischen an. Der große Sieg, den er im Jahre 556 (198) am Berge Panion bei den Jordanquellen über den ägyptischen Feldherrn Skopas erfocht, gab ihm nicht bloß den vollständigen Besitz dieses Gebiets bis an die Grenze des eigentlichen Ägypten, sondern schreckte die ägyptischen Vormünder des jungen Königs so sehr, daß dieselben, um Antiochos vom Einrücken in Ägypten abzuhalten, sich zum Frieden bequemten und durch das Verlöbnis ihres Mündels mit der Tochter des Antiochos, Kleopatra, den Frieden besiegelten. Nachdem also das nächste Ziel erreicht war, ging Antiochos in dem folgenden Jahr, dem der Schlacht von Kynoskephalae, mit einer starken Flotte von 100 Deck- und 100 offenen Schiffen nach Kleinasien, um die ehemals ägyptischen Besitzungen an der Süd- und Westküste Kleinasiens in Besitz zu nehmen – wahrscheinlich hatte die ägyptische Regierung diese Distrikte, die faktisch in Philippos‘ Händen waren, im Frieden an Antiochos abgetreten und überhaupt auf die sämtlichen auswärtigen Besitzungen zu dessen Gunsten verzichtet – und um überhaupt die kleinasiatischen Griechen wieder zum Reiche zu bringen. Zugleich sammelte sich ein starkes syrisches Landheer in Sardes.

Dieses Beginnen war mittelbar gegen die Römer gerichtet, welche von Anfang an Philippos die Bedingung gestellt hatten, seine Besatzungen aus Kleinasien wegzuziehen und den Rhodiern und Pergamenern ihr Gebiet, den Freistädten die bisherige Verfassung ungekränkt zu lassen, und nun an Philippos‘ Stelle sich Antiochos derselben bemächtigen sehen mußten. Unmittelbar aber sahen sich Attalos und die Rhodier jetzt von Antiochos durchaus mit derselben Gefahr bedroht, die sie wenige Jahre zuvor zum Kriege gegen Philippos getrieben hatte; und natürlich suchten sie die Römer in diesen Krieg ebenso wie in den eben beendigten zu verwickeln. Schon 555/56 (199/98) hatte Attalos von den Römern militärische Hilfe begehrt gegen Antiochos, der sein Gebiet besetzt habe, während Attalos‘ Truppen in dem römischen Kriege beschäftigt seien. Die energischeren Rhodier erklärten sogar dem König Antiochos, als im Frühjahr 557 (197) dessen Flotte an der kleinasiatischen Küste hinauf segelte, daß sie die Überschreitung der Chelidonischen Inseln (an der lykischen Küste) als Kriegserklärung betrachten würden, und als Antiochos sich hieran nicht kehrte, hatten sie, ermutigt durch die eben eintreffende Kunde von der Schlacht bei Kynoskephalae, sofort den Krieg begonnen und die wichtigsten karischen Städte Kaunos, Halikarnassos, Myndos, ferner die Insel Samos in der Tat vor dem König geschützt. Auch von den halbfreien Städten hatten zwar die meisten sich demselben gefügt, allein einige derselben, namentlich die wichtigen Städte Smyrna, Alexandreia, Trogs und Lampsakos hatten auf die Kunde von der Überwältigung Philipps gleichfalls Mut bekommen, sich dem Syrer zu widersetzen, und ihre dringenden Bitten vereinigten sich mit denen der Rhodier. Es ist nicht zu bezweifeln, daß Antiochos, soweit er überhaupt fähig war, einen Entschluß zu fassen und festzuhalten, schon jetzt es bei sich festgestellt hatte, nicht bloß die ägyptischen Besitzungen in Asien an sich zu bringen, sondern auch in Europa für sich zu erobern und einen Krieg deswegen mit Rom wo nicht zu suchen, doch es darauf ankommen zu lassen. Die Römer hatten insofern alle Ursache, jenem Ansuchen ihrer Bundesgenossen zu willfahren und in Asien unmittelbar zu intervenieren; aber sie bezeigten sich dazu wenig geneigt. Nicht bloß zauderte man, solange der Makedonische Krieg währte, und gab dem Attalos nichts als den Schutz diplomatischer Verwendung, die übrigens zunächst sich wirksam erwies; sondern auch nach dem Siege sprach man wohl es aus, daß die Städte, die Ptolemaeos und Philippos in Händen gehabt, nicht von Antiochos sollten in Besitz genommen werden, und die Freiheit der asiatischen Städte Myrina, Abydos, Lampsakos33

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Antiochos nützte die unerwartete Frist, um im Innern und mit seinen Nachbarn die Verhältnisse zu befestigen, bevor er den Krieg beginnen würde, zu dem er seinerseits entschlossen war und immer mehr es ward, je mehr der Feind zu zögern schien. Er vermählte jetzt (561 193) dem jungen König von Ägypten dessen Verlobte, seine Tochter Kleopatra; daß er zugleich seinem Schwiegersohn die Rückgabe der ihm entrissenen Provinzen versprochen habe, ward zwar später ägyptischerseits behauptet, allein wahrscheinlich mit Unrecht, und jedenfalls blieb faktisch das Land bei dem Syrischen Reiche35. Er bot dem Eumenes, der im Jahre 557 (197) seinem Vater Attalos auf dem Thron von Pergamon gefolgt war, die Zurückgabe der ihm abgenommenen Städte und gleichfalls eine seiner Töchter zur Gemahlin, wenn er von dem römischen Bündnis lassen wolle. Ebenso vermählte er eine Tochter dem König Ariarathes von Kappadokien und gewann die Galater durch Geschenke, während er die stets aufrührerischen Pisidier und andere kleine Völkerschaften mit den Waffen bezwang. Den Byzantiern wurden ausgedehnte Privilegien bewilligt; in Hinsicht der kleinasiatischen Städte erklärte der König, daß er die Unabhängigkeit der alten Freistädte wie Rhodos und Kyzikos, zugestehen und hinsichtlich der übrigen sich begnügen wolle mit einer bloß formellen Anerkennung seiner landesherrlichen Gewalt; er gab sogar zu verstehen, daß er bereit sei, sich dem Schiedsspruch der Rhodier zu unterwerfen. Im europäischen Griechenland war er der Ätoler gewiß und hoffte auch Philippos wieder unter die Waffen zu bringen. Ja es erhielt ein Plan Hannibals die königliche Genehmigung, wonach dieser von Antiochos eine Flotte von 100 Segeln und ein Landheer von 10000 Mann zu Fuß und 1000 Reitern erhalten und damit zuerst in Karthago den Dritten Punischen und sodann in Italien den Zweiten Hannibalischen Krieg erwecken sollte; tyrische Emissäre gingen nach Karthago, um die Schilderhebung daselbst einzuleiten. Man hoffte endlich auf Erfolge der spanischen Insurrektion, die eben als Hannibal Karthago verließ auf ihrem Höhepunkt stand.

Während also von langer Hand und im weitesten Umfang der Sturm gegen Rom vorbereitet ward, waren es wie immer die in diese Unternehmung verwickelten Hellenen, die am wenigsten bedeuteten und am wichtigsten und ungeduldigsten taten. Die erbitterten und übermütigen Ätoler fingen nachgerade selber an zu glauben, daß Philippos von ihnen und nicht von den Römern überwunden worden sei, und konnten es gar nicht erwarten, daß Antiochos in Griechenland einrücke. Ihre Politik ist charakterisiert durch die Antwort, die ihr Strateg bald darauf dem Flamininus gab, da derselbe eine Abschrift der Kriegserklärung gegen Rom begehrte: die werde er selber ihm überbringen, wenn das ätolische Heer am Tiber lagern werde. Die Ätoler machten die Geschäftsträger des syrischen Königs für Griechenland und täuschten beide Teile, indem sie dem König vorspiegelten, daß alle Hellenen die Arme nach ihm als ihrem rechten Erlöser, ausstreckten, und denen, die in Griechenland auf sie hören wollten, daß die Landung des Königs näher sei, als sie wirklich war. So gelang es ihnen in der Tat, den einfältigen Eigensinn des Nabis zum Losschlagen zu bestimmen und damit in Griechenland das Kriegsfeuer zwei Jahre nach Flamininus‘ Entfernung, im Frühling 562 (192) wieder anzufachen; allein sie verfehlten damit ihren Zweck. Nabis warf sich auf Gythion, eine der durch den letzten Vertrag an die Achäer gekommenen Städte der freien Lakonen und nahm sie ein, allein der kriegserfahrene Strateg, der Achäer Philopömen, schlug ihn an den Barbosthenischen Bergen und kaum den vierten Teil seines Heeres brachte der Tyrann wieder in seine Hauptstadt zurück, in der Philopömen ihn einschloß. Da ein solcher Anfang freilich nicht genügte, um Antiochos nach Europa zuführen, beschlossen die Ätoler, sich selber in den Besitz von Sparta, Chalkis und Demetrias zu setzen und durch den Gewinn dieser wichtigen Städte den König zur Einschiffung zu bestimmen. Zunächst gedachte man sich Spartas dadurch zu bemächtigen, daß der Ätoler Alexamenos, unter dem Vorgeben, bundesmäßigen Zuzug zu bringen, mit 1000 Mann in die Stadt einrückend, bei dieser Gelegenheit den Nabis aus dem Wege räume und die Stadt besetze. Es geschah so und Nabis ward bei einer Heerschau erschlagen; allein als die Ätoler darauf, um die Stadt zu plündern, sich zerstreuten, fanden die Lakedämonier Zeit sich zu sammeln und machten sie bis auf den letzten Mann nieder. Die Stadt ließ darauf von Philopömen sich bestimmen, in den Achäischen Bund einzutreten. Nachdem den Ätolern dies löbliche Projekt also verdientermaßen nicht bloß gescheitert war, sondern gerade den entgegengesetzten Erfolg gehabt hatte, fast den ganzen Peloponnes in den Händen der Gegenpartei zu einigen, ging es ihnen auch in Chalkis wenig besser, indem die römische Partei daselbst gegen die Ätoler und die chalkidischen Verbannten die römisch gesinnten Bürgerschaften von Eretria und Karystos auf Euböa rechtzeitig herbeirief. Dagegen glückte die Besetzung von Demetrias, da die Magneten, denen die Stadt zugefallen war, nicht ohne Grund fürchteten, daß sie von den Römern dem Philippos als Preis für die Hilfe gegen Antiochos versprochen sei; es kam hinzu, daß mehrere Schwadronen ätolischer Reiter unter dem Vorwende, dem Eurylochos, dem zurückgerufenen Haupt der Opposition gegen Rom, das Geleite zu geben, sich in die Stadt einzuschleichen wußten. So traten die Magneten halb freiwillig, halb gezwungen auf die Seite der Ätoler, und man säumte nicht, dies bei dem Seleukiden geltend zu machen.

Antiochos entschloß sich. Der Bruch mit Rom, so sehr man auch bemüht war, ihn durch das diplomatische Palliativ der Gesandtschaften hinauszuschieben, ließ sich nicht länger vermeiden. Schon im Frühling 561 (193) hatte Flamininus, der fortfuhr, im Senat in den östlichen Angelegenheiten das entscheidende Wort zu haben, gegen die Boten des Königs Menippos und Hegesianax das römische Ultimatum ausgesprochen: entweder aus Europa zu weichen und in Asien nach seinem Gutdünken zu schalten, oder Thrakien zu behalten und das Schutzrecht der Römer über Smyrna, Lampsakos und Alexandreia Troas sich gefallen zu lassen. Dieselben Forderungen waren in Ephesos, dem Hauptwaffenplatz und Standquartier des Königs in Kleinasien, im Frühling 562 (192) noch einmal zwischen Antiochos und den Gesandten des Senats Publius Sulpicius und Publius Villius, verhandelt worden, und von beiden Seiten hatte man sich getrennt mit der Überzeugung, daß eine friedliche Einigung nicht mehr möglich sei. In Rom war seitdem der Krieg beschlossen. Schon im Sommer 562 (192) erschien eine römische Flotte von 30 Segeln mit 3000 Soldaten an Bord unter Aulus Atilius Serranus vor Gythion, wo ihr Eintreffen den Abschluß des Vertrags zwischen den Achäern und Spartanern beschleunigte; die sizilische und italische Ostküste wurde stark besetzt, um gegen etwaige Landungsversuche gesichert zu sein; für den Herbst ward in Griechenland ein Landheer erwartet. Flamininus bereiste im Auftrag des Senats seit dem Frühjahr 562 (192) Griechenland, um die Intrigen der Gegenpartei zu hintertreiben und soweit möglich die unzeitige Räumung Griechenlands wiedergutzumachen. Bei den Ätolern war es schon so weit gekommen, daß die Tagsatzung förmlich den Krieg gegen Rom beschloß. Dagegen gelang es dem Flamininus, Chalkis für die Römer zu retten, indem er eine Besatzung von 500 Achäern und 500 Pergamenern hineinwarf. Er machte ferner einen Versuch, Demetrias wieder zu gewinnen; und die Magneten schwankten. Wenn auch einige kleinasiatische Städte, die Antiochos vor dem Beginn des großen Krieges zu bezwingen sich vorgenommen, noch widerstanden, er durfte jetzt nicht länger mit der Landung zögern, wofern er nicht die Römer all die Vorteile wiedergewinnen lassen wollte, die sie durch die Wegziehung ihrer Besatzungen aus Griechenland zwei Jahre zuvor aufgegeben hatten. Antiochos nahm die Schiffe und Truppen zusammen, die er eben unter der Hand hatte – es waren nur 40 Deckschiffe und 10000 Mann zu Fuß nebst 500 Pferden und sechs Elefanten – und brach vom thrakischen Chersonesos nach Griechenland auf, wo er im Herbst 562 (192) bei Pteleon am Pagasäischen Meerbusen an das Land stieg und sofort das nahe Demetrias besetzte. Ungefähr um dieselbe Zeit landete auch ein römisches Heer von etwa 25000 Mann unter dem Prätor Marcus Baebius bei Apollonia. Also war von beiden Seiten der Krieg begonnen.

Es kam darauf an, wie weit jene umfassend angelegte Koalition gegen Rom, als deren Haupt Antiochos auftrat, sich realisieren werde. Was zunächst den Plan betraf, in Karthago und Italien den Römern Feinde zu erwecken, so traf Hannibal wie überall so auch am Hof zu Ephesos das Los, seine großartigen und hochherzigen Pläne für kleinkrämerischer und niedriger Leute Rechnung entworfen zu haben. Zu ihrer Ausführung geschah nichts, als daß man einige karthagische Patrioten kompromittierte; den Karthagern blieb keine andere Wahl, als sich den Römern unbedingt botmäßig zu erweisen. Die Kamarilla wollte eben den Hannibal nicht – der Mann war der Hofkabale zu unbequem groß, und nachdem sie allerlei abgeschmackte Mittel versucht hatte, zum Beispiel den Feldherrn, mit dessen Namen die Römer ihre Kinder schreckten, des Einverständnisses mit den römischen Gesandten zu bezichtigen, gelang es ihr, den großen Antiochos, der wie alle unbedeutenden Monarchen auf seine Selbständigkeit sich viel zugute tat und mit nichts so leicht zu beherrschen war wie mit der Furcht, beherrscht zu werden, auf den weisen Gedanken zu bringen, daß er sich nicht durch den vielgenannten Mann dürfe verdunkeln lassen; worauf denn im hohen Rat beschlossen ward, den Phöniker künftig nur für untergeordnete Aufgaben und zum Ratgeben zu verwenden, vorbehaltlich natürlich den Rat nie zu befolgen. Hannibal rächte sich an dem Gesindel, indem er jeden Auftrag annahm und jeden glänzend ausführte.

In Asien hielt Kappadokien zu dem Großkönig; dagegen trat Prusias von Bithynien wie immer auf die Seite des Mächtigeren. König Eumenes blieb der alten Politik seines Hauses getreu, die ihm erst jetzt die rechte Frucht tragen sollte. Er hatte Antiochos‘ Anerbietungen nicht bloß beharrlich zurückgewiesen, sondern auch die Römer beständig zu einem Kriege gedrängt, von dem er die Vergrößerung seines Reiches erwartete. Ebenso schlossen die Rhodier und die Byzantier sich ihren alten Bundesgenossen an. Auch Ägypten trat auf die Seite Roms und bot Unterstützung an Zufuhr und Mannschaft an, welche man indes römischerseits nicht annahm.

In Europa kam es vor allem an auf die Stellung, die Philippos von Makedonien einnehmen würde. Vielleicht wäre es die richtige Politik für ihn gewesen, sich, alles Geschehenen und nicht Geschehenen ungeachtet, mit Antiochos zu vereinigen; allein Philippos ward in der Regel nicht durch solche Rücksichten bestimmt, sondern durch Neigung und Abneigung, und begreiflicherweise traf sein Haß viel mehr den treulosen Bundesgenossen, der ihn gegen den gemeinschaftlichen Feind im Stich gelassen hatte, um dafür auch seinen Anteil an der Beute einzuziehen und ihm in Thrakien ein lästiger Nachbar zu werden, als seinen Besieger, der ihn rücksichts- und ehrenvoll behandelt hatte. Es kam hinzu, daß Antiochos durch Aufstellung abgeschmackter Prätendenten auf die makedonische Krone und durch die prunkvolle Bestattung der bei Kynoskephalae bleichenden makedonischen Gebeine den leidenschaftlichen Mann tief verletzte. Er stellte seine ganze Streitmacht mit aufrichtigem Eifer den Römern zur Verfügung. Ebenso entschieden wie die erste Macht Griechenlands hielt die zweite, die Achäische Eidgenossenschaft fest am römischen Bündnis; von den kleineren Gemeinden blieben außerdem dabei die Thessaler und die Athener, bei welchen letzteren eine von Flamininus in die Burg gelegte achäische Besatzung die ziemlich starke Patriotenpartei zur Vernunft brachte. Die Epeiroten gaben sich Mühe, es womöglich beiden Teilen recht zu machen. Sonach traten auf Antiochos‘ Seite außer den Ätolern und den Magneten, denen ein Teil der benachbarten Perrhaeber sich anschloß, nur der schwache König der Athamanen, Amynander, der sich durch törichte Aussichten auf die makedonische Königskrone blenden ließ, die Böoter, bei denen die Opposition gegen Rom noch immer am Ruder war, und im Peloponnes die Eleer und Messenier, gewohnt, mit den Ätolern gegen die Achäer zu stehen. Das war denn freilich ein erbaulicher Anfang; und der Oberfeldherrntitel mit unumschränkter Gewalt, den die Ätoler dem Großkönig dekretierten, schien zu dem Schaden der Spott. Man hatte sich eben wie gewöhnlich beiderseits belogen: statt der unzählbaren Scharen Asiens führte der König eine Armee heran, kaum halb so stark wie ein gewöhnliches konsularisches Heer, und statt der offenen Arme, die sämtliche Hellenen ihrem Befreier vom römischen Joch entgegenstrecken sollten, trugen ein paar Klephtenhaufen und einige verliederlichte Bürgerschaften dem König Waffenbrüderschaft an.

Für den Augenblick freilich war Antiochos den Römern im eigentlichen Griechenland zuvorgekommen. Chalkis hatte Besatzung von den griechischen Verbündeten der Römer und wies die erste Aufforderung zurück; allein die Festung ergab sich, als Antiochos mit seiner ganzen Macht davorrückte, und eine römische Abteilung, die zu spät kam, um sie zu besetzen, wurde beim Delion von Antiochos vernichtet. Euböa also war für die Römer verloren. Noch machte schon im Winter Antiochos in Verbindung mit den Ätolern und Athamanen einen Versuch, Thessalien zu gewinnen; die Thermopylen wurden auch besetzt, Pherae und andere Städte genommen, aber Appius Claudius kam mit 2000 Mann von Apollonia heran, entsetzte Larisa und nahm hier Stellung. Antiochos, des Winterfeldzugs müde, zog es vor, in sein lustiges Quartier nach Chalkis zurückzugehen, wo es hoch herging und der König sogar trotz seiner fünfzig Jahre und seiner kriegerischen Pläne mit einer hübschen Chalkidierin Hochzeit machte. So verstrich der Winter 562/63 (192/91), ohne daß Antiochos viel mehr getan hätte als in Griechenland hin- und herschreiben – er führe den Krieg mit Tinte und Feder, sagte ein römischer Offizier. Mit dem ersten Frühjahr 563 (191) traf der römische Stab bei Apollonia ein, der Oberfeldherr Manius Acilius Glabrio, ein Mann von geringer Herkunft, aber ein tüchtiger, von den Feinden wie von seinen Soldaten gefürchteter Feldherr, der Admiral Gaius Livius, unter den Kriegstribunen Marcus Porcius Cato, der Überwinder Spaniens, und Lucius Valerius Flaccus, die nach altrömischer Weise es nicht verschmähten, obwohl gewesene Konsuln, wieder als einfache Kriegstribune in das Heer einzutreten. Mit sich brachten sie Verstärkungen an Schiffen und Mannschaft, darunter numidische Reiter und libysche Elefanten, von Massinissa gesendet, und die Erlaubnis des Senats, von den außeritalischen Verbündeten bis zu 5000 Mann Hilfstruppen anzunehmen, wodurch die Gesamtzahl der römischen Streitkräfte auf etwa 40000 Mann stieg. Der König, der im Anfang des Frühjahrs sich zu den Ätolern begeben und von da aus eine zwecklose Expedition nach Akarnanien gemacht hatte, kehrte auf die Nachricht von Glabrios Landung in sein Hauptquartier zurück, um nun in allem Ernst den Feldzug zu beginnen. Allein durch seine und seiner Stellvertreter in Asien Saumseligkeit waren unbegreiflicherweise ihm alle Verstärkungen ausgeblieben, so daß er nichts hatte als das schwache und nun noch durch Krankheit und Desertion in den liederlichen Winterquartieren dezimierte Heer, womit er im Herbst des vorigen Jahres bei Pteleon gelandet war. Auch die Ätoler, die so ungeheure Massen hatten ins Feld stellen wollen, führten jetzt, da es galt, ihrem Oberfeldherrn nicht mehr als 4000 Mann zu. Die römischen Truppen hatten bereits die Operationen in Thessalien begonnen, wo die Vorhut in Verbindung mit dem makedonischen Heer die Besatzungen des Antiochos aus den thessalischen Städten hinausschlug und das Gebiet der Athamanen besetzte. Der Konsul mit der Hauptarmee folgte nach; die Gesamtmacht der Römer sammelte sich in Larisa. Statt eilig nach Asien zurückzukehren und vor dem in jeder Hinsicht überlegenen Feind das Feld zu räumen, beschloß Antiochos, sich in den von ihm besetzten Thermopylen zu verschanzen und dort die Ankunft des großen Heeres aus Asien abzuwarten. Er selbst stellte in dem Hauptpaß sich auf und befahl den Ätolern, den Hochpfad zu besetzen, auf welchem es einst Xerxes gelungen war, die Spartaner zu umgehen. Allein nur der Hälfte des ätolischen Zuzugs gefiel es, diesem Befehl des Oberfeldherrn nachzukommen; die übrigen 2000 Mann warfen sich in die nahe Stadt Herakleia, wo sie an der Schlacht keinen andern Teil nahmen, als daß sie versuchten, während derselben das römische Lager zu überfallen und auszurauben. Auch die auf dem Gebirg postierten Ätoler betrieben den Wachdienst lässig und widerwillig; ihr Posten auf dem Kallidromos ließ sich von Cato überrumpeln, und die asiatische Phalanx, die der Konsul mittlerweile von vorn angegriffen hatte, stob auseinander, als ihr die Römer den Berg hinabeilend in die Flanke fielen. Da Antiochos für nichts gesorgt und an den Rückzug nicht gedacht hatte, so ward das Heer teils auf dem Schlachtfeld, teils auf der Flucht vernichtet; kaum daß ein kleiner Haufen Demetrias, und der König selbst mit 500 Mann Chalkis erreichte. Eilig schiffte er sich nach Ephesos ein; Europa war bis auf die thrakischen Besitzungen ihm verloren und nicht einmal die Festungen länger zu verteidigen. Chalkis ergab sich an die Römer, Demetrias an Philippos, dem als Entschädigung für die fast schon von ihm vollendete und dann auf Befehl des Konsuls aufgegebene Eroberung der Stadt Lamia in Achaia Phthiotis die Erlaubnis ward, sich der sämtlichen zu Antiochos übergetretenen Gemeinden im eigentlichen Thessalien und selbst des ätolischen Grenzgebiets, der dolopischen und aperantischen Landschaften, zu bemächtigen. Was sich in Griechenland für Antiochos ausgesprochen hatte, eilte, seinen Frieden zu machen: die Epeiroten baten demütig um Verzeihung für ihr zweideutiges Benehmen, die Böoter ergaben sich auf Gnade und Ungnade, die Eleer und Messenier fügten, die letzteren nach einigem Sträuben, sich den Achäern. Es erfüllte sich, was Hannibal dem König vorhergesagt hatte, daß auf die Griechen, die jedem Sieger sich unterwerfen würden, schlechterdings gar nichts ankomme. Selbst die Ätoler versuchten, nachdem ihr in Herakleia eingeschlossenes Korps nach hartnäckiger Gegenwehr zur Kapitulation gezwungen worden war, mit den schwer gereizten Römern ihren Frieden zu machen; indes die strengen Forderungen des römischen Konsuls und eine rechtzeitig von Antiochos einlaufende Geldsendung gaben ihnen den Mut, die Verhandlungen noch einmal abzubrechen und während zwei ganzer Monate die Belagerung in Naupaktos auszuhalten. Schon war die Stadt aufs Äußerste gebracht und die Erstürmung oder die Kapitulation nicht mehr fern, als Flamininus, fortwährend bemüht, jede hellenische Gemeinde vor den ärgsten Folgen ihres eigenen Unverstandes und vor der Strenge seiner rauheren Kollegen zu bewahren, sich ins Mittel schlug und zunächst einen leidlichen Waffenstillstand zustande brachte. Damit ruhten in ganz Griechenland, vorläufig wenigstens, die Waffen.

Ein ernsterer Krieg stand in Asien bevor, den nicht so sehr der Feind, als die weite Entfernung und die unsichere Verbindung mit der Heimat in sehr bedenklichem Licht erscheinen ließen, während doch bei Antiochos‘ kurzsichtigem Eigensinn der Krieg nicht wohl anders als durch einen Angriff im eigenen Lande des Feindes beendet werden konnte. Es galt zunächst, sich der See zu versichern. Die römische Flotte, die während des Feldzugs in Griechenland die Aufgabe gehabt hatte, die Verbindung zwischen Griechenland und Kleinasien zu unterbrechen, und der es auch gelungen war, um die Zeit der Schlacht bei den Thermopylen einen starken asiatischen Transport bei Andros aufzugreifen, war seitdem beschäftigt, den Übergang der Römer nach Asien für das nächste Jahr vorzubereiten und zunächst die feindliche Flotte aus dem Ägäischen Meer zu vertreiben. Dieselbe lag im Hafen von Kyssus auf dem südlichen Ufer der gegen Chios auslaufenden Landzunge Ioniens; dort suchte die römische sie auf, bestehend aus 75 römischen, 23 pergamenischen und sechs karthagischen Deckschiffen unter der Führung des Gaius Livius. Der syrische Admiral Polyxenidas, ein rhodischer Emigrierter, hatte nur 70 Deckschiffe entgegenzustellen; allein da die römische Flotte noch die rhodischen Schiffe erwartete und Polyxenidas auf die überlegene Seetüchtigkeit namentlich der tyrischen und sidonischen Schiffe vertraute, nahm er den Kampf sogleich an. Zu Anfang zwar gelang es den Asiaten, eines der karthagischen Schiffe zu versenken; allein sowie es zum Entern kam, siegte die römische Tapferkeit und nur der Schnelligkeit ihrer Ruder und Segel verdankten es die Gegner, daß sie nicht mehr als 23 Schiffe verloren. Noch während des Nachsetzens stießen zu der römischen Flotte 25 rhodische Schiffe und die Überlegenheit der Römer in diesen Gewässern war nun zwiefach entschieden. Die feindliche Flotte verhielt sich seitdem ruhig im Hafen von Ephesos, und da es nicht gelang, sie zu einer zweiten Schlacht zu bestimmen, löste die römisch-bundesgenössische Flotte für den Winter sich auf; die römischen Kriegsschiffe gingen nach dem Hafen von Kane in der Nähe von Pergamon. Beiderseits war man während des Winters für den nächsten Feldzug Vorbereitungen zu treffen bemüht. Die Römer suchten die kleinasiatischen Griechen auf ihre Seite zu bringen: Smyrna, das alle Versuche des Königs, der Stadt sich zu bemächtigen, beharrlich zurückgewiesen hatte, nahm die Römer mit offenen Armen auf und auch in Samos, Chios, Erythrae, Klazomenae, Phokäa, Kyme und sonst gewann die römische Partei die Oberhand. Antiochos war entschlossen, den Römern womöglich den Übergang nach Asien zu wehren, weshalb er eifrig zur See rüstete und teils durch Polyxenidas die bei Ephesos stationierende Flotte herstellen und vermehren, teils durch Hannibal in Lykien, Syrien und Phönikien eine neue Flotte ausrüsten ließ, außerdem aber ein gewaltiges Landheer aus allen Gegenden seines weitläufigen Reiches in Kleinasien zusammentrieb. Früh im nächsten Jahre (564 190) nahm die römische Flotte ihre Operationen wieder auf. Gaius Livius ließ durch die rhodische Flotte, die diesmal, 36 Segel stark, rechtzeitig erschienen war, die feindliche auf der Höhe von Ephesos beobachten und ging mit dem größten Teil der römischen und den pergamenischen Schiffen nach dem Hellespont, um seinem Auftrag gemäß durch die Wegnahme der Festungen daselbst den Übergang des Landheeres vorzubereiten. Schon war Sestos besetzt und Abydos aufs Äußerste gebracht, als ihn die Kunde von der Niederlage der rhodischen Flotte zurückrief. Der rhodische Admiral Pausistratos, eingeschläfert durch die Vorspiegelungen seines Landsmannes, von Antiochos abfallen zu wollen, hatte sich im Hafen von Samos überrumpeln lassen, er selbst war gefallen, seine sämtlichen Schiffe bis auf fünf rhodische und zwei troische Segel waren vernichtet, Samos, Phokäa, Kyme auf diese Botschaft zu Seleukos übergetreten, der in diesen Gegenden für seinen Vater den Oberbefehl zu Lande führte. Indes als die römische Flotte teils von Kane, teils vom Hellespont herbeikam und nach einiger Zeit zwanzig neue Schiffe der Rhodier bei Samos sich mit ihr vereinigten, ward Polyxenidas abermals genötigt, sich in den Hafen von Ephesos einzuschließen. Da er die angebotene Seeschlacht verweigerte und bei der geringen Zahl der römischen Mannschaften an einen Angriff von der Landseite nicht zu denken war, blieb auch der römischen Flotte nichts übrig, als gleichfalls sich bei Samos aufzustellen. Eine Abteilung ging inzwischen nach Patara an die lykische Küste, um teils den Rhodiern gegen die sehr beschwerlichen, von dorther auf sie gerichteten Angriffe Ruhe zu verschaffen, teils und vornehmlich, um die feindliche Flotte, die Hannibal heranführen sollte, vom Ägäischen Meer abzusperren. Als dieses Geschwader gegen Patara nichts ausrichtete, erzürnte der neue Admiral Lucius Aemilius Regillus, der mit 20 Kriegsschiffen von Rom angelangt war und bei Samos den Gaius Livius abgelöst hatte, sich darüber so sehr, daß er mit der ganzen Flotte dorthin aufbrach; kaum gelang es seinen Offizieren, ihm unterwegs begreiflich zu machen, daß es zunächst nicht auf die Eroberung von Patara ankomme, sondern auf die Beherrschung des Ägäischen Meeres, und ihn zur Umkehr nach Samos zu bestimmen. Auf dem kleinasiatischen Festland hatte mittlerweile Seleukos die Belagerung von Pergamon begonnen, während Antiochos mit dem Hauptheer das pergamenische Gebiet und die Besitzungen der Mytilenäer auf dem Festland verwüstete; man hoffte, mit den verhaßten Attaliden fertig zu werden, bevor die römische Hilfe erschien. Die römische Flotte ging nach Eläa und dem Hafen von Adramyttion, um den Bundesgenossen zu helfen; allein da es dem Admiral an Truppen fehlte, richtete er nichts aus. Pergamon schien verloren; aber die schlaff und nachlässig geleitete Belagerung gestattete dem Eumenes, achäische Hilfstruppen unter Diophanes in die Stadt zu werfen, deren kühne und glückliche Ausfälle die mit der Belagerung beauftragten gallischen Söldner des Antiochos dieselbe aufzuheben zwangen. Auch in den südlichen Gewässern wurden die Entwürfe des Antiochos vereitelt. Die von Hannibal gerüstete und geführte Flotte versuchte, nachdem sie lange durch die stehenden Westwinde zurückgehalten worden war, endlich in das Ägäische Meer zu gelangen; allein an der Mündung des Eurymedon vor Aspendos in Pamphylien traf sie auf ein rhodisches Geschwader unter Eudamos, und in der Schlacht, die die beiden Flotten sich hier lieferten, trug über Hannibals Taktik und über die numerische Überzahl die Vorzüglichkeit der rhodischen Schiffe und Seeoffiziere den Sieg davon – es war dies die erste Seeschlacht und die letzte Schlacht gegen Rom, die der große Karthager schlug. Die siegreiche rhodische Flotte stellte darauf sich bei Patara auf und hemmte hier die beabsichtigte Vereinigung der beiden asiatischen Flotten. Im Ägäischen Meer ward die römisch-rhodische Flotte bei Samos, nachdem sie durch die Entsendung der pergamenischen Schiffe in den Hellespont zur Unterstützung des dort eben anlangenden Landheers sich geschwächt hatte, nun ihrerseits von der des Polyxenidas angegriffen, der jetzt neun Segel mehr zählte als der Gegner. Am 23. Dezember des unberichtigten Kalenders, nach dem berichtigten etwa Ende August 564 (190), kam es zur Schlacht am Vorgebirg Myonnesos zwischen Teos und Kolophon; die Römer durchbrachen die feindliche Schlachtlinie und umzingelten den linken Flügel gänzlich, so daß 42 Schiffe von ihnen genommen wurden oder sanken. Viele Jahrhunderte nachher verkündigte den Römern die Inschrift in saturnischem Maß über dem Tempel der Seegeister, der zum Andenken dieses Sieges auf dem Marsfeld erbaut ward, wie vor den Augen des Königs Antiochos und seines ganzen Landheers die Flotte der Asiaten geschlagen worden und die Römer also „den großen Zwist schlichteten und die Könige bezwangen“. Seitdem wagten die feindlichen Schiffe nicht mehr, sich auf der offenen See zu zeigen und versuchten nicht weiter, den Übergang des römischen Landheers zu erschweren.

Zur Führung des Krieges auf dem asiatischen Kontinent war in Rom der Sieger von Zama ausersehen worden, der in der Tat den Oberbefehl führte für den nominellen Höchstkommandierenden, seinen geistig unbedeutenden und militärisch unfähigen Bruder Lucius Scipio. Die bisher in Unteritalien stehende Reserve ward nach Griechenland, das Heer des Glabrio nach Asien bestimmt; als es bekannt ward, wer dasselbe befehligen werde, meldeten sich freiwillig 5000 Veteranen aus dem Hannibalischen Krieg, um noch einmal unter ihrem geliebten Führer zu fechten. Im römischen Juli, nach der richtigen Zeit im März fanden die Scipionen sich bei dem Heere ein, um den asiatischen Feldzug zu beginnen; allein man war unangenehm überrascht, als man statt dessen sich zunächst in einen endlosen Kampf mit den verzweifelnden Ätolern verwickelt fand. Der Senat, der Flamininus‘ grenzenlose Rücksichten gegen die Hellenen übertrieben fand, hatte den Ätolern die Wahl gelassen zwischen Zahlung einer völlig unerschwinglichen Kriegskontribution und unbedingter Ergebung, was sie aufs neue unter die Waffen getrieben hatte; es war nicht abzusehen, wann dieser Gebirgs- und Festungskrieg zu Ende gehen werde. Scipio beseitigte das unbequeme Hindernis durch Verabredung eines sechsmonatlichen Waffenstillstandes und trat darauf den Marsch nach Asien an. Da die eine feindliche Flotte in dem Ägäischen Meere nur blockiert war und die zweite, die aus dem Südmeer herankam, trotz des mit ihrer Fernhaltung beauftragten Geschwaders täglich dort eintreffen konnte, schien es ratsam, den Landweg durch Makedonien und Thrakien einzuschlagen und über den Hellespont zu gehen; hier waren keine wesentlichen Hindernisse zu erwarten, da König Philippos von Makedonien vollständig zuverlässig, auch König Prusias von Bithynien mit den Römern in Bündnis war und die römische Flotte leicht sich in der Meerenge festzusetzen vermochte. Der lange und mühselige Weg längs der makedonischen und thrakischen Küste ward ohne wesentlichen Verlust zurückgelegt; Philippos sorgte teils für Zufuhr, teils für freundliche Aufnahme bei den thrakischen Wilden. Indes hatte man teils mit den Ätolern, teils auf dem Marsch soviel Zeit verloren, daß das Heer erst etwa um die Zeit der Schlacht von Myonnesos an dem Thrakischen Chersonesos anlangte. Aber Scipios wunderbares Glück räumte wie einst in Spanien und Afrika so jetzt in Asien alle Schwierigkeiten vor ihm aus dem Wege. Auf die Kunde von der Schlacht bei Myonnesos verlor Antiochos so vollständig den Kopf, daß er in Europa die starkbesetzte und verproviantierte Festung Lysimacheia von der Besatzung und der dem Wiederhersteller ihrer Stadt treu ergebenen Einwohnerschaft räumen ließ und dabei sogar vergaß, die Besatzungen aus Aenos und Maroneia gleichfalls herauszuziehen, ja die reichen Magazine zu vernichten, am asiatischen Ufer aber der Landung der Römer nicht den geringsten Widerstand entgegensetzte, sondern während derselben sich in Sardes damit die Zeit vertrieb, auf das Schicksal zu schelten. Es ist kaum zweifelhaft, daß, wenn er nur bis zu dem nicht mehr fernen Ende des Sommers Lysimacheia hätte verteidigen und sein großes Heer an den Hellespont vorrücken lassen, Scipio genötigt worden wäre, auf dem europäischen Ufer Winterquartier zu nehmen, in einer militärisch wie politisch keineswegs gesicherten Lage.

Während die Römer, am asiatischen Ufer ausgeschifft, einige Tage stillstanden, um sich zu erholen und ihren durch religiöse Pflichten zurückgehaltenen Führer zu erwarten, trafen in ihrem Lager Gesandte des Großkönigs ein, um über den Frieden zu unterhandeln. Antiochos bot die Hälfte der Kriegskosten und die Abtretung seiner europäischen Besitzungen sowie der sämtlichen in Kleinasien zu Rom übergetretenen griechischen Städte; allein Scipio forderte Kriegskosten und die Aufgebung von ganz Kleinasien. Jene Bedingungen, erklärte er, wären annehmbar gewesen, wenn das Heer noch vor Lysimacheia oder auch diesseits des Hellespont stände; jetzt aber reichten sie nicht, wo das Roß schon den Zaum, ja den Reiter fühle. Die Versuche des Großkönigs, von dem feindlichen Feldherrn in morgenländischer Art den Frieden durch Geldsummen zu erkaufen – er bot die Hälfte seiner Jahreseinkünfte! –, scheiterten wie billig; für die unentgeltliche Rückgabe seines in Gefangenschaft geratenen Sohnes gab der stolze Bürger dem Großkönig als Lohn den Freundesrat, auf jede Bedingung Frieden zu schließen. In der Tat stand es nicht so; hätte der König sich zu entschließen vermocht, den Krieg in die Länge und in das innere Asien zurückweichend den Feind sich nachzuziehen, so war ein günstiger Ausgang noch keineswegs unmöglich. Allein Antiochos, gereizt durch den vermutlich berechneten Übermut des Gegners und für jede dauernde und konsequente Kriegführung zu schlaff, eilte, seine ungeheure, aber ungleiche und undisziplinierte Heermasse je eher desto lieber dem Stoß der römischen Legionen darzubieten. Im Tale des Hermos bei Magnesia am Sipylos unweit Smyrna trafen im Spätherbst 564 (190) die römischen Truppen auf den Feind. Er zählte nahe an 80000 Mann, darunter 12000 Reiter; die Römer, die von Achäern, Pergamenern und makedonischen Freiwilligen etwa 5000 Mann bei sich hatten, bei weitem nicht die Hälfte; allein sie waren des Sieges so gewiß, daß sie nicht einmal die Genesung ihres krank in Eläa zurückgebliebenen Feldherrn abwarteten, an dessen Stelle Gnaeus Domitius das Kommando übernahm. Um nur seine ungeheure Truppenzahl aufstellen zu können, bildete Antiochos zwei Treffen; im ersten stand die Masse der leichten Truppen, die Peltasten, Bogenträger, Schleuderer, die berittenen Schützen der Myser, Daher und Elymäer, die Araber auf ihren Dromedaren und die Sichelwagen; im zweiten hielt auf den beiden Flügeln die schwere Kavallerie (die Kataphrakten, eine Art Kürassiere), neben ihnen im Mitteltreffen das gallische und kappadokische Fußvolk und im Zentrum die makedonisch bewaffnete Phalanx, 16000 Mann stark, der Kern des Heeres, die aber auf dem engen Raum nicht Platz fand und sich in Doppelgliedern 32 Mann tief aufstellen mußte. In dem Zwischenraum der beiden Treffen standen 54 Elefanten, zwischen die Haufen der Phalanx und der schweren Reiterei verteilt. Die Römer stellten auf den linken Flügel, wo der Fluß Deckung gab, nur wenige Schwadronen, die Masse der Reiterei und die sämtlichen Leichtbewaffneten kamen auf den rechten, den Eumenes führte; die Legionen standen im Mitteltreffen. Eumenes begann die Schlacht damit, daß er seine Schützen und Schleuderer gegen die Sichelwagen schickte mit dem Befehl, auf die Bespannung zu halten; in kurzer Zeit waren nicht bloß diese zersprengt, sondern auch die nächststehenden Kamelreiter mit fortgerissen; schon geriet sogar im zweiten Treffen der dahinterstehende linke Flügel der schweren Reiterei in Verwirrung. Nun warf sich Eumenes mit der ganzen römischen Reiterei, die 3000 Pferde zählte, auf die Söldnerinfanterie, die im zweiten Treffen zwischen der Phalanx und dem linken Flügel der schweren Reiterei stand, und da diese wich, flohen auch die schon in Unordnung geratenen Kürassiere. Die Phalanx, die eben die leichten Truppen durchgelassen hatte und sich fertig machte, gegen die römischen Legionen vorzugehen, wurde durch den Angriff der Reiterei in der Flanke gehemmt und genötigt, stehenzubleiben und nach beiden Seiten Front zu machen, wobei die tiefe Aufstellung ihr wohl zustatten kam. Wäre die schwere asiatische Reiterei zur Hand gewesen, so hätte die Schlacht wiederhergestellt werden können, aber der linke Flügel war zersprengt, und der rechte, den Antiochos selber anführte, hatte, die kleine, ihm gegenüberstehende römische Reiterabteilung vor sich hertreibend, das römische Lager erreicht, wo man des Angriffs sich mit großer Mühe erwehrte. Darüber fehlten auf der Walstatt jetzt im entscheidenden Augenblick die Reiter. Die Römer hüteten sich wohl, die Phalanx mit den Legionen anzugreifen, sondern sandten gegen sie die Schützen und Schleuderer, denen in der dichtgedrängten Masse kein Geschoß fehlging. Die Phalanx zog sich nichtsdestoweniger langsam und geordnet zurück, bis die in den Zwischenräumen stehenden Elefanten scheu wurden und die Glieder zerrissen. Damit löste das ganze Heer sich auf in wilder Flucht; ein Versuch, das Lager zu halten, mißlang und mehrte nur die Zahl der Toten und Gefangenen. Die Schätzung des Verlustes des Antiochos auf 50000 Mann ist bei der grenzenlosen Verwirrung nicht unglaublich; den Römern, deren Legionen gar nicht zum Schlagen gekommen waren, kostete der Sieg, der ihnen den dritten Weltteil überlieferte, 24 Reiter und 300 Fußsoldaten. Kleinasien unterwarf sich, selbst Ephesos, von wo der Admiral die Flotte eilig flüchten mußte, und die Residenzstadt Sardes. Der König bat um Frieden und ging ein auf die von den Römern gestellten Bedingungen, die, wie gewöhnlich, keine anderen waren als die vor der Schlacht gebotenen, als namentlich die Abtretung Kleinasiens enthielten. Bis zu deren Ratifikation blieb das Heer in Kleinasien auf Kosten des Königs, was ihm auf nicht weniger als 3000 Talente (5 Mill. Taler) zu stehen kam. Antiochos selber nach seiner liederlichen Art verschmerzte bald den Verlust der Hälfte seines Reiches; es sieht ihm gleich, daß er den Römern für die Abnahme der Mühe, ein allzugroßes Reich zu regieren, dankbar zu sein behauptete. Aber Asien war mit dem Tage. von Magnesia aus der Reihe der Großstaaten gestrichen; und wohl niemals ist eine Großmacht so rasch, so völlig und so schmählich zugrunde gegangen wie das Seleukidenreich unter diesem Antiochos dem Großen. Er selbst ward bald darauf (567 187) in Elymais oberhalb des Persischen Meerbusens bei der Plünderung des Beltempels, mit dessen Schätzen er seine leeren Kassen zu füllen gekommen war, von den erbitterten Einwohnern erschlagen.

Die römische Regierung hatte, nachdem der Sieg erfochten war, die Angelegenheiten Kleinasiens und Griechenlands zu ordnen. Sollte hier die römische Herrschaft auf fester Grundlage errichtet werden, so genügte dazu keineswegs, daß Antiochos der Oberherrschaft in Vorderasien entsagt hatte. Die politischen Verhältnisse daselbst sind oben dargelegt worden. Die griechischen Freistädte an der ionischen und äolischen Küste sowie das ihnen wesentlich gleichartige pergamenische Königreich waren allerdings die natürlichen Träger der neuen römischen Obergewalt, die auch hier wesentlich auftrat als Schirmherr der stammverwandten Hellenen. Aber die Dynasten im inneren Kleinasien und an der Nordküste des Schwarzen Meeres hatten den Königen von Asien längst kaum noch ernstlich gehorcht, und der Vertrag mit Antiochos allein gab den Römern keine Gewalt über das Binnenland. Es war unabweislich eine gewisse Grenze zu ziehen, innerhalb deren der römische Einfluß fortan maßgebend sein sollte. Dabei fiel vor allem ins Gewicht das Verhältnis der asiatischen Hellenen zu den seit einem Jahrhundert daselbst angesiedelten Kelten. Diese hatten die kleinasiatischen Landschaften förmlich unter sich verteilt und ein jeder der drei Gaue erhob in seinem Brandschatzungsgebiet die festgesetzten Tribute. Wohl hatte die Bürgerschaft von Pergamon unter der kräftigen Führung ihrer dadurch zu erblichem Fürstentum gelangten Vorsteher sich des unwürdigen Joches entledigt, und die schöne Nachblüte der hellenischen Kunst, welche kürzlich der Erde wieder entstiegen ist, ist erwachsen aus diesen letzten, von nationalem Bürgersinn getragenen hellenischen Kriegen. Aber es war ein kräftiger Gegenschlag, kein entscheidender Erfolg; wieder und wieder hatten die Pergamener ihren städtischen Frieden gegen die Einfälle der wilden Horden aus den östlichen Gebirgen mit den Waffen zu vertreten gehabt, und die große Mehrzahl der übrigen Griechenstädte ist wahrscheinlich in der alten Abhängigkeit verblieben36. Wenn Roms Schirmherrschaft über die Hellenen auch in Asien mehr als ein Name sein sollte, so mußte dieser Tributpflichtigkeit ihrer neuen Klienten ein Ziel gesetzt werden; und da die römische Politik den Eigenbesitz und die damit verknüpfte stehende Besetzung des Landes zur Zeit in Asien noch viel mehr als auf der griechisch-makedonischen Halbinsel ablehnte, so blieb in der Tat nichts anderes übrig, als bis zu der Grenze, welche Roms Machtgebiet gesteckt werden sollte, auch Roms Waffen zu tragen und bei den Kleinasiaten überhaupt, vor allem aber in den Keltengauen die neue Oberherrlichkeit mit der Tat einzusetzen.

Dies hat der neue römische Oberfeldherr Gnaeus Manlius Volso getan, der den Lucius Scipio in Kleinasien ablöste. Es ist ihm dies zum schweren Vorwurf gemacht worden; die der neuen Wendung der Politik abgeneigten Männer im Senat vermißten bei dem Kriege den Zweck wie den Grund. Den ersteren Tadel gegen diesen Zug insbesondere zu erheben, ist nicht gerechtfertigt; derselbe war vielmehr, nachdem der römische Staat sich in die hellenischen Verhältnisse, so, wie es geschehen war, eingemischt hatte, eine notwendige Konsequenz dieser Politik. Ob das hellenische Gesamtpatronat für Rom das richtige war, kann gewiß in Zweifel gezogen werden; aber von dem Standpunkt aus betrachtet, den Flamininus und die von ihm geführte Majorität nun einmal genommen hatten, war die Niederwerfung der Galater in der Tat eine Pflicht der Klugheit wie der Ehre. Besser begründet ist der Vorwurf, daß es zur Zeit an einem rechten Kriegsgrund gegen dieselben fehlte; denn eigentlich im Bunde mit Antiochos hatten sie nicht gestanden, sondern ihn nur nach ihrem Brauch in ihrem Lande Mietstruppen anwerben lassen. Aber dagegen fiel entscheidend ins Gewicht, daß die Sendung einer römischen Truppenmacht nach Asien der römischen Bürgerschaft nur unter ganz außerordentlichen Verhältnissen angesonnen werden konnte und, wenn einmal eine derartige Expedition notwendig war, alles dafür sprach, sie sogleich und mit dem einmal in Asien stehenden siegreichen Heere auszuführen. So wurde, ohne Zweifel unter dem Einfluß des Flamininus und seiner Gesinnungsgenossen im Senat, im Frühjahr 565 (189) der Feldzug in das innere Kleinasien unternommen. Der Konsul brach von Ephesos auf, brandschatzte die Städte und Fürsten am oberen Mäander und in Pamphylien ohne Maß und wandte sich darauf nordwärts gegen die Kelten. Der westliche Kanton derselben, die Tolistoager, hatte sich auf den Berg Olympos, der mittlere, die Tectosagen, auf den Berg Magaba mit Hab und Gut zurückgezogen, in der Hoffnung, daß sie sich hier würden verteidigen können, bis der Winter die Fremden zum Abzug zwänge. Allein die Geschosse der römischen Schleuderer und Schützen, die gegen die damit unbekannten Kelten so oft den Ausschlag gaben, fast wie in neuerer Zeit das Feuergewehr gegen die wilden Völker, erzwangen die Höhen, und die Kelten unterlagen in einer jener Schlachten, wie sie gar oft früher und später am Po und an der Seine geliefert worden sind, die aber hier so seltsam erscheint wie das ganze Auftreten des nordischen Stammes unter den griechischen und phrygischen Nationen. Die Zahl der Erschlagenen und mehr noch die der Gefangenen war an beiden Stellen ungeheuer. Was übrig blieb, rettete sich über den Halys zu dem dritten keltischen Gau der Trocmer, welche der Konsul nicht angriff. Dieser Fluß war die Grenze, an welcher die damaligen Leiter der römischen Politik beschlossen hatten innezuhalten. Phrygien, Bithynien, Paphlagonien sollten von Rom abhängig werden; die weiter östlich gelegenen Landschaften überließ man sich selber.

Die Regulierung der kleinasiatischen Verhältnisse erfolgte teils durch den Frieden mit Antiochos (565 189), teils durch die Festsetzungen einer römischen Kommission, der der Konsul Volso vorstand. Außer der Stellung von Geiseln, darunter seines jüngeren gleichnamigen Sohnes, und einer nach dem Maß der Schätze Asiens bemessenen Kriegskontribution von 15000 euböischen Talenten (25½ Mill. Taler), davon der fünfte Teil sogleich, der Rest in zwölf Jahreszielern zu entrichten war, wurde Antiochos auferlegt die Abtretung seines gesamten europäischen Länderbesitzes und in Kleinasien aller seiner Besitzungen und Rechtsansprüche nördlich vom Taurusgebirge und westlich von der Mündung des Kestros zwischen Aspendos und Perge in Pamphylien, so daß ihm in Vorderasien nichts blieb als das östliche Pamphylien und Kilikien. Mit dem Patronat über die vorderasiatischen Königreiche und Herrschaften war es natürlich vorbei. Asien oder, wie das Reich der Seleukiden von da an gewöhnlich und angemessener genannt wird, Syrien verlor das Recht, gegen die westlichen Staaten Angriffskriege zu führen und im Fall eines Verteidigungskrieges von ihnen beim Frieden Land zu gewinnen, das Recht, das Meer westlich von der Kalykadnosmündung in Kilikien mit Kriegsschiffen zu befahren, außer um Gesandte, Geiseln oder Tribut zu bringen, überhaupt Deckschiffe über zehn zu halten, außer im Fall eines Verteidigungskrieges, und Kriegselefanten zu zähmen, endlich das Recht, in den westlichen Staaten Werbungen zu veranstalten oder politische Flüchtlinge und Ausreißer daraus bei sich aufzunehmen. Die Kriegsschiffe, die er über die bestimmte Zahl besaß, die Elefanten und die politischen Flüchtlinge, welche bei ihm sich befanden, lieferte er aus. Zur Entschädigung erhielt der Großkönig den Titel eines Freundes der römischen Bürgergemeinde. Der Staat Syrien war hiermit zu Lande und auf dem Meer vollständig aus dem Westen verdrängt und für immer; es ist bezeichnend für die kraft- und zusammenhanglose Organisation des Seleukidenreichs, daß dasselbe allein unter allen von Rom überwundenen Großstaaten nach der ersten Überwindung niemals eine zweite Entscheidung durch die Waffen begehrt hat.

Die beiden Armenien, bisher wenigstens dem Namen nach asiatische Satrapien, verwandelten sich, wenn nicht gerade in Gemäßheit des römischen Friedensvertrages, doch unter dessen Einfluß in selbständige Königreiche und ihre Inhaber Artaxias und Zariadris wurden Gründer neuer Dynastien.

König Ariarathes von Kappadokien kam, da sein Land außerhalb der von den Römern bezeichneten Grenze ihrer Klientel lag, mit einer Geldbuße von 600 Talenten (1 Mill. Taler) davon, die dann noch auf die Fürbitte seines Schwiegersohnes Eumenes auf die Hälfte herabgesetzt ward.

König Prusias von Bithynien behielt sein Gebiet, wie es war, ebenso die Kelten; doch mußten diese geloben, nicht ferner bewaffnete Haufen über die Grenze zu senden, und die schimpflichen Tribute der kleinasiatischen Städte hatten ein Ende. Die asiatischen Griechen ermangelten nicht, diese allerdings allgemein und nachhaltig empfundene Wohltat mit goldenen Kränzen und den transzendentalsten Lobreden zu vergelten.

In Vorderasien war die Besitzregulierung nicht ohne Schwierigkeit, zumal da hier die dynastische Politik des Eumenes mit der der griechischen Hansa kollidierte; endlich gelang es, sich in folgender Art zu verständigen. Allen griechischen Städten, die am Tage der Schlacht von Magnesia frei und den Römern beigetreten waren, wurde ihre Freiheit bestätigt und sie alle mit Ausnahme der bisher dem Eumenes zinspflichtigen der Tributzahlung an die verschiedenen Dynasten für die Zukunft enthoben. So wurden namentlich frei die Städte Dardanos und Ilion, die alten Stammgenossen der Römer von Aeneas‘ Zeiten her, ferner Kyme, Smyrna, Klazomenae, Erythrae, Chios, Kolophon, Miletos und andere altberühmte Namen. Phokäa, das gegen die Kapitulation von den römischen Flottensoldaten geplündert worden war, erhielt zum Ersatz dafür, obwohl es nicht unter die im Vertrag bezeichnete Kategorie fiel, ausnahmsweise gleichfalls seine Mark zurück und die Freiheit. Den meisten Städten der griechisch-asiatischen Hansa wurden überdies Gebietserweiterungen und andere Vorteile zuteil. Am besten ward natürlich Rhodos bedacht, das Lykien mit Ausschluß von Telmissos und den größeren Teil von Karien südlich vom Mäander empfing; außerdem garantierte Antiochos in seinem Reiche den Rhodiern ihr Eigentum und ihre Forderungen sowie die bisher genossene Zollfreiheit.

Alles übrige, also bei weitem der größte Teil der Beute, fiel an die Attaliden, deren alte Treue gegen Rom sowie die von Eumenes in diesem Kriege bestandene Drangsal und sein persönliches Verdienst um den Ausfall der entscheidenden Schlacht von Rom so belohnt ward, wie nie ein König seinen Verbündeten gelohnt hat. Eumenes empfing in Europa den Chersonesos mit Lysimacheia; in Asien außer Mysien, das er schon besaß, die Provinzen Phrygien am Hellespont, Lydien mit Ephesos und Sardes, den nördlichen Streif von Karien bis zum Mäander mit Tralles und Magnesia, Großphrygien und Lykaonien nebst einem Stück von Kilikien, die milysche Landschaft zwischen Phrygien und Lykien und als Hafenplatz am südlichen Meer die lykische Stadt Telmissos; über Pamphylien ward später zwischen Eumenes und Antiochos gestritten, inwieweit es dies- oder jenseits der gesteckten Grenze liege und also jenem oder diesem zukomme. Außerdem erhielt er die Schutzherrschaft und das Zinsrecht über diejenigen griechischen Städte, die nicht unbeschränkt die Freiheit empfingen; doch wurde auch hier bestimmt, daß den Städten ihre Freibriefe bleiben und die Abgabe nicht erhöht werden solle. Ferner mußte Antiochos sich anheischig machen, die 350 Talente (600000 Taler), die er dem Vater Attalos schuldig geworden war, dem Eumenes zu entrichten, ebenso ihn mit 127 Talenten (218000 Taler) für die rückständigen Getreidelieferungen zu entschädigen. Endlich erhielt Eumenes die königlichen Forsten und die von Antiochos abgelieferten Elefanten, nicht aber die Kriegsschiffe, die verbrannt wurden; eine Seemacht litten die Römer nicht neben sich. Hierdurch war das Reich der Attaliden in Osteuropa und Asien das geworden, was Numidien in Afrika war, ein von Rom abhängiger mächtiger Staat mit absoluter Verfassung, bestimmt und fähig, sowohl Makedonien als Syrien in Schranken zu halten, ohne anders als in außerordentlichen Fällen römischer Unterstützung zu bedürfen. Mit dieser durch die römische Politik gebotenen Schöpfung hatte man die durch republikanische und nationale Sympathie und Eitelkeit gebotene Befreiung der asiatischen Griechen soweit möglich vereinigt. Um die Angelegenheiten des ferneren Ostens jenseits des Tauros und Halys war man fest entschlossen, sich nicht zu bekümmern; es zeigen dies sehr deutlich die Bedingungen des Friedens mit Antiochos und noch entschiedener die bestimmte Weigerung des Senats, der Stadt Soloi in Kilikien die von den Rhodiern für sie erbetene Freiheit zu gewähren. Ebenso getreu blieb man dem festgestellten Grundsatz, keine unmittelbaren überseeischen Besitzungen zu erwerben. Nachdem die römische Flotte noch eine Expedition nach Kreta gemacht und die Freigebung der dorthin in die Sklaverei verkauften Römer durchgesetzt hatte, verließen Flotte und Landheer im Nachsommer 566 (188) Asien, wobei das Landheer, das wieder durch Thrakien zog, durch die Nachlässigkeit des Feldherrn unterwegs von den Überfällen der Wilden viel zu leiden hatte. Die Römer brachten nichts heim aus dem Osten als Ehre und Gold, die in dieser Zeit sich schon beide in der praktischen Form der Dankadresse, dem goldenen Kranze, zusammenzufinden pflegten.

Auch das europäische Griechenland war von diesem asiatischen Krieg erschüttert worden und bedurfte neuer Ordnung. Die Ätoler, die immer noch nicht gelernt hatten, sich in ihre Nichtigkeit zu finden, hatten nach dem im Frühling 564 (190) mit Scipio abgeschlossenen Waffenstillstand nicht bloß durch ihre kephallenischen Korsaren den Verkehr zwischen Italien und Griechenland schwierig und unsicher gemacht, sondern vielleicht noch während des Waffenstillstandes, getäuscht durch falsche Nachrichten über den Stand der Dinge in Asien, die Tollheit begangen, den Amynander wieder auf seinen athamanischen Thron zu setzen und mit Philippos in den von diesem besetzten ätolischen und thessalischen Grenzlandschaften sich herumzuschlagen, wobei der König mehrere Nachteile erlitt. Es versteht sich, daß hiernach Rom ihre Bitte um Frieden mit der Landung des Konsuls Marcus Fulvius Nobilior beantwortete. Er traf im Frühling 565 (189) bei den Legionen ein und nahm nach fünfzehntägiger Belagerung durch eine für die Besatzung ehrenvolle Kapitulation Ambrakia, während zugleich die Makedonier, die Illyrier, die Epeiroten, die Akarnanen und Achäer über die Ätoler herfielen. Von eigentlichem Widerstand konnte nicht die Rede sein; auf die wiederholten Friedensgesuche der Ätoler standen denn auch die Römer vom Kriege ab und gewährten Bedingungen, welche solchen erbärmlichen und tückischen Gegnern gegenüber billig genannt werden müssen. Die Ätoler verloren alle Städte und Gebiete, die in den Händen ihrer Gegner waren, namentlich Ambrakia, welches infolge einer gegen Marcus Fulvius in Rom gesponnenen Intrige später frei und selbständig ward, ferner Oinia, das den Akarnanen gegeben wurde; ebenso traten sie Kephallenia ab. Sie verloren das Recht, Krieg und Frieden zu schließen und wurden in dieser Hinsicht von den auswärtigen Beziehungen Roms abhängig; endlich zahlten sie eine starke Geldsumme. Kephallenia setzte sich auf eigene Hand gegen diesen Vertrag und fügte sich erst, als Marcus Fulvius auf der Insel landete; ja die Einwohner von Same, die befürchteten, aus ihrer wohlgelegenen Stadt durch eine römische Kolonie ausgetrieben zu werden, fielen nach der ersten Unterwerfung wieder ab und hielten eine viermonatliche Belagerung aus, worauf die Stadt endlich genommen und die Einwohner sämtlich in die Sklaverei verkauft wurden.

Rom blieb auch hier dabei, sich grundsätzlich auf Italien und die italischen Inseln zu beschränken. Es nahm von der Beute nichts für sich als die beiden Inseln Kephallenia und Zakynthos, welche den Besitz von Kerkyra und anderen Seestationen am Adriatischen Meer wünschenswert ergänzten. Der übrige Ländererwerb kam an die Verbündeten Roms; indes die beiden bedeutendsten derselben, Philippos und die Achäer, waren keineswegs befriedigt durch den ihnen an der Beute gegönnten Anteil. Philippos fühlte sich nicht ohne Grund verletzt. Er durfte sagen, daß in dem letzten Krieg die eigentlichen Schwierigkeiten, die nicht in dem Feinde, sondern in der Entfernung und der Unsicherheit der Verbindungen lagen, wesentlich durch seinen loyalen Beistand überwunden waren. Der Senat erkannte dies auch an, indem er ihm den noch rückständigen Tribut erließ und seine Geiseln ihm zurücksandte; allein Gebietserweiterungen, wie er sie gehofft, empfing er nicht. Er erhielt das magnetische Gebiet mit Demetrias, das er den Ätolern abgenommen hatte; außerdem blieben tatsächlich in seinen Händen die dolopische und athamanische Landschaft und ein Teil von Thessalien, aus denen gleichfalls die Ätoler von ihm vertrieben worden waren. In Thrakien blieb zwar das Binnenland in makedonischer Klientel, aber über die Küstenstädte und die Inseln Thasos und Lemnos, die faktisch in Philipps Händen waren, ward nichts bestimmt, der Chersonesos sogar ausdrücklich an Eumenes gegeben; und es war nicht schwer zu erkennen, daß Eumenes nur deshalb auch Besitzungen in Europa empfing, um nicht bloß Asien, sondern auch Makedonien im Notfall niederzuhalten. Die Erbitterung des stolzen und in vieler Hinsicht ritterlichen Mannes ist natürlich; allein es war nicht Schikane, was die Römer bestimmte, sondern eine unabweisliche politische Notwendigkeit. Makedonien büßte dafür, daß es einmal eine Macht ersten Ranges gewesen war und mit Rom auf gleichem Fuß Krieg geführt hatte: man hatte hier, und hier mit viel besserem Grund als gegen Karthago, sich vorzusehen, daß die alte Machtstellung nicht wiederkehre.

Anders stand es mit den Achäern. Sie hatten im Laufe des Krieges gegen Antiochos ihren lange genährten Wunsch befriedigt, den Peloponnes ganz in ihre Eidgenossenschaft zu bringen, indem zuerst Sparta, dann, nach der Vertreibung der Asiaten aus Griechenland, auch Elis und Messene mehr oder weniger gezwungen beigetreten waren. Die Römer hatten dies geschehen lassen und es sogar geduldet, daß man dabei mit absichtlicher Rücksichtslosigkeit gegen Rom verfuhr. Flamininus hatte, als Messene erklärte, sich den Römern zu unterwerfen, aber nicht in die Eidgenossenschaft eintreten zu wollen und diese darauf Gewalt brauchte, zwar nicht unterlassen, den Achäern zu Gemüte zu führen, daß solche Sonderverfügungen über einen Teil der Beute an sich unrecht und in dem Verhältnis der Achäer zu den Römern mehr als unpassend seien, aber denn doch in seiner sehr unpolitischen Nachgiebigkeit gegen die Hellenen im wesentlichen den Achäern ihren Willen getan. Allein damit hatte die Sache kein Ende. Die Achäer, von ihrer zwerghaften Vergrößerungssucht gepeinigt, ließen die Stadt Pleuron in Ätolien, die sie während des Krieges besetzt hatten, nicht fahren, machten sie vielmehr zum unfreiwilligen Mitgliede ihrer Eidgenossenschaft; sie kauften Zakynthos von dem Statthalter des letzten Besitzers Amynander und hätten gern noch Aegina dazu gehabt. Nur widerwillig gaben sie jene Insel an Rom heraus und hörten sehr unmutig Flamininus‘ guten Ratschlag, sich mit ihrem Peloponnes zu begnügen. Sie glaubten es sich schuldig zu sein, die Unabhängigkeit ihres Staates um so mehr zur Schau zu tragen, je weniger daran war; man sprach von Kriegsrecht, von der treuen Beihilfe der Achäer in den Kriegen der Römer; man fragte die römischen Gesandten auf der achäischen Tagsatzung, warum Rom sich um Messene bekümmere, da Achaia ja nicht nach Capua frage, und der hochherzige Patriot, der also gesprochen, wurde beklatscht und war der Stimmen bei den Wahlen sicher. Das alles würde sehr recht und sehr erhaben gewesen sein, wenn es nicht noch viel lächerlicher gewesen wäre. Es lag wohl eine tiefe Gerechtigkeit und ein noch tieferer Jammer darin, daß Rom, so ernstlich es die Freiheit der Hellenen zu gründen und den Dank der Hellenen zu verdienen bemüht war, dennoch ihnen nichts gab als die Anarchie und nichts erntete als den Undank. Es lagen auch den hellenischen Antipathien gegen die Schutzmacht sicher sehr edle Gefühle zugrunde, und die persönliche Bravheit einzelner tonangebender Männer ist außer Zweifel. Aber darum bleibt dieser achäische Patriotismus nicht minder eine Torheit und eine wahre historische Fratze. Bei all jenem Ehrgeiz und all jener nationalen Empfindlichkeit geht durch die ganze Nation vom ersten bis zum letzten Mann das gründlichste Gefühl der Ohnmacht. Stets horcht jeder nach Rom, der liberale Mann nicht weniger wie der servile; man dankt dem Himmel, wenn das gefürchtete Dekret ausbleibt; man mault, wenn der Senat zu verstehen gibt, daß man wohl tun werde, freiwillig nachzugeben, um es nicht gezwungen zu tun; man tut, was man muß womöglich in einer für die Römer verletzenden Weise, „um die Formen zu retten“; man berichtet, erläutert, verschiebt, weicht aus, und wenn das endlich alles nicht mehr gehen will, so wird mit einem patriotischen Seufzer nachgegeben. Das Treiben hätte Anspruch wo nicht auf Billigung doch auf Nachsicht, wenn die Führer zum Kampf entschlossen gewesen wären und den Untergang der Nation der Knechtschaft vorgezogen hätten; aber weder Philopömen noch Lykortas dachten an einen solchen politischen Selbstmord – man wollte womöglich frei sein, aber denn doch vor allem leben. Zu allem diesem aber sind es niemals die Römer, die die gefürchtete römische Intervention in die inneren Angelegenheiten Griechenlands hervorrufen, sondern stets die Griechen selbst, die wie die Knaben den Stock, den sie fürchten, selber einer über den andern bringen. Der von dem gelehrten Pöbel hellenischer und nachhellenischer Zeit bis zum Ekel wiederholte Vorwurf, daß die Römer bestrebt gewesen wären, inneren Zwist in Griechenland zu stiften, ist eine der tollsten Abgeschmacktheiten, welche politisierende Philologen nur je ausgesonnen haben. Nicht die Römer trugen den Hader nach Griechenland – wahrlich Eulen nach Athen –, sondern die Griechen ihre Zwistigkeiten nach Rom. Namentlich die Achäer, die über ihren Arrondierungsgelüsten gänzlich übersahen, wie sehr zu ihrem eigenen Besten es gewesen, daß Flamininus die ätolisch gesinnten Städte nicht der Eidgenossenschaft einverleibt hatte, erwarben in Lakedämon und Messene sich eine wahre Hydra inneren Zwistes. Unaufhörlich baten und flehten Mitglieder dieser Gemeinden in Rom, sie aus der verhaßten Gemeinschaft zu lösen, darunter charakteristisch genug selbst diejenigen, die die Rückkehr in die Heimat den Achäern verdankten. Unaufhörlich ward von dem Achäischen Bunde in Sparta und Messene regeneriert und restauriert: die wütendsten Emigrierten von dort bestimmten die Maßregeln der Tagsatzung. Vier Jahre nach dem nominellen Eintritt Spartas in die Eidgenossenschaft kam es sogar zum offenen Kriege und zu einer bis zum Wahnsinn vollständigen Restauration, wobei die sämtlichen von Nabis mit dem Bürgerrecht beschenkten Sklaven wieder in die Knechtschaft verkauft und aus dem Erlös ein Säulengang in der Achäerstadt Megalopolis gebaut, ferner die alten Güterverhältnisse in Sparta wiederhergestellt, die Lykurgischen Gesetze durch die achäischen ersetzt, die Mauern niedergerissen wurden (566 188). Über alle diese Wirtschaft ward dann zuletzt von allen Seiten der römische Senat zum Schiedsspruch aufgefordert – eine Belästigung, die die gerechte Strafe für die befolgte sentimentale Politik war. Weit entfernt, sich zu viel in diese Angelegenheiten zu mischen, ertrug der Senat nicht bloß die Nadelstiche der achäischen Gesinnungstüchtigkeit mit musterhafter Indifferenz, sondern ließ selbst die ärgsten Dinge mit sträflicher Gleichgültigkeit geschehen. Man freute sich herzlich in Achaia, als nach jener Restauration die Nachricht von Rom einlief, daß der Senat darüber zwar gescholten, aber nichts kassiert habe. Für die Lakedämonier geschah von Rom aus nichts, als daß der Senat, empört über den von den Achäern verfügten Justizmord von beiläufig sechzig bis achtzig Spartanern, der Tagsatzung die Kriminaljustiz über die Spartaner nahm – freilich ein empörender Eingriff in die inneren Angelegenheiten eines unabhängigen Staates! Die römischen Staatsmänner kümmerten sich so wenig wie möglich um diese Sündflut in der Nußschale, wie am besten die vielfachen Klagen beweisen über die oberflächlichen, widersprechenden und unklaren Entscheidungen des Senats; freilich, wie sollte er klar antworten, wenn auf einmal vier Parteien aus Sparta zugleich im Senat gegeneinander redeten! Dazu kam der persönliche Eindruck, den die meisten dieser peloponnesischen Staatsmänner in Rom machten; selbst Flamininus schüttelte den Kopf, als ihm einer derselben heute etwas vortanzte und den andern Tag ihn von Staatsgeschäften unterhielt. Es kam so weit, daß dem Senat zuletzt die Geduld völlig ausging und er die Peloponnesier dahin beschied, daß er sie nicht mehr bescheiden werde und sie machen könnten, was sie wollten (572 182). Begreiflich ist dies, aber nicht recht; wie die Römer einmal standen, hatten sie die sittliche und politische Verpflichtung, hier mit Ernst und Konsequenz einen leidlichen Zustand herzustellen. Jener Achäer Kallikrates, der im Jahre 575 (179) an den Senat ging, um ihn über die Zustände im Peloponnes aufzuklären und eine folgerechte und gehaltene Intervention zu fordern, mag als Mensch noch etwas weniger getaugt haben als sein Landsmann Philopömen, der jene Patriotenpolitik wesentlich begründet hat; aber er hatte recht.

So umfaßte die Klientel der römischen Gemeinde jetzt die sämtlichen Staaten von dem östlichen zu dem westlichen Ende des Mittelmeeres; nirgend bestand ein Staat, den man der Mühe wert gehalten hätte zu fürchten. Aber noch lebte ein Mann, dem Rom diese seltene Ehre erwies: der heimatlose Karthager, der erst den ganzen Westen, alsdann den ganzen Osten gegen Rom in Waffen gebracht hatte und der vielleicht nur gescheitert war, dort an der ehrlosen Aristokraten-, hier an der kopflosen Hofpolitik. Antiochos hatte sich im Frieden verpflichten müssen, den Hannibal auszuliefern; allein derselbe war zuerst nach Kreta, dann nach Bithynien entronnen37 und lebte jetzt am Hof des Königs Prusias, beschäftigt, diesen in seinen Kriegen gegen Eumenes zu unterstützen und wie immer siegreich zu Wasser und zu Lande. Es wird behauptet, daß er auch den Prusias zum Kriege gegen Rom habe reizen wollen; eine Torheit, die so, wie sie erzählt wird, sehr wenig glaublich klingt. Gewisser ist es, daß zwar der römische Senat es unter seiner Würde hielt, den Greis in seinem letzten Asyl aufjagen zu lassen – denn die Überlieferung, die auch den Senat beschuldigt, scheint keinen Glauben zu verdienen –, daß aber Flamininus, der in seiner unruhigen Eitelkeit nach neuen Zielen für große Taten suchte, auf seine eigene Hand es unternahm, wie die Griechen von ihren Ketten, so Rom von Hannibal zu befreien und gegen den größten Mann seiner Zeit den Dolch zwar nicht zu führen, was nicht diplomatisch ist, aber ihn zu schleifen und zu richten. Prusias, der jämmerlichste unter den Jammerprinzen Asiens, machte sich ein Vergnügen daraus, dem römischen Gesandten die kleine Gefälligkeit zu erweisen, die derselbe mit halben Worten erbat, und da Hannibal sein Haus von Mördern umstellt sah, nahm er Gift. Er war seit langem gefaßt darauf, fügt ein Römer hinzu, denn er kannte die Römer und das Wort der Könige. Sein Todesjahr ist nicht gewiß; wahrscheinlich starb er in der zweiten Hälfte des Jahres 571 (183), siebenundsechzig Jahre alt. Als er geboren ward, stritt Rom mit zweifelhaftem Erfolg um den Besitz von Sizilien; er hatte gerade genug gelebt, um den Westen vollständig unterworfen zu sehen, um noch selber seine letzte Römerschlacht gegen die Schiffe seiner römisch gewordenen Vaterstadt zu schlagen, um dann zuschauen zu müssen, wie Rom auch den Osten überwand gleichwie der Sturm das führerlose Schiff, und zu fühlen, daß er allein imstande war, es zu lenken. Es konnte ihm keine Hoffnung weiter fehlschlagen, als er starb; aber redlich hatte er in fünfzigjährigem Kampfe den Knabenschwur gehalten.

Um dieselbe Zeit, wahrscheinlich in demselben Jahre, starb auch der Mann, den die Römer seinen Überwinder zu nennen pflegten, Publius Scipio. Ihn hatte das Glück mit allen den Erfolgen überschüttet, die seinem Gegner versagt blieben, mit Erfolgen, die ihm gehörten und nicht gehörten. Spanien, Afrika, Asien hatte er zum Reiche gebracht und Rom, das er als die erste Gemeinde Italiens gefunden, war bei seinem Tode die Gebieterin der zivilisierten Welt. Er selbst hatte der Siegestitel so viele, daß deren überblieben für seinen Bruder und seinen Vetter38. Und doch verzehrte auch ihn durch seine letzten Jahre bitterer Gram, und er starb, wenig über fünfzig Jahre alt, in freiwilliger Verbannung, mit dem Befehl an die Seinigen, seine Leiche nicht in der Vaterstadt beizusetzen, für die er gelebt hatte und in der seine Ahnen ruhten. Es ist nicht genau bekannt, was ihn aus der Stadt trieb. Die Anschuldigungen wegen Bestechung und unterschlagener Gelder, die gegen ihn und mehr noch gegen seinen Bruder Lucius gerichtet wurden, waren ohne Zweifel nichtige Verleumdungen, die solche Verbitterung nicht hinreichend erklären; obwohl es charakteristisch für den Mann ist, daß er seine Rechnungsbücher, statt sich einfach aus ihnen zu rechtfertigen, im Angesicht des Volks und der Ankläger zerriß und die Römer aufforderte, ihn zum Tempel des Jupiter zu begleiten und den Jahrestag seines Sieges bei Zama zu feiern. Das Volk ließ den Ankläger stehen und folgte dem Scipio auf das Kapitol; aber es war dies der letzte schöne Tag des hohen Mannes. Sein stolzer Sinn, seine Meinung, ein anderer und besserer zu sein als die übrigen Menschen, seine sehr entschiedene Familienpolitik, die namentlich in seinem Bruder Lucius den widerwärtigen Strohmann eines Helden großzog, verletzten viele und nicht ohne Grund. Wie der echte Stolz das Herz beschirmt, so legt es die Hoffart jedem Schlag und jedem Nadelstich bloß und zerfrißt auch den ursprünglichen Hochsinn. Überall aber gehört es zur Eigentümlichkeit solcher, aus echtem Gold und schimmerndem Flitter seltsam gemischter Naturen, wie Scipio eine war, daß sie des Glückes und des Glanzes der Jugend bedürfen, um ihren Zauber zu üben, und daß, wenn dieser Zauber zu schwinden anfängt, unter allen am schmerzlichsten der Zauberer selbst erwacht.

  1. Nach einem kürzlich aufgefundenen Dekret der Stadt Lampsakos (AM 6, 1891, S. 95) schickten die Lampsakener nach der Niederlage Philipps Gesandte an den römischen Senat mit der Bitte, daß die Stadt in den zwischen Rom und dem König (Philippos) abgeschlossenen Vertrag mit einbezogen werden möge (όπως συμπεριληφθώμεν [εν ταίς συνθήκαις] ταίς γενομέναις Ρωμαίοις πρός τόν [βασιλέα]), welche der Senat, wenigstens nach der Auffassung der Bittsteller, denselben gewährte und sie im übrigen an Flamininus und die zehn Gesandten wies. Von diesem erbitten dann dieselben in Korinth Garantie ihrer Verfassung und Briefe an die Könige. Flamininus gibt ihnen auch dergleichen Schreiben; über den Inhalt erfahren wir nichts Genaueres, als daß in dem Dekret die Gesandtschaft als erfolgreich bezeichnet wird. Aber wenn der Senat und Flamininus die Autonomie und Demokratie der Lampsakener formell und positiv garantiert hätten, würde das Dekret schwerlich so ausführlich bei den höflichen Antworten verweilen, welche die unterwegs um Verwendung bei dem Senat angesprochenen römischen Befehlshaber den Gesandten erteilten.
  2. Bemerkenswert ist in dieser Urkunde noch die gewiß auf die troische Legende zurückgehende „Brüderschaft“ der Lampsakener und der Römer und die von jenen mit Erfolg angerufene Vermittlung der Bundesgenossen und Freunde Roms, der Massalioten, welche mit den Lampsakenern durch die gemeinsame Mutterstadt Phokäa verbunden waren.
  3. Wir haben dafür das Zeugnis des Polybios (28, 1), das die weitere Geschichte Judäas vollkommen bestätigt; Eusebios (chron. p. 117 Mai) irrt, wenn er Philometor zum Herrn von Syrien macht. Allerdings finden wir, daß um 567 (187) syrische Steuerpächter ihre Abgaben nach Alexandreia zahlen (Ios. ant. Iud. 12, 4, 7); allein ohne Zweifel geschah dies unbeschadet der Souveränitätsrechte nur deswegen, weil die Mitgift der Kleopatra auf diese Stadtgefälle angewiesen war; und eben daher entsprang später vermutlich der Streit.
  4. Aus dem erwähnten Dekret von Lampsakos geht mit ziemlicher Sicherheit hervor, daß die Lampsakener bei den Massalioten nicht bloß Verwendung in Rom erbaten, sondern auch Verwendung bei den Tolistoagiern (so heißen die sonst Tolistoboger genannten Kelten in dieser Urkunde und in der pergamenischen Inschrift CIG 3536, den ältesten Denkmälern, die sie erwähnen). Danach sind wahrscheinlich die Lampsakener noch um die Zeit des Philippischen Krieges diesem Gau zinsbar gewesen (vgl. Liv. 38, 16).
  5. Daß er auch nach Armenien gekommen sei und auf Bitten des Königs Artaxias die Stadt Artaxata am Araxes erbaut habe (Strab. 11 p. 528; Plut. Luc. 31), ist sicher Erfindung; aber es ist bezeichnend, wie Hannibal, fast wie Alexander, mit den orientalischen Fabeln verwachsen ist.
  6. Africanus, Asiagenus, Hispallus.