6. Kapitel

Der Hannibalische Krieg von Cannae bis Zama

Hannibals Ziel bei seinem Zug nach Italien war die Sprengung der italischen Eidgenossenschaft gewesen; nach drei Feldzügen war dasselbe erreicht, soweit es überhaupt erreichbar war. Daß die griechischen und die latinischen oder latinisierten Gemeinden Italiens, nachdem sie durch den Tag von Cannae nicht irre geworden waren, überhaupt nicht dem Schreck, sondern nur der Gewalt weichen würden, lag am Tage, und der verzweifelte Mut, mit dem selbst in Süditalien einzelne kleine und rettungslos verlorene Landstädte, wie das brettische Petelia, gegen den Phöniker sich wehrten, zeigte sehr klar, was seiner bei den Marsern und Latinern warte. Wenn Hannibal gemeint hatte, auf diesem Wege mehr erreichen und auch die Latiner gegen Rom führen zu können, so hatten diese Hoffnungen sich als eitel erwiesen. Aber es scheint, als habe auch sonst die italische Koalition keineswegs die gehofften Resultate für Hannibal geliefert. Capua hatte sofort sich ausbedungen, daß Hannibal das Recht nicht haben solle, kampanische Bürger zwangsweise unter die Waffen zu rufen; die Städter hatten nicht vergessen, wie Pyrrhos in Tarent aufgetreten war, und meinten törichterweise, zugleich der römischen und der phönikischen Herrschaft sich entziehen zu können. Samnium und Lucanien waren nicht mehr, was sie gewesen, als König Pyrrhos gedacht hatte, an der Spitze der sabellischen Jugend in Rom einzuziehen. Nicht bloß zerschnitt das römische Festungsnetz überall den Landschaften Sehnen und Nerven, sondern es hatte auch die vieljährige römische Herrschaft die Einwohner der Waffen entwöhnt – nur mäßiger Zuzug kam von hier zu den römischen Heeren –, den alten Haß beschwichtigt, überall eine Menge einzelner in das Interesse der herrschenden Gemeinde gezogen. Man schloß sich wohl dem Überwinder der Römer an, nachdem Roms Sache einmal verloren schien; allein man fühlte doch, daß es jetzt nicht mehr um die Freiheit sich handle, sondern um die Vertauschung des italischen mit dem phönikischen Herrn, und nicht Begeisterung, sondern Kleinmut warf die sabellischen Gemeinden dem Sieger in die Arme. Unter solchen Umständen stockte in Italien der Krieg. Hannibal, der den südlichen Teil der Halbinsel beherrschte bis hinauf zum Volturnus und zum Garganus und diese Landschaften nicht wie das Keltenland einfach wieder aufgeben konnte, hatte jetzt gleichfalls eine Grenze zu decken, die nicht ungestraft entblößt ward; und, um die gewonnenen Landschaften gegen die überall ihm trotzenden Festungen und die von Norden her anrückenden Heere zu verteidigen und gleichzeitig die schwierige Offensive gegen Mittelitalien zu ergreifen, reichten seine Streitkräfte, ein Heer von etwa 40000 Mann, ohne die italischen Zuzüge zu rechnen, bei weitem nicht aus. Vor allen Dingen aber fand er andere Gegner sich gegenüber. Durch furchtbare Erfahrungen belehrt, gingen die Römer über zu einem verständigeren System der Kriegführung, stellten nur erprobte Offiziere an die Spitze ihrer Armeen und ließen dieselben, wenigstens wo es not tat, auf längere Zeit bei dem Kommando. Diese Feldherren sahen weder den feindlichen Bewegungen noch den Bergen herab zu, noch warfen sie sich auf den Gegner, wo sie ihn eben fanden, sondern, die rechte Mitte zwischen Zauderei und Vorschnelligkeit haltend, stellten sie in verschanzten Lagern, unter den Mauern der Festungen sich auf und nahmen den Kampf da an, wo der Sieg zu Resultaten, die Niederlage nicht zur Vernichtung führte. Die Seele dieser neuen Kriegführung war Marcus Claudius Marcellus. Mit richtigem Instinkt hatten nach dem unheilvollen Tag von Cannae Senat und Volk auf diesen tapferen und krieggewohnten Mann die Blicke gewandt und ihm zunächst den faktischen Oberbefehl übertragen. Er hatte in dem schwierigen Sizilischen Kriege gegen Hamilkar seine Schule gemacht und in den letzten Feldzügen gegen die Kelten sein Führertalent wie seine persönliche Tapferkeit glänzend bewährt. Obwohl ein hoher Fünfziger, brannte er doch vom jugendlichsten Soldatenfeuer und hatte erst wenige Jahre zuvor als Feldherr den feindlichen Feldherrn vom Pferde gehauen – der erste und einzige römische Konsul, dem eine solche Waffentat gelang. Sein Leben war den beiden Gottheiten geweiht, denen er den glänzenden Doppeltempel am Capenischen Tore errichtete, der Ehre und der Tapferkeit; und wenn die Rettung Roms aus dieser höchsten Gefahr nicht das Verdienst eines einzelnen ist, sondern der römischen Bürgerschaft insgemein und vorzugsweise dem Senat gebührt, so hat doch kein einzelner Mann bei dem gemeinsamen Bau mehr geschafft als Marcus Marcellus.

Vom Schlachtfeld hatte Hannibal sich nach Kampanien gewandt. Er kannte Rom besser als die naiven Leute, die in alter und neuer Zeit gemeint haben, daß er mit einem Marsch auf die feindliche Hauptstadt den Kampf hätte beendigen können. Die heutige Kriegskunst zwar entscheidet den Krieg auf dem Schlachtfeld; allein in der alten Zeit, wo der Angriffskrieg gegen die Festungen weit minder entwickelt war als das Verteidigungssystem, ist unzählige Male der vollständigste Erfolg im Feld an den Mauern der Hauptstädte zerschellt. Rat und Bürgerschaft in Karthago waren weitaus nicht zu vergleichen mit Senat und Volk in Rom, Karthagos Gefahr nach Regulus‘ erstem Feldzug unendlich dringender als die Roms nach der Schlacht bei Cannae; und Karthago hatte standgehalten und vollständig gesiegt. Mit welchem Schein konnte man meinen, daß Rom jetzt dem Sieger die Schlüssel entgegentragen oder auch nur einen billigen Frieden annehmen werde? Statt also über solche leeren Demonstrationen mögliche und wichtige Erfolge zu verscherzen oder die Zeit zu verlieren mit der Belagerung der paar tausend römischer Flüchtlinge in den Mauern von Canusium, hatte sich Hannibal sofort nach Capua begeben, bevor die Römer Besatzung hineinwerfen konnten, und hatte durch sein Anrücken diese zweite Stadt Italiens nach langem Schwanken zum Übertritt bestimmt. Er durfte hoffen, von Capua aus sich eines der kampanischen Häfen bemächtigen zu können, um dort die Verstärkungen an sich zu ziehen, welche seine großartigen Siege der Opposition daheim abgerungen hatten. Als die Römer erfuhren, wohin Hannibal sich gewendet habe, verließen auch sie Apulien, wo nur eine schwache Abteilung zurückblieb und sammelten die ihnen gebliebenen Streitkräfte auf dem rechten Ufer des Volturnus. Mit den zwei cannensischen Legionen marschierte Marcus Marcellus nach Teanum Sidicinum, wo er von Rom und Ostia die zunächst verfügbaren Truppen an sich zog, und ging, während der Diktator Marcus Junius mit der schleunigst neu gebildeten Hauptarmee langsam nachfolgte, bis an den Volturnus nach Casilinum vor, um womöglich Capua zu retten. Dies zwar fand er schon in der Gewalt des Feindes; dagegen waren dessen Versuche auf Neapel an dem mutigen Widerstand der Bürgerschaft gescheitert, und die Römer konnten noch rechtzeitig in den wichtigen Hafenplatz eine Besatzung werfen. Ebenso treu hielten zu Rom die beiden anderen größeren Küstenstädte, Cumae und Nuceria. In Nola schwankte der Kampf zwischen der Volks- und der Senatspartei wegen des Anschlusses an die Karthager oder an die Römer. Benachrichtigt, daß die erstere die Oberhand gewinne, ging Marcellus bei Caiatia über den Fluß und, an den Höhen von Suessula hin um die feindliche Armee herum marschierend, erreichte er Nola früh genug, um es gegen die äußeren und die inneren Feinde zu behaupten. Ja bei einem Ausfall schlug er Hannibal selber mit namhaftem Verlust zurück; ein Erfolg, der als die erste Niederlage, die Hannibal erlitt, moralisch von weit größerer Bedeutung war als durch seine materiellen Resultate. Zwar wurden in Kampanien Nuceria, Acerrae und nach einer hartnäckigen, bis ins folgende Jahr (539 215) sich hinziehenden Belagerung auch der Schlüssel der Volturnuslinie, Casilinum, von Hannibal erobert und über die Senate dieser Städte, die zu Rom gehalten hatten, die schwersten Blutgerichte verhängt. Aber das Entsetzen macht schlechte Propaganda; es gelang den Römern, mit verhältnismäßig geringer Einbuße den gefährlichen Moment der ersten Schwäche zu überwinden. Der Krieg kam in Kampanien zum Stehen, bis der Winter einbrach und Hannibal in Capua Quartier nahm, durch dessen Üppigkeit seine seit drei Jahren nicht unter Dach gekommenen Truppen keineswegs gewannen. Im nächsten Jahre (539 215) erhielt der Krieg schon ein anderes Ansehen. Der bewährte Feldherr Marcus Marcellus und Tiberius Sempronius Gracchus, der sich im vorjährigen Feldzug als Reiterführer des Diktators ausgezeichnet hatte, ferner der alte Quintus Fabius Maximus traten, Marcellus als Prokonsul, die beiden andern als Konsuln, an die Spitze der drei römische Heere, welche bestimmt waren, Capua und Hannibal zu umringen; Marcellus auf Nola und Suessula gestützt, Maximus am rechten Ufer des Volturnus bei Cales sich aufstellend, Gracchus an der Küste, wo er Neapel und Cumae deckend bei Liternum Stellung nahm. Die Kampaner, welche nach Hamae, drei Miglien von Cumae, ausrückten, um die Cumaner zu überrumpeln, wurden von Gracchus nachdrücklich geschlagen; Hannibal, der, um die Scharte auszuwetzen, vor Cumae erschienen war, zog selbst in einem Gefecht den kürzeren, und kehrte, da die von ihm angebotene Hauptschlacht verweigert ward, unmutig nach Capua zurück. Während so die Römer in Kampanien nicht bloß behaupteten, was sie besaßen, sondern auch Compulteria und andere kleinere Plätze wieder gewannen, erschollen von Hannibals östlichen Verbündeten laute Klagen. Ein römisches Heer unter dem Prätor Marcus Valerius hatte bei Luceria sich aufgestellt, teils um in Gemeinschaft mit der römischen Flotte die Ostküste und die Bewegungen der Makedonier zu beobachten, teils um in Verbindung mit der Armee von Nola die aufständigen Samniten, Lucaner und Hirpiner zu brandschatzen. Um diesen Luft zu machen, wandte Hannibal zunächst sich gegen seinen tätigsten Gegner Marcus Marcellus; allein derselbe erfocht unter den Mauern von Nola einen nicht unbedeutenden Sieg über die phönikische Armee, und diese mußte, ohne die Scharte wieder ausgewetzt zu haben, um den Fortschritten des feindlichen Heeres in Apulien endlich zu steuern, von Kampanien nach Arpi aufbrechen. Ihr folgte Tiberius Gracchus mit seinem Korps, während die beiden anderen römischen Heere in Kampanien sich anschickten, mit dem nächsten Frühjahr zum Angriff auf Capua überzugehen.

Hannibals klaren Blick hatten die Siege nicht geblendet. Es ward immer deutlicher, daß er so nicht zum Ziele kam. Jene raschen Märsche, jenes fast abenteuerliche Hin- und Herwerfen des Krieges, denen Hannibal im wesentlichen seine Erfolge verdankte, waren zu Ende, der Feind gewitzigt, weitere Unternehmungen durch die unumgängliche Verteidigung des Gewonnenen selbst fast unmöglich gemacht. An die Offensive ließ sich nicht denken, die Defensive war schwierig und drohte jährlich es mehr zu werden; er konnte es sich nicht verleugnen, daß die zweite Hälfte seines großen Tagwerks, die Unterwerfung der Latiner und die Eroberung Roms, nicht mit seinen und der italischen Bundesgenossen Kräften allein beendigt werden konnte. Die Vollendung stand bei dem Rat von Karthago, bei dem Hauptquartier in Cartagena, bei den Höfen von Pella und Syrakus. Wenn in Afrika, Spanien, Sizilien, Makedonien jetzt alle Kräfte gemeinschaftlich angestrengt wurden gegen den gemeinschaftlichen Feind; wenn Unteritalien der große Sammelplatz ward für die Heere und Flotten von Westen, Süden und Osten, so konnte er hoffen, glücklich zu Ende zu führen, was die Vorhut unter seiner Leitung so glänzend begonnen hatte. Das Natürlichste und Leichteste wäre gewesen, ihm von daheim genügende Unterstützung zuzusenden; und der karthagische Staat, der vom Kriege fast unberührt geblieben und von einer auf eigene Rechnung und Gefahr handelnden kleinen Zahl entschlossener Patrioten aus tiefem Verfall dem vollen Sieg so nahe geführt war, hätte dies ohne Zweifel vermocht. Daß es möglich gewesen wäre, eine phönikische Flotte von jeder beliebigen Stärke bei Lokri oder Kroton landen zu lassen, zumal solange, als der Hafen von Syrakus den Karthagern offenstand und durch Makedonien die brundisinische Flotte in Schach gehalten ward, beweist die ungehinderte Ausschiffung von 4000 Afrikanern, die Bomilkar dem Hannibal um diese Zeit von Karthago zuführte, in Lokri, und mehr noch Hannibals ungestörte Überfahrt, als schon jenes alles verloren gegangen war. Allein nachdem der erste Eindruck des Sieges von Cannae sich verwischt hatte, wies die karthagische Friedenspartei, die zu allen Zeiten bereit war, den Sturz der politischen Gegner mit dem des Vaterlandes zu erkaufen, und die in der Kurzsichtigkeit und Lässigkeit der Bürgerschaft treue Verbündete fand, die Bitten des Feldherrn um nachdrücklichere Unterstützung ab mit der halb einfältigen, halb tückischen Antwort, daß er ja keine Hilfe brauche, wofern er wirklich Sieger sei, und half so nicht viel weniger als der römische Senat Rom erretten. Hannibal, im Lager erzogen und dem städtischen Parteigetriebe fremd, fand keinen Volksführer, auf den er sich hätte stützen können wie sein Vater auf Hasdrubal, und mußte die Mittel zur Rettung der Heimat, die diese selbst in reicher Fülle besaß, im Ausland suchen.

Hier durfte er, und wenigstens mit mehr Aussicht auf Erfolg, rechnen auf die Führer des spanischen Patriotenheeres, auf die in Syrakus angeknüpften Verbindungen und auf Philippos‘ Intervention. Es kam alles darauf an, von Spanien, Syrakus oder Makedonien neue Streitkräfte gegen Rom auf den italischen Kampfplatz zu führen; und um dies zu erreichen oder zu hindern, sind die Kriege in Spanien, Sizilien und Griechenland geführt worden. Sie sind alle nur Mittel zum Zweck, und sehr mit Unrecht hat man sie oft höher angeschlagen. Für die Römer sind es wesentlich Defensivkriege, deren eigentliche Aufgabe ist, die Pyrenäenpässe zu behaupten, die makedonische Armee in Griechenland festzuhalten, Messana zu verteidigen und die Verbindung zwischen Italien und Sizilien zu sperren; es versteht sich, daß diese Defensive womöglich offensiv geführt wird und im günstigen Fall sich entwickelt zur Verdrängung der Phöniker aus Spanien und Sizilien und zur Sprengung der Bündnisse Hannibals mit Syrakus und mit Philippos. Der italische Krieg an sich tritt zunächst in den Hintergrund und löst sich auf in Festungskämpfe und Razzias, die in der Hauptsache nichts entscheiden. Allein Italien bleibt dennoch, solange die Phöniker überhaupt die Offensive festhalten, stets das Ziel der Operationen, und alle Anstrengung wie alles Interesse knüpft sich daran, die Isolierung Hannibals im südlichen Italien aufzuheben oder zu verewigen.

Wäre es möglich gewesen, unmittelbar nach der Cannensischen Schlacht alle die Hilfsmittel heranzuziehen, auf die Hannibal sich Rechnung machen durfte, so konnte er des Erfolges ziemlich gewiß sein. Allein in Spanien war Hasdrubals Lage eben damals nach der Schlacht am Ebro so bedenklich, daß die Leistungen von Geld und Mannschaft, zu denen der cannensische Sieg die karthagische Bürgerschaft angespannt hatte, größtenteils für Spanien verwendet wurden, ohne daß doch die Lage der Dinge dort dadurch viel besser geworden wäre. Die Scipionen verlegten den Kriegsschauplatz im folgenden Feldzug (539 215) vom Ebro an den Guadalquivir und erfochten in Andalusien, mitten im eigentlich karthagischen Gebiet, bei Illiturgi und Intibili zwei glänzende Siege. In Sardinien mit den Eingeborenen angeknüpfte Verbindungen ließen die Karthager hoffen, daß sie sich der Insel würden bemächtigen können, die als Zwischenstation zwischen Spanien und Italien von Wichtigkeit gewesen wäre. Indes Titus Manlius Torquatus, der mit einem römischen Heer nach Sardinien gesendet ward, vernichtete die karthagische Landungsarmee vollständig und sicherte den Römern aufs neue den unbestrittenen Besitz der Insel (539 215). Die nach Sizilien geschickten cannensischen Legionen behaupteten im Norden und Osten der Insel sich mutig und glücklich gegen die Karthager und Hieronymos, welcher letztere schon gegen Ende des Jahres 539 (215) durch Mörderhand seinen Tod fand. Selbst mit Makedonien verzögerte sich die Ratifikation des Bündnisses, hauptsächlich weil die makedonischen an Hannibal gesendeten Boten auf der Rückreise von den römischen Kriegsschiffen aufgefangen wurden. So unterblieb vorläufig die gefürchtete Invasion der Ostküste, und die Römer gewannen Zeit, die wichtigste Station Brundisium zuerst mit der Flotte, alsdann auch mit dem vor der Ankunft des Gracchus zur Deckung von Apulien verwendeten Landheer zu sichern und für den Fall der Kriegserklärung einen Einfall in Makedonien selbst vorzubereiten. Während also in Italien der Kampf zum Stehen und Stocken kam, war außerhalb Italien karthagischerseits nichts geschehen, was neue Heere oder Flotten rasch nach Italien gefördert hätte. Römischerseits hatte man sich dagegen mit der größten Energie überall in Verteidigungszustand gesetzt und in dieser Abwehr da, wo Hannibals Genie fehlte, größtenteils mit Erfolg gefochten. Darüber verrauchte der kurzlebige Patriotismus, den der Cannensische Sieg in Karthago erweckt hatte; die nicht unbedeutenden Streitkräfte, welche man dort disponibel gemacht hatte, waren, sei es durch faktiöse Opposition, sei es bloß durch ungeschickte Ausgleichung der verschiedenen, im Rat laut gewordenen Meinungen, so zersplittert worden, daß sie nirgend wesentlich förderten und da, wo sie am nützlichsten gewesen wären, eben der kleinste Teil hinkam. Am Ende des Jahres 539 (215) durfte auch der besonnene römische Staatsmann sich sagen, daß die dringende Gefahr vorüber sei und die heldenmütig begonnene Gegenwehr nur auf sämtlichen Punkten mit Anspannung aller Kräfte auszuharren habe, um zum Ziel zu gelangen.

Am ersten ging der Krieg in Sizilien zu Ende. Es hatte nicht zunächst in Hannibals Plan gelegen, auf der Insel einen Kampf anzuspinnen, sondern halb zufällig, hauptsächlich durch die knabenhafte Eitelkeit des unverständigen Hieronymos war hier ein Landkrieg ausgebrochen, dessen, ohne Zweifel eben aus diesem Grunde, der karthagische Rat mit besonderem Eifer sich annahm. Nachdem Hieronymos zu Ende 539 (215) getötet war, schien es mehr als zweifelhaft, ob die Bürgerschaft bei der von ihm befolgten Politik verbleiben werde. Wenn irgend eine Stadt, so hatte Syrakus Ursache an Rom festzuhalten, da der Sieg der Karthager über die Römer unzweifelhaft jenen wenigstens die Herrschaft über ganz Sizilien geben mußte und an eine wirkliche Einhaltung der von Karthago den Syrakusanern gemachten Zusagen kein ernsthafter Mann glauben konnte. Teils hierdurch bewogen, teils geschreckt durch die drohenden Anstalten der Römer, die alles aufboten, um die wichtige Insel, die Brücke zwischen Italien und Afrika, wieder vollständig in ihre Gewalt zu bringen, und jetzt für den Feldzug 540 (214) ihren besten Feldherrn, den Marcus Marcellus nach Sizilien gesandt hatten, zeigte die syrakusanische Bürgerschaft sich geneigt, durch rechtzeitige Rückkehr zum römischen Bündnis das Geschehene vergessen zu machen. Allein bei der entsetzlichen Verwirrung in der Stadt, wo nach Hieronymos‘ Tode die Versuche zur Wiederherstellung der alten Volksfreiheit und die Handstreiche der zahlreichen Prätendenten auf den erledigten Thron wild durcheinander wogten, die Hauptleute der fremden Söldnerscharen aber die eigentlichen Herren der Stadt waren, fanden Hannibals gewandte Emissäre Hippokrates und Epikydes Gelegenheit, die Friedensversuche zu vereiteln. Durch den Namen der Freiheit regten sie die Masse auf; maßlos übertriebene Schilderungen von der fürchterlichen Bestrafung, die den soeben wieder unterworfenen Leontinern von den Römern zuteil geworden sein sollte, erweckten auch in dem bessern Teil der Bürgerschaft den Zweifel, ob es nicht zu spät sei, um das alte Verhältnis mit Rom wiederherzustellen; unter den Söldnern endlich wurden die zahlreichen römischen Überläufer, meistens durchgegangene Ruderer von der Flotte, leicht überzeugt, daß der Friede der Bürgerschaft mit Rom ihr Todesurteil sei. So wurden die Vorsteher der Bürgerschaft erschlagen, der Waffenstillstand gebrochen und Hippokrates und Epikydes übernahmen das Regiment der Stadt. Es blieb dem Konsul nichts übrig, als zur Belagerung zu schreiten; indes die geschickte Leitung der Verteidigung, wobei der als gelehrter Mathematiker berühmte syrakusanische Ingenieur Archimedes sich besonders hervortat, zwang die Römer nach achtmonatlicher Belagerung, dieselbe in eine Blockade zu Wasser und zu Lande umzuwandeln. Mittlerweile war von Karthago aus, das bisher nur mit seinen Flotten die Syrakusaner unterstützt hatte, auf die Nachricht von der abermaligen Schilderhebung derselben gegen die Römer ein starkes Landheer unter Himilko nach Sizilien gesendet worden, das ungehindert bei Herakleia Minoa landete und sofort die wichtige Stadt Akragas besetzte. Um dem Himilko die Hand zu reichen, rückte der kühne und fähige Hippokrates aus Syrakus mit einer Armee aus; Marcellus‘ Lage zwischen der Besatzung von Syrakus und den beiden feindlichen Heeren fing an bedenklich zu werden. Indes mit Hilfe einiger Verstärkungen, die von Italien eintrafen, behauptete er seine Stellung auf der Insel und setzte die Blockade von Syrakus fort. Dagegen trieb mehr noch als die feindlichen Armeen die fürchterliche Strenge, mit der die Römer auf der Insel verfuhren, namentlich die Niedermetzelung der des Abfalls verdächtigen Bürgerschaft von Enna durch die römische Besatzung daselbst, den größten Teil der kleinen Landstädte den Karthagern in die Arme. Im Jahre 542 (212) gelang es den Belagerern von Syrakus während eines Festes in der Stadt, einen von den Wachen verlassenen Teil der weitläuftigen Außenmauern zu ersteigen und in die Vorstädte einzudringen, die von der Insel und der eigentlichen Stadt am Strande (Achradina) sich gegen das innere Land hin erstreckten. Die Festung Euryalos, die, am äußersten westlichen Ende der Vorstädte gelegen, diese und die vom Binnenland nach Syrakus führende Hauptstraße deckte, war hiermit abgeschnitten und fiel nicht lange nachher. Als so die Belagerung der Stadt eine den Römern günstige Wendung zu nehmen begann, rückten die beiden Heere unter Himilko und Hippokrates zum Entsatz heran und versuchten einen gleichzeitigen, überdies noch mit einem Landungsversuch der karthagischen Flotte und einem Ausfall der syrakusanischen Besatzung kombinierten Angriff auf die römischen Stellungen; allein er ward allerseits abgeschlagen, und die beiden Entsatzheere mußten sich begnügen, vor der Stadt ihr Lager aufzuschlagen, in den sumpfigen Niederringen des Anapos, die im Hochsommer und im Herbst den darin Verweilenden tödliche Seuchen erzeugen. Oft hatten diese die Stadt gerettet, öfter als die Tapferkeit der Bürger; zu den Zeiten des ersten Dionys waren zwei phönikische Heere, damals die Stadt belagernd, unter ihren Mauern durch diese Seuchen vernichtet worden. Jetzt wendete der Stadt das Schicksal die eigene Schutzwehr zum Verderben; während Marcellus‘ Heer, in den Vorstädten einquartiert, nur wenig litt, verödeten die Fieber die phönikischen und syrakusanischen Biwaks. Hippokrates starb, desgleichen Himilko und die meisten Afrikaner; die Überbleibsel der beiden Heere, größtenteils eingeborene Sikeler, verliefen sich in die benachbarten Städte. Noch machten die Karthager einen Versuch, die Stadt von der Seeseite zu retten; allein der Admiral Bomilkar entwich, als die römische Flotte ihm die Schlacht anbot. Jetzt gab selbst Epikydes, der in der Stadt befehligte, dieselbe verloren und entrann nach Akragas. Gern hätte Syrakus sich den Römern ergeben; die Verhandlungen hatten schon begonnen. Allein zum zweitenmal scheiterten sie an den Überläufern; in einer abermaligen Meuterei der Soldaten wurden die Vorsteher der Bürgerschaft und eine Anzahl angesehener Bürger erschlagen und das Regiment und die Verteidigung der Stadt von den fremden Truppen ihren Hauptleuten übertragen. Nun knüpfte Marcellus mit einem von diesen eine Unterhandlung an, die ihm den einen der beiden noch freien Stadtteile, die Insel, in die Hände lieferte; worauf die Bürgerschaft ihm freiwillig auch die Tore von Achradina auftat (Herbst 542 212). Wenn irgendwo, hätte gegen diese Stadt, die offenbar nicht in ihrer eigenen Gewalt gewesen war und mehrfach die ernstlichsten Versuche gemacht hatte, sich der Tyrannei des fremden Militärs zu entziehen, selbst nach den nicht löblichen Grundsätzen des römischen Staatsrechts über die Behandlung bundbrüchiger Gemeinden die Gnade walten können. Allein nicht bloß beflecke Marcellus seine Kriegerehre durch die Gestattung einer allgemeinen Plünderung der reichen Kaufstadt, bei der mit zahlreichen anderen Bürgern auch Archimedes den Tod fand, sondern es hatte auch der römische Senat kein Ohr für die verspäteten Beschwerden der Syrakusaner über den gefeierten Feldherrn und gab weder den einzelnen die Beute zurück noch der Stadt ihre Freiheit. Syrakus und die früher von ihm abhängigen Städte traten unter die den Römern steuerpflichtigen Gemeinden ein – nur Tauromenion und Neeton erhielten das Recht von Messana, während die leontinische Mark römische Domäne und die bisherigen Eigentümer römische Pächter wurden –, und in dem den Hafen beherrschenden Stadtteil, der „Insel“, durfte fortan kein syrakusanischer Bürger wohnen.

Sizilien schien also für die Karthager verloren; allein Hannibals Genie war auch hier aus der Ferne tätig. Er sandte zu dem karthagischen Heer, das unter Hanno und Epikydes rat- und tatlos bei Akragas stand, einen libyschen Reiteroffizier, den Muttines, der den Befehl der numidischen Reiterei übernahm und mit seinen flüchtigen Scharen den bitteren Haß, den die römische Zwingherrschaft auf der ganzen Insel gesät hatte, zu offener Flamme anfachend, einen Guerillakrieg in der weitesten Ausdehnung und mit dem glücklichsten Erfolg begann, ja sogar, als am Himerafluß die karthagische und römische Armee aufeinandertrafen, gegen Marcellus selbst mit Glück einige Gefechte bestand. Indes das Verhältnis, das zwischen Hannibal und dem karthagischen Rat obwaltete, wiederholte hier sich im kleinen. Der vom Rat bestellte Feldherr verfolgte mit eifersüchtigem Neid den von Hannibal gesandten Offizier und bestand darauf, dem Prokonsul eine Schlacht zu liefern ohne Muttines und die Numidier. Hannos Wille geschah und er ward vollständig geschlagen. Muttines ließ sich dadurch nicht irren; er behauptete sich im Innern des Landes, besetzte mehrere kleine Städte und konnte, da von Karthago nicht unbeträchtliche Verstärkungen ihm zukamen, seine Operationen allmählich ausdehnen. Seine Erfolge waren so glänzend, daß endlich der Oberfeldherr, da er den Reiteroffizier nicht anders hindern konnte, ihn zu verdunkeln, demselben kurzweg das Kommando über die leichte Reiterei abnahm und es seinem Sohn übertrug. Der Numidier, der nun seit zwei Jahren seinen phönikischen Herren die Insel erhalten hatte, fand hiermit das Maß seiner Geduld erschöpft; er und seine Reiter, die dem jüngeren Hanno zu folgen sich weigerten, traten in Unterhandlungen mit dem römischen Feldherrn Marcus Valerius Laevinus und lieferten ihm Akragas aus. Hanno entwich in einem Nachen und ging nach Karthago, um den schändlichen Vaterlandsverrat des hannibalischen Offiziers den Seinen zu berichten; die phönikische Besatzung in der Stadt ward von den Römern niedergemacht und die Bürgerschaft in die Sklaverei verkauft (544 210). Zur Sicherung der Insel vor ähnlichen Überfällen, wie die Landung von 540 (214) gewesen war, erhielt die Stadt eine neue, aus den römisch gesinnten Sizilianern ausgelesene Einwohnerschaft; die alte herrliche Akragas war gewesen. Nachdem also ganz Sizilien unterworfen war, ward römischerseits dafür gesorgt, daß einige Ruhe und Ordnung auf die zerrüttete Insel zurückkehrte. Man trieb das Räubergesindel, das im Innern hauste, in Masse zusammen und schaffte es hinüber nach Italien, um von Rhegion aus in Hannibals Bundesgenossengebiet zu sengen und zu brennen; die Regierung tat ihr Mögliches, um den gänzlich darniederliegenden Ackerbau wieder auf der Insel in Aufnahme zu bringen. Im karthagischen Rat war wohl noch öfter die Rede davon, eine Flotte nach Sizilien zu senden und den Krieg zu erneuern; allein es blieb bei Entwürfen.

Entscheidender als Syrakus hätte Makedonien in den Gang der Ereignisse eingreifen können. Von den östlichen Mächten war für den Augenblick weder Förderung noch Hinderung zu erwarten. Antiochos der Große, Philippos‘ natürlicher Bundesgenosse, hatte nach dem entscheidenden Siege der Ägypter bei Raphia 537 (217) sich glücklich schätzen müssen, von dem schlaffen Philopator Frieden auf Basis des Status quo ante zu erhalten; teils die Rivalität der Lagiden und der stets drohende Wiederausbruch des Krieges, teils Prätendentenaufstände im Innern und Unternehmungen aller Art in Kleinasien, Baktrien und den östlichen Satrapien hinderten ihn, jener großen antirömische Allianz sich anzuschließen, wie Hannibal sie im Sinne trug. Der ägyptische Hof stand entschieden auf der Seite Roms, mit dem er das Bündnis 544 (210) erneuerte; allein es war von Ptolemaeos Philopator nicht zu erwarten, daß er Rom anders als durch Kornschiffe unterstützen werde. In den großen italischen Kampf ein entscheidendes Gewicht zu werfen, waren somit Makedonien und Griechenland durch nichts gehindert als durch die eigene Zwietracht; sie konnten den hellenischen Namen retten, wenn sie es über sich gewannen, nur für wenige Jahre gegen den gemeinschaftlichen Feind zusammenzustehen. Wohl gingen solche Stimmungen durch Griechenland. Des Agelaos von Naupaktos prophetisches Wort, daß er fürchte, es möge mit den Kampfspielen, die jetzt die Hellenen unter sich aufführten, demnächst vorbei sein; seine ernste Mahnung, nach Westen die Blicke zu richten und nicht zuzulassen, daß eine stärkere Macht allen jetzt streitenden Parteien den Frieden des gleichen Joches bringe – diese Reden hatten wesentlich dazu beigetragen, den Frieden zwischen Philippos und den Ätolern herbeizuführen (537 217), und für dessen Tendenz war es bezeichnend, daß der ätolische Bund sofort eben den Agelaos zu seinem Strategen ernannte. Der nationale Patriotismus regte sich in Griechenland wie in Karthago; einen Augenblick schien es möglich, einen hellenischen Volkskrieg gegen Rom zu entfachen. Allein der Feldherr eines solchen Heerzuges konnte nur Philippos von Makedonien sein und ihm fehlte die Begeisterung und der Glaube an die Nation, womit ein solcher Krieg allein geführt werden konnte. Er verstand die schwierige Aufgabe nicht, sich aus dem Unterdrücker in den Vorfechter Griechenlands umzuwandeln. Schon sein Zaudern bei dem Abschluß des Bündnisses mit Hannibal verdarb den ersten und besten Eifer der griechischen Patrioten; und als er dann in den Kampf gegen Rom eintrat, war die Art der Kriegführung noch weniger geeignet, Sympathie und Zuversicht zu erwecken. Gleich der erste Versuch, der schon im Jahre der cannensischen Schlacht (538 216) gemacht ward, sich der Stadt Apollonia zu bemächtigen, scheiterte in einer fast lächerlichen Weise, indem Philippos schleunigst umkehrte auf das gänzlich unbegründete Gerücht, daß eine römische Flotte in das Adriatische Meer steuere. Dies geschah, noch ehe es zum förmlichen Bruch mit Rom kam; als dieser endlich erfolgt war, erwarteten Freund und Feind eine makedonische Landung in Unteritalien. Seit 539 (215) standen bei Brundisium eine römische Flotte und ein römisches Heer, um derselben zu begegnen; Philippos, der ohne Kriegsschiffe war, zimmerte an einer Flottille von leichten illyrischen Barken, um sein Heer hinüberzuführen. Allein als es Ernst werden sollte, entsank ihm der Mut, den gefürchteten Fünfdeckern zur See zu begegnen; er brach das seinem Bundesgenossen Hannibal gegebene Versprechen, einen Landungsversuch zu machen, und um doch etwas zu tun, entschloß er sich, auf seinen Teil der Beute, die römischen Besitzungen in Epeiros, einen Angriff zu machen (540 214). Im besten Falle wäre dabei nichts herausgekommen; allein die Römer, die wohl wußten, daß die offensive Deckung vorzüglicher ist als die defensive, begnügten sich keineswegs, wie Philippos gehofft haben mochte, dem Angriff vom andern Ufer her zuzusehen. Die römische Flotte führte eine Heerabteilung von Brundisium nach Epeiros; Orikon ward dem König wieder abgenommen, nach Apollonia Besatzung geworfen und das makedonische Lager erstürmt, worauf Philippos vom halben Tun zur völligen Untätigkeit überging und einige Jahre in tatenlosem Kriegszustand verstreichen ließ, trotz aller Beschwerden Hannibals, der umsonst solcher Lahmheit und Kurzsichtigkeit sein Feuer und seine Klarheit einzuhauchen versuchte. Auch war es nicht Philippos, der dann die Feindseligkeiten erneuerte. Der Fall von Tarent (542 212), womit Hannibal einen vortrefflichen Hafen an denjenigen Küsten gewann, die zunächst sich zur Landung eines makedonischen Heeres eigneten, veranlaßte die Römer, den Schlag von weitem zu parieren und den Makedoniern daheim so viel zu schaffen zu machen, daß sie an einen Versuch auf Italien nicht denken konnten. In Griechenland war der nationale Aufschwung natürlich längst verraucht. Mit Hilfe der alten Opposition gegen Makedonien und der neuen Unvorsichtigkeiten und Ungerechtigkeiten, die Philippos sich hatte zu Schulden kommen lassen, fiel es dem römischen Admiral Laevinus nicht schwer, gegen Makedonien eine Koalition der Mittel- und Kleinmächte unter römischem Schutz zustande zu bringen. An der Spitze derselben standen die Ätoler, auf deren Landtag Laevinus selber erschienen war und sie durch Zusicherung des seit langem von ihnen begehrten akarnanischen Gebiets gewonnen hatte. Sie schlossen mit Rom den ehrbaren Vertrag die übrigen Hellenen auf gemeinschaftliche Rechnung an Land und Leuten zu plündern, so daß das Land den Ätolern, die Leute und die fahrende Habe den Römern gehören sollten. Ihnen schlossen sich im eigentlichen Griechenland die antimakedonisch oder vielmehr zunächst antiachäisch gesinnten Staaten an: in Attika Athen, im Peloponnes Elis und Messene, besonders aber Sparta, dessen altersschwache Verfassung eben um diese Zeit ein dreister Soldat Machanidas über den Haufen geworfen hatte, um unter dem Namen des unmündigen Königs Pelops selbst despotisch zu regieren und ein auf gedungene Söldnerscharen gestütztes Abenteurerregiment zu begründen. Es traten ferner hinzu die ewigen Gegner Makedoniens, die Häuptlinge der halb wilden thrakischen und illyrischen Stämme und endlich König Attalos von Pergamon, der in dem Ruin der beiden griechischen Großstaaten, die ihn einschlossen, den eigenen Vorteil mit Einsicht und Energie verfolgte und scharfsichtig genug war, sich der römischen Klientel schon jetzt anzuschließen, wo seine Teilnahme noch etwas wert war. Es ist weder erfreulich noch erforderlich, den Wechselfällen dieses ziellosen Kampfes zu folgen. Philippos, obwohl er jedem einzelnen seiner Gegner überlegen war und nach allen Seiten hin die Angriffe mit Energie und persönlicher Tapferkeit zurückwies, rieb sich dennoch auf in dieser heillosen Defensive. Bald galt es, sich gegen die Ätoler zu wenden, die in Gemeinschaft mit der römischen Flotte die unglücklichen Akarnanen vernichteten und Lokris und Thessalien bedrohten; bald rief ihn ein Einfall der Barbaren in die nördlichen Landschaften; bald sandten die Achäer um Hilfe gegen die ätolischen und spartanischen Raubzüge; bald bedrohten König Attalos von Pergamon und der römische Admiral Publius Sulpicius mit ihren vereinigten Flotten die östliche Küste oder setzten Truppen ans Land in Euböa. Der Mangel einer Kriegsflotte lähmte Philippos in allen seinen Bewegungen; es kam so weit, daß er von seinem Bundesgenossen Prusias in Bithymen, ja von Hannibal Kriegsschiffe erbat. Erst gegen das Ende des Krieges entschloß er sich zu dem, womit er hätte anfangen müssen, hundert Kriegsschiffe bauen zu lassen; Gebrauch ist indes von denselben nicht mehr gemacht worden, wenn überhaupt der Befehl zur Ausführung kam. Alle, die Griechenlands Lage begriffen und ein Herz dafür hatten, beklagten den unseligen Krieg, in dem Griechenlands letzte Kräfte sich selbst zerfleischten und der Wohlstand des Landes zugrunde ging; wiederholt hatten die Handelsstaaten Rhodos, Chios, Mytilene, Byzanz, Athen, ja selbst Ägypten versucht zu vermitteln. In der Tat lag es beiden Parteien nahe genug, sich zu vertragen. Wie die Makedonier hatten auch die Ätoler, auf die es von den römischen Bundesgenossen hauptsächlich ankam, viel unter dem Krieg zu leiden; besonders seit der kleine König der Athamanen von Philippos gewonnen worden und dadurch das innere Ätolien den makedonischen Einfällen geöffnet war. Auch von ihnen gingen allmählich manchem die Augen auf über die ehrlose und verderbliche Rolle, zu der sie das römische Bündnis verurteilte; es ging ein Schrei der Empörung durch die ganze griechische Nation, als die Ätoler in Gemeinschaft mit den Römern hellenische Bürgerschaften, wie die von Antikyra, Oreos, Dyme, Aegina, in Masse in die Sklaverei verkauften. Allein die Ätoler waren schon nicht mehr frei: sie wagten viel, wenn sie auf eigene Hand mit Philippos Frieden schlossen, und fanden die Römer keineswegs geneigt, zumal bei der günstigen Wendung der Dinge in Spanien und in Italien, von einem Kriege abzustehen, den sie ihrerseits bloß mit einigen Schiffen führten und dessen Last und Nachteil wesentlich auf die Ätoler fiel. Endlich entschlossen diese sich doch, den vermittelnden Städten Gehör zu geben; trotz der Gegenbestrebungen der Römer kam im Winter 548/49 (206/05) ein Friede zwischen den griechischen Mächten zustande. Ätolien hatte einen übermächtigen Bundesgenossen in einen gefährlichen Feind verwandelt; indes es schien dem römischen Senat, der eben damals die Kräfte des erschöpften Staates zu der entscheidenden afrikanischen Expedition aufbot, nicht der geeignete Augenblick, den Bruch des Bündnisses zu ahnden. Selbst den Krieg mit Philippos, den nach dem Rücktritt der Ätoler die Römer nicht ohne bedeutende eigene Anstrengungen hätten führen können, erschien es zweckmäßig, durch einen Frieden zu beendigen, durch den der Zustand vor dem Kriege im wesentlichen wiederhergestellt ward und namentlich Rom mit Ausnahme des wertlosen atintanischen Gebiets seine sämtlichen Besitzungen an der epeirotischen Küste behielt. Unter den Umständen mußte Philippos sich noch glücklich schätzen, solche Bedingungen zu erhalten; allein es war damit ausgesprochen, was sich freilich nicht länger verbergen ließ, daß all das unsägliche Elend, welches die zehn Jahre eines mit widerwärtiger Unmenschlichkeit geführten Krieges über Griechenland gebracht hatten, nutzlos erduldet, und daß die großartige und richtige Kombination, die Hannibal entworfen und ganz Griechenland einen Augenblick geteilt hatte, unwiederbringlich gescheitert war.

In Spanien, wo der Geist Hamilkars und Hannibals mächtig war, war der Kampf ernster. Er bewegt sich in seltsamen Wechselfällen, wie die eigentümliche Beschaffenheit des Landes und die Sitte des Volkes sie mit sich bringen. Die Bauern und Hirten, die in dem schönen Ebrotal und dem üppig fruchtbaren Andalusien wie in dem rauhen von zahlreichen Waldgebirgen durchschnittenen Hochland zwischen jenem und diesem wohnten, waren ebenso leicht als bewaffneter Landsturm zusammenzutreiben wie schwer gegen den Feind zu führen und überhaupt nur zusammenzuhalten. Die Städte waren ebensowenig zu festem und gemeinschaftlichem Handeln zu vereinigen, so hartnäckig jede einzelne Bürgerschaft hinter ihren Wällen dem Dränger Trotz bot. Sie alle scheinen zwischen den Römern und den Karthagern wenig Unterschied gemacht zu haben; ob die lästigen Gäste, die sich im Ebrotal, oder die, welche am Guadalquivir sich festgesetzt hatten, ein größeres oder kleineres Stück der Halbinsel besaßen, mag den Eingeborenen ziemlich gleichgültig gewesen sein, weshalb von der eigentümlich spanischen Zähigkeit im Parteinehmen mit einzelnen Ausnahmen, wie Sagunt auf römischer, Astapa auf karthagischer Seite, in diesem Krieg wenig hervortritt. Dennoch ward der Krieg von beiden Seiten, da weder die Römer noch die Afrikaner hinreichende eigene Mannschaft mit sich geführt hatten, notwendig zum Propagandakrieg, in dem selten festgegründete Anhänglichkeit, gewöhnlich Furcht, Geld oder Zufall entschied, und der, wenn er zu Ende schien, sich in einen endlosen Festungs- und Guerillakrieg auflöste, um bald aus der Asche wieder aufzulodern. Die Armeen erscheinen und verschwinden wie die Dünen am Strand; wo gestern ein Berg stand, findet man heute seine Spur nicht mehr. Im allgemeinen ist das Übergewicht auf Seiten der Römer, teils weil sie in Spanien zunächst wohl auftraten als Befreier des Landes von der phönikischen Zwingherrschaft, teils durch die glückliche Wahl ihrer Führer und durch den stärkeren Kern mitgebrachter zuverlässiger Truppen; doch ist es bei unserer sehr unvollkommenen und namentlich in der Zeitrechnung tiefzerrütteten Überlieferung nicht wohl möglich, von einem also geführten Kriege eine befriedigende Darstellung zu geben.

Die beiden Statthalter der Römer auf der Halbinsel, Gnaeus und Publius Scipio, beide, namentlich Gnaeus, gute Generale und vortreffliche Verwalter, vollzogen ihre Aufgabe mit dem glänzendsten Erfolg. Nicht bloß war der Riegel der Pyrenäen durchstehend behauptet und der Versuch, die gesprengte Landverbindung zwischen dem feindlichen Oberfeldherrn und seinem Hauptquartier wiederherzustellen, blutig zurückgewiesen worden, nicht bloß in Tarraco durch umfassende Festungswerke und Hafenanlagen nach dem Muster des spanischen Neukarthago ein spanisches Neurom erschaffen, sondern es hatten auch die römischen Heere schon 539 (215) in Andalusien mit Glück gefochten. Der Zug dorthin ward das Jahr darauf (540 214) mit noch größerem Erfolg wiederholt; die Römer trugen ihre Waffen fast bis zu den Säulen des Herakles, breiteten ihre Klientel im südlichen Spanien aus und sicherten endlich durch die Wiedergewinnung und Wiederherstellung von Sagunt sich eine wichtige Station auf der Linie vom Ebro nach Cartagena, indem sie zugleich eine alte Schuld der Nation soweit möglich bezahlten. Während die Scipionen so die Karthager aus Spanien fast verdrängten, wußten sie ihnen im westlichen Afrika selbst einen gefährlichen Feind zu erwecken an dem mächtigen westafrikanischen Fürsten Syphax in den heutigen Provinzen Oran und Algier, welcher mit den Römern in Verbindung trat (um 541 213). Wäre es möglich gewesen, ein römisches Heer ihm zuzuführen, so hätte man auf große Erfolge hoffen dürfen; allein in Italien konnte man eben damals keinen Mann entbehren und das spanische Heer war zu schwach, um sich zu teilen. Indes schon Syphax‘ eigene Truppen, geschult und geführt von römischen Offizieren, erregten unter den libyschen Untertanen Karthagos so ernstliche Gärung, daß der stellvertretende Oberkommandant von Spanien und Afrika, Hasdrubal Barkas, selbst mit dem Kern der spanischen Truppen nach Afrika ging. Vermutlich durch ihn trat dort eine Wendung ein; der König Gala in der heutigen Provinz Constantine, seit langem der Rival des Syphax, erklärte sich für Karthago, und sein tapferer Sohn Massinissa schlug den Syphax und nötigte ihn zum Frieden. Überliefert ist übrigens von diesem libyschen Krieg wenig mehr als die Erzählung der grausamen Rache, die Karthago, wie es pflegte, nach Massinissas Siege an den Aufständischen nahm.

Diese Wendung der Dinge in Afrika ward auch folgenreich für den spanischen Krieg. Hasdrubal konnte abermals nach Spanien sich wenden (543 211), wohin bald beträchtliche Verstärkungen und Massinissa selbst ihm folgten. Die Scipionen, die während der Abwesenheit des feindlichen Oberfeldherrn (541 542 213 212) im karthagischen Gebiet Beute und Propaganda zu machen fortgefahren hatten, sahen sich unerwartet von so überlegenen Streitkräften angegriffen, daß sie entweder hinter den Ebro zurückweichen oder die Spanier aufbieten mußten. Sie wählten das letztere und nahmen 20000 Keltiberer in Sold, worauf sie dann, um den drei feindlichen Armeen unter Hasdrubal Barkas, Hasdrubal Gisgons Sohn, und Mago besser zu begegnen, ihr Heer teilten und nicht einmal ihre römischen Truppen zusammenhielten. Damit bereiteten sie sich den Untergang. Während Gnaeus mit seinem Korps, einem Drittel der römischen und den sämtlichen spanischen Truppen, Hasdrubal Barkas gegenüber lagerte, bestimmte dieser ohne Mühe durch eine Summe Geldes die Spanier im römischen Heere zum Abzuge, was ihnen nach ihrer Landsknechtmoral vielleicht nicht einmal als Treubruch erschien, da sie ja nicht zu den Feinden ihres Soldherrn überliefen. Dem römischen Feldherrn blieb nichts übrig, als in möglichster Eile seinen Rückzug zu beginnen, wobei der Feind ihm auf dem Fuße folgte. Mittlerweile sah sich das zweite römische Korps unter Publius von den beiden anderen phönikischen Armeen unter Hasdrubal Gisgons Sohn und Mago lebhaft angegriffen, und Massinissas kecke Reiterscharen setzten die Karthager in entschiedenen Vorteil. Schon war das römische Lager fast eingeschlossen; wenn noch die bereits im Anzuge begriffenen spanischen Hilfstruppen eintrafen, waren die Römer vollständig umzingelt. Der kühne Entschluß des Prokonsuls, mit seinen besten Truppen den Spaniern entgegenzugehen, bevor deren Erscheinen die Lücke in der Blockade füllte, endigte nicht glücklich. Die Römer waren wohl anfangs im Vorteil; allein die numidischen Reiter, die den Ausfallenden rasch waren nachgesandt worden, erreichten sie bald und hemmten sowohl die Verfolgung des halb schon erfochtenen Sieges, als auch den Rückmarsch, bis daß die phönikische Infanterie herankam und endlich der Fall des Feldherrn die verlorene Schlacht in eine Niederlage verwandelte. Nachdem Publius also erlegen war, fand Gnaeus, der langsam zurückweichend sich des einen karthagischen Heeres mühsam erwehrt hatte, plötzlich von dreien zugleich sich angefallen und durch die numidische Reiterei jeden Rückzug sich abgeschnitten. Auf einen nackten Hügel gedrängt, der nicht einmal die Möglichkeit bot, ein Lager zu schlagen, wurde das ganze Korps niedergehauen oder kriegsgefangen; von dem Feldherrn selbst ward nie wieder sichere Kunde vernommen. Eine kleine Abteilung allein rettete ein trefflicher Offizier aus Gnaeus‘ Schule, Gaius Marcius, hinüber auf das andere Ufer des Ebro und ebendahin gelang es dem Legaten Titus Fonteius, den von dem Korps des Publius im Lager gebliebenen Teil in Sicherheit zu bringen; sogar die meisten im südlichen Spanien zerstreuten römischen Besatzungen vermochten sich dorthin zu flüchten. Bis zum Ebro herrschten die Phöniker in ganz Spanien ungestört und der Augenblick schien nicht fern, wo der Fluß überschritten, die Pyrenäen frei und die Verbindung mit Italien hergestellt sein würde. Da führte die Not im römischen Lager den rechten Mann an die Spitze. Die Wahl der Soldaten berief mit Umgehung älterer, nicht untüchtiger Offiziere zum Führer des Heeres jenen Gaius Marcius, und seine gewandte Leitung und vielleicht ebenso sehr der Neid und Hader unter den drei karthagischen Feldherren entrissen diesen die weiteren Früchte des wichtigen Sieges. Was von den Karthagern den Fluß überschritten, wurde zurückgeworfen und zunächst die Ebrolinie behauptet, bis Rom Zeit gewann, ein neues Heer und einen neuen Feldherrn zu senden. Zum Glück gestattete dies die Wendung des Krieges in Italien, wo soeben Capua gefallen war; es kam eine starke Legion – 12000 Mann – unter dem Proprätor Gaius Claudius Nero, die das Gleichgewicht der Waffen wieder herstellte. Eine Expedition nach Andalusien im folgenden Jahr (544 210) hatte den besten Erfolg; Hasdrubal Barkas ward umstellt und eingeschlossen und entrann der Kapitulation nur durch unfeine List und offenen Wortbruch. Allein Nero war der rechte Feldherr nicht für den Spanischen Krieg. Er war ein tüchtiger Offizier, aber ein harter auffahrender unpopulärer Mann, wenig geschickt, die alten Verbindungen wieder anzuknüpfen und neue einzuleiten und Vorteil zu ziehen aus der Unbill und dem Übermut, womit die Punier nach dem Tode der Scipionen Freund und Feind im Jenseitigen Spanien behandelt und alle gegen sich erbittert hatten. Der Senat, der die Bedeutung und die Eigentümlichkeit des Spanischen Krieges richtig beurteilte und durch die von der römischen Flotte gefangen eingebrachten Uticenser von den großen Anstrengungen erfahren hatte, die man in Karthago machte, um Hasdrubal und Massinissa mit einem starken Heer über die Pyrenäen zu senden, beschloß, nach Spanien neue Verstärkungen zu schicken und einen außerordentlichen Feldherrn höheren Ranges, dessen Ernennung man dem Volke anheimzugeben für gut fand. Lange Zeit – so lautet der Bericht – meldete sich niemand zur Übernahme des verwickelten und gefährlichen Geschäfts, bis endlich ein junger siebenundzwanzigjähriger Offizier, Publius Scipio, der Sohn des in Spanien gefallenen gleichnamigen Generals, gewesener Kriegstribun und Ädil, als Bewerber auftrat. Es ist ebenso unglaublich, daß der römische Senat in diesen von ihm veranlaßten Komitien eine Wahl von solchem Belang dem Zufall anheimgestellt haben sollte, als daß Ehrgeiz und Vaterlandsliebe in Rom so ausgestorben gewesen, daß für den wichtigen Posten kein versuchter Offizier sich angeboten hätte. Wenn dagegen die Blicke des Senats sich wandten auf den jungen talentvollen und erprobten Offizier, der in den heißen Tagen am Ticinus und bei Cannae sich glänzend ausgezeichnet hatte, dem aber noch der erforderliche Rang abging, um als Nachfolger von gewesenen Prätoren und Konsuln aufzutreten, so war es sehr natürlich, diesen Weg einzuschlagen, der das Volk auf gute Art nötigte, den einzigen Bewerber trotz seiner mangelnden Qualifikation zuzulassen und zugleich ihn und die ohne Zweifel sehr unpopuläre spanische Expedition bei der Menge beliebt machen mußte. War der Effekt dieser angeblich improvisierten Kandidatur berechnet, so gelang er vollständig. Der Sohn, der den Tod des Vaters zu rächen ging, dem er neun Jahre zuvor am Ticinus das Leben gerettet hatte, der männlich schöne junge Mann mit den langen Locken, der bescheiden errötend in Ermangelung eines Besseren sich darbot für den Posten der Gefahr, der einfache Kriegstribun, den nun auf einmal die Stimmen der Zenturien zu der höchsten Amtstaffel erhoben – das alles machte auf die römischen Bürger und Bauern einen wunderbaren und unauslöschlichen Eindruck. Und in der Tat, Publius Scipio war eine begeisterte und begeisternde Natur. Er ist keiner jener wenigen, die mit ihrem eisernen Willen die Welt auf Jahrhunderte hinaus durch Menschenkraft in neue Gleise zwingen; oder die doch auf Jahre dem Schicksal in die Zügel fallen, bis die Räder über sie hinrollen. Publius Scipio hat im Auftrag des Senats Schlachten gewonnen und Länder eroberter hat mit Hilfe seiner militärischen Lorbeeren auch als Staatsmann in Rom eine hervorragende Stellung eingenommen; aber es ist weit von da bis zu Alexander und Caesar. Als Offizier ist er seinem Vaterlande wenigstens nicht mehr gewesen als Marcus Marcellus, und politisch hat er, wenn auch vielleicht ohne seiner unpatriotischen und persönlichen Politik sich deutlich bewußt zu sein, seinem Lande mindestens ebensoviel geschadet, als er ihm durch seine Feldherrngaben genutzt hat. Dennoch ruht ein besonderer Zauber auf dieser anmutigen Heldengestalt; von der heiteren und sicheren Begeisterung, die Scipio halb gläubig halb geschickt vor sich hertrug, ist sie durchaus wie von einer blendenden Aureole umflossen. Mit gerade genug Schwärmerei, um die Herzen zu erwärmen, und genug Berechnung, um das Verständige überall entscheiden und das Gemeine nicht aus dem Ansatz wegzulassen; nicht naiv genug, um den Glauben der Menge an seine göttlichen Inspirationen zu teilen, noch schlicht genug, ihn zu beseitigen, und doch im stillen innig überzeugt, ein Mann vom Gottes besonderen Gnaden zu sein – mit einem Wort eine echte Prophetennatur; über dem Volke stehend und nicht minder außer dem Volke; ein Mann felsenfesten Worts und königlichen Sinns, der durch Annahme des gemeinen Königtitels sich zu erniedrigen meinte, aber ebensowenig begreifen konnte, daß die Verfassung der Republik auch ihn band; seiner Größe so sicher, daß er nichts wußte von Neid und Haß und fremdes Verdienst leutselig anerkannte, fremde Fehler mitleidig verzieh; ein vorzüglicher Offizier und feingebildeter Diplomat, ohne das abstoßende Sondergepräge dieses oder jenes Berufs, hellenische Bildung einigend mit dem vollsten römischen Nationalgefühl, redegewandt und anmutiger Sitte, gewann Publius Scipio die Herzen der Soldaten und der Frauen, seiner Landsleute und der Spanier, seiner Nebenbuhler im Senat und seines größeren karthagischen Gegners. Bald war sein Name auf allen Lippen und er der Stern, der seinem Lande Sieg und Frieden zu bringen bestimmt schien.

Publius Scipio ging nach Spanien 544/45 (210/09) ab, begleitet von dem Proprätor Marcus Silanus, der an Neros Stelle treten und dem jungen Oberfeldherrn als Beistand und Rat dienen sollte, und von seinem Flottenführer und Vertrauten Gaius Laelius, ausgerüstet abermals mit einer überzählig starken Legion und einer wohlgefüllten Kasse. Gleich sein erstes Auftreten bezeichnet einer der kühnsten und glücklichsten Handstreiche, die die Geschichte kennt. Die drei karthagischen Heerführer standen Hasdrubal Barkas an den Quellen, Hasdrubal Gisgons Sohn an der Mündung des Tajo, Mago an den Säulen des Herakles; der nächste von ihnen um zehn Tagemärsche entfernt von der phönikischen Hauptstadt Neukarthago. Plötzlich im Frühjahr 545 (209), ehe noch die feindlichen Heere sich in Bewegung setzten, brach Scipio gegen diese Stadt, die er von der Ebromündung aus in wenigen Tagen auf dem Küstenweg erreichen konnte, mit seiner ganzen Armee von ungefähr 30000 Mann und der Flotte auf und überraschte die nicht über 1000 Mann starke phönikische Besatzung mit einem kombinierten Angriff zu Wasser und zu Lande. Die Stadt, auf einer in den Hafen hinein vorspringenden Landspitze gelegen, sah sich zugleich auf drei Seiten von der römischen Flotte, auf der vierten von den Legionen bedroht und jede Hilfe war weit entfernt; aber der Kommandant Mago wehrte sich mit Entschlossenheit und bewaffnete die Bürgerschaft, da die Soldaten nicht ausreichten, um die Mauern zu besetzen. Es ward ein Ausfall versucht, welchen indes die Römer ohne Mühe zurückschlugen und ihrerseits, ohne zu der Eröffnung einer regelmäßigen Belagerung sich die Zeit zu nehmen, den Sturm auf der Landseite begannen. Heftig drängten die Stürmenden auf dem schmalen Landweg gegen die Stadt; immer neue Kolonnen lösten die ermüdeten ab; die schwache Besatzung war aufs äußerste erschöpft, aber einen Erfolg hatten die Römer nicht gewonnen. Scipio hatte auch keinen erwartet; der Sturm hatte bloß den Zweck, die Besatzung von der Hafenseite wegzuziehen, wo er, unterrichtet davon, daß ein Teil des Hafens zur Ebbezeit trocken liege, einen zweiten Angriff beabsichtigte. Während an der Landseite der Sturm tobte, sandte Scipio eine Abteilung mit Leitern über das Watt, „wo Neptun ihnen selbst den Weg zeige“, und sie hatte in der Tat das Glück, die Mauern hier unverteidigt zu finden. So war am ersten Tage die Stadt gewonnen, worauf Mago in der Burg kapitulierte. Mit der karthagischen Hauptstadt fielen achtzehn abgetakelte Kriegs- und 63 Lastschiffe, das gesamte Kriegsmaterial, bedeutende Getreidevorräte, die Kriegskasse von 600 Talenten (über 1 Million Taler), zehntausend Gefangene, darunter achtzehn karthagische Gerusiasten oder Richter, und die Geiseln der sämtlichen spanischen Bundesgenossen Karthagos in die Gewalt der Römer. Scipio verhieß den Geiseln die Erlaubnis zur Heimkehr, sowie die Gemeinde eines jeden mit Rom in Bündnis getreten sein würde, und nutzte die Hilfsmittel, die die Stadt ihm darbot, sein Heer zu verstärken und in besseren Stand zu bringen, indem er die neukarthagischen Handwerker, zweitausend an der Zahl, für das römische Heer arbeiten hieß gegen das Versprechen der Freiheit bei der Beendigung des Krieges, und aus der übrigen Menge die fähigen Leute zum Ruderdienst auf den Schiffen auslas. Die Stadtbürger aber wurden geschont und ihnen die Freiheit und die bisherige Stellung gelassen; Scipio kannte die Phöniker und wußte, daß sie gehorchen würden, und es war wichtig, die Stadt mit dem einzigen vortrefflichen Hafen an der Ostküste und den reichen Silberbergwerken nicht bloß durch eine Besatzung zu sichern.

So war die verwegene Unternehmung gelungen, verwegen deshalb, weil es Scipio nicht unbekannt war, daß Hasdrubal Barkas von seiner Regierung den Befehl erhalten hatte, nach Gallien vorzudringen, und diesen auszuführen beschäftigt war, und weil die schwache, am Ebro zurückgelassene Abteilung unmöglich imstande war, ihm dies ernstlich zu wehren, wenn Scipios Rückkehr sich auch nur verzögerte. Indes er war zurück in Tarraco, ehe Hasdrubal sich am Ebro gezeigt hatte; das gefährliche Spiel, das der junge Feldherr spielte, als er seine nächste Aufgabe im Stich ließ, um einen lockenden Streich auszuführen, ward verdeckt durch den fabelhaften Erfolg, den Neptunus und Scipio gemeinschaftlich gewonnen hatten. Die wunderhafte Einnahme der phönikischen Hauptstadt rechtfertigte so über die Maßen alles, was man daheim von dem wunderbaren Jüngling sich versprochen hatte, daß jedes andere Urteil verstummen mußte. Scipios Kommando wurde auf unbestimmte Zeit verlängert; er selber beschloß, sich nicht mehr auf die dürftige Aufgabe zu beschränken, der Hüter der Pyrenäenpässe zu sein. Schon hatten infolge des Falles von Neukarthago nicht bloß die diesseitigen Spanier sich völlig unterworfen, sondern auch jenseits des Ebro die mächtigsten Fürsten die karthagische Klientel mit der römischen vertauscht. Scipio nutzte den Winter 545/46 (209/08) dazu, seine Flotte aufzulösen und mit den dadurch gewonnenen Leuten sein Landheer so zu vermehren, daß er zugleich den Norden bewachen und im Süden die Offensive nachdrücklicher als bisher ergreifen könne, und marschierte im Jahre 546 (208) nach Andalusien. Hier traf er auf Hasdrubal Barkas, der in Ausführung des lange gehegten Planes, dem Bruder zu Hilfe zu kommen, nordwärts zog. Bei Baecula kam es zur Schlacht, in der sich die Römer den Sieg zuschrieben und 10000 Gefangene gemacht haben sollen; aber Hasdrubal erreichte, wenn auch mit Aufopferung eines Teils seiner Armee, im wesentlichen seinen Zweck. Mit seiner Kasse, seinen Elefanten und dem besten Teil seiner Truppen schlug er sich durch an die spanische Nordküste, erreichte am Ozean hinziehend die westlichen, wie es scheint, nicht besetzten Pyrenäenpässe und stand noch vor dem Eintritt der schlechten Jahreszeit in Gallien, wo er Winterquartier nahm. Es zeigte sich, daß Scipios Entschluß, mit der ihm aufgetragenen Defensive die Offensive zu verbinden, unüberlegt und unweise gewesen war; der nächsten Aufgabe des spanischen Heeres, die nicht bloß Scipios Vater und Oheim, sondern selbst Gaius Marcius und Gaius Nero mit viel geringeren Mitteln gelöst hatten, hatte der siegreiche Feldherr an der Spitze einer starken Armee in seinem Übermut nicht genügt, und wesentlich er verschuldete die äußerst gefährliche Lage Roms im Sommer 547 (207), als Hannibals Plan eines kombinierten Angriffs auf die Römer endlich dennoch sich realisierte. Indes die Götter deckten die Fehler ihres Lieblings mit Lorbeeren zu. In Italien ging die Gefahr glücklich vorüber; man ließ sich das Bulletin des zweideutigen Sieges von Baecula gefallen und gedachte, als neue Siegesberichte aus Spanien einliefen, nicht weiter des Umstandes, daß man den fähigsten Feldherrn und den Kern der spanisch-phönikischen Armee in Italien zu bekämpfen gehabt hatte.

Nach Hasdrubal Barkas‘ Entfernung beschlossen die beiden in Spanien zurückbleibenden Feldherren, vorläufig zurückzuweichen, Hasdrubal Gisgons Sohn nach Lusitanien, Mago gar auf die Balearen, und bis neue Verstärkungen aus Afrika anlangten, nur Massinissas leichte Reiterei in Spanien streifen zu lassen, ähnlich wie es Muttines in Sizilien mit so großem Erfolge getan. So geriet die ganze Ostküste in die Gewalt der Römer. Im folgenden Jahre (547 207) erschien wirklich aus Afrika Hanno mit einem dritten Heere, worauf auch Mago und Hasdrubal sich wieder nach Andalusien wandten. Allein Marcus Silanus schlug Magos und Hannos vereinigte Heere und nahm den letzteren selbst gefangen. Hasdrubal gab darauf die Behauptung des offenen Feldes auf und verteilte seine Truppen in die andalusischen Städte, von denen Scipio in diesem Jahr nur noch eine, Oringis, erstürmen konnte. Die Phöniker schienen überwältigt; aber dennoch vermochten sie das Jahr darauf (548 206) wieder ein gewaltiges Heer ins Feld zu senden, 32 Elefanten, 4000 Mann zu Pferde, 70000 zu Fuß, freilich zum allergrößten Teil zusammengeraffte spanische Landwehr. Wieder bei Baecula kam es zur Schlacht. Das römische Heer zählte wenig mehr als die Hälfte des feindlichen und auch von ihm war ein guter Teil Spanier. Scipio stellte, wie Wellington in gleichem Fall, seine Spanier so auf, daß sie nicht zum Schlagen kamen – die einzige Möglichkeit, ihr Ausreißen zu verhindern –, während er umgekehrt seine römischen Truppen zuerst auf die Spanier warf. Der Tag war dennoch hart bestritten; doch siegten endlich die Römer, und wie sich von selbst versteht, war die Niederlage eines solchen Heeres gleichbedeutend mit der völligen Auflösung desselben – einzeln retteten sich Hasdrubal und Mago nach Gades. Die Römer standen jetzt ohne Nebenbuhler auf der Halbinsel; die wenigen nicht gutwillig sich fügenden Städte wurden einzeln bezwungen und zum Teil mit grausamer Härte bestraft. Scipio konnte sogar auf der afrikanischen Küste dem Syphax einen Besuch abstatten und mit ihm, ja selbst mit Massinissa für den Fall einer Expedition nach Afrika Verbindungen einleiten – ein tollkühnes Wagstück, das durch keinen entsprechenden Zweck gerechtfertigt ward, so sehr auch der Bericht davon den neugierigen Hauptstädtern daheim behagen mochte. Nur Gades, wo Mago den Befehl führte, war noch phönikisch. Einen Augenblick schien es, als ob, nachdem die Römer die karthagische Erbschaft angetreten und die hier und da in Spanien genährte Hoffnung nach Beendigung des phönikischen Regiments auch der römischen Gäste loszuwerden und die alte Freiheit wieder zu erlangen, hinreichend widerlegt hatten, in Spanien eine allgemeine Insurrektion gegen die Römer ausbrechen würde, bei welcher die bisherigen Verbündeten Roms vorangingen. Die Erkrankung des römischen Feldherrn und die Meuterei eines seiner Korps, veranlaßt durch den seit vielen Jahren rückständigen Sold, begünstigten den Aufstand. Indes Scipio genas schneller als man gemeint hatte und dämpfte mit Gewandtheit den Soldatentumult; worauf auch die Gemeinden, die bei der Nationalerhebung vorangegangen waren, alsbald niedergeworfen wurden, ehe die Insurrektion Boden gewann. Da es also auch damit nichts und Gades doch auf die Länge nicht zu halten war, befahl die karthagische Regierung dem Mago zusammenzuraffen, was dort an Schiffen, Truppen und Geld sich vorfinde, und damit womöglich dem Krieg in Italien eine andere Wendung zu geben. Scipio konnte dies nicht wehren – es rächte sich jetzt, daß er seine Flotte aufgelöst hatte – und mußte zum zweitenmal die ihm anvertraute Beschirmung der Heimat gegen neue Invasion seinen Göttern anheimstellen. Unbehindert verließ der letzte von Hamilkars Söhnen die Halbinsel. Nach seinem Abzug ergab sich auch Gades, die älteste und letzte Besitzung der Phöniker auf spanischem Boden, unter günstigen Bedingungen den neuen Herren. Spanien war nach dreizehnjährigem Kampfe aus einer karthagischen in eine römische Provinz verwandelt worden, in der zwar noch jahrhundertelang die stets besiegte und nie überwundene Insurrektion den Kampf gegen die Römer fortführte, aber doch im Augenblick kein Feind den Römern gegenüberstand. Scipio ergriff den ersten Moment der Scheinruhe, um sein Kommando abzugeben (Ende 548 206) und in Rom persönlich von den erfochtenen Siegen und den gewonnenen Landschaften zu berichten.

Während also Marcellus in Sizilien, Publius Sulpicius in Griechenland, Scipio in Spanien den Krieg beendigten, ging auf der italischen Halbinsel der gewaltige Kampf ununterbrochen weiter. Hier standen, nachdem die Cannensische Schlacht geschlagen war und deren Folgen an Verlust und Gewinn sich allmählich übersehen ließen, im Anfang des Jahres 540 (214), des fünften Kriegsjahres, die Römer und Phöniker folgendermaßen sich gegenüber. Norditalien hatten die Römer nach Hannibals Abzug wieder besetzt und deckten es mit drei Legionen, wovon zwei im Keltenlande standen, die dritte als Rückhalt in Picenum. Unteritalien bis zum Garganus und Volturnus war mit Ausnahme der Festungen und der meisten Häfen in Hannibals Händen. Er stand mit der Hauptarmee bei Arpi, ihm in Apulien gegenüber, gestützt auf die Festungen Luceria und Benevent, Tiberius Gracchus mit vier Legionen. Im brettischen Lande, dessen Einwohner sich Hannibal gänzlich in die Arme geworfen hatten und wo auch die Häfen, mit Ausnahme von Rhegion, das die Römer von Messana aus schützten, von den Phönikern besetzt worden waren, stand ein zweites karthagisches Heer unter Hanno, ohne zunächst einen Feind sich gegenüber zu sehen. Die römische Hauptarmee von vier Legionen unter den beiden Konsuln Quintus Fabius und Marcus Marcellus war im Begriff, die Wiedergewinnung Capuas zu versuchen. Dazu kam römischerseits die Reserve von zwei Legionen in der Hauptstadt, die in alle Seehäfen gelegte Besatzung, welche in Tarent und Brundisium wegen der dort befürchteten makedonischen Landung durch eine Legion verstärkt worden war, endlich die starke, das Meer ohne Widerstreit beherrschende Flotte. Rechnet man dazu die römischen Heere in Sizilien, Sardinien und Spanien, so läßt sich die Gesamtzahl der römischen Streitkräfte, auch abgesehen von dem Besatzungsdienst, den in den unteritalischen Festungen die dort angesiedelte Bürgerschaft zu versehen hatte, nicht unter 200000 Mann anschlagen, darunter ein Drittel für dies Jahr neu einberufene Leute und etwa die Hälfte römische Bürger. Man darf annehmen, daß die gesamte dienstfähige Mannschaft vom 17. bis zum 46. Jahre unter den Waffen stand und die Felder, wo der Krieg sie zu bearbeiten erlaubte, von den Sklaven, den Alten, den Kindern und Weibern bestellt wurden. Daß unter solchen Verhältnissen auch die Finanzen in der peinlichsten Verlegenheit waren, ist begreiflich; die Grundsteuer, auf die man hauptsächlich angewiesen war, ging natürlich nur sehr unregelmäßig ein. Aber trotz dieser Not um Mannschaft und Geld vermochten die Römer dennoch, das rasch Verlorene zwar langsam und mit Anspannung aller Kräfte, aber doch zurückzuerobern; ihre Heere jährlich zu vermehren, während die phönikischen zusammenschwanden; gegen Hannibals italische Bundesgenossen, die Kampaner, Apuler, Samniten, Brettier, die weder wie die römischen Festungen in Unteritalien sich selber genügten noch von Hannibals schwachem Heer hinreichend gedeckt werden konnten, jährlich Boden zu gewinnen; endlich mittels der von Marcus Marcellus begründeten Kriegsweise das Talent der Offiziere zu entwickeln und die Überlegenheit des römischen Fußvolks in vollem Umfange ins Spiel zu bringen. Hannibal durfte wohl noch auf Siege hoffen, aber nicht mehr auf Siege wie am Trasimenischen See und am Aufidus; die Zeiten der Bürgergenerale waren vorbei. Es blieb ihm nichts übrig, als abzuwarten, bis entweder Philippos die längst versprochene Landung ausführen oder die Brüder aus Spanien ihm die Hand reichen würden, und mittlerweile sich, seine Armee und seine Klientel soweit möglich unversehrt und bei guter Laune zu erhalten. Man erkennt in der zähen Defensive, die jetzt beginnt, mit Mühe den Feldherrn wieder, der wie kaum ein anderer stürmisch und verwegen die Offensive geführt hat; es ist psychologisch wie militärisch bewundernswert, daß derselbe Mann die beiden ihm gestellten Aufgaben ganz entgegengesetzter Art in gleicher Vollkommenheit gelöst hat.

Zunächst zog der Krieg sich vornehmlich nach Kampanien. Hannibal erschien rechtzeitig zum Schutz der Hauptstadt, deren Einschließung er hinderte; allein weder vermochte er irgendeine der kampanischen Städte, die die Römer besaßen, den starken römischen Besatzungen zu entreißen, noch konnte er wehren, daß außer einer Menge minder wichtiger Landstädte auch Casilinum, das ihm den Übergang über den Volturnus sicherte, von den beiden Konsularheeren nach hartnäckiger Gegenwehr genommen ward. Ein Versuch Hannibals Tarent zu gewinnen, wobei es namentlich auf einen sicheren Landungsplatz für die makedonische Armee abgesehen war, schlug ihm fehl. Das brettische Heer der Karthager unter Hanno schlug sich inzwischen in Lucanien mit der römischen Armee von Apulien herum; Tiberius Gracchus bestand hier mit Erfolg den Kampf und gab nach einem glücklichen Gefecht unweit Benevent, bei dem die zum Dienst gepreßten Sklavenlegionen sich ausgezeichnet hatten, den Sklavensoldaten im Namen des Volks die Freiheit und das Bürgerrecht.

Im folgenden Jahr (541 213) gewannen die Römer das reiche und wichtige Arpi zurück, dessen Bürgerschaft, nachdem die römischen Soldaten sich in die Stadt eingeschlichen hatten, mit ihnen gegen die karthagische Besatzung gemeinschaftliche Sache machte. Überhaupt lockerten sich die Bande der Hannibalischen Symmachie; eine Anzahl der vornehmsten Capuaner und mehrere brettische Städte gingen über zu Rom; sogar eine spanische Abteilung des phönikischen Heeres trat, durch spanische Emissäre von dem Gang der Ereignisse in der Heimat in Kenntnis gesetzt, aus karthagischen in römische Dienste.

Ungünstiger war für die Römer das Jahr 542 (212) durch neue politische und militärische Fehler, die Hannibal auszubeuten nicht unterließ. Die Verbindungen, welche Hannibal in den großgriechischen Städten unterhielt, hatten zu keinem ernstlichen Resultat geführt; nur die in Rom befindlichen tarentinischen und thurinischen Geiseln ließen sich durch seine Emissäre zu einem tollen Fluchtversuch bestimmen, wobei sie schleunig von den römischen Posten wieder aufgegriffen wurden. Allein die unverständige Rachsucht der Römer förderte Hannibal mehr als seine Intrigen; die Hinrichtung der sämtlichen entwichenen Geiseln beraubte sie eines kostbaren Unterpfandes, und die erbitterten Griechen sannen seitdem, wie sie Hannibal die Tore öffnen möchten. Wirklich ward Tarent durch Einverständnis mit der Bürgerschaft und durch die Nachlässigkeit des römischen Kommandanten von den Karthagern besetzt; kaum daß die römische Besatzung sich in der Burg behauptete. Dem Beispiel Tarents folgten Herakleia, Thurii und Metapont, aus welcher Stadt zur Rettung der Tarentiner Akropolis die Besatzung hatte weggezogen werden müssen. Damit war die Gefahr einer makedonischen Landung so nahe gerückt, daß Rom sich genötigt sah, dem fast gänzlich vernachlässigten griechischen Krieg neue Aufmerksamkeit und neue Anstrengungen zuzuwenden, wozu glücklicherweise die Einnahme von Syrakus und der günstige Stand des spanischen Krieges die Möglichkeit gewährte. Auf dem Hauptkriegsschauplatz, in Kampanien, ward mit sehr abwechselndem Erfolge gefochten. Die in der Nähe von Capua postierten Legionen hatten zwar die Stadt noch nicht eigentlich eingeschlossen, aber doch die Bestellung des Ackers und die Einbringung der Ernte so sehr gehindert, daß die volkreiche Stadt auswärtiger Zufuhr dringend bedurfte. Hannibal brachte also einen beträchtlichen Getreidetransport zusammen und wies die Kampaner an, ihn bei Benevent in Empfang zu nehmen; allein deren Saumseligkeit gab den Konsuln Quintus Flaccus und Appius Claudius Zeit herbeizukommen, dem Hanno, der den Transport deckte, eine schwere Niederlage beizubringen und sich seines Lagers und der gesamten Vorräte zu bemächtigen. Die beiden Konsuln schlossen darauf die Stadt ein, während Tiberius Gracchus sich auf der Appischen Straße aufstellte, um Hannibal den Weg zum Entsatz zu verlegen. Aber der tapfere Mann fiel durch die schändliche List eines treulosen Lucaners, und sein Tod kam einer völligen Niederlage gleich, da sein Heer, größtenteils bestehend aus jenen von ihm freigesprochenen Sklaven, nach dem Tode des geliebten Führers auseinanderlief. So fand Hannibal die Straße nach Capua offen und nötigte durch sein unvermutetes Erscheinen die beiden Konsuln, die kaum begonnene Einschließung wieder aufzuheben, nachdem noch vor Hannibals Eintreffen ihre Reiterei von der phönikischen, die unter Hanno und Bostar als Besatzung in Capua lag, und der ebenso vorzüglichen kampanischen nachdrücklich geschlagen worden war. Die totale Vernichtung der von Marcus Centenius, einem vom Unteroffizier zum Feldherrn unvorsichtig beförderten Mann, angeführten regulären Truppen und Freischaren in Lucanien, und die nicht viel weniger vollständige Niederlage des nachlässigen und übermütigen Prätors Gnaeus Fulvius Flaccus in Apulien beschlossen die lange Reihe der Unfälle dieses Jahres. Aber das zähe Ausharren der Römer machte wenigstens an dem entscheidenden Punkte den raschen Erfolg Hannibals doch wieder zunichte. Sowie Hannibal Capua den Rücken wandte, um sich nach Apulien zu begeben, zogen die römischen Heere sich abermals um Capua zusammen, bei Puteoli und Volturnum unter Appius Claudius, bei Casilinum unter Quintus Fulvius, auf der Nolanischen Straße unter dem Prätor Gaius Claudius Nero; die drei wohlverschanzten und durch befestigte Linien miteinander verbundenen Lager sperrten jeden Zugang, und die große, ungenügend verproviantierte Stadt mußte durch bloße Umstellung in nicht entfernter Zeit sich zur Kapitulation gezwungen sehen, wenn kein Entsatz kam. Wie der Winter 542/43 (212/11) zu Ende ging, waren auch die Vorräte fast erschöpft, und dringende Boten, die kaum imstande waren, durch die wohlbewachten römischen Linien sich durchzuschleichen, begehrten schleunige Hilfe von Hannibal, der, mit der Belagerung der Burg beschäftigt, in Tarent stand. In Eilmärschen brach er mit 33 Elefanten und seinen besten Truppen von Tarent nach Kampanien auf, hob den römischen Posten in Calatia auf und nahm sein Lager am Berge Tifata unmittelbar bei Capua, in der sicheren Erwartung, daß die römischen Feldherren eben wie im vorigen Jahre daraufhin die Belagerung aufheben würden. Allein die Römer, die Zeit gehabt hatten, ihre Lager und ihre Linien festungsartig zu verschanzen, rührten sich nicht und sahen unbeweglich von den Wällen aus zu, wie auf der einen Seite die kampanischen Reiter, auf der anderen die numidischen Schwärme an ihre Linien anprallten. An einen ernstlichen Sturm durfte Hannibal nicht denken; er konnte voraussehen, daß sein Anrücken bald die anderen römischen Heere nach Kampanien nachziehen würde, wenn nicht schon früher der Mangel an Futter in dem systematisch ausfouragierten Lande ihn aus Kampanien vertrieb. Dagegen ließ sich nichts machen. Hannibal versuchte noch einen Ausweg, den letzten, der seinem erfinderischen Geist sich darbot, um die wichtige Stadt zu retten. Er brach mit dem Entsatzheer, nachdem er den Kampanern von seinem Vorhaben Nachricht gegeben und sie zum Ausharren ermahnt hatte, von Capua auf und schlug die Straße nach Rom ein. Mit derselben gewandten Kühnheit wie in seinen ersten italischen Feldzügen warf er sich mit einem schwachen Heer zwischen die feindlichen Armeen und Festungen und führte seine Truppen durch Samnium und auf der Valerischen Straße an Tibur vorbei bis zur Aniobrücke, die er passierte und auf dem anderen Ufer ein Lager nahm, eine deutsche Meile von der Stadt. Den Schreck empfanden noch die Enkel der Enkel, wenn ihnen erzählt ward von „Hannibal vor dem Tor“; eine ernstliche Gefahr war nicht vorhanden. Die Landhäuser und Äcker in der Nähe der Stadt wurden von den Feinden verheert; die beiden Legionen in der Stadt, die gegen sie ausrückten, verhinderten die Berennung der Mauern. Durch einen Handstreich, wie ihn Scipio bald nachher gegen Neukarthago ausführte, Rom zu überrumpeln, hatte Hannibal übrigens nie gemeint und noch weniger an eine ernstliche Belagerung gedacht; seine Hoffnung war einzig darauf gestellt, daß im ersten Schreck ein Teil des Belagerungsheeres von Capua nach Rom marschieren und ihm also Gelegenheit geben werde, die Blockade zu sprengen. Darum brach er nach kurzem Verweilen wieder auf. Die Römer sahen in seiner Umkehr ein Wunder der göttlichen Gnade, die durch Zeichen und Gesichte den argen Mann zum Abzug bestimmt habe, wozu ihn die römischen Legionen freilich zu nötigen nicht vermochten; an der Stelle, wo Hannibal der Stadt am nächsten gekommen war, von dem Capenischen Tor an dem zweiten Miglienstein der Appischen Straße, errichteten die dankbaren Gläubigen dem Gott „Rückwender Beschützer“ (Rediculus Tutanus) einen Altar. In der Tat zog Hannibal ab, weil es so in seinem Plane lag, und schlug die Richtung nach Capua ein. Allein die römischen Feldherren hatten den Fehler nicht begangen, auf den ihr Gegner gerechnet hatte; unbeweglich standen die Legionen in den Linien um Capua und nur ein schwaches Korps war auf die Kunde von Hannibals Marsch nach Rom detachiert worden. Wie Hannibal dies erfuhr, wandte er sich plötzlich um gegen den Konsul Publius Galba, der ihm von Rom her unbesonnen gefolgt war, und mit dem er bisher vermieden hatte zu schlagen, überwand ihn und erstürmte sein Lager; aber es war das ein geringer Ersatz für Capuas jetzt unvermeidlichen Fall. Lange schon hatte die Bürgerschaft daselbst, namentlich die besseren Klassen derselben, mit bangen Ahnungen der Zukunft entgegengesehen; den Führern der Rom feindlichen Volkspartei blieb das Rathaus und die städtische Verwaltung fast ausschließlich überlassen. Jetzt ergriff die Verzweiflung Vornehme und Geringe, Kampaner und Phöniker ohne Unterschied. Achtundzwanzig vom Rat wählten den freiwilligen Tod; die übrigen übergaben die Stadt dem Gutfinden eines unversöhnlich erbitterten Feindes. Daß Blutgerichte folgen mußten, verstand sich von selbst; man stritt nur über langen oder kurzen Prozeß: ob es klüger und zweckmäßiger sei, die weiteren Verzweigungen des Hochverrats auch außerhalb Capuas gründlich zu ermitteln oder durch rasche Exekution der Sache ein Ende zu machen. Ersteres wollten Appius Claudius und der römische Senat; die letztere Meinung, vielleicht die weniger unmenschliche, siegte ob. Dreiundfünfzig capuanische Offiziere und Beamte wurden auf den Marktplätzen von Cales und Teanum auf Befehl und vor den Augen des Prokonsuls Quintus Flaccus ausgepeitscht und enthauptet, der Rest des Rates eingekerkert, ein zahlreicher Teil der Bürgerschaft in die Sklaverei verkauft, das Vermögen der Wohlhabenderen konfisziert. Ähnliche Gerichte ergingen über Atella und Calatia. Diese Strafen waren hart; allein mit Rücksicht auf das, was Capuas Abfall für Rom bedeutet, und auf das, was der Kriegsgebrauch jener Zeit wenn nicht recht, doch üblich gemacht hatte, sind sie begreiflich. Und hatte nicht durch den Mord der sämtlichen in Capua zur Zeit des Abfalls anwesenden römischen Bürger unmittelbar nach dem übertritt die Bürgerschaft sich selber ihr Urteil gesprochen? Arg aber war es, daß Rom diese Gelegenheit benutzte, um die stille Rivalität, die lange zwischen den beiden größten Städten Italiens bestanden hatte, zu befriedigen und durch die Aufhebung der kampanischen Stadtverfassung die gehaßte und beneidete Nebenbuhlerin vollständig politisch zu vernichten.

Ungeheuer war der Eindruck von Capuas Fall, und nur um so mehr, weil er nicht durch Überraschung, sondern durch eine zweijährige, allen Anstrengungen Hannibals zum Trotze durchgeführte Belagerung herbeigeführt worden war. Er war ebenso sehr das Signal der den Römern wiedergewonnenen Oberhand in Italien, wie sechs Jahre zuvor der Übertritt Capuas zu Hannibal das Signal der verlorenen gewesen war. Vergeblich hatte Hannibal versucht, dem Eindruck dieser Nachricht auf die Bundesgenossen entgegenzuarbeiten durch die Einnahme von Rhegion oder der tarentinischen Burg. Sein Gewaltmarsch, um Rhegion zu überraschen, hatte nichts gefruchtet und in der Burg von Tarent war der Mangel zwar groß, seit das tarentinisch-karthagische Geschwader den Hafen sperrte, aber da die Römer mit ihrer weit stärkeren Flotte jenem Geschwader selbst die Zufuhr abzuschneiden vermochten, und das Gebiet, das Hannibal beherrschte, kaum genügte, sein Heer zu ernähren, so litten die Belagerer auf der Seeseite nicht viel weniger als die Belagerten in der Burg und verließen endlich den Hafen. Es gelang nichts mehr; das Glück selbst schien von dem Karthager gewichen. Diese Folgen von Capuas Fall, die tiefe Erschütterung des Ansehens und Vertrauens, das Hannibal bisher bei den italischen Verbündeten genossen, und die Versuche jeder nicht allzusehr kompromittierten Gemeinde, auf leidliche Bedingungen in die römische Symmachie wieder zurückzutreten, waren noch weit empfindlicher für Hannibal als der unmittelbare Verlust. Er hatte die Wahl, in die schwankenden Städte entweder Besatzung zu werfen, wodurch er sein schon zu schwaches Heer noch mehr schwächte und seine zuverlässigen Truppen der Aufreibung in kleinen Abteilungen und dem Verrat preisgab – so wurden ihm im Jahre 544 (210) bei dem Abfall der Stadt Salapia 500 auserlesene numidische Reiter niedergemacht; oder die unsicheren Städte zu schleifen und anzuzünden, um sie dem Feind zu entziehen, was denn auch die Stimmung unter seiner italischen Klientel nicht heben konnte. Mit Capuas Fall fühlten die Römer des endlichen Ausganges des Krieges in Italien sich wiederum sicher; sie entsandten beträchtliche Verstärkungen nach Spanien, wo durch den Fall der beiden Scipionen die Existenz der römischen Armee gefährdet war, und gestatteten zum erstenmal seit dem Beginn des Krieges sich eine Verminderung der Gesamtzahl der Truppen, die bisher trotz der jährlich steigenden Schwierigkeit der Aushebung jährlich vermehrt worden und zuletzt bis auf 23 Legionen gestiegen war. Darum ward denn auch im nächsten Jahr (544 210) der italische Krieg lässiger als bisher von den Römern geführt, obwohl Marcus Marcellus nach Beendigung des sizilischen Krieges wieder den Oberbefehl der Hauptarmee übernommen hatte; er betrieb in den inneren Landschaften den Festungskrieg und lieferte den Karthagern unentschiedene Gefechte. Auch der Kampf um die tarentinische Akropole blieb ohne entscheidendes Resultat. In Apulien gelang Hannibal die Besiegung des Prokonsuls Gnaeus Fulvius Centumalus bei Herdoneae. Das Jahr darauf (545 209) schritten die Römer dazu, der zweiten Großstadt, die zu Hannibal übergetreten war, der Stadt Tarent sich wieder zu bemächtigen. Während Marcus Marcellus den Kampf gegen Hannibal selbst mit gewohnter Zähigkeit und Energie fortsetzte – in einer zweitägigen Schlacht erfocht er, am ersten Tage geschlagen, am zweiten einen schweren und blutigen Sieg; während der Konsul Quintus Fulvius die schon schwankenden Lucaner und Hirpiner zum Wechsel der Partei und zur Auslieferung der phönikischen Besatzungen bestimmte; während gut geleitete Razzias von Rhegion aus Hannibal nötigten, den bedrängten Brettiern zu Hilfe zu eilen, setzte der alte Quintus Fabius, der noch einmal – zum fünftenmal – das Konsulat und damit den Auftrag, Tarent wieder zu erobern, angenommen hatte, sich fest in dem nahen messapischen Gebiet, und der Verrat einer brettischen Abteilung der Besatzung überlieferte ihm die Stadt, in der von den erbitterten Siegern fürchterlich gehaust ward. Was von der Besatzung oder von der Bürgerschaft ihnen vorkam, wurde niedergemacht und die Häuser geplündert. Es sollen 30000 Tarentiner als Sklaven verkauft, 3000 Talente (5 Mill. Taler) in den Staatsschatz geflossen sein. Es war die letzte Waffentat des achtzigjährigen Feldherrn; Hannibal kam zum Entsatz, als alles vorbei war, und zog sich zurück nach Metapont.

Nachdem also Hannibal seine wichtigsten Eroberungen eingebüßt

hatte und allmählich sich auf die südwestliche Spitze der Halbinsel beschränkt sah, hoffte Marcus Marcellus, der für das nächste Jahr (546 208) zum Konsul gewählt worden war, in Verbindung mit seinem tüchtigen Kollegen Titus Quinctius Crispinus dem Krieg durch einen entscheidenden Angriff ein Ende zu machen. Den alten Soldaten fochten seine sechzig Jahre nicht an; wachend und träumend verfolgte ihn der eine Gedanke, Hannibal zu schlagen und Italien zu befreien. Allein das Schicksal sparte diesen Kranz für ein jüngeres Haupt. Bei einer unbedeutenden Rekognoszierung wurden beide Konsuln in der Gegend von Venusia von einer Abteilung afrikanischer Reiter überfallen. Marcellus focht den ungleichen Kampf, wie er vor vierzig Jahren gegen Hamilkar, vor vierzehn bei Clastidium gefochten hatte, bis er sterbend vom Pferde sank; Crispinus entkam, starb aber an den im Gefecht empfangenen Wunden (546 208).

Man stand jetzt im elften Kriegsjahr. Die Gefahr schien geschwunden, die einige Jahre zuvor die Existenz des Staates bedroht hatte; aber nur um so mehr fühlte man den schweren und jährlich schwerer werdenden Druck des endlosen Krieges. Die Staatsfinanzen litten unsäglich. Man hatte nach der Schlacht von Cannae (538 216) eine eigene Bankkommission (tres viri mensarii) aus den angesehensten Männern niedergesetzt, um für die öffentlichen Finanzen in diesen schweren Zeiten eine dauernde und umsichtige Oberbehörde zu haben; sie mag getan haben, was möglich war, aber die Verhältnisse waren von der Art, daß alle Finanzweisheit daran zuschanden ward. Gleich zu Anfang des Krieges hatte man die Silber- und die Kupfermünze verringert, den Legalkurs des Silberstückes um mehr als ein Drittel erhöht und eine Goldmünze weit über den Metallwert ausgegeben. Sehr bald reichte dies nicht aus; man mußte von den Lieferanten auf Kredit nehmen und sah ihnen durch die Finger, weil man sie brauchte, bis der arge Unterschleif zuletzt die Ädilen veranlaßte, durch Anklage vor dem Volk an einigen der schlimmsten ein Exempel zu statuieren. Man nahm den Patriotismus der Vermögenden, die freilich verhältnismäßig eben am meisten litten, oft in Anspruch und nicht umsonst. Die Soldaten aus den besseren Klassen und die Unteroffiziere und Reiter insgesamt schlugen, freiwillig oder durch den Geist der Korps gezwungen, die Annahme des Soldes aus. Die Eigentümer der von der Gemeinde bewaffneten und nach dem Treffen bei Benevent freigesprochenen Sklaven erwiderten der Bankkommission, die ihnen Zahlung anbot, daß sie dieselbe bis zum Ende des Krieges anstehen lassen wollten (540 214). Als für die Ausrichtung der Volksfeste und die Instandhaltung der öffentlichen Gebäude kein Geld mehr in der Staatskasse war, erklärten die Gesellschaften, die diese Geschäfte bisher in Akkord gehabt hatten, sich bereit, dieselben vorläufig unentgeltlich fortzuführen (540 214). Es ward sogar, ganz wie im Ersten Punischen Kriege, mittels einer freiwilligen Anleihe bei den Reichen eine Flotte ausgerüstet und bemannt (544 210). Man verbrauchte die Mündelgelder, ja man griff endlich im Jahre der Eroberung von Tarent den letzten, lange gesparten Notpfennig (1144000 Taler) an. Dennoch genügte der Staat seinen notwendigsten Zahlungen nicht; die Entrichtung des Soldes stockte namentlich in den entfernteren Landschaften in besorglicher Weise. Aber die Bedrängnis des Staats war nicht der schlimmste Teil des materiellen Notstandes. überall lagen die Felder brach; selbst wo der Krieg nicht hauste, fehlte es an Händen für die Hacke und die Sichel. Der Preis des Medimnos (1 preußischer Scheffel) war gestiegen bis auf 15 Denare (3 1/3 Taler), mindestens das Dreifache des hauptstädtischen Mittelpreises, und viele wären geradezu Hungers gestorben, wenn nicht aus Ägypten Zufuhr gekommen wäre und nicht vor allem der in Sizilien wieder aufblühende Feldbau der ärgsten Not gesteuert hätte. Wie aber solche Zustände die kleinen Bauernwirtschaften zerstören, den sauer zurückgelegten Sparschatz verzehren, die blühenden Dörfer in Bettler- und Räubernester verwandeln, das lehren ähnliche Kriege, aus denen sich anschaulichere Berichte erhalten haben.

Bedenklicher noch als diese materielle Not war die steigende Abneigung der Bundesgenossen gegen den römischen Krieg, der ihnen Gut und Blut fraß. Zwar auf die nichtlatinischen Gemeinden kam es dabei weniger an. Der Krieg selber bewies es, daß sie nichts vermochten, solange die latinische Nation zu Rom stand; an ihrer größeren oder geringeren Widerwilligkeit war nicht viel gelegen. Jetzt indes fing auch Latium an zu schwanken. Die meisten latinischen Kommunen in Etrurien, Latium, dem Marsergebiet und dem nördlichen Kampanien, also eben in denjenigen latinischen Landschaften, die unmittelbar am wenigsten von dem Kriege gelitten hatten, erklärten im Jahre 545 (209) dem römischen Senat, daß sie von jetzt an weder Kontingente noch Steuern mehr schicken und es den Römern überlassen würden, den in ihrem Interesse geführten Krieg selber zu bestreiten. Die Bestürzung in Rom war groß; allein für den Augenblick gab es kein Mittel, die Widerspenstigen zu zwingen. Zum Glück handelten nicht alle latinischen Gemeinden so. Die gallischen, picenischen und süditalischen Kolonien, an ihrer Spitze das mächtige und patriotische Fregellae, erklärten im Gegenteil, daß sie um so enger und treulicher an Rom sich anschlössen – freilich war es diesen allen sehr deutlich dargetan, daß bei dem gegenwärtigen Kriege ihre Existenz womöglich noch mehr auf dem Spiele stand als die der Hauptstadt und daß dieser Krieg wahrlich nicht bloß für Rom, sondern für die latinische Hegemonie in Italien, ja für Italiens nationale Unabhängigkeit geführt ward. Auch jener halbe Abfall war sicherlich nicht Landesverrat, sondern Kurzsichtigkeit und Erschöpfung; ohne Zweifel würden dieselben Städte ein Bündnis mit den Phönikern mit Abscheu zurückgewiesen haben. Allein immer war es eine Spaltung zwischen Römern und Latinern, und der Rückschlag auf die unterworfene Bevölkerung der Landschaften blieb nicht aus. In Arretium zeigte sich sogleich eine bedenkliche Gärung; eine im Interesse Hannibals unter den Etruskern angestiftete Verschwörung ward entdeckt und schien so gefährlich, daß man deswegen römische Truppen marschieren ließ. Militär und Polizei unterdrückten diese Bewegung zwar ohne Mühe; allein sie war ein ernstes Zeichen, was in jenen Landschaften kommen könne, seit die latinischen Zwingburgen nicht mehr schreckten.

In diese schwierigen und gespannten Verhältnisse schlug plötzlich die Nachricht hinein, daß Hasdrubal im Herbst des Jahres 546 (208) die Pyrenäen überschritten habe und man sich darauf gefaßt machen müsse, im nächsten Jahr in Italien den Krieg mit den beiden Söhnen Hamilkars zu führen. Nicht umsonst hatte Hannibal die langen schweren Jahre hindurch auf seinem Posten ausgeharrt; was die faktiöse Opposition daheim, was der kurzsichtige Philippos ihm versagt hatte, das führte endlich der Bruder ihm heran, in dem wie in ihm selbst Hamilkars Geist mächtig war. Schon standen achttausend Ligurer, durch phönikisches Gold geworben, bereit, sich mit Hasdrubal zu vereinigen; wenn er die erste Schlacht gewann, so durfte er hoffen, gleich dem Bruder die Gallier, vielleicht die Etrusker gegen Rom unter die Waffen zu bringen. Italien war aber nicht mehr, was es vor elf Jahren gewesen; der Staat und die einzelnen waren erschöpft, der latinische Bund gelockert, der beste Feldherr soeben auf dem Schlachtfeld gefallen und Hannibal nicht bezwungen. In der Tat, Scipio mochte die Gunst seines Genius preisen, wenn er die Folgen seines unverzeihlichen Fehlers von ihm und dem Lande abwandte.

Wie in den Zeiten der schwersten Gefahr bot Rom wieder dreiundzwanzig Legionen auf; man rief Freiwillige zu den Waffen und zog die gesetzlich vom Kriegsdienst Befreiten zur Aushebung mit heran. Dennoch wurde man überrascht. Freunden und Feinden über alle Erwartung früh stand Hasdrubal diesseits der Alpen (547 207); die Gallier, der Durchmärsche jetzt gewohnt, öffneten für gutes Geld willig ihre Pässe und lieferten, was das Heer bedurfte. Wenn man in Rom beabsichtigt hatte, die Ausgänge der Alpenpässe zu besetzen, so kam man damit wieder zu spät; schon vernahm man, daß Hasdrubal am Padus stehe, daß er die Gallier mit gleichem Erfolge wie einst sein Bruder zu den Waffen rufe, daß Placentia berannt werde. Schleunigst begab der Konsul Marcus Livius sich zu der Nordarmee; und es war hohe Zeit, daß er erschien. Etrurien und Umbrien waren in dumpfer Gärung; Freiwillige von dort verstärkten das phönikische Heer. Sein Kollege Gaius Nero zog aus Venusia den Prätor Gaius Hostilius Tubulus an sich und eilte mit einem Heere von 40000 Mann, Hannibal den Weg nach Norden zu verlegen. Dieser sammelte seine ganze Macht im brettischen Gebiet, und auf der großen, von Rhegion nach Apulien führenden Straße vorrückend traf er bei Grumentum auf den Konsul. Es kam zu einem hartnäckigen Gefecht, in welchem Nero sich den Sieg zuschrieb; allein Hannibal vermochte wenigstens, wenn auch mit Verlust, durch einen seiner gewöhnlichen geschickten Seitenmärsche sich dem Feinde zu entziehen und ungehindert Apulien zu erreichen. Hier blieb er stehen und lagerte anfangs bei Venusia, alsdann bei Canusium, Nero, der ihm auf dem Fuß gefolgt war, dort wie hier ihm gegenüber. Daß Hannibal freiwillig stehenblieb und nicht von der römischen Armee am Vorrücken gehindert ward, scheint nicht zu bezweifeln; der Grund, warum er gerade hier und nicht weiter nördlich sich aufstellte, muß gelegen haben in Verabredungen Hannibals mit Hasdrubal oder in Mutmaßungen über dessen Marschroute, die wir nicht kennen. Während also hier die beiden Heere sich untätig gegenüberstanden, ward die im Hannibalischen Lager sehnlich erwartete Depesche Hasdrubals von Neros Posten aufgefangen; sie ergab, daß Hasdrubal beabsichtigte, die Flaminische Straße einzuschlagen, also zunächst sich an der Küste zu halten und dann bei Fanum über den Apennin gegen Narnia sich zu wenden, an welchem Orte er Hannibal zu treffen gedenke. Sofort ließ Nero nach Narnia als dem zur Vereinigung der beiden phönikischen Heere ausersehenen Punkt die hauptstädtische Reserve vorgehen, wogegen die bei Capua stehende Abteilung nach der Hauptstadt kam und dort eine neue Reserve gebildet ward. Überzeugt, daß Hannibal die Absicht des Bruders nicht kenne und fortfahren werde, ihn in Apulien zu erwarten, entschloß sich Nero zu dem kühnen Wagnis, mit einem kleinen, aber auserlesenen Korps von 7000 Mann in Gewaltmärschen nordwärts zu eilen und womöglich in Gemeinschaft mit dem Kollegen den Hasdrubal zur Schlacht zu zwingen; er konnte es, denn das römische Heer, das er zurückließ, blieb immer stark genug, um Hannibal entweder standzuhalten, wenn er angriff, oder ihn zu geleiten und mit ihm zugleich an dem Orte der Entscheidung einzutreffen, wenn er abzog. Nero fand den Kollegen Marcus Livius bei Sena gallica, den Feind erwartend. Sofort rückten beide Konsuln aus gegen Hasdrubal, den sie beschäftigt fanden, den Metaurus zu überschreiten. Hasdrubal wünschte die Schlacht zu vermeiden und sich seitwärts den Römern zu entziehen; allein seine Führer ließen ihn im Stich, er verirrte sich auf dem ihm fremden Terrain und wurde endlich auf dem Marsch von der römischen Reiterei angegriffen und so lange festgehalten, bis auch das römische Fußvolk eintraf und die Schlacht unvermeidlich ward. Hasdrubal stellte die Spanier auf den rechten Flügel, davor seine zehn Elefanten, die Gallier auf den linken, den er versagte. Lange schwankte das Gefecht auf dem rechten Flügel und der Konsul Livius, der hier befehligte, ward hart gedrängt, bis Nero, seine strategische Operation taktisch wiederholend, den ihm unbeweglich gegenüberstehenden Feind stehen ließ und, um die eigene Armee herum marschierend, den Spaniern in die Flanke fiel. Dies entschied. Der schwer erkämpfte und sehr blutige Sieg war vollständig; das Heer, das keinen Rückzug hatte, ward vernichtet, das Lager erstürmt, Hasdrubal, da er die vortrefflich geleitete Schlacht verloren sah, suchte und fand gleich seinem Vater einen ehrlichen Reitertod. Als Offizier und als Mann war er wert, Hannibals Bruder zu sein.

Am Tage nach der Schlacht brach Nero wieder auf und stand nach kaum vierzehntägiger Abwesenheit abermals in Apulien Hannibal gegenüber, den keine Botschaft erreicht und der sich nicht gerührt hatte. Die Botschaft brachte ihm der Konsul mit; es war der Kopf des Bruders, den der Römer den feindlichen Posten hinwerfen ließ, also dem großen Gegner, der den Krieg mit Toten verschmähte, die ehrenvolle Bestattung des Paullus, Gracchus und Marcellus vergeltend. Hannibal erkannte, daß er umsonst gehofft hatte und daß alles vorbei war. Er gab Apulien und Lucanien, sogar Metapont auf und zog mit seinen Truppen zurück in das brettische Land, dessen Häfen sein einziger Rückzug waren. Durch die Energie der römischen Feldherren und mehr noch durch eine beispiellos glückliche Fügung war eine Gefahr von Rom abgewandt, deren Größe Hannibals zähes Ausharren in Italien rechtfertigt und die mit der Größe der cannensischen den Vergleich vollkommen aushält. Der Jubel in Rom war grenzenlos; die Geschäfte begannen wieder wie in Friedenszeit; jeder fühlte, daß die Gefahr des Krieges verschwunden sei.

Indes ein Ende zu machen beeilte man sich in Rom eben nicht. Der Staat und die Bürger waren erschöpft durch die übermäßige moralische und materielle Anspannung aller Kräfte; gern gab man der Sorglosigkeit und der Ruhe sich hin. Heer und Flotte wurden vermindert, die römischen und latinischen Bauern auf ihre verödeten Höfe zurückgeführt, die Kasse durch den Verkauf eines Teils der kampanischen Domäne gefüllt. Die Staatsverwaltung wurde neu geregelt und die eingerissenen Unordnungen abgestellt; man fing an, das freiwillige Kriegsanlehen zurückzuzahlen, und zwang die im Rückstand gebliebenen latinischen Gemeinden, ihren versäumten Pflichten mit schweren Zinsen zu genügen.

Der Krieg in Italien stockte. Es war ein glänzender Beweis von Hannibals strategischem Talent sowie freilich auch von der Unfähigkeit der jetzt ihm gegenüberstehenden römischen Feldherren, daß er von da an noch durch vier Jahre im brettischen Lande das Feld behaupten und von dem weit überlegenen Gegner weder gezwungen werden konnte, sich in die Festungen einzuschließen noch sich einzuschiffen. Freilich mußte er immer weiter zurückweichen, weniger in Folge der ihm von den Römern gelieferten, nichts entscheidenden Gefechte, als weil seine brettischen Bundesgenossen immer schwieriger wurden und er zuletzt nur auf die Städte noch zählen konnte, die sein Heer besetzt hielt. So gab er Thurii freiwillig auf; Lokri ward auf Publius Scipios Veranstaltung von Rhegion aus wieder eingenommen (549 205). Als sollten seine Entwürfe noch schließlich von den karthagischen Behörden, die sie ihm verdorben hatten, selbst eine glänzende Rechtfertigung erhalten, suchten diese in der Angst vor der erwarteten Landung der Römer jene Pläne nun selbst wieder hervor (548, 549 206, 205) und sandten an Hannibal nach Italien, an Mago nach Spanien Verstärkung und Subsidien mit dem Befehl, den Krieg in Italien aufs neue zu entflammen und den zitternden Besitzern der libyschen Landhäuser und der karthagischen Buden noch einige Frist zu erfechten. Ebenso ging eine Gesandtschaft nach Makedonien, um Philippos zur Erneuerung des Bündnisses und zur Landung in Italien zu bestimmen (549 205). Allein es war zu spät. Philippos hatte wenige Monate zuvor mit Rom Frieden geschlossen; die bevorstehende politische Vernichtung Karthagos war ihm zwar unbequem, aber er tat öffentlich wenigstens nichts gegen Rom. Es ging ein kleines makedonisches Korps nach Afrika, das nach der Behauptung der Römer Philippos aus seiner Tasche bezahlte; begreiflich wäre es, allein Beweise wenigstens hatten, wie der spätere Verlauf der Ereignisse zeigt, die Römer dafür nicht. An eine makedonische Landung in Italien ward nicht gedacht.

Ernstlicher griff Mago, Hamilkars jüngster Sohn, seine Aufgabe an. Mit den Trümmern der spanischen Armee, die er zunächst nach Minorca geführt hatte, landete er im Jahre 549 (205) bei Genua, zerstörte die Stadt und rief die Ligurer und Gallier zu den Waffen, die das Gold und die Neuheit des Unternehmens wie immer scharenweise herbeizog; seine Verbindungen gingen sogar durch ganz Etrurien, wo die politischen Prozesse nicht ruhten. Allein was er an Truppen mitgebracht, war zu wenig für eine ernstliche Unternehmung gegen das eigentliche Italien, und Hannibal war gleichfalls viel zu schwach und sein Einfluß in Unteritalien viel zu sehr gesunken, als daß er mit Erfolg hätte vorgehen können. Die karthagischen Herren hatten die Rettung der Heimat nicht gewollt, da sie möglich war; jetzt, da sie sie wollten, war sie nicht mehr möglich.

Wohl niemand zweifelte im römischen Senat, weder daran, daß der Krieg Karthagos gegen Rom zu Ende sei, noch daran, daß nun der Krieg Roms gegen Karthago begonnen werden müsse; allein die afrikanische Expedition, so unvermeidlich sie war, scheute man sich anzuordnen. Man bedurfte dazu vor allem eines fähigen und beliebten Führers; und man hatte keinen. Die besten Generale waren entweder auf dem Schlachtfeld gefallen oder sie waren, wie Quintus Fabius und Quintus Fulvius, für einen solchen ganz neuen und wahrscheinlich langwierigen Krieg zu alt. Die Sieger von Sena, Gaius Nero und Marcus Livius, wären der Aufgabe schon gewachsen gewesen, allein sie waren beide im höchsten Grade unpopuläre Aristokraten; es war zweifelhaft, ob es gelingen würde, ihnen das Kommando zu verschaffen – so weit war man ja schon, daß die Tüchtigkeit allein nur in den Zeiten der Angst die Wahlen entschied –, und mehr als zweifelhaft, ob dies die Männer waren, die dem erschöpften Volke neue Anstrengungen ansinnen durften. Da kam Publius Scipio aus Spanien zurück, und der Liebling der Menge, der seine von ihr empfangene Aufgabe so glänzend erfüllt hatte oder doch erfüllt zu haben schien, ward sogleich für das nächste Jahr zum Konsul gewählt. Er trat sein Amt an (549 205) mit dem festen Entschluß, die schon in Spanien entworfene afrikanische Expedition jetzt zu verwirklichen. Indes im Senat wollte nicht bloß die Partei der methodischen Kriegführung von einer afrikanischen Expedition so lange nichts wissen, als Hannibal noch in Italien stand, sondern es war auch die Majorität dem jungen Feldherrn selbst keineswegs günstig gesinnt. Seine griechische Eleganz und moderne Bildung und Gesinnung sagte den strengen und etwas bäurischen Vätern der Stadt sehr wenig zu und gegen seine Kriegführung in Spanien bestanden ebenso ernste Bedenken wie gegen seine Soldatenzucht. Wie begründet der Vorwurf war, daß er gegen seine Korpschefs allzugroße Nachsicht zeige, bewiesen sehr bald die Schändlichkeiten, die Gaius Pleminius in Lokri verübte, und die Scipio allerdings durch seine fahrlässige Beaufsichtigung in der ärgerlichsten Weise mittelbar mit verschuldet hatte. Daß bei den Verhandlungen im Senat über die Anordnung des afrikanischen Feldzugs und die Bestellung des Feldherrn dafür der neue Konsul nicht übel Lust bezeigte, wo immer Brauch und Verfassung mit seinen Privatabsichten in Konflikt gerieten, solche Hemmnisse beiseite zu schieben, und daß er sehr deutlich zu verstehen gab, wie er sich äußersten Falls der Regierungsbehörde gegenüber auf seinen Ruhm und seine Popularität bei dem Volke zu stützen gedenke, mußte den Senat nicht bloß kränken, sondern auch die ernstliche Besorgnis erwecken, ob ein solcher Oberfeldherr bei dem bevorstehenden Entscheidungskrieg und den etwaigen Friedensverhandlungen mit Karthago sich an die ihm gewordenen Instruktionen binden werde; eine Besorgnis, welche die eigenmächtige Führung der spanischen Expedition keineswegs zu beschwichtigen geeignet war. Indes bewies man auf beiden Seiten Einsicht genug, um es nicht zum Äußersten kommen zu lassen. Auch der Senat konnte nicht verkennen, daß die afrikanische Expedition notwendig und es nicht weise war, dieselbe ins Unbestimmte hinauszuschieben; nicht verkennen, daß Scipio ein äußerst fähiger Offizier und insofern zum Führer eines solchen Krieges wohl geeignet war und daß, wenn einer, er es vermochte, vom Volke die Verlängerung seines Oberbefehls so lange als nötig und die Aufbietung der letzten Kräfte zu erlangen. Die Majorität kam zu dem Entschluß, Scipio den gewünschten Auftrag nicht zu versagen, nachdem derselbe zuvor die der höchsten Regierungsbehörde schuldige Rücksicht wenigstens der Form nach beobachtet und im Voraus sich dem Beschluß des Senats unterworfen hatte. Scipio sollte dies Jahr nach Sizilien gehen, um den Bau der Flotte, die Herstellung des Belagerungsmaterials und die Bildung der Expeditionsarmee zu betreiben, und dann im nächsten Jahr in Afrika landen. Es ward ihm hierzu die sizilische Armee – noch immer jene beiden aus den Trümmern des cannensischen Heeres gebildeten Legionen – zur Disposition gestellt, da zur Deckung der Insel eine schwache Besatzung und die Flotte vollständig ausreichten, und außerdem ihm gestattet, in Italien Freiwillige aufzubieten. Es war augenscheinlich, daß der Senat die Expedition nicht anordnete, sondern vielmehr geschehen ließ; Scipio erhielt nicht die Hälfte der Mittel, die man einst Regulus zu Gebot gestellt hatte, und überdies eben dasjenige Korps, das seit Jahren vom Senat mit berechneter Zurücksetzung behandelt worden war. Die afrikanische Armee war im Sinne der Majorität des Senats ein verlorener Posten von Strafkompanien und Volontärs, deren Untergang der Staat allenfalls verschmerzen konnte.

Ein anderer Mann als Scipio hätte vielleicht erklärt, daß die afrikanische Expedition entweder mit anderen Mitteln oder gar nicht unternommen werden müsse; allein Scipios Zuversicht ging auf die Bedingungen ein, wie sie immer waren, um nur zu dem heißersehnten Kommando zu gelangen. Sorgfältig vermied er, soweit es anging, das Volk unmittelbar zu belästigen, um nicht der Popularität der Expedition zu schaden. Die Kosten derselben, namentlich die beträchtlichen des Flottenbaus, wurden teils beigeschafft durch eine sogenannte freiwillige Kontribution der etruskischen Städte, das heißt durch eine den Arretinern und den sonstigen phönikisch gesinnten Gemeinden zur Strafe auferlegte Kriegssteuer, teils auf die sizilischen Städte gelegt; in vierzig Tagen war die Flotte segelfertig. Die Mannschaft verstärkten Freiwillige, deren bis siebentausend aus allen Teilen Italiens dem Rufe des geliebten Offiziers folgten. So ging Scipio im Frühjahr 550 (204) mit zwei starken Veteranenlegionen (etwa 30000 Mann), 40 Kriegs- und 400 Transportschiffen nach Afrika unter Segel und landete glücklich, ohne den geringsten Widerstand zu finden, am Schönen Vorgebirge in der Nähe von Utica.

Die Karthager, die seit langem erwarteten, daß auf die Plünderungszüge, welche die römischen Geschwader in den letzten Jahren häufig nach der afrikanischen Küste gemacht hatten, ein ernstlicher Einfall folgen werde, hatten, um dessen sich zu erwehren, nicht bloß den italisch-makedonischen Krieg aufs neue in Gang zu bringen versucht, sondern auch daheim gerüstet, um die Römer zu empfangen. Es war gelungen, von den beiden rivalisierenden Berberkönigen, Massinissa von Cirta (Constantine), dem Herrn der Massyler, und Syphax von Siga (an der Tafnamündung, westlich von Oran), dem Herrn der Massäsyler, den letzteren, den bei weitem mächtigeren und bisher den Römern befreundeten, durch Vertrag und Verschwägerung eng an Karthago zu knüpfen, indem man den anderen, den alten Nebenbuhler des Syphax und Bundesgenossen der Karthager, fallen ließ. Massinissa war nach verzweifelter Gegenwehr der vereinigten Macht der Karthager und des Syphax erlegen und hatte seine Länder dem letzteren zur Beute lassen müssen; er selbst irrte mit wenigen Reitern in der Wüste. Außer dem Zuzug, der von Syphax zu erwarten war, stand ein karthagisches Heer von 20000 Mann zu Fuß, 6000 Reitern und 140 Elefanten – Hanno war eigens deshalb auf Elefantenjagd ausgeschickt worden – schlagfertig zum Schutz der Hauptstadt, unter der Führung des in Spanien erprobten Feldherrn Hasdrubal, Gisgons Sohn; im Hafen lag eine starke Flotte. Ein makedonisches Korps unter Sopater und eine Sendung keltiberischer Söldner wurden demnächst erwartet.

Auf das Gerücht von Scipios Landung traf Massinissa sofort in dem Lager des Feldherrn ein, dem er vor nicht langem in Spanien als Feind gegenübergestanden hatte; allein der länderlose Fürst brachte zunächst den Römern nichts als seine persönliche Tüchtigkeit, und die Libyer, obwohl der Aushebungen und Steuern herzlich müde, hatten doch in ähnlichen Fällen zu bittere Erfahrungen gemacht, um sich sofort für die Römer zu erklären. So begann Scipio den Feldzug. Solange er nur die schwächere karthagische Armee gegen sich hatte, war er im Vorteil und konnte nach einigen glücklichen Reitergefechten zur Belagerung von Utica schreiten; allein als Syphax eintraf, angeblich mit 50000 Mann zu Fuß und 10000 Reitern, mußte die Belagerung aufgehoben und auf einem leicht zu verschanzenden Vorgebirg zwischen Utica und Karthago ein befestigtes Schiffslager geschlagen werden. Hier verging dem römischen General der Winter 550/51 (204/03). Aus der ziemlich unbequemen Lage, in der das Frühjahr ihn fand, befreite er sich durch einen glücklichen Handstreich. Die Afrikaner, eingeschläfert durch die von Scipio mehr listig als ehrlich angesponnenen Friedensverhandlungen, ließen sich in einer und derselben Nacht in ihren beiden Lagern überfallen: die Rohrhütten der Numidier loderten in Flammen auf, und als die Karthager eilten zu helfen, traf ihr eigenes Lager dasselbe Schicksal; wehrlos wurden die Flüchtenden von den römischen Abteilungen niedergemacht. Dieser nächtliche Überfall war verderblicher als manche Schlacht. Indes die Karthager ließen den Mut nicht sinken und verwarfen sogar den Rat der Furchtsamen, oder vielmehr der Verständigen, Mago und Hannibal zurückzurufen. Eben jetzt waren die erwarteten keltiberischen und makedonischen Hilfstruppen angelangt; man beschloß, auf den „großen Feldern“, fünf Tagemärsche von Utica, noch einmal die offene Feldschlacht zu versuchen. Scipio eilte, sie anzunehmen; mit leichter Mühe zerstreuten seine Veteranen und Freiwilligen die zusammengerafften karthagischen und numidischen Schwärme und auch die Keltiberer, die bei Scipio auf Gnade nicht rechnen durften, wurden nach hartnäckiger Gegenwehr zusammengehauen. Die Afrikaner konnten nach dieser doppelten Niederlage nirgend mehr das Feld halten. Ein Angriff auf das römische Schiffslager, den die karthagische Flotte versuchte, lieferte zwar kein ungünstiges, aber doch auch kein entscheidendes Resultat und ward weit aufgewogen durch die Gefangennahme des Syphax, die dem Scipio sein beispielloser Glücksstern zuwarf und durch welche Massinissa das für die Römer ward, was anfangs Syphax den Karthagern gewesen war.

Nach solchen Niederlagen konnte die karthagische Friedenspartei, die seit sechzehn Jahren hatte schweigen müssen, wiederum ihr Haupt erheben und sich offen auflehnen gegen das Regiment der Barkas und der Patrioten. Hasdrubal, Gisgons Sohn, ward abwesend von der Regierung zum Tode verurteilt und ein Versuch gemacht, von Scipio Waffenstillstand und Frieden zu erlangen. Er forderte Abtretung der spanischen Besitzungen und der Inseln des Mittelmeeres, Übergabe des Reiches des Syphax an Massinissa, Auslieferung der Kriegsschiffe bis auf zwanzig und eine Kriegskontribution von 4000 Talenten (fast 7 Mill. Taler) – Bedingungen, die für Karthago so beispiellos günstig erscheinen, daß die Frage sich aufdrängt, ob sie Scipio mehr in seinem oder mehr in Roms Interesse anbot. Die karthagischen Bevollmächtigten nahmen dieselben an unter Vorbehalt der Ratifikation ihrer Behörden, und es ging eine karthagische Gesandtschaft deshalb nach Rom ab. Allein die karthagische Patriotenpartei war nicht gemeint, so leichten Kaufs auf den Kampf zu verzichten; der Glaube an die edle Sache, das Vertrauen auf den großen Feldherrn, selbst das Beispiel, das Rom gegeben hatte, feuerten sie an auszuharren, auch davon abgesehen, daß der Friede notwendig die Gegenpartei ans Ruder und damit ihnen selbst den Untergang bringen mußte. In der Bürgerschaft hatte die Patriotenpartei das Übergewicht; man beschloß, die Opposition über den Frieden verhandeln zu lassen und mittlerweile sich zu einer letzten und entscheidenden Anstrengung vorzubereiten. An Mago und an Hannibal erging der Befehl, schleunigst nach Afrika heimzukehren. Mago, der seit drei Jahren (459-551 205-203) daran arbeitete, in Norditalien eine Koalition gegen Rom ins Leben zu rufen, war eben damals im Gebiet der Insubrer (um Mailand) dem weit überlegenen römischen Doppelheer unterlegen. Die römische Reiterei war zum Weichen und das Fußvolk ins Gedränge gebracht worden und der Sieg schien sich für die Karthager zu erklären, als der kühne Angriff eines römischen Trupps auf die feindlichen Elefanten und vor allem die schwere Verwundung des geliebten und fähigen Führers das Glück der Schlacht wandte: das phönikische Heer mußte an die ligurische Küste zurückweichen. Hier erhielt es den Befehl zur Einschiffung und vollzog ihn; Mago aber starb während der Überfahrt an seiner Wunde. Hannibal wäre dem Befehl wahrscheinlich zuvorgekommen, wenn nicht die letzten Verhandlungen mit Philipp ihm eine neue Aussicht dargeboten hätten, seinem Vaterland in Italien nützlicher sein zu können als in Libyen; als er in Kroton, wo er in der letzten Zeit gestanden hatte, ihn empfing, säumte er nicht, ihm nachzukommen. Er ließ seine Pferde niederstoßen sowie die italischen Soldaten, die sich weigerten, ihm über das Meer zu folgen, und bestieg die auf der Rede von Kroton längst in Bereitschaft stehenden Transportschiffe. Die römischen Bürger atmeten auf, da der gewaltige libysche Löwe, den zum Abzug zu zwingen selbst jetzt noch niemand sich getraute, also freiwillig dem italischen Boden den Rücken wandte; bei diesem Anlaß ward dem einzigen überlebenden unter den römischen Feldherren, welche die schwere Zeit mit Ehren bestanden hatten, dem fast neunzigjährigen Quintus Fabius von Rat und Bürgerschaft der Graskranz verehrt. Dieser Kranz, welchen nach römischer Sitte das durch den Feldherrn gerettete Heer seinem Retter darbrachte, von der ganzen Gemeinde zu empfangen, war die höchste Auszeichnung, die einem römischen Bürger je zuteil geworden ist, und der letzte Ehrenschmuck des alten Feldherrn, der noch in demselben Jahre aus dem Leben schied (551 203). Hannibal aber gelangte, ohne Zweifel nicht unter dem Schutz des Waffenstillstandes, sondern allein durch seine Schnelligkeit und sein Glück, ungehindert nach Leptis und betrat, der letzte von Hamilkars „Löwenbrut“, hier abermals nach sechsunddreißigjähriger Abwesenheit den Boden der Heimat, die er, fast noch ein Knabe, verlassen hatte, um seine großartige und doch so durchaus vergebliche Heldenlaufbahn zu beginnen und westwärts ausziehend von Osten her heimzukehren, rings um die karthagische See einen weiten Siegeskreis beschreibend. Jetzt, wo geschehen war, was er hatte verhüten wollen und was er verhütet hätte, wenn er gedurft, jetzt sollte er, wenn möglich, retten und helfen; und er tat es, ohne zu klagen und zu schelten. Mit seiner Ankunft trat die Patriotenpartei offen auf; das schändliche Urteil gegen Hasdrubal ward kassiert, neue Verbindungen mit den numidischen Scheichs durch Hannibals Gewandtheit angeknüpft und nicht bloß dem tatsächlich abgeschlossenen Frieden in der Volksversammlung die Bestätigung verweigert, sondern auch durch die Plünderung einer an der afrikanischen Küste gestrandeten römischen Transportflotte, ja sogar durch den überfall eines römische Gesandte führenden römischen Kriegsschiffs der Waffenstillstand gebrochen. In gerechter Erbitterung brach Scipio aus seinem Lager bei Tunis auf (552 202) und durchzog das reiche Tal des Bagradas (Medscherda), indem er den Ortschaften keine Kapitulation mehr gewährte, sondern die Einwohnerschaften der Flecken und Städte in Masse aufgreifen und verkaufen ließ. Schon war er tief ins Binnenland eingedrungen und stand bei Naraggara (westlich von Sicca, jetzt el Kef, an der Grenze von Tunis und Algier), als Hannibal, der ihm von Hadrumetum aus entgegengezogen war, mit ihm zusammentraf. Der karthagische Feldherr versuchte von dem römischen in einer persönlichen Zusammenkunft bessere Bedingungen zu erlangen; allein Scipio, der schon bis an die äußerste Grenze der Zugeständnisse gegangen war, konnte nach dem Bruch des Waffenstillstandes unmöglich zu weiterer Nachgiebigkeit sich verstehen, und es ist nicht glaublich, daß Hannibal bei diesem Schritt etwas anderes bezweckte, als der Menge zu zeigen, daß die Patrioten keineswegs unbedingt gegen den Frieden seien. Die Konferenz führte zu keinem Ergebnis und so kam es zu der Entscheidungsschlacht bei Zama (vermutlich unweit Sicca)28. In drei Linien ordnete Hannibal sein Fußvolk: in das erste Glied die karthagischen Mietstruppen, in das zweite die afrikanische Land- und die phönikische Bürgerwehr nebst dem makedonischen Korps, in das dritte die Veteranen, die ihm aus Italien gefolgt waren. Vor der Linie standen die achtzig Elefanten, die Reiter auf den Flügeln. Scipio stellte gleichfalls seine Legionen in drei Glieder, wie die Römer pflegten, und ordnete sie so, daß die Elefanten durch und neben der Linie weg ausbrechen konnten, ohne sie zu sprengen. Dies gelang nicht bloß vollständig, sondern die seitwärts ausweichenden Elefanten brachten auch die karthagischen Reiterflügel in Unordnung, so daß gegen diese Scipios Reiterei, die überdies durch das Eintreffen von Massinissas Scharen dem Feinde weit überlegen war, leichtes Spiel hatte und bald in vollem Nachsetzen begriffen war. Ernster war der Kampf des Fußvolks. Lange stand das Gefecht zwischen den beiderseitigen ersten Gliedern; in dem äußerst blutigen Handgemenge gerieten endlich beide Teile in Verwirrung und mußten an den zweiten Gliedern einen Halt suchen. Die Römer fanden ihn; die karthagische Miliz aber zeigte sich so unsicher und schwankend, daß sich die Söldner verraten glaubten und es zwischen ihnen und der karthagischen Bürgerwehr zum Handgemenge kam. Indes Hannibal zog eilig, was von den beiden ersten Linien noch übrig war, auf die Flügel zurück und schob seine italischen Kerntruppen auf der ganzen Linie vor. Scipio drängte dagegen in der Mitte zusammen, was von der ersten Linie noch kampffähig war und ließ das zweite und dritte Glied rechts und links an das erste sich anschließen. Abermals begann auf derselben Walstatt ein zweites, noch fürchterlicheres Gemetzel; Hannibals alte Soldaten wankten nicht trotz der Überzahl der Feinde, bis die Reiterei der Römer und des Massinissa, von der Verfolgung der geschlagenen feindlichen zurückkehrend, sie von allen Seiten umringte. Damit war nicht bloß der Kampf zu Ende, sondern das phönikische Heer vernichtet; dieselben Soldaten, die vierzehn Jahre zuvor bei Cannae gewichen waren, hatten ihren Überwindern bei Zama vergolten. Mit einer Handvoll Leute gelangte Hannibal flüchtig nach Hadrumetum.

Nach diesem Tage konnte auf karthagischer Seite nur der Unverstand zur Fortsetzung des Krieges raten. Dagegen lag es in der Hand des römischen Feldherrn, sofort die Belagerung der Hauptstadt zu beginnen, die weder gedeckt noch verproviantiert war, und, wenn nicht unberechenbare Zwischenfälle eintraten, das Schicksal, welches Hannibal über Rom hatte bringen wollen, jetzt über Karthago walten zu lassen. Scipio hat es nicht getan; er gewährte den Frieden (553 201), freilich nicht mehr auf die früheren Bedingungen. Außer den Abtretungen, die schon bei den letzen Verhandlungen für Rom wie für Massinissa gefordert worden waren, wurde den Karthagern auf fünfzig Jahre eine jährliche Kontribution von 200 Talenten (340000 Taler) aufgelegt und mußten sie sich anheischig machen, nicht gegen Rom oder seine Verbündeten und überhaupt außerhalb Afrika gar nicht, in Afrika außerhalb ihres eigenen Gebietes nur nach eingeholter Erlaubnis Roms Krieg zu führen; was tatsächlich darauf hinauslief, daß Karthago tributpflichtig ward und seine politische Selbständigkeit verlor. Es scheint sogar, daß die Karthager unter Umständen verpflichtet waren, Kriegsschiffe zu der römischen Flotte zu stellen.

Man hat Scipio beschuldigt, daß er, um die Ehre der Beendigung des schwersten Krieges, den Rom geführt hat, nicht mit dem Oberbefehl an einen Nachfolger abgeben zu müssen, dem Feinde zu günstige Bedingungen gewährte. Die Anklage möchte gegründet sein, wenn der erste Entwurf zustande gekommen wäre; gegen den zweiten scheint sie nicht gerechtfertigt. Weder standen in Rom die Verhältnisse so, daß der Günstling des Volkes nach dem Siege bei Zama die Abberufung ernstlich zu fürchten gehabt hätte – war doch schon vor dem Siege ein Versuch, ihn abzulösen, vom Senat an die Bürgerschaft und von dieser entschieden zurückgewiesen worden; noch rechtfertigen die Bedingungen selbst diese Beschuldigung. Die Karthagerstadt hat, nachdem ihr also die Hände gebunden und ein mächtiger Nachbar ihr zur Seite gestellt war, nie auch nur einen Versuch gemacht, sich der römischen Suprematie zu entziehen, geschweige denn, mit Rom zu rivalisieren; es wußte überdies jeder, der es wissen wollte, daß der soeben beendigte Krieg viel mehr von Hannibal unternommen worden war als von Karthago und daß der Riesenplan der Patriotenpartei sich schlechterdings nicht erneuern ließ. Es mochte den rachsüchtigen Italienern wenig dünken, daß nur die fünfhundert ausgelieferten Kriegsschiffe in Flammen aufloderten und nicht auch die verhaßte Stadt; Verbissenheit und Dorfschulzenverstand mochten die Meinung verfechten, daß nur der vernichtete Gegner wirklich besiegt sei, und den schelten, der das Verbrechen, die Römer zittern gemacht zu haben, verschmäht hatte, gründlicher zu bestrafen. Scipio dachte anders und wir haben keinen Grund und also kein Recht anzunehmen, daß in diesem Fall die gemeinen Motive den Römer bestimmten, und nicht die adligen und hochsinnigen, die auch in seinem Charakter lagen. Nicht das Bedenken der etwaigen Abberufung oder des möglichen Glückswechsels noch die allerdings nicht fernliegende Besorgnis vor dem Ausbruch des Makedonischen Krieges haben den sicheren und zuversichtlichen Mann, dem bisher noch alles unbegreiflich gelungen war, abgehalten, die Exekution an der unglücklichen Stadt zu vollziehen, die fünfzig Jahre später seinem Adoptivenkel aufgetragen wurde und die freilich wohl jetzt gleich schon vollzogen werde konnte. Es ist viel wahrscheinlicher, daß die beiden großen Feldherren, bei denen jetzt auch die politische Entscheidung stand, den Frieden wie er war boten und annahmen, um dort der ungestümen Rachsucht der Sieger, hier der Hartnäckigkeit und dem Unverstand der Überwundenen gerechte und verständige Schranken zu setzen; der Seelenadel und die staatsmännische Begabung der hohen Gegner zeigt sich nicht minder in Hannibals großartiger Fügung in das Unvermeidliche als in Scipios weisem Zurücktreten von dem Überflüssigen und Schmählichen des Sieges. Sollte er, der hochherzige und freiblickende Mann, sich nicht gefragt haben, was es denn dem Vaterlande nützte, nachdem die politische Macht der Karthagerstadt vernichtet war, diesen uralten Sitz des Handels und Ackerbaus völlig zu verderben und einen der Grundpfeiler der damaligen Zivilisation frevelhaft niederzuwerfen? Die Zeit war noch nicht gekommen, wo die ersten Männer Roms sich hergaben zu Henkern der Zivilisation der Nachbarn und die ewige Schande der Nation leichtfertig glaubten von sich mit einer müßigen Träne abzuwaschen.

So war der Zweite Punische Krieg, oder wie die Römer ihn richtiger nennen, der Hannibalische Krieg beendigt, nachdem er siebzehn Jahre vom Hellespont bis zu den Säulen des Herkules die Inseln und Landschaften verheert hatte. Vor diesem Krieg hatte Rom sein politisches Ziel nicht höher gesteckt als bis zu der Beherrschung des Festlandes der italischen Halbinsel innerhalb ihrer natürlichen Grenzen und der italischen Inseln und Meere. Daß man den Krieg auch beendigte mit dem Gedanken, nicht die Herrschaft über die Staaten am Mittelmeer oder die sogenannte Weltmonarchie begründet, sondern einen gefährlichen Nebenbuhler unschädlich gemacht und Italien bequeme Nachbarn gegeben zu haben, wird durch die Behandlung Afrikas beim Friedensschluß deutlich bewiesen. Es ist wohl richtig, daß andere Ergebnisse des Krieges, namentlich die Eroberung von Spanien, diesem Gedanken wenig entsprachen; aber die Erfolge führten eben über die eigentliche Absicht hinaus, und zu dem Besitz von Spanien sind die Römer in der Tat man möchte sagen zufällig gelangt. Die Herrschaft über Italien haben die Römer errungen, weil sie sie erstrebt haben; die Hegemonie und die daraus entwickelte Herrschaft über das Mittelmeergebiet ist ihnen gewissermaßen ohne ihre Absicht durch die Verhältnisse zugeworfen worden.

Die unmittelbaren Resultate des Krieges waren außerhalb Italien die Verwandlung Spaniens in eine römische, freilich in ewiger Auflehnung begriffene Doppelprovinz; die Vereinigung des bis dahin abhängigen syrakusanischen Reiches mit der römischen Provinz Sizilien; die Begründung des römischen statt des karthagischen Patronats über die bedeutendsten numidischen Häuptlinge; endlich die Verwandlung Karthagos aus einem mächtigen Handelsstaat in eine wehrlose Kaufstadt; mit einem Worte Roms unbestrittene Hegemonie über den Westen des Mittelmeergebiets, in weiterer Entwicklung das notwendige Ineinandergreifen des östlichen und des westlichen Staatensystems, das im Ersten Punischen Krieg sich nur erst angedeutet hatte, und damit das demnächst bevorstehende entscheidende Eingreifen Roms in die Konflikte der alexandrischen Monarchien. In Italien wurde dadurch zunächst das Keltenvolk, wenn nicht schon vorher, doch jetzt sicher zum Untergang bestimmt, und es war nur noch eine Zeitfrage, wann die Exekution vollzogen werden würde. Innerhalb der römischen Eidgenossenschaft war die Folge des Krieges das schärfere Hervortreten der herrschenden latinischen Nation, deren inneren Zusammenhang die trotz einzelner Schwankungen doch im ganzen in treuer Gemeinschaft überstandene Gefahr geprüft und bewährt hatte, und die steigende Unterdrückung der nicht latinischen oder nicht latinisierten Italiker, namentlich der Etrusker und der unteritalischen Sabeller. Am schwersten traf die Strafe oder vielmehr die Rache teils den mächtigsten teils den zugleich ersten und letzten Bundesgenossen Hannibals, die Gemeinde Capua und die Landschaft der Brettier. Die capuanische Verfassung ward vernichtet und Capua aus der zweiten Stadt in das erste Dorf Italiens umgewandelt; es war sogar die Rede davon, die Stadt zu schleifen und dem Boden gleichzumachen. Den gesamten Grund und Boden mit Ausnahme weniger Besitzungen Auswärtiger oder römisch gesinnter Kampaner erklärte der Senat zur öffentlichen Domäne und gab ihn seitdem an kleine Leute parzellenweise in Zeitpacht. Ähnlich wurden die Picenter am Silarus behandelt; ihre Hauptstadt wurde geschleift und die Bewohner zerstreut in die umliegenden Dörfer. Der Brettier Los war noch härter; sie wurden in Masse gewissermaßen zu Leibeigenen der Römer gemacht und für ewige Zeiten vom Waffenrecht ausgeschlossen. Aber auch die übrigen Verbündeten Hannibals büßten schwer, so die griechischen Städte mit Ausnahme der wenigen, die beständig zu Rom gehalten hatten, wie die kampanischen Griechen und die Rheginer. Nicht viel weniger litten die Arpaner und eine Menge anderer apulischer, lucanischer, samnitischer Gemeinden, die großenteils Stücke ihrer Mark verloren. Auf einem Teile der also gewonnenen Äcker wurden neue Kolonien angelegt; so im Jahre 560 (194) eine ganze Reihe Bürgerkolonien an den besten Häfen Unteritaliens, unter denen Sipontum (bei Manfredonia) und Kroton zu nennen sind, ferner Salernum in dem ehemaligen Gebiet der südlichen Picenter und diesen zur Zwingburg bestimmt, vor allem aber Puteoli, das bald der Sitz der vornehmen Villeggiatur und des asiatisch-ägyptischen Luxushandels ward. Ferner ward Thurii latinische Festung unter dem neuen Namen Copia (560 194), ebenso die reiche brettische Stadt Vibo unter dem Namen Valentia (562 192). Auf anderen Grundstücken in Samnium und Apulien wurden die Veteranen der siegreichen Armee von Afrika einzeln angesiedelt; der Rest blieb Gemeinland und die Weideplätze der vornehmen Herren in Rom ersetzten die Gärten und Ackerfelder der Bauern. Es versteht sich, daß außerdem in allen Gemeinden der Halbinsel die namhaften, nicht gut römisch gesinnten Leute soweit beseitigt wurden, als dies durch politische Prozesse und Güterkonfiskationen durchzusetzen war. Überall in Italien fühlten die nichtlatinischen Bundesgenossen, daß ihr Name eitel und daß sie fortan Untertanen Roms seien; die Besiegung Hannibals ward als eine zweite Unterjochung Italiens empfunden und alle Erbitterung wie aller Übermut des Siegers vornehmlich an den italischen, nichtlatinischen Bundesgenossen ausgelassen. Selbst die farblose und wohlpolizierte römische Komödie dieser Zeit trägt davon die Spuren; wenn die niedergeworfenen Städte Capua und Atella dem zügellosen Witz der römischen Posse polizeilich freigegeben und die letztere geradezu deren Schildburg wurde, wenn andere Lustspieldichter darüber spaßten, daß in der todbringenden Luft, wo selbst die ausdauerndste Rasse der Sklaven, das Syrervolk, verkomme, die kampanische Sklavenschaft schon gelernt habe auszuhalten, so hallt aus solchen gefühllosen Spöttereien der Hohn der Sieger, freilich auch der Jammerlaut der zertretenen Nationen wieder. Wie die Dinge standen, zeigt die ängstliche Sorgfalt, womit während des folgenden Makedonischen Krieges die Bewachung Italiens vom Senat betrieben ward, und die Verstärkungen, die den wichtigsten Kolonien – so Venusia 554 (200), Narnia 555 (199), Cosa 557 (197), Cales kurz vor 570 (184) – von Rom aus zugesandt wurden.

Welche Lücken Krieg und Hunger in die Reihen der italischen Bevölkerung gerissen hatten, zeigt das Beispiel der römischen Bürgerschaft, deren Zahl während des Krieges fast um den vierten Teil geschwunden war; die Angabe der Gesamtzahl der im Hannibalischen Krieg gefallenen Italiker auf 300000 Köpfe scheint danach durchaus nicht übertrieben. Natürlich fiel dieser Verlust vorwiegend auf den Kern der Bürgerschaft, die ja auch den Kern wie die Masse der Streiter stellte; wie furchtbar namentlich der Senat sich lichtete, zeigt die Ergänzung desselben nach der Schlacht bei Cannae, wo derselbe auf 123 Köpfe geschwunden war und mit Mühe und Not durch eine außerordentliche Ernennung von 177 Senatoren wieder auf seinen Normalstand gebracht ward. Daß endlich der siebzehnjährige Krieg, der zugleich in allen Landschaften Italiens und nach allen vier Weltgegenden im Ausland geführt worden war, die Volkswirtschaft im tiefsten Grund erschüttert haben muß, ist im allgemeinen klar; zur Ausführung im einzelnen reicht die Überlieferung nicht hin. Zwar der Staat gewann durch die Konfiskationen, und namentlich das kampanische Gebiet blieb seitdem eine unversiegliche Quelle der Staatsfinanzen; allein durch diese Ausdehnung der Domänenwirtschaft ging natürlich der Volkswohlstand um ebenso viel zurück, als er in anderen Zeiten gewonnen hatte durch die Zerschlagung der Staatsländereien. Eine Menge blühender Ortschaften – man rechnet vierhundert – war vernichtet und verderbt, das mühsam gesparte Kapital aufgezehrt, die Bevölkerung durch das Lagerleben demoralisiert, die alte gute Tradition bürgerlicher und bäuerlicher Sitte von der Hauptstadt an bis in das letzte Dorf untergraben. Sklaven und verzweifelte Leute taten sich in Räuberbanden zusammen, von deren Gefährlichkeit es einen Begriff gibt, daß in einem einzigen Jahre (569 185) allein in Apulien 7000 Menschen wegen Straßenraubs verurteilt werden mußten; die sich ausdehnenden Weiden mit den halb wilden Hirtensklaven begünstigten diese heillose Verwilderung des Landes. Der italische Ackerbau sah sich in seiner Existenz bedroht durch das zuerst in diesem Kriege aufgestellte Beispiel, daß das römische Volk statt von selbst geerntetem auch von sizilischem und ägyptischem Getreide ernährt werden könne. Dennoch durfte der Römer, dem die Götter beschieden hatten, das Ende dieses Riesenkampfes zu erleben, stolz in die Vergangenheit und zuversichtlich in die Zukunft blicken. Es war viel verschuldet, aber auch viel erduldet worden; das Volk, dessen gesamte dienstfähige Jugend fast zehn Jahre hindurch Schild und Schwert nicht abgelegt hatte, durfte manches sich verzeihen. Jenes wenn auch durch wechselseitige Befehdung unterhaltene, doch im ganzen friedliche und freundliche Zusammenleben der verschiedenen Nationen, wie es das Ziel der neueren Völkerentwicklungen zu sein scheint, ist dem Altertum fremd: damals galt es Amboß zu sein oder Hammer; und in dem Wettkampf der Sieger war der Sieg den Römern geblieben. Ob man verstehen werde ihn zu benutzen, die latinische Nation immer fester an Rom zu ketten, Italien allmählich zu latinisieren, die Unterworfenen in den Provinzen als Untertanen zu beherrschen, nicht als Knechte auszunutzen, die Verfassung zu reformieren, den schwankenden Mittelstand neu zu befestigen und zu erweitern – das mochte mancher fragen; wenn man es verstand, so durfte Italien glücklichen Zeiten entgegensehen, in denen der auf eigene Arbeit unter günstigen Verhältnissen gegründete Wohlstand und die entschiedenste politische Suprematie über die damalige zivilisierte Welt jedem Gliede des großen Ganzen ein gerechtes Selbstgefühl, jedem Stolz ein würdiges Ziel, jedem Talent eine offene Bahn geschaffen haben würden. Freilich wenn nicht, nicht. Für den Augenblick aber schwiegen die bedenklichen Stimmen und die trüben Besorgnisse, als von allen Seiten die Krieger und Sieger in ihre Häuser zurückkehrten, als Dankfeste und Lustbarkeiten, Geschenke an Soldaten und Bürger an der Tagesordnung waren, die gelösten Gefangenen heimgesandt wurden aus Gallien, Afrika, Griechenland und endlich der jugendliche Sieger im glänzenden Zuge durch die geschmückten Straßen der Hauptstadt zog, um seine Palme in dem Haus des Gottes niederzulegen, von dem, wie sich die Gläubigen zuflüsterten, er zu Rat und Tat unmittelbar die Eingebungen empfangen hatte.

  1. Von den beiden diesen Namen führenden Orten ist wahrscheinlich der westlichere, etwa 60 Miglien westlich von Hadrumetum gelegene, derjenige der Schlacht (vgl. Hermes 20, 1885, S. 144, 318). Die Zeit ist der Frühling oder Sommer des Jahres 552 (202); die Bestimmung des Tages auf den 19. Oktober wegen der angeblichen Sonnenfinsternis ist nichtig.