In einem düstern alten Eichenwald trat ein kleiner Mann zu einem andern, der allein war und auf ihn zu warten schien. Folgendes leise Gespräch begann:

»Euer Gnaden verzeihen, daß ich Sie so lange warten ließ! Mehrere Zufälle haben meine Ankunft verzögert.«

»Welche?«

»Der Anführer der Bergbewohner, Kennybol, ist erst um Mitternacht eingetroffen, und dagegen sind wir durch einen unerwarteten Zeugen gestört worden.«

»Wer war dieser?«

»Ein Mensch, der sich wie ein Narr mitten in unsere nächtliche Zusammenkunft gestürzt hat. Ich hielt ihn Anfangs für einen Spion und wollte ihn umbringen lassen; er hatte aber einen Paß von irgend einem Gehenkten bei sich, der bei unsern Bergleuten sehr in Achtung steht, und sie haben ihn unter ihren Schutz genommen. Ich halte ihn jetzt für einen neugierigen Reisenden oder einen gelehrten Schwachkopf. In jedem Falle habe ich in Beziehung auf ihn meine Maßregeln genommen.«

»Geht sonst Alles gut?«

»Sehr gut. Die Bergleute von Gulbransthal und Faroer, unter dem jungen Norbith und dem alten Jonas, und die Bergbewohner von Kole, unter Kennybol, müssen jetzt auf dem Marsch sein. Vier Stunden von Apsyl-Corh werden die Bergleute von Hubfallo und Sundmoer zu ihnen stoßen; einige Stunden weiter werden sie von den Bergleuten von Kongsberg und den Eisenarbeitern von Smiassen erwartet, welche, wie Euer Excellenz weiß, bereits die Besatzung von Wahlstrom zum Rückzüge gezwungen haben. Alle diese vereinigten Haufen werden heute Nacht, zwei Stunden von Skongen, in den Schluchten des schwarzen Pfeilers, lagern.«

»Aber wie haben sie Euern Han den Isländer aufgenommen?“

»Mit vollkommener Leichtgläubigkeit.«

»Könnte ich doch den Tod meines Sohnes an diesem Ungeheuer rächen! Welches Unglück, daß er uns entkommen ist!«

»Mein gnädiger Herr! Benützen Sie allererst Han des Isländers Namen, um an Schuhmacher Rache zu nehmen. Später werden wir Mittel finden, uns an Han selbst zu rächen. Die Rebellen werden heute den ganzen Tag marschiren und diesen Abend in dem Engpaß des schwarzen Pfeilers, zwei Stunden von Skongen, Halt machen.«

»Wie! Ihr wollt einen so beträchtlichen Haufen so nahe an Skongen vorrücken lassen? Musdoemon! …«

»Verdacht, edler Graf! Schicken Sie auf der Stelle einen Boten an den Oberst Voethaün, dessen Regiment jetzt zu Skongen sein muß; geben Sie ihm Nachricht, daß sämmtliche Streitkräfte der Rebellen diese Nacht sorglos im Engpasse des Pfeilers gelagert sein werden. Dieser Engpaß scheint ausdrücklich für Hinterhalte geschaffen ….«

»Ich verstehe Euch, aber warum habt Ihr Alles so eingerichtet, daß die Rebellen so zahlreich sind?«

»Je furchtbarer der Aufstand ist, je größer werden Schuhmachers Verbrechen und Ihre Verdienste sein. Im Übrigen liegt daran, daß er mit einem Schlage ganz vernichtet werde.«

»Wohl! Aber warum ist der Ort des Lagers so nahe bei Skongen?«

»Weil dies im ganzen Gebirge der einzige Ort ist, wo die Vertheidigung unmöglich ist. Keiner wird aus diesem Engpaß entkommen, als diejenigen, welche bestimmt sind, vor den Gerichten zu figuriren.«

»Trefflich! Diese Geschichte muß schnell beendigt werden, Musdoemon! Wenn von dieser Seite Alles beruhigend ist, so ist von der andern Alles beunruhigend. Ihr wißt, daß wir zu Kopenhagen geheime Nachforschungen nach den Papieren veranstaltet haben, welche in die Hände dieses Dispolsen gefallen sein können?«

»Nun, gnädiger Herr?«

»Nun, ich erfahre eben, daß dieser Ränkemacher mit dem verfluchten Astrologen Cumbysulsum in geheimnißvoller Verbindung gestanden ist …«

»Mit diesem Cumbysulsum, der kürzlich gestorben ist?«

»Mit eben diesem, und daß der alte Hexenmeister auf dem Sterbebette Schuhmachers Agenten Papiere eingehändigt hat …«

»Verflucht! Er hatte Briefe von mir, einen Entwurf unseres Planes …«

»Eures Plans? Musdoemon!«

»Bitte tausendmal um Verzeihung, gnädiger Herr Graf, Ihres Plans! Aber warum haben Sie sich auch diesem Charlatan Cumbysulsum anvertraut? … Der alte Verräther! …«

»Hört, Musdoemon! Ich bin nicht, wie Ihr, ein Wesen ohne Treue und Glauben. Nicht ohne genügende Gründe habe ich stets Vertrauen zu der Wissenschaft des alten Cumbysulsum gehabt.«

»Warum hatten Euer Gnaden nicht eben so viel Mißtrauen in seine Treue, als Vertrauen in seine Wissenschaft? Im Uebrigen können wir ruhig sein, Dispolsen ist todt, seine Papiere sind verloren, und in wenigen Tagen wird keine Rede mehr von denen sein, welchen sie dienen könnten.«

»In jedem Fall könnte keine Anklage sich bis zu meiner Person erheben.«

»Oder bis zu mir, der unter Euer Gnaden Schutze steht.«

»Allerdings, Lieber, könnt Ihr auf mich zählen. Inzwischen wollen wir doch die Entwicklung der ganzen Geschichte beschleunigen. Ich werde sogleich einen Boten an den Oberst abschicken. Kommt, meine Leute erwarten mich hinter jenem Gebüsche. Wir müssen den Weg nach Drontheim einschlagen, das ohne Zweifel der Mecklenburger jetzt verlassen haben wird. Fahrt fort, mir wohl zu dienen und zählt auf mich im Leben und im Tode trotz allen Cumbysulsum und Dispolsen auf der Erde.«

»Glauben mir Euer Gnaden …«

Hier verloren sich Beide im Gehölze, in dessen Windungen sich ihre Stimmen allmählig verloren, und bald hörte man weiter nichts mehr von ihnen, als den immer mehr sich entfernenden Hufschlag ihrer Pferde.