Seit dem Beginn der Restauration verfiel das Kloster von Klein-Picpus; es unterlag dem allgemeinen Hinsterben des Klosterlebens, welches seit Ablauf des achtzehnten Jahrhunderts vergeht, wie alle religiösen Orden. Die beschauliche Selbstbetrachtung ist wie das Gebet ein Bedürfnis des Menschen. Wie alles aber, was die Revolution berührt hat, wird sie sich umgestalten und dem gesellschaftlichen Fortschritte nicht ferner feindlich sein, sondern ihm günstig werden.

Das Haus in Klein-Picpus entvölkerte sich schnell. Im Jahre 1840 war das kleine Kloster verschwunden, ebenso das Pensionat. Es gab weder alte Frauen noch junge Mädchen darin; die einen waren gestorben, die anderen hatten das Haus verlassen.

Wegen der Strenge der Ordensregel ergänzt sich der Orden nicht mehr. Vor vierzig Jahren waren ungefähr noch hundert Nonnen im Kloster, vor fünfzehn Jahren nur noch achtundzwanzig. Im Jahre 1847 war die Priorin eine junge Dame von noch nicht vierzig Jahren, ein Zeichen, daß der Kreis der Wählbaren zusammengeschrumpft war. Und in dem Maaße, in welchem die Anzahl sich verringert, in demselben Maaße wird der Dienst einer Jeden beschwerlicher.

Wegen dieses Verfalles hat das Kloster auch die Erziehung von Mädchen aufgegeben. –

Wir haben vor diesem außerordentlichen, unbekannten, dunklen Hause nicht vorüber gehen können, ohne in dasselbe einzutreten, ohne in dasselbe das Gemüth der Leser, welche uns begleiten und denen wir unsere Erzählung vortragen, einzuführen. Für Manche wird dieser Besuch vielleicht nicht nutzlos gewesen sein. Wir haben von diesem seltsamen Orte mit möglichster Ehrfurcht gesprochen, wenn die Mittheilung einiger Einzelheiten uns auch manchmal betreffs der dem heiligen Orte schuldigen Rücksicht verdächtigt haben mag. Wir begreifen nicht Alles, wir wollen aber Niemand beleidigen. Wir sind ebenso weit entfernt von dem Hosiannah Joseph de Maistres, wie von dem höhnischen Grinsen Voltaires, welcher sogar das Crucifix verspottete.

Im neunzehnten Jahrhundert erleidet die religiöse Idee eine Krisis. Man verlernt gewisse Dinge und man thut wohl daran, wenn man nur statt dessen etwas anderes lernt. Im menschlichen Herzen darf es keinen leeren Raum geben. Wenn dem Einsturz der Neubau folgt, so kann man sich trösten.

Die Nachahmungen der Vergangenheit nehmen falsche Namen an und nennen sich gern Zukunft. Die Vergangenheit ist ein Gespenst, das gar zu häufig seinen Paß fälscht. Wir müssen uns in Acht nehmen, daß wir uns von diesem Passe nicht täuschen lassen und Todtes nicht für das Leben der Zukunft halten. Die Vergangenheit hat ein Gesicht und eine Maske; das Gesicht ist der Aberglaube, die Maske ist die Heuchelei. Zeigen wir das Gesicht und reißen wir die Maske ab.

Die Klosterfrage ist eine sehr verwickelte. Sie ist eine Frage der Civilisation, welche sie verurtheilt; sie ist eine Frage der Freiheit, welche sie in ihren Schutz nimmt.