Siebenundzwanzigstes Kapitel.

Ich will die Prahler nicht; ich stehe bei den Besten
selbst in gutem Rufe; – schließ‘ die Thür, es kommen
keine Prahler hier herein. Ich hab‘ so lange nicht gelebt,
um jetzt noch Prahlerei zu haben; schließ‘ die Thür, ich
bitte dich.

Shakespeare.

 

Mahtoree fand an der Thüre seines Zeltes Ismael, Abiram und Esther. Der erste Blick seines Auges auf das ernste, drohende Antlitz des stark gebauten Auswanderers war hinreichend, um dem listigen Teton zu verrathen, daß der gefährliche Waffenstillstand, den er mit diesen durch seine größere Klugheit betrogenen Narren gemacht hatte, in Gefahr sei, plötzlich gebrochen zu werden.

»Hör, du alter Graubart,« sagte Ismael, ergriff den Streifschützen und drehte ihn herum, als wenn er ein Spielzeug gewesen, »hör‘, ich bin müde eine Unterredung vermittelst Finger und Daumen, statt mit der Zunge, über ein so deutliches Geschäft zu Pflegen; nun, wenn du den Sprachmeister spielen willst, leg‘ meine Worts offen dar im Indianischen, ohne erst zu betrachten, ob sie einer Rothhaut nach dem Sinne sind oder nicht!«

»Sprich, Freund,« entgegnete ruhig der Streifschütz, »sie sollen so klar wiedergegeben werden, wie Ihr sie aussprecht.«

»Freund,« wiederholte der Wanderer und betrachtete den Andern einen Augenblick mit einem nicht zu beschreibenden Ausdruck; »es ist nur ein Wort, und Töne zerschlagen nicht die Glieder und zerstören keine Häuser. Sag‘ diesem diebischen Sioux denn, daß ich komme, die Erfüllung der Bedingungen zu verlangen, die wir bei unserm feierlichen Handel am Fuß des Felsens aufgestellt haben.«

Als der Streifschütz seine Rede in die Sioux-Sprache übertragen, fragte Mahtoree mit einem Blick des Erstaunens!

»Friert’s meinen Bruder? Büffelhäute sind in Menge da. Hat er Hunger? Meine Leute sollen Wild in seine Zelte tragen.«

Der Auswanderer erhob drohend seine geballte Faust, und schlug sie mit Gewalt auf seine flache Hand, seinen Entschluß zu bekräftigen, als er antwortete:

»Sagt dem betrügerischen Lügner, ich sei nicht hierher gekommen, wie ein Bettler, seine Knochen aufzulesen, sondern wie ein freier Mann, der sein Eigenthum verlangt; und haben will ich’s! Und weiter sagt ihm, ich verlange, daß auch Ihr, elender Sünder, wie Ihr seid der Gerechtigkeit übergeben werdet. Es kann da gar kein Irrthum sein. Meine Gefangene, meine Nichte und Euch, Ich verlange die drei von seiner Hand, nach einem beschwornen Vergleich.«

Der unbewegliche Alte lächelte mit einem eigenen Ausdruck, als er antwortete:

»Freund, Ihr verlangt, was Wenige gewähren würden. Ihr möchtet erst dem Teton die Zunge aus dem Mund, und dann das Herz aus der Brust reißen.«

»Wenig kümmert sich Ismael Busch, wer oder was gefährdet wird, wenn er sein Eigenthum verlangt. Aber stellt die Fragen in klarem Indianisch, und wenn Ihr von Euch sprecht, macht ein solches Zeichen, wie es ein Weißer versteht, daß ich sehen kann, es sei kein falsches Spiel.«

Der Streifschütz lachte nach seiner stillen Art und murmelte einige Worte für sich, ehe er an den Häuptling sich wandte.

»Möge der Dahcotah weit seine Ohren öffnen,« sagte er dann, damit hohe Worte Raum finden, einzugehen. Sein Freund, das Groß-Messer, kommt mit leerer Hand und sagt, der Teton müsse sie füllen.«

»Wagh! Mahtoree ist ein reicher Häuptling. Er ist Herr der Steppen.«

»Er muß das Schwarzhaar geben.«

Die Stirn des Häuptlings zog sich in unheilschwere Falten zusammen, die dem kühnen Wanderer augenblickliche Vernichtung drohten, aber eben so schnell seiner Klugheit gedenkend, entgegnete er listig mit einem verrätherischen Lächeln:

»Ein Mädchen ist zu leicht für die Hand solch eines Tapfern, ich will mit Büffeln sie füllen.«

»Er sagt, er brauche auch das Blondhaar, das sein Blut in seinen Adern habe.«

»Sie soll Mahtoree’s Weib werden, dann wird das Lang-Messer der Vater eines Häuptlings sein.«

»Und mich,« fuhr der Streifschütz fort, und machte eins jener ausdrucksvollen Zeichen, durch die die Eingebornen fast mit derselben Leichtigkeit, wie mit ihren Zungen einander mittheilen; wandte sich auch zugleich zu dem Wanderer, damit er sehen möge, er verfahre aufrichtig mit ihm: »er verlangt einen armen, ausgezehrten Streifschützen.«

Der Dahcotah schlang seinen Arm über die Schulter des Alten, mit dem Ausdruck großer Anhänglichkeit, und antwortete dann auf dieses dritte und letzte Begehren:

»Mein Freund ist alt,« sagte er, »und kann nicht weit wandern. Er wird bei den Teton bleiben, daß sie Weisheit lernen mögen aus seinen Reden. Welcher Sioux hat eine Zunge wie mein Vater! Nein, er lasse seine Worte mild sein, aber sehr klar. Mahtoree will Häute und Büffel geben. Er will den Leuten der Blaßgesichter Weiber geben, aber kann nicht ausliefern, nicht Einen von denen, welche in seinem eigenen Zelte wohnen.«

Vollkommen selbst zufrieden mit dieser lakonischen Antwort, wollte der Häuptling sich zu seinen wartenden Rathgebern wenden, als er, plötzlich umkehrend, die Übersetzung des Streifschützen unterbrach, indem er hinzufügte:

»Sagt dem großen Büffel (so hatten die Teton schon Ismael getauft), daß Mahtoree’s Hand immer offen ist. Seht,« fügte er hinzu, und deutete auf das harte, runzelige Gesicht der aufmerkenden Esther, »sein Weib ist zu alt für solch einen großen Häuptling. Er bringe sie aus seinem Zelt; Mahtoree liebt ihn wie einen Bruder, er ist sein Bruder. Er soll das jüngste Weib des Tetons haben. Tachechana, der Stolz der Sioux-Mädchen, soll sein Wild kochen, und viele Tapfere werden ihn ansehn mit verlangendem Gemüth. Geht, ein Dahcotah ist edelmüthig.«

Die sonderbare Kälte, womit der Teton diesen gewagten Vorschlag schloß, erstaunte selbst den geübten Streifschützen. Er starrte hinter der abgehenden Gestalt des Indianers mit einem Erstaunen her, das er nicht zu verbergen strebte; auch versuchte er nicht eher seine Dollmetschung fortzusetzen, als bis Mahtoree sich unter dem Haufen Krieger verloren hatte, der so lange und mit so charakteristischer Geduld seine Rückkehr erwartete.

»Der Teton-Häuptling hat sehr klar gesprochen,« fuhr der Alte alsdann fort. »Er will auch die Lady nicht geben, auf die, der Herr im Himmel weiß es, Ihr kein Recht habt, es sei denn das des Wolfs auf das Lamm. Er will Euch das Kind nicht geben, das Ihr Eure Nichte nennt; und darin gestehe ich, bin ich gar nicht gewiß, ob er das nämliche Recht auf seiner Seite hat. Noch mehr, Nachbar Wanderer, er verweigert gerade zu Euer Verlangen, mich auszuliefern, elend und werthlos, wie ich bin; auch glaube ich nicht, daß er daran unweise gethan, da ich gar manche besondere Gründe gegen eine weite Reise in Eurer Gesellschaft habe. Aber er thut Euch ein Anerbieten, welches Euch zu sagen recht und passend iß. Der Teton sagt durch mich, der nur sein Werkzeug ist, und nicht verantwortlich für die Sünde in seinen Worten; aber er sagt, da dies gute Weib über das schöne Alter hinaus ist, es für Euch vernünftig sei, eines solchen Weibes müde zu werden. Er sagt Euch daher, sie aus Eurer Wohnung hinauszuthun, und wenn sie leer ist, will er seine eigene Begünstigte schicken, oder vielmehr die, die seine Begünstigte war, das flinke Reh, wie die Sioux sie nennen, um die Stelle einzunehmen, Ihr seht, Nachbar, obwohl die Rothhaut willens ist, Euer Eigenthum zu behalten, er Euch bei dem Allem etwas zum Ersatz dagegen geben will.«

Ismael hörte diese Erwiederungen auf seine verschiedenen Forderungen mit jener Art gesammeltem Unwillen an, mit dem die schläfrigsten Gemüther bis zum heftigsten Paroxismus der Wuth steigen. Er that selbst, als lache er über den Plan, seine lang geprüfte Esther für die beugsamere Stütze der jugendlichen Tachechana umzutauschen; aber seine Stimme war hohl und unnatürlich bei dieser Anstrengung. Doch Esther war weit entfernt, den Vorschlag so artig aufzunehmen. Ihre Stimme bis zu dem ihr eigenen hörbaren Schlüssel erhebend, brach sie, nachdem sie nach Athem geschnappt, wie wenn man in der größten Gefahr zu ersticken ist, folgendermaßen heraus:

»Hoho! Wer machte den Indianer zum Schließer und Löser der Ehe? Meint er, ein Weib sei ein Thier der Steppe, daß sie aus einem Dorf mit Hund und Pulver gejagt werden könne? Laßt die Tüchtigste von ihnen Allen hervorkommen und sich ihrer Thaten rühmen; kann sie solche Sprößlinge wie ich zeigen? Ein verdammter Tyrann ist diese diebische Rothhaut, und ein kühner Schurke in der That. Er möchte Befehlshaber sein in- und außerhalb der Thüre. Ein ehrliches Weib ist nicht besser in seinen Augen, als eins jener herumstreichenden Thiere. Und du, Ismael Busch, der Vater von sieben Söhnen und eben so vielen niedlichen Töchtern, du magst den Mund öffnen, außer um ihn zu verfluchen? Wolltest du deine Farbe beschimpfen, deine Familie und dein Volk, und weißes Blut mit rothem vermischen und Vater einer Race von Maulthieren sein? Der T – l hat dich oft versucht, Mann, aber nie hat er dir eine listigere Falle gelegt, als diese. Geh zurück unter deine Kinder, Freund, geh und erinnere dich, daß du kein wilder Bär bist, sondern ein christlicher Mann, und dank Gott, daß du ein rechtmäßiger Gemahl bist.«

Das Geschrei der Esther war von dem scharfsinnigen Streifschützen geahnt worden. Er hatte leicht vorausgesehn, ihr zartes Gemüth werde bei einem so scandalösen Vorschlag, wie Verstoßung, überfließen, und benutzte jetzt den Sturm, sich an einen Ort zurückzuziehen, wo er wenigstens vor jeder unmittelbaren Gewalthätigkeit von Seiten des weniger gereizten, aber gewiß gefährlicheren Gemahls sicher wäre. Ismael, der seine Forderungen mit fester Entschlossenheit gethan hatte, um sie zu erzwingen, ward durch diesen wilden Sturm, wie mancher halsstarrigere Gemahl, von seinem Vorsatz abgelenkt, und, um eine Eifersucht zu besänftigen, die der Wuth glich, womit die Bärin ihre Jungen vertheidigt, wollte er sich gerne etwas von dem Zelt zurückziehn, das, wie er wußte, den unschuldigen Gegenstand des plötzlichen Aufruhrs enthielt.

»Laßt Eure Kupferfarbige hervorkommen und ihre Castanien-Schönheit vor einem Weibe zeigen, das mehr als einmal die Kirchenglocke gehört hat und ihre wahre Kraft empfand,« schrie Esther und schwang triumphirend die Hände, als sie Ismael und Abiram vor sich, wie zwei herumstreichende Knaben, nach ihrem Lager hintrieb. »Ich wette, hier ist Eine, die sie bald nieder reden würde! Glaubt nicht, Ihr wolltet hier zaudern; Leute, glaubt nicht, Ihr solltet ein Auge in einem Lager schließen, durch das der Teufel so offen hinschreitet, als wäre er ein großer Herr und seines Willkomms sicher. Hierher, Abner, Enoch, Jesse, wo seid ihr? An’s Werk, an’s Werk! Wenn jener schwachsinnige, sanftfühlende Mann, euer Vater, hier wieder isst oder trinkt, werden wir ihn durch den Zauber der Rothhäute vergiftet sehen. Nicht, daß ich mich kümmere, wer an meine Stelle kommt, wenn sie einmal gesetzlich leer ist; aber, Ismael, ich hätte nie gedacht, daß Ihr, der ein Weib hatte mit weißer Haut, Vergnügen finden könntet im Anschauen einer kupfernen; ei, daß sie Kupfer ist, ist gewiß; Ihr könnt’s nicht leugnen, und ich wette, sie ist auch ehern genug.«

Gegen dieses Aufbrausen verwundeten weiblichen Stolzes leistete der erfahrne Gemahl keinen andern Widerstand, als durch eine gelegentliche Ausrufung, die der Vorläufer einer einfachen Versicherung einer Unschuld sein sollte. Die Wuth des Weibes wollte sich nicht besänftigen lassen. Sie hörte nur auf sich, und so hörte man nur ihre Befehle zum Aufbruch.

Der Auswanderer hatte sein Vieh gesammelt, seine Wagen beladen, um sich vorzusehen, ehe er zu dem Extrem käme, das er beabsichtigte. Folglich fand Esther ihren Wünschen Alles günstig. Die jungen Leute starrten einander an, als sie diese außerordentliche Erregung ihrer Mutter sahen, nahmen aber wenig Antheil an einem Vorfall, der in ihrer Erfahrung so manches Gegenstück hatte. Auf Befehl ihres Vaters wurden auch die Zelte schnell auf die Wagen geworfen, gleichsam als Repressalie für die Treulosigkeit ihrer Verbündeten, und dann verließ der Zug in seiner gewöhnlichen, gleichgültigen, lässigen Manier die Stelle.

Da eine schreckende Abtheilung wohl bewaffneter Grenzwohner den Nachzug des abgehenden Haufens deckte, sahen die Sioux ihn abziehen, ohne die geringste Verwunderung oder Rachsucht zu verrathen. Der Wilde, wie der Tieger, macht selten einen Angriff auf den Feind, der ihn erwartet; und wenn die Teton-Krieger eine Feindseligkeit beabsichtigten, geschah’s mit der stillen, geduldigen Weise, mit der das Katzengeschlecht den unbewachten Augenblick in seinen Opfern erspäht, um den Schlag sicher beizubringen. Mahtoree’s Rath aber, von welchem so viel von der Klugheit seines Volks abhing, lag tief in dem Fachwerk seiner eignen Gedanken. Vielleicht freute er sich, auf so leichte Art so unangenehmen Ansprüchen zu entgehen; vielleicht wartete er auf eine günstige Zeit, seine Gewalt zu zeigen; ja es mochte sein, daß Sachen von weit größerer Wichtigkeit seinen Geist in Anspruch nahmen, daß er nicht Zeit hatte, seine Kräfte einem so gleichgültigen Vorfalle zu weihen.

Aber es wollte scheinen, als wenn Ismael, während er so sehr dem gereizten Gefühl der Esther nachgab, gar nicht so leicht seine eigentlichen Pläne aufgeben wolle. Sein Zug folgte auf eine Meile dem Lauf des Baches und machte dann auf der Spitze einer Erhöhung Halt, an einer Stelle, die die nöthigen Vortheile darbot. Hier schlug er seine Zelte wieder auf, spannte seine Thiere aus und ließ das Vieh auf den Grund, kurz, machte all‘ die gewöhnlichen Vorbereitungen, die Nacht mit derselben Gleichgültigkeit und Ungestörtheit zuzubringen, als wenn er nicht eben eine aufreizende Herausforderung seinen gefährlichen Nachbarn gerade in das Gesicht ausgesprochen hätte.

Mittlerweile machten sich die Teton an die geregelteren Geschäfte der Tagszeit. Eine stolze, wilde Freude hatte sich im Lager verbreitet, sobald angesagt worden, ihr Häuptling kehre mit dem langgefürchteten und gehaßten Führer ihrer Feinde zurück. Seit vielen Stunden waren die Megären des Stammes von Zelt zu Zelt gegangen, um das Gemüth der Krieger zu solch einer Höhe zu reizen, daß den Betrachtungen der Gnade nur wenig Raum übrig blieb. Zum einen sprachen sie von einem Sohn, dessen Haupt im Rauch einer Pawneehütte dörre. Einem andern zählten sie seine eignen Narben, sein Unglück, seine Niederlagen auf; mit einem dritten verbreiteten sie sich über seinen Verlust an Häuten und Pferden, und ein vierter ward durch eine bedeutungsvolle Frage über einen bekannten Vorfall, worin er, wie man wußte, gelitten hatte, an die Rache erinnert.

Durch diese Mittel waren die Männer in so weit aufgeregt worden, daß sie sich aus die schon erwähnte Weise zusammengerottet hatten, obwohl es noch immer zweifelhaft blieb, wie weit sie ihre Rache treiben wollten. Verschiedene Meinungen gab’s über die Klugheit, ihre Gefangenen hinzurichten, und Mahtoree hatte die Debatten aufgehoben, um sich zu versichern, wie weit die Maßregel seine eignen Absichten begünstigen oder hintertreiben könnte. Bis jetzt waren die Berathungen nur einleitend gewesen, damit jeder Häuptling sehen möge, auf wie viele Verfechter seine Ansicht von der bestrittenen Frage wahrscheinlich rechnen dürfte, wenn der wichtige Gegenstand vor eine feierlichere Versammlung des Stammes kommen sollte. Der Augenblick der letzteren war jetzt erschienen, und die Vorbereitungen zu ihrer Zusammenberufung wurden mit einer Würde und Feierlichkeit getroffen, die den hohen Interessen bei dieser Gelegenheit angemessen waren.

Mit einer Feinheit in der Grausamkeit, die nur ein Indianer hatte erdenken können, war der zu dieser ernsten Berathung erwählte Platz gerade um den Pfahl herum, an den der wichtigste Gegenstand der Versammlung angebunden worden. Middleton und Paul wurden in ihren Banden herbeigeschleppt und vor des Pawnee’s Füße gelegt, und dann nahmen die Männer nach ihren verschiedenen Ansprüchen auf Auszeichnung ihre Sitze ein. Wie ein Krieger nach dem andern erschien, setzte er sich in den weiten Zirkel mit so ernster, bedächtiger Miene, als wenn sein Gemüth wirklich in der Lage wäre, Recht zu sprechen und gesänftigt würde durch die himmlische Gabe der Milde. Sitze wurden für drei oder vier Hauptanführer aufbewahrt, und einige der ältesten Weiber, so welk, wie Alter, Ausgesetztheit, Mühseligkeiten und ein Leben voll roher Leidenschaften sie machen konnte, drängten sich mit einer Verwegenheit in die vordersten Reihen, zu der sie von ihrer unersättlichen Gier nach Grausamkeit getrieben wurden, und die nur ihre Jahre und ihre lang geprüfte Treue gegen ihr Volk entschuldigen konnte.

Alle, nur die schon erwähnten Häupter nicht, waren jetzt zur Stelle. Diese hatten in der eiteln Hoffnung mit ihrem Erscheinen gezögert, es werde ihre eigne Eintracht den Weg zu der ihrer respectiven Parteien bahnen; denn trotz des höhern Einflusses Mahtoree’s konnte seine Gewalt nur durch beständiges Anfragen bei seinen Untergebenen erhalten werden. Als diese wichtigen Personen endlich zugleich in den Kreis getreten waren, verriethen ihre finstern Blicke und umwölkten Stirnen, trotz der auf die Unterredung gewendeten Zeit, hinlänglich die Uneinigkeit, welche unter ihnen herrschte. Mahtoree’s Auge änderte sich in seinem Ausdruck von den plötzlichen Strahlen, in denen die wilden Antriebe seiner Seele zu brennen schienen, in jene kalte, bewachte Festigkeit, die man für einen Häuptling in der Rathsversammlung für passender hielt. Er nahm seinen Sitz mit der erkünstelten Einfachheit eines Volksführers ein, obgleich der scharfe, blitzende Strahl, den er sogleich über die schweigende Versammlung warf, den vorherrschenderen Charakter eines Tyrannen verrieth.

Als Alle zugegen waren, zündete ein bejahrter Krieger die große Pfeife seines Volks an und blies den Rauch nach den vier Gegenden des Himmels. Sobald dies Sühnopfer dargebracht worden, reichte er sie Mahtoree, der aus verstellter Demuth sie einem Greise zu seiner Seite überreichte. Nachdem Alle dem besänftigenden Kraute zugesprochen, folgte ein ernstes Schweigen, als wenn ein Jeder nicht nur geeigneter wäre, über die Dinge vor ihm nachzudenken, sondern auch wirklich tiefer darüber dachte. Dann erhob sich ein alter Indianer und sprach!

»Der Adler am Fall des endlosen Stroms war noch in seinem Ei, viele Winter sind es, seit meine Hand einen Pawnee erschlug. Was meine Zunge sagt, haben meine Augen gesehen. Bohrecheena ist sehr alt. Die Hügel haben länger an ihren Stellen gestanden, als er in seinem Stamme gewesen ist, und die Ströme wurden voll und leer, eh‘ er geboren war; aber wo ist der Sioux, der es weiß, wie er? Was er sagt, werden sie hören. Fällt ein Wort von ihm auf den Boden, werden sie es aufnehmen und in ihren Ohren bewahren. Verweht eins in dem Wind, werden meine jungen Leute, die sehr flink sind, es auffassen. Nun hört. Seit das Wasser floß, und die Bäume wuchsen, hat der Sioux den Pawnee auf seinem Kriegsweg getroffen. Wie der Cougar liebt die Antilope, liebt der Dahcotah seinen Feind. Wenn der Wolf das Rehkalb findet, legt er sich nieder und schläft? Wenn der Panther die Hindin sieht an der Quelle, schließt er seine Augen? Ihr wißt, er thut es nicht. Er trinkt auch, aber Blut! Ein Sioux ist ein springender Panther, ein Pawnee ein zitterndes Reh. Mögen meine Kinder mich hören. Sie werden meine Worte gut finden. Ich habe geredet.«

Tiefes, aus der Kehle kommendes Zujauchzen brach durch die Lippen der Genossen Mahtoree’s, als sie diesen blutgierigen Rath von einem Manne hörten, der gewiß unter die Aeltesten der Nation gerechnet werden mußte. Diese tief liegende Rachbegierde, die einen so hervorstehenden Zug in ihrem Charakter bildete, wurde durch jene metaphorischen Anspielungen geschmeichelt und der Häuptling selbst versprach sich bei der Menge der Beistimmenden, die sich zu Gunsten des Raths seines Freundes erklärten, einen glücklichen Erfolg seiner Pläne. Aber noch war Uebereinstimmung gar nicht vorherrschend. Eine lange, geziemende Pause ließ man auf die Worte des ersten Redners eintreten, auf daß Alles gehörig von ihrer Weisheit erwogen werden möchte, ehe ein anderer Häuptling die Widerlegung übernahm. Der zweite Sprecher, obwohl über die Jugend seiner Tage hinaus, war weit weniger bejahrt als sein Vorgänger. Er fühlte den Nachtheil dieses Umstands, und bemühte sich, ihm, so weit als möglich, durch seine außerordentliche Demuth, entgegenzuwirken.

»Ich bin nur ein Kind,« begann er, und sah verstohlen um sich, um zu bemerken, in wie weit sein wohlgegründeter Ruf der Klugheit und Tapferkeit diese Aussage widerlegte. »Ich lebte noch bei den Weibern, als mein Vater schon ein Mann war. Wenn mein Haupt grau wird, geschieht’s nicht, weil ich alt bin. Etwas von dem Schnee, der darauf fiel, als ich auf dem Kriegspfad schlief, ist darauf gefroren, und die heiße Sonne bei den Osagen-Dörfern ist nicht kräftig genug gewesen, den Schnee zu schmelzen.« Ein dumpfes Murmeln hörte man, das die Bewunderung jener Dienste ausdrückte, worauf er so listig anspielte. Der Redner wartete bescheiden ein wenig, bis die Erregung sich gelegt hatte, und fuhr dann mit größerer Kraft fort, als werde er heimlich durch ihr Lob ermuthigt. »Aber die Augen eines jungen Tapferen sind gut. Er kann weit sehen. Er ist ein Luchs. Seht auf mich recht. Ich will mich umwenden, daß ihr von beiden Seiten mich sehen könnt. Nun wißt ihr, ich bin euer Freund, denn ihr seht auf eine Seite, die nie ein Pawnee sah. Nun seht in mein Antlitz; nicht in diese Narbe, denn da können eure Augen nie meinen Geist sehen. Es ist ein Loch, das ein Konza geschnitten. Aber hier ist eine Oeffnung, die Wahcondah gemacht, durch die ihr in meine Seele blicken könnt. Was bin ich? Ein Dahcotah von innen und außen. Ihr wißt es, deswegen hört mich. Das Blut jedes Geschöpfs auf der Steppe ist roth. Wer kann die Stelle unterscheiden, wo ein Pawnee geschlagen ward, von der, wo meine jungen Leute einen Bison fingen? Er ist von derselben Farbe. Der Herr des Lebens machte sie für einander. Er machte sie gleich. Aber wird das Gras grün werden, wo ein Blaßgesicht getödtet wird? Meine jungen Leute müssen nicht denken, diese Nation sei so zahlreich, daß sie einen Krieger nicht vermissen werde. Sie überzählen sie oft, und sagen, wo sind meine Söhne? Wenn sie einen vermissen, werden sie in die Steppen schicken, nach ihm zu sehen; wenn sie ihn nicht finden können, werden sie ihren Boten sagen, nach ihm unter den Sioux zu fragen; meine Brüder, die Großmesser sind keine Thoren; es ist ein mächtiger Arzt von ihrer Nation jetzt unter ihnen, wer kann sagen, wie laut seine Stimme, wie lang sein Arm ist.«

Die Rede des Sprechers, der in seinen Gegenstand mit der gehörigen Wärme einging, wurde durch den ungeduldigen Mahtoree unterbrochen, der plötzlich sich erhob, und in einem Tone, worin sich Ansehn mit Verachtung mischte, und zu dem zuletzt selbst Ironie kam, ausrief:

»Meine jungen Leute sollen den bösen Geist der Blaßgesichter in die Versammlung führen. Mein Bruder soll seinen Arzt von Angesicht zu Angesicht sehn!«

Eine todtengleiche, feierliche Stille folgte auf diese unerwartete Unterbrechung. Sie war nicht nur ein schweres Vergehn gegen die heilige Ordnung der Debatten, sondern der Befehl sollte auch der unbekannten Macht eines jener unbegreiflichen Wesen trotzen, das, wenige Indianer damals aufgeklärt genug waren, ohne Ehrfurcht anzustaunen, oder kühn genug, ihm zu widerstehen. Die Untergebenen jedoch gehorchten, und Obed ward zu Esel aus einem Zelt herbeigeführt, mit einer Ceremonie und einem Pompe, die sicher auf Spott berechnet waren, aber dennoch von der Furcht sehr gesteigert wurden. Als sie in den Kreis traten, warf Mahtoree, der den Einfluß des Doctors vorausgesehen und sich bemüht hatte, ihm zuvorzukommen, indem er ihn der Verachtung Preis gäbe, seine Blicke auf die Versammlung, um seinen Erfolg in den verschiedenen schwarzen Gesichtern zu lesen, von denen er umgeben war.

In der That, Natur und Kunst hatten sich vereint, durch Miene und Haltung des Naturforschers eine Wirkung hervorzubringen, die ihn überall zum Gegenstand der Verwunderung gemacht haben würde. Sein Kopf war sorgfältig nach der unter den Sioux beliebtesten und geschmackvollsten Art geschoren worden. Eine prächtige Kopflocke, die wahrscheinlich weggelassen worden wäre, hätte man den Doctor selbst darüber befragt, war Alles, was von einem üppigen, und gerade zu der Jahrszeit gar nicht unangenehmen Haarwuchs übriggeblieben. Dicke Auflagen von Schminke waren dem nackten Schädel zu Theil geworden, und gewisse abenteuerliche Figuren in demselben Stoffe erstreckten sich bis in die Nähe von Augen und Mund, und liehen dem von Natur scharfen Ausdruck der ersteren einen Zug heimlicher List, und dem absprechenden des letzteren nicht wenig von der todtenbeschwörenden Grimmigkeit eines Zauberers. Er war seines Obergewands erleichtert und dafür sein Leib vor der Kälte hinlänglich durch ein phantastisch bemaltes Kleid aus Thierhäuten geschützt worden. Gleichsam zum Spott über sein Treiben hingen tausend Kröten, Frösche, Eidechsen, Schmetterlinge u. s. w., die er alle sorgsam zubereitet hatte, um in Zukunft ihre Stelle in seinem Privatcabinet einzunehmen, an dieser einsamen Locke seines Hauptes, an seinen Ohren, und an den verschiedenen andern vorragenden Theilen seiner Person. Wenn wir zu der durch diese kleineren Zierrathen seines Costüms hervorgebrachten Wirkung noch die furchtbaren angstvollen Blicke des Zweifels uns hinzudenken, die sein Gesicht doppelt wild machten, und die Gefühle des würdigen Obed verriethen, als er seine persönliche Würde so erniedrigt, und was noch weit wichtiger für ihn war, sich selbst, wie er fest glaubte, als Opfer einer heidnischen Festlichkeit fortgeschleppt sah, wird der Leser leicht das Staunen sich denken, das durch des Doctors Erscheinung in einer Bande erregt ward, die schon mehr als halb vorbereitet war, in ihm einen mächtigen Diener des bösen Geistes zu verehren.

Weucha führte den Esel gerade in den Mittelpunct des Kreises, ließ sie dort beisammen (denn die Beine des Naturforschers waren so an das Thier gebunden, daß man beide für in einander verkörpert hätte halten und sagen können, sie bildeten eine neue Ordnung) und zog sich auf seine Stelle zurück, den Beschwörer, als er wegging, mit einem Staunen und einer Bewunderung anstarrend, wie sie dem dumpfen Trübsinn seines Gemüths natürlich war.

Die Verwunderung schien gegenseitig, bei den Zuschauern und dem Gegenstand dieser sonderbaren Darstellung. Wenn die Teton die geheimnißvollen Eigenschaften des Arztes mit Verehrung und Furcht anstaunten, blickte der Doctor mit einer Mischung von ganz eben so außerordentlichen Bewegungen um sich, in der jedoch die letztere Empfindung kein unbeträchtliches Ingredienz bildete. Ueberall fielen seine Augen, welche gerade in dem Augenblick eine geheime, hohe Kraft besaßen, auf dunkle, wilde, rohe Gesichter, deren keinem er auch nur einen einzigen Strahl von Mitgefühl und Erbarmen entlocken konnte. Endlich trafen seine herumschweifenden Blicke auf die ernsten, sittigen Züge des Streifschützen, der mit Hektor zu seinen Füßen am Eingang des Zirkels stand und sich auf die Büchse lehnte, die er als ein anerkannter Freund wieder hatte tragen dürfen. Er schien über die Folgen nachzudenken, die wahrscheinlich aus einer Rathsversammlung hervorgehen mußten, welche durch so viele und auffallende Ceremonieen ausgezeichnet gewesen.

»Verehrungswürdiger Jäger, oder Schütze, oder Wildfänger,« sagte der ganz trostlose Obed, »ich freue mich sehr, Euch wieder zu treffen. Ich fürchte, die kostbare Zeit, die mir zugemessen worden, um eine hohe Aufgabe zu vollenden, geht jetzt zu einem unreifen Ende, und ich möchte gern mein Herz vor einem Manne aufschließen, der, wenn auch kein Schüler der Wissenschaft, wenigstens einige Kenntniß hat von dem, was die Cultur ihrem niedrigsten Unterworfenen mittheilt. Zweifelsohne werden viele und ernste Nachforschungen nach meinem Geschick von den gelehrten Gesellschaften der Welt gemacht werden; ja Missionen werden vielleicht in diese Gegenden geschickt, um jeden Zweifel zu entfernen, der über einen so wichtigen Gegenstand entstehen könnte. Ich preise mich glücklich, daß ein Mann, der unsere Sprache versteht, zugegen ist, um die Geschichte meines Endes zu bewahren. Ihr werdet sagen, daß nach einem wohlgenützten und glorreichen Leben, ich als Märtyrer starb für die Wissenschaft, als ein Opfer der Geistesfinsterniß. Ich gedenkt ganz besonders ruhig und gesammelt in meinen letzten Augenblicken zu sein; so wenn ihr einige Einzelheiten über die Standhaftigkeit uns gelehrte Würde, womit ich dem Tod entgegentrat, hinzufügt, wird dies zum Sporn für Künftige, die nach gleicher Ehre streben, dienen, und sicherlich Niemanden Anstoß geben. Und nun, Freund Streifschütz, will ich, als eine Pflicht, die ich menschlicher Natur schuldig bin, mit der Frage schließen, ob alle Hoffnung mich verlassen, oder ob noch ein Mittel übrig, wodurch so viele kostbare Belehrung aus den Klauen der Finsternis gerettet und den Blättern der Naturgeschichte gesichert werden möge.«

Der Alte lieh ein aufmerksames Ohr dieser traurigen Anrede, und bedachte augenscheinlieh die wichtige Frage von jeder Seite, ehe er sich herausnehmen wollte zu antworten.

»Ich denke, Freund Physikus,« entgegnete er endlich ernst, »daß Leben oder Tod in Eurem besondern Fall ganz von dem Willen der Vorsehung abhängt, wie sie es nun durch die verfl – ten Windungen indianischer List darzulegen für gut findet. Was mich betrifft, ich sehe im Ganzen keinen großen Unterschied im Ausgang, da es Niemanden außer Euch groß anfechten kann, ob Ihr lebt oder sterbt.«

»Wolltet Ihr den Fall eines Ecksteins aus dem Grund des Gebäudes der Gelehrsamkeit als eine gleichgültige Sache für Mit- und Nachwelt ansehen?« fiel schnell der beleidigte Obed ein. »Außerdem, mein alter Gefährte,« fügte er mit einem Vorwurf hinzu, »die Theilnahme, die Jemand an seinem eigenen Dasein hat, ist ganz und gar nichts Geringes, mag sie auch noch so sehr durch seine allgemeineren und menschenfreundlichen Gefühle in Schatten gestellt werden.«

»Was, ich sagen wollte ist folgendes,« begann der Streifschütz wieder, der weit entfernt war, all‘ die spitzfindigen Unterscheidungen zu verstehen, womit sein gelehrterer Gefährte so oft seine Rede schmücken wollte; »es gibt nur eine Geburt und nur einen Tod für alle Dinge, mag es Hund sein oder Reh, roth oder weiß. Beide sind in der Hand des Herrn, und es ist eben so gottlos, die eine beschleunigen zu wollen, als unmöglich, dem andern zu entgehen. Aber ich will damit nicht sagen, daß nicht Etwas geschehen könne, um den letzten Augenblick für eine Weile zum wenigsten aufzuschieben, und deßwegen ist es eine Frage, die jeder seiner eigenen Weisheit vorzulegen ein Recht hat, wie weit er gehen will, wie viel Mühen er ertragen will, um eine Zeit zu verlängern, die schon zu lange gewesen sein könnte. Mancher traurige Winter und sengende Sommer ist vorübergegangen, seit ich mich zur Rechten und Linken gewandt, um eine Stunde einem Leben hinzuzufügen, das sich schon über achtzig Jahr hinausgestreckt. Ich halt‘ mich so bereit, auf meinen Namen zu antworten, wie ein Soldat bei der Abendappell. Nach meiner Meinung, wenn Euer Geschick dem Willen der Indianer überlassen bleibt, wird die Klugheit des großen Sioux sein Volk antreiben, Euch Alle zu opfern, auch verlaß ich mich nicht sehr auf seine anscheinende Liebe zu mir; daher entsteht jetzt die Frage, ob Ihr zur Reise fertig seid, und seid Ihr’s, ob dies nicht eine eben so gute Zeit zum Aufbrechen sei, als eine andere. Sollte meine Meinung befragt werden, will ich in so weit sie zu Euren Gunsten geben, daß nach meiner Meinung Euer Leben unschuldig genug gewesen, das heißt, was große Vergehungen betrifft, deren Ihr Euch schuldig gemacht haben könntet; obwohl die Aufrichtigkeit mich hinzuzufügen nöthigt, daß ich glaube, Alles, was Ihr ansprechen könnt, in Hinsicht von Thaten, nicht hoch genug steigen möchte, um bei der großen Rechnung in Anschlag zu kommen.«

Obed warf ein ängstliches Auge auf das ruhige, philosophische Gesicht des Andern, als er eine so entmuthigende Darstellung seines Zustandes ihm machte. Er räusperte sich, um die verzweifelnde Betrübniß zu verbergen, die seinen Geist überfiel, zugleich aber auch aus einem Ueberbleibsel von jenem Stolz, welcher die arme, menschliche Natur selbst in den feierlichsten Augenblicken nicht verläßt.

»Ich glaube, ehrwürdiger Jäger,« erwiederte er, »wenn ich die Frage nach all ihren verschiedenen Seiten betrachte, und annehme, daß Eure Theorie die rechte ist, es das Sicherste sein würde, zu schließen, ich sei nicht vorbereitet zu so hastiger Abreise, und Vorsichtsmaßregeln sollten alsbald ergriffen werden.«

»Wenn das Eure Meinung ist,« entgegnete der bedächtige Streifschütz, »will ich für Euch handeln, wie ich für mich handeln würde; obwohl, da die Zeit mit Euch bergabwärts geht, ich Euch nur rathen will, daß Ihr Euern Fall schnell überlegt, denn es möchte geschehen, daß Euer Name gerufen würde, wenn Ihr eben so wenig zu antworten bereit seid, als jetzt.«

Mit dieser freundschaftlichen Ermahnung wandte der Alte sich wieder in den Kreis, wo er über die Mittel, die er jetzt gebrauchen sollte, mit der eigenen Mischung von Entschlossenheit und Entsagung nachdachte, die aus seinen Gewohnheiten und seiner Demuth hervorgingen, und welche sich zu dem Charakter vereinten, in welchem außerordentliche Kraft mit der sanftesten Unterwürfigkeit gegen die Vorsehung sonderbar genug verknüpft war.