Zwölftes Kapitel.

Clown. Ich bin fort, Sir,
Und im Nu, Sir,
Bin wieder ich zurück.
         
Shakespeare’s        
heiliger Dreikönigsabend.

Regungslos standen die Huronen bei diesem plötzlichen Eintritte des Todes in ihre Reihen. Als sie aber der verderbenbringenden Sicherheit eines Schusses gedachten, der sich sein feindliches Ziel mit so viel Gefahr für den Freund gewählt hatte, ertönte plötzlich der Ruf: »La longue Carabine« aus Aller Munde, und ein wildes, fast klägliches Geheul ließ sich hören. Ein lautes Geschrei aus einem kleinen Dickicht, wo die Unvorsichtigen ihre Waffen aufgestellt hatten, antwortete, und im nächsten Augenblick stürzte Hawk-eye, zu ungeduldig, die wiedergewonnene Büchse zu laden, auf sie zu, indem er die gewichtige Waffe schwang und die Luft mit weiten und mächtigen Schwingungen durchschnitt. So kühn und rasch aber auch die Bewegungen des Kundschafters waren, so überholte ihn doch die leichte und kräftige Gestalt eines Wilden, welcher mit unglaublicher Behendigkeit und Kühnheit an ihm vorbei mitten unter die Huronen sprang und hier unter furchtbaren Drohungen einen Tomahawk schwingend und ein blitzendes Messer zückend sich vor Cora stellte. Schneller, als der Gedanke diesen unerwarteten und verwegenen Bewegungen folgen konnte, in der unheilbringenden Vollrüstung des Todes, glitt eine Gestalt vor ihren Augen vorbei und stellte sich in drohender Haltung zur Seite des Andern auf. Die wilden Quäler schracken vor diesen kriegerischen Eindringlingen zurück und stiessen bei ihrem Erscheinen den oft wiederholten eigenthümlichen Ruf des Erstaunens aus, auf den die wohlbekannten und gefürchteten Benennungen: Le Cerf agile! Le gros Serpent! folgten.

Aber der schlaue und wachsame Führer der Huronen war nicht so bald außer Fassung gebracht. Mit scharfem Auge um sich blickend, überschaute er die Art des beginnenden Kampfes mit einem Blick, und seine Begleiter durch Stimme und Beispiel ermuthigend, zückte er sein langes, gefährliches Messer und stürzte mit lautem Geheul auf den erwartenden Chingachgook los. Dies war das Signal zu allgemeinem Kampf. Kein Theil hatte Feuergewehre und der Streit mußte auf die tödtlichste Weise, Hand gegen Hand mit Waffen des Angriffs und keinen der Vertheidigung entschieden werden.

Uncas stürzte sich, das Kampfgeschrei erwiedernd, auf einen Feind und zerschmetterte ihm mit einem einzigen, wohlgerichteten Schlage den Schädel. Heyward zerrte Magua’s Waffe aus dem jungen Baume und eilte mit Ungestüm zum Streit herbei. Da die Kämpfenden sich jetzt an Zahl gleich waren, so ersah sich jeder seinen Mann unter den Gegnern aus. Angriff und Streiche folgten sich mit der Wuth eines Wirbelwinds und der Schnelligkeit des Blitzes. Hawk-eye nahm alsbald einen zweiten Feind in den Bereich seines Armes; mit einem Schwunge seiner furchtbaren Waffe wehrte er die einfache, kunstlose Vertheidigung seines Gegners ab und schlug ihn mit demselben Streiche zu Boden. Heyward schleuderte, zu hitzig, um zu warten bis er seinem Gegner nahe genug war, den Tomahawk auf ihn ab. Er traf den Indianer, den er sich ausersehen, vor die Stirne und hemmte für einen Augenblick seinen Angriff. Ermuthigt durch diesen geringen Vortheil, sprang der ungestüme junge Mann mit unbewehrten Händen auf seinen Feind los. Ein Augenblick aber reichte hin, ihn von seiner Uebereilung zu überzeugen; denn alsbald mußte er seine ganze Gewandtheit und allen Muth aufbieten, um sich der verzweifelten Messerstöße des Huronen zu erwehren. Unfähig, einem so behenden und wachsamen Gegner länger zu widerstehen, umfaßte er ihn mit seinen Armen und es gelang ihm, dem Feinde mit eisernem Griff die Hände fest an den Leib zu drücken; aber diese Anstrengung war zu stark, als daß sie ihn nicht hätte bald erschöpfen müssen. In dieser äußersten Gefahr ertönte eine Stimme neben ihm:

»Vernichtet die Schufte! keinen Pardon den verfluchten Mingos!« Im nächsten Augenblick fiel der Kolben der Büchse Hawk-eye’s auf den nackten Kopf von Heyward’s Gegner, dessen Muskeln unter dem Streiche zu verdorren schienen, während er kraft- und bewegungslos aus Duncan’s Armen niedersank.

Als Uncas seinen ersten Feind niedergeschmettert hatte, wandte er sich wie ein hungriger Löwe, einen zweiten zu suchen. Der fünfte und einzige Hurone, der bei dem ersten Angriff seinen Gegenmann gefunden, hatte eine Weile unentschlossen da gestanden und dann mit teuflischer Bosheit versucht, das unterbrochene Werk der Rache zu vollenden. Ein Siegesgeschrei erhebend sprang er auf die wehrlose Cora zu und schleuderte, als furchtbaren Vorboten seiner Annäherung, seinen scharfen Tomahawk nach ihr. Dieser streifte ihr die Schulter, durchschnitt die Weiden, welche sie an den Baum gefesselt hielten und ließ ihr Freiheit, zu entfliehen. Cora entschlüpfte dem Griffe des Wilden, warf sich, um die eigene Sicherheit unbesorgt, an Alicens Busen, und versuchte mit krampfhaften, zitternden Händen die Weiden zu lösen, die jene noch festhielten. Nur ein Ungeheuer konnte bei diesem Zuge edelmüthiger, aufopfernder Liebe ungerührt bleiben; aber die Brust des Huronen kannte kein Mitgefühl. Er ergriff Cora an den üppigen Locken, welche ihr in schöner Verwirrung über Nacken und Schultern fielen, und riß sie mit dem rohesten Ungestüm auf die Kniee nieder. Hierauf wand er sich die reiche Fülle der Haare um die Hand und, sie hoch mit ausgestrecktem Arme emporhaltend, schwang er ein Messer um das schöngeformte Haupt seines Schlachtopfers, indem er ein höhnisches und frohlockendes Gelächter erhob. Allein er mußte diesen Augenblick grausamer Lust theuer bezahlen. In demselben Moment erschaute Uncas diese entsetzliche Scene. Emporspringend schoß er durch die Lüfte und stürzte gleich einer Kugel auf die Brust seines Feindes herab, indem er ihn jählings viele Schritte weg zu Boden schleuderte. Die Heftigkeit der Anstrengung warf den jungen Mohikaner samt dem Feinde zur Erde. Beide sprangen zugleich wieder auf, fochten, bluteten wechselseitig. Aber der Kampf war bald entschieden; der Tomahawk Heyward’s und die Büchse Hawk-eye’s fielen in demselben Augenblick auf den Schädel des Huronen, als Uncas Messer sein Herz erreichte.

Der Kampf war jetzt entschieden bis auf das immer noch währende Handgemenge von »le Renard Subtil« und »le gros Serpent.« Die wilden Krieger bewiesen, daß sie diese bezeichnenden Namen, die ihnen für frühere Kriegsthaten zu Theil geworden, wohl verdienten. Als sie handgemein wurden, verging einige Zeit damit, daß sie den schnellen und kräftigen Hieben, die sie auf einander führten, gegenseitig auswichen; plötzlich aber stürzten sie auf einander los, umfaßten sich und fielen zu Boden, indem sie sich, Schlangen gleich, in unaufhörlichen Krümmungen um einander wanden. In dem Augenblicke, da sich die Sieger unbeschäftigt fanden, war die Stelle, wo diese erfahrenen und verzweifelten Kämpfer lagen, nur an einer Wolke von Staub und Blättern erkennbar, welche sich von dem Mittelpunkte der kleinen Ebene, wie durch einen Wirbelwind getrieben, an den Rand derselben fortbewegte. Von kindlicher Liebe, Freundschaft und Dankbarkeit angetrieben, stürzten Heyward und seine Genossen nach dem Orte und umgaben die kleine Staubwolke, welche über den Kämpfenden schwebte. Umsonst schoß Uncas um die Wolke, dem Feinde seines Vaters das Messer in das Herz zu stoßen; umsonst war Hawk-eye’s Büchse drohend emporgehoben; umsonst suchte Duncan einen Fuß des Huronen zu erfassen – seine Hände schienen all‘ ihre Kraft verloren zu haben. Bedeckt, wie sie waren, von Staub und Blut, schienen sie durch ihre schnellen Bewegungen in einen Körper verwachsen. Die todtenähnliche Gestalt des Mohikaners und die düstere des Huronen wechselten vor ihren Augen in so schneller und verworrener Aufeinanderfolge, daß die Freunde des Erstern nicht wußten, wann oder wohin sie ihre hülfreichen Streiche führen sollten. Zwar gab es kurze, flüchtige Augenblicke, wo die grimmigen Augen Magua’s gleich denen des fabelhaften Basilisken durch den ihn umgebenden Staubwirbel funkelten, und mit diesen kurzen und tödtlichen Blicken konnte er das Schicksal eines Kampfes mit solchen Feinden lesen. Ehe jedoch eine feindliche Hand auf sein dem Tode geweihtes Haupt herabsinken konnte, war schon an seiner Stelle das finstere Gesicht Chingachgook’s sichtbar. Auf diese Weise hatte sich der Kampf aus dem Mittelpunkte der kleinen Ebene an den Rand derselben gezogen. Dem Mohikaner gelang es jetzt, seinem Gegner einen gewaltigen Stoß mit dem Messer zu versetzen; Magua ließ ihn plötzlich los, und sank regungslos, wie es schien, ohne Leben zurück. Sein Gegner sprang auf die Füße und ließ die Laubgewölbe des Waldes von Siegsgeschrei ertönen.

»Sieg den Delawaren! Sieg den Mohikanern!« rief Hawk-eye, indem er noch einmal den Kolben seiner langen Todeswaffe erhob; »ein letzter Kolbenstreich von Einem, dem reines Blut in den Adern rinnt, ist nicht wider seine Ehre und raubt ihm sein Recht auf den Skalp nicht.«

In dem Augenblick aber, da die verderbliche Waffe herabfuhr, entzog sich der geschmeidige Hurone schnell der Gefahr durch eine Bewegung, durch welche er über den Rand des Absturzes rollte, auf die Füße zu stehen kam, und mit einem einzigen Sprung in das Dickicht eines niedern Buschwerks verschwand, das sich zu seinen Seiten schloß. Die Delawaren, welche den Feind todt geglaubt hatten, stiegen ihren Ruf der Verwunderung aus und verfolgten ihn wie zwei Windspiele, wenn sie das Wild erschauen, mit stürmischer Eile, als ein schrilles und eigenthümliches Geschrei des Kundschafters ihr Vorhaben änderte und sie auf den Gipfel des Hügels zurückrief.

»Das sieht ihm gleich!« rief der alte Waidmann, dessen Vorurtheile so viel dazu beitrugen, seinen natürlichen Sinn für Gerechtigkeit, so bald es die Mingo’s betraf, zu berücken. »Ein lügenhafter, betrügerischer Kerl! Ein ehrlicher Delaware, einmal besiegt, wäre ruhig liegen geblieben, und hätte sich den Todesstoß geben lassen; diese schurkischen Maquas aber haben ein Leben, wie wilde Katzen. Laßt ihn gehen – laßt ihn gehen: ’s ist nur ein Mann ohne Büchse oder Bogen und hat manche gute Meile zu seinen französischen Kameraden; und wie ein Eber, der seine Fänge verloren, kann er keinen Schaden mehr thun, ehe er und auch wir die Tritte unsrer Moccassins einer weiten Sandstrecke eingedrückt haben. Sieh, Uncas,« fuhr er in delawarischer Sprache fort, »dein Vater hält bereits seine Skalpenärnte. Er thut recht, daß er nach den Vagabunden sieht, sonst entspringt uns wieder Einer durch die Wälder und kreischt wie ’ne Elster, der man die Flügel freigelassen hat!«

Mit diesen Worten hielt der ehrliche, aber unversöhnliche Kundschafter seinen Umgang bei den Todten, und stieß ihnen mit solcher Kaltblütigkeit sein langes Messer in die leblose Brust, als ob es eben so viel Ueberreste von Thieren gewesen wären. Der ältere Mohikaner war ihm jedoch zuvorgekommen und hatte den widerstandlosen Häuptern bereits diese Sinnbilder des Sieges abgezogen.

Uncas aber flog, seine Sitte nur wir möchten wohl sagen, seine Natur verläugnend, mit instinktmäßigem Zartgefühl, von Heyward begleitet, den Mädchen zu Hülfe, befreite schnell Alice von ihren Fesseln und führte sie in Cora’s offene Arme. Wir wollen unterlassen, den Dank gegen den allmächtigen Lenker der Ereignisse zu schildern, der in den Schwestern glühte, die dem Leben und ihrer Liebe so unerwartet wieder geschenkt worden waren. Ihr Gebet war innig und still; die Opfer ihres edeln Gemüths brannten hell und rein auf den geheimen Altären ihrer Herzen; und ihre neu belebten irdischen Gefühle drückten sich in langen, glühenden, wenn auch sprachlosen Liebkosungen aus. Als Alice von ihren Knieen, auf die sie zur Seite Cora’s gesunken war, sich erhob, stürzte sie an den Busen ihrer ältern Schwester und sprach unter lautem Schluchzen den Namen ihres betagten Vaters aus, während ihre sanften Taubenaugen von den Strahlen der Hoffnung erglänzten.

»Wir sind gerettet! wir sind gerettet!« sprach sie leise; »um in die Arme unsres theuren, theuren Vaters zurückzukehren, und sein Herz wird nicht vor Gram brechen. Und auch du, Cora, meine Schwester, die du mir mehr als Mutter bist; auch du bist gerettet, und Duncan!« fuhr sie fort, indem sie mit einem unaussprechlichen Lächeln der Unschuld auf den Jüngling schaute: »auch unser tapferer, edelmüthiger Duncan ist ohne Verletzung der Gefahr entronnen!«

Auf diese feurigen und fast unzusammenhängenden Worte antwortete Cora blos damit, daß sie die jugendliche Sprecherin an ihr Herz drückte, und sich mit inniger Zärtlichkeit über sie beugte. Der männliche Heyward schämte sich nicht, über diesen Anblick zärtlichen Entzückens Thränen zu vergießen, und Uncas stand, frisch und mit Blut bedeckt vom Kampfe kommend, ein ruhiger und anscheinend ungerührter Zuschauer da, aber mit Augen, die bereits ihre Wildheit verloren hatten, und von einem Mitgefühle strahlten, das ihn weit über den geistigen Gesichtskreis und wahrscheinlich um Jahrhunderte über die Sitten seiner Nation erhob.

Während sich diese ihrer Lage so natürlichen Gefühle aussprachen, nahte sich Hawk-eye, dessen vorsichtiges Mißtrauen ihn überzeugt hatte, daß die Huronen, welche eine so himmlische Scene entstellt, ihre Harmonie nicht mehr zu unterbrechen im Stande waren, David und befreite ihn von den Banden, die er bis zu diesem Augenblick mit musterhafter Geduld getragen hatte.

»Jetzt!« rief der Kundschafter, die letzte Weide hinter sich werfend, »jetzt seyd Ihr wieder Herr eurer Glieder, obgleich Ihr im Gebrauche derselben nicht mehr Verstand zeigt, als die Natur, die solche geschaffen hat. Wenn euch der Rath eines Mannes, der nicht älter ist, als Ihr, aber den größten Theil seines Lebens in der Wildniß zugebracht hat und also wohl sagen kann, daß er Erfahrung über seine Jahre besitzt, nicht verdrießt, so wäre er folgender: verkauft das kleine Pfeif-Instrument in eurer Tasche da an den ersten besten Narren, den Ihr treffet, und kauft mit dem Geld ’ne brauchbare Waffe und wär’s auch nur der Lauf einer Reiterpistole. Mit Eifer und Sorgfalt könntet Ihr’s noch zu was bringen; denn jetzt sollt‘ ich meinen, müßten eure Augen deutlich sehen, daß eine Aaskrähe ein besserer Vogel, als eine Spottdrossel ist. Die Eine schafft wenigstens dem Menschen das stinkende Aas aus dem Gesicht, indes die Andere in den Wäldern Nichts als Unheil stiftet, indem sie die Leute irre führt.«

»Waffen und Zinken für die Schlacht, aber Lobgesang für den Sieg!« antwortete der befreite David. »Freund,« fügte er bei, seine kleine, zarte Hand freundlich gegen Hawk-eye aufreckend, indem seine Augen blinzten und sich mit Thränen füllten: »ich danke dir, daß die Haare meines Hauptes noch wachsen, wo sie die Vorsehung hingepflanzt hat. Wenn auch die der Andern glänzender und gekräuselt sind, so habe ich doch die meinen immer noch gut genug gefunden für den Schädel, den sie decken. Daß ich keinen Theil an dem Kampfe nahm, geschah nicht sowohl aus Abneigung, als wegen der Bande, in die mich die Heiden gelegt. Tapfer und flink hast du dich im Kampfe bewiesen, und hierfür danke ich dir, ehe ich mich noch anderer und wichtigerer Pflichten entledige, weil du dich des Christenlobes würdig erwiesen hast.«

»Das ist nicht der Rede werth, und noch oft könnt Ihr’s zu sehen bekommen, wenn Ihr länger bei uns verweilt,« erwiederte der Kundschafter, ein gut Theil milder gestimmt gegen den Mann des Gesangs, der so unzweideutig seiner Dankbarkeit Worte geliehen hatte. »Ich hab‘ meinen alten Kameraden, den Wildtödter, wieder,« setzte er hinzu, indem er mit der Hand an den Kolben seiner Büchse schlug; »und das ist allein schon ein Sieg. Die Irokesen sind schlau; aber das war ein dummer Streich, daß sie ihre Büchsen sich so weit aus der Hand legten; und hätten Uncas oder sein Vater auch nur die gewöhnliche Indianergeduld gehabt, so wären wir mit drei Kugeln statt mit einer hinter die Schelme gestiegen, und das hätte dem ganzen Pack den Garaus gemacht, dem Springhasen dort, wie seinen Spießgesellen. Aber ’s war Alles so vorherbestimmt und wird auch so am besten seyn.« »Du hast Recht,« versetzte David; »hast ganz den Geist des Christenthums erfaßt. Wer gerettet werden soll, wird gerettet werden, und wer zur Verdammniß vorherbestimmt ist, wird sicherlich verdammt werden. Dies ist die Lehre der Wahrheit, und eine höchst tröstliche und erquickliche für den wahren Gläubigen!

Der Kundschafter, der in dieser Zeit dagesessen hatte, den Zustand seiner Büchse mit einem gewissen väterlichen Eifer prüfend, blickte zu dem Andern mit einem Ausdruck des Mißvergnügens auf, den er keineswegs zu verhehlen gemeint war, fernere Rede rauh unterbrechend: –

»Lehre oder nicht,« sprach der kecke Waldmann, »das ist der Glaube von Schurken und der Fluch eines ehrlichen Mannes. Ich kann glauben, daß der Hurone dort durch meine Hand fallen mußte; denn ich hab‘ es mit meinen eigenen Augen gesehen. Aber nur wenn ich Zeuge davon bin, will ich glauben, daß er irgend einen Lohn empfangen, oder daß Chingachgook dort am jüngsten Tag verdammt werden wird.«

»Ihr habt keine Gewährleistung für solch eine verwegene Lehre, noch eine Autorität, auf die Ihr euch berufen könnet,« rief David, dessen Glaube eine starke Färbung jener metaphysischen Spitzfindigkeit trug, durch welche man zu jener Zeit und vornehmlich in seiner Provinz die schöne Einfachheit der Offenbarung verhüllte, indem man sich bestrebte, in das heilige Dunkel der göttlichen Natur einzudringen, Selbstgenügsamkeit an die Stelle des Glaubens setzte und folglich Alle, welche von solchen menschlichen Dogmen ausgingen, in Absurditäten und Zweifel verwickelte; »euer Tempel ist auf Sand gebaut, und der erste Sturm wird ihn von seiner Stelle reißen. Ich frage euch, welche Autoritäten habt Ihr für eine so unchristliche Behauptung (gleich andern Verteidigern eines Systems war David nicht immer genau in der Wahl seiner Ausdrücke). Nennt Kapitel und Vers; in welchem der heiligen Bücher findet Ihr einen Text, welcher für euch spräche?«

»Buch!« wiederholte Hawk-eye mit auffallender, unverholener Verachtung; »haltet Ihr mich für einen wimmernden Knaben, der einer eurer alten Großmütter an der Schürze hängt; und die gute Büchse auf meinem Knie da für eine Gänsefeder, mein Pulverhorn für ein Tintenfaß und meine Jagdtasche für ein übergeschlagenes Taschentuch, mein Essen drin in die Schule zu tragen? Was? Buch? Was hab‘ ich, ein Krieger der Wildniß, obgleich ein Mann von reinem Blut, mit Büchern zu schaffen? Ich las immer nur in einem, und die Worte, welche in diesem geschrieben sind, sind zu einfach und zu klar, um viel Schulens zu bedürfen; und doch kann ich mich rühmen, vierzig lange und harte Jahre darin gelesen zu haben.«

»Was meint Ihr da für ein Buch?« fragte David, der des Andern Meinung nicht recht verstand.

»Es liegt offen vor euern Augen,« erwiederte der Kundschafter, »und der Eigenthümer ist nicht karg damit, läßt gerne darin lesen. Ich hörte schon sagen, es gebe Leute, die in Büchern lesen, um sich zu überzeugen, daß ein Gott ist. Es ist möglich, daß sie in den Niederlassungen seine Werke so verunstalten, daß das, was in der Wildniß so klar und deutlich vor Augen liegt, unter Krämern und Priestern zweifelhaft wird. Wenn’s einen Solchen gibt und er will mir von einer Sonne zur andern durch die Windungen der Wälder folgen, so soll er genug sehen, um sich zu überzeugen, daß er ein Narr ist und daß seine größte Narrheit darin besteht, an ein Wesen hinanreichen zu wollen, dem er niemals, weder an Güte noch an Macht gleichkommen kann.«

Sobald David merkte, daß er mit Einem stritt, der seinen Glauben aus Naturanschauungen geschöpft habe, und sich auf keine Spitzfindigkeit der Lehre einließ, so gab er gerne einen Kampf auf, in dem er weder Vortheil noch Ehre Ernten konnte. Während der Kundschafter sprach, hatte auch er sich gesetzt, und das allzeit bereite Büchlein nebst der in Eisen gefaßten Brille hervorziehend, schickte er sich an, eine Pflicht zu erfüllen, die allein in Folge des unerwarteten Angriffs auf seine Rechtgläubigkeit so lange unerfüllt geblieben war. Er war in der That ein Minstrel des westlichen Continents in einer weit spätern Zeit, als jene begeisterten Barden, welche früher den profanen Ruhm eines Freiherrn oder Fürsten besangen; aber er war ein Barde im Geiste seiner Zeit und seines Landes, und jetzt im Begriff, den so eben errungenen Sieg zu verherrlichen, oder vielmehr einen Lobgesang dafür anzustimmen. Er wartete geduldig, bis Hawk-eye ausgeredet hatte, und begann, seine Augen erhebend, mit lauter Stimme:

»Ich lade euch ein, meine Freunde, euch mit mir zu einem Lobgesang für die wunderbare Errettung aus den Händen der Barbaren und Ungläubigen zu vereinigen, nach der kräftigen und feierlichen Melodie, genannt »Northampton«.«

Er benannte nächstdem Seite und Vers, wo die von ihm gewählten Strophen zu finden waren und brachte die kleine Pfeife an seine Lippen mit einem so würdevollen Ernste, als ob er in der Kirche sich befände. Dies Mal blieb übrigens seine Stimme ohne Begleitung; denn die beiden Schwestern erfreuten sich noch an jenen zärtlichen Liebesbeweisen, von denen wir bereits gesprochen haben. Nicht abgeschreckt durch die kleine Zuhörerschaft, welche in Wahrheit nur aus dem verdrießlichen Kundschafter bestand, erhob er seine Stimme, begann und endete seinen heiligen Gesang, ohne durch irgend Etwas unterbrochen zu werden.

Hawk-eye hörte zu, während er seinen Flintenstein zurecht machte und seine Büchse wieder lud; aber die Töne, welche durch keine Scenerie und keine verwandte Empfindung unterstützt wurden, waren nicht vermögend, seine schlummernden Gefühle zu wecken. Nie hatte ein Minstrel, oder welchen passendern Namen man David geben wollte, vor unempfänglicheren Zuhörern seine Talente entwickelt, und doch, sah man auf die Einfalt und Innigkeit seiner Andacht, so drang wahrscheinlich noch keines Barden Gesang so unmittelbar zu dem Throne dessen, dem allein Preis und Ehre gebührt. Der Kundschafter schüttelte den Kopf, murmelte einige unverständliche Worte, unter denen »Kehle« und »Irokese« allein vernehmbar waren, und ging weg, um das eroberte Arsenal der Huronen zu sammeln und in Augenschein zu nehmen. Bei diesem Geschäfte unterstützte ihn Chingachgook, der sowohl seine eigene, als seines Sohnes Büchse unter der Beute fand. Selbst Heyward und David wurden jetzt mit Waffen versehen; auch fehlte es nicht an Schießbedarf, um sie wirksam zu machen.

Als die Waldbewohner ihre Auswahl getroffen und ihre Beute vertheilt hatten, kündigte der Kundschafter an, daß sie aufbrechen müßten. Mittlerweile war Gamuts Gesang verstummt, und die Schwestern waren im Stande, der Aeußerung ihrer Gefühle Schranken zu setzen. Gestützt auf Heyward und den jungen Mohikaner stiegen sie den steilen Abhang des Hügels hinab, den sie erst noch unter so ganz verschiedenen Auspicien erklommen hatten, und dessen Gipfel beinahe der Schauplatz ihrer grausamen Ermordung geworden wäre. Am Fuße desselben fanden sie ihre Narragansets, welche an den Gebüschen weideten; sie bestiegen solche und folgten den Bewegungen eines Führers, der sich in den gefährlichsten Lagen als ihr Freund bewährt hatte. Die Reise war jedoch kurz. Hawk-eye verließ den Pfad, auf dem die Huronen gekommen waren, bog rechts durch ein Dickicht, ging dann über einen rieselnden Bach und hielt in einem engen Thälchen unter dem Schatten einiger Wasserulmen. Die Entfernung von dem Fuße des verhängnisvollen Hügels betrug nur einige Ruthen, und die Pferde hatten den Schwestern nur dazu gedient, sie trocknen Fußes über den seichten Bach zu bringen.

Der Kundschafter und die Indianer schienen den abgeschiedenen Platz, auf dem sie sich befanden, genau zu kennen: denn sie lehnten ihre Büchsen an die Bäume, und fingen an, das dürre Laub wegzuräumen und die bläulichte Thonerde aufzuscharren, worauf plötzlich eine klare, reine Quelle glänzend hervorsprudelte. Der Weiße blickte um sich, als ob er etwas suchte, was er zu finden hoffte, aber nicht sogleich finden konnte.

»Die sorglosen Schufte, die Mohawks mit ihren Tuscarora und Onondagabrüdern haben hier ihren Durst gestillt,« murmelte er, »und die Landstreicher haben die Kürbisflasche weggeworfen! So geht es, wenn man Einem einen Dienst erweist und es mit undankbaren Hunden zu thun hat! Hier hat der Herr zu ihrem Besten mitten in der heulenden Wildniß die Hand aufgereckt und aus den Eingeweiden der Erde eine Quelle springen lassen, welche die reichsten Apothekerbuden in allen Kolonien zu Schanden machen kann. Nun seht! die Taugenichtse haben die Erde eingetreten und den hübschen Platz verschändet, als ob sie dumme Bestien und keine Menschen wären.«

Uncas reichte ihm stillschweigend die gewünschte Kürbisflasche hin, die er bisher in seinem Spleen nicht an dem Ast einer Ulme hatte hängen sehen. Er füllte sie mit Wasser, und zog sich in einige Entfernung zurück nach einer Stelle, wo der Boden fester und trockener war. Hier setzte er sich nieder, und nach einem langen und, wie es schien, erquickenden Zuge fing er an, die Reste der Nahrungsmittel, welche die Huronen zurückgelassen hatten und die sich in seiner Waidtasche befanden, in genaue Untersuchung zu nehmen. »Dank Dir, Junge,« fuhr er fort, indem er die leere Kürbisflasche an Uncas zurückgab, »jetzt wollen wir sehen, wie diese Kriecher, die Huronen, auf ihren Wegelagerungen lebten. Da seht ‚mal! die Kerls kennen die besten Bissen an dem Wilde, und man sollte denken, sie könnten ein Stück Wildpret abschneiden und braten trotz dem besten Koch im Lande! Aber alles ist roh: die Irokesen sind noch ächte und gerechte Wilde. Uncas, nimm meinen Stahl und zünd‘ ein Feuer an! Ein Stück zarten Rostbratens hilft nach einem so langen Marsche der Natur wieder auf.«

Heyward, welcher bemerkte, daß ihre Führer ernstliche Anstalten zu einem Mahle machten, half den Ladies von den Pferden und nahm an ihrer Seite Platz, mit Freude sehend, daß sie nach der blutigen Scene einiger Augenblicke Ruhe genießen sollten. Während die Küchenvorbereitungen vor sich gingen, spornte ihn die Neugierde, nach den Umständen zu fragen, die zu ihrer so zeitigen als unerwarteten Rettung geführt hatten.

»Wie kommt es, daß wir Euch sobald wieder sahen, mein edelmüthiger Freund?« fragte er, »und ohne die Hülfe der Garnison von Edward?«

»Wären wir der Krümmung des Flusses nachgegangen, so wären wir noch zeitig genug gekommen, das Laub über Eure Leichen zu rechen, aber zu spät, um Eure Skalps zu retten,« antwortete der Kundschafter kaltblütig, »Nein, nein, statt Kraft und Zeit mit dem Rennen nach dem Fort zu vergeuden, blieben wir am Ufer des Hudson im Hinterhalt, um die Bewegungen der Huronen zu beobachten.«

»So waret Ihr denn Augenzeugen alles dessen, was mit uns vorging?«

»Keineswegs, die Augen der Indianer sehen zu scharf, als daß man ihnen entgehen könnte; wir hielten uns verborgen. Schwer hielt es, den Mohikaner-Jungen da im Versteck zu halten. Oh! Uncas, Uncas, Dein Benehmen war mehr das eines neugierigen Weibes, denn eines Kriegers, der auf der Lauer liegt.«

Uncas wandte sein Haupt einen Augenblick nach der finstern Miene des Sprechers; aber er sprach nicht, noch gab er ein Zeichen der Reue. Im Gegentheile lag, wie Heyward zu bemerken glaubte, in der Miene des jungen Mohikaners ein Ausdruck von Stolz, wo nicht von Verachtung: er unterdrückte eine Leidenschaft, die im Begriff war auszubrechen, sowohl aus Rücksicht gegen seine Zuhörer, als aus gewohnter Achtung für seinen weißen Genossen.

»Ihr saht, wie sie uns gefangen nahmen?« fragte Heyward weiter.

»Wir hörten es,« war die bezeichnende Antwort. »Ein Indianergeschrei ist eine verständliche Sprache für Leute, die ihr Leben in den Wäldern zugebracht haben. Aber als Ihr landetet, mußten wir wie Schlangen unter dem Laube kriechen und verloren Euch gänzlich aus den Augen, bis wir Euch wieder erblickten, an die Bäume gebunden, um auf gut Indianisch niedergemetzelt zu werden.«

»Unsere Rettung war ein Werk der Vorsehung. Fast ein Wunder war es, daß Ihr den rechten Weg einschluget: denn die Huronen theilten sich, und jeder Haufen hatte seine Pferde.«

»Ja, beinahe hatten wir die Fährte verloren, und wären irre gegangen, wenn Uncas nicht gewesen wäre; wir entschieden uns jedoch für den Weg, der in die Wildniß führt; denn wir schlossen mit Recht, daß die Wilden mit ihren Gefangenen diese Richtung einschlagen würden. Aber als wir schon manche Meile zurückgelegt hatten, ohne einen einzigen Zweig geknickt zu finden, wie ich doch gerathen hatte, wurde ich sehr besorgt, besonders da ich sah, daß alle Fußstapfen von Moccassins herrührten.«

»Unsere Sieger hatten die Vorsicht gebraucht, uns auf ihre Weise zu beschuhen,« sagte Duncan, indem er den Fuß aufhob und die kleinen Halbstiefel zeigte.

»Das war klug und sieht ihnen ähnlich: doch wir waren zu erfahren, um uns durch diese gewöhnliche List von unsrer Fährte abbringen zu lassen.«

»Welchen Umstande verdanken wir also unsere Rettung?«

»Einem Umstande, den ich als ein Weißer, der keinen Tropfen Indianerblutes in seinen Adern hat, fast mich schämen sollte zu gestehen: – der Einsicht des jungen Mohikaners, in Dingen, die ich besser verstehen sollte, als er, und an die ich jetzt noch kaum glauben kann, obgleich meine eigenen Augen mir sagen, daß es so ist.«

»Das ist sonderbar! Wollt Ihr mir nicht sagen, was es ist?«

»Uncas war kühn genug, zu behaupten,« fuhr Hawk-eye fort, indem er seine Augen nicht ohne Neugierde auf die Pferdchen der Ladies heftete, »daß die von den Frauen gerittenen Thiere beide Füße auf einer Seite zu gleicher Zeit zur Erde setzten, was doch dem Gange aller vierfüßigen Bestien, die ich kenne, widerstreitet, dem des einzigen Bären ausgenommen. Und doch sind hier Pferde, die immer so gehen, wie meine eigenen Augen mich überzeugten, und wie ihre Fährte zwanzig lange Meilen bewiesen hat.

»Das ist der Vorzug dieser Thiere! Sie kommen von den Ufern der Narragansetbai, in der kleinen Provinz der Providence-Kolonien, und sind berühmt wegen ihrer Ausdauer und der Leichtigkeit ihrer Bewegungen; doch lassen sich auch nicht selten andere Pferde so abrichten.«

»Mag seyn! mag seyn!« sagte Hawk-eye, der mit besonderer Aufmerksamkeit auf diese Erklärung gehört hatte, »obgleich ich ein Mann bin, dem das reine Blut der Weißen in seinen Adern fließt, so ist doch mein Urtheil, was das Wild und den Biber betrifft, gründlicher, als über lasttragende Thiere. Major Effingham hat viele edle Rosse, ich habe aber nie eines auf so wunderliche Weise seitwärts gehen sehen.«

»Gewiß: denn er schätzt den Werth der Thiere nach ganz andern Eigenschaften. Immer aber ist dies eine sehr beliebte Race, und wie ihr seht, erfährt sie viel Ehre durch die Lasten, die man ihr anvertraut.«

Die Mohikaner hatten ihr Geschäft an dem Feuer eingestellt, um zuzuhören; und als Duncan ausgeredet hatte, sahen sie einander verwundert an, während der Vater den nie fehlenden Ausruf des Erstaunens vernehmen ließ. Der Kundschafter sann nach, als ob er die neu erworbene Kenntniß verdauen wollte, und warf wieder einen verstohlenen Blick auf die Pferde.

»Ich darf wohl sagen, man bekommt in den Niederlassungen gar wunderbare Dinge zu Gesicht!« begann er langsam: »die Natur wird vom Menschen schwer gemißbraucht, wenn er ‚mal die Oberhand über sie gewinnt. Doch der Gang dieser Thiere mag nun seyn, wie er will, Uncas hatte sich einmal die Bewegung gemerkt, und ihre Spur führte uns an den eingeknickten Busch. Der höchste Zweig unter dem Tritt eines Pferdehufs war aufwärts gebogen, wie eine Lady die Blume von dem Stängel bricht, alles Andere aber zerrissen und niedergebrochen, als ob die starke Hand eines Mannes daran gezerrt hätte. So schloß ich denn, daß das schlaue Otterngezüchte das Knicken des Zweiges bemerkt und dann auch die übrigen zerbrochen habe, um uns glauben zu machen, ein Rehbock habe an den Zweigen sein Geweih versucht.«

»Ich glaube, Euer Scharfblick täuschte Euch nicht: es ist so etwas vorgefallen!«

»Das war leicht abzusehen!« fuhr der Kundschafter fort, keineswegs gemeint, hier einen besondern Scharfblick bewiesen zu haben, »etwas ganz Anderes war es mit dem watschelnden Gange des Pferdes. Da fiel mir ein, die Mingos könnten zu dieser Quelle gehen, denn die Schelme kennen die Kraft ihres Wassers recht wohl.«

»Ist sie denn so berühmt?« fragte Heyward, mit neugierigem Auge das abgeschiedene Thälchen und seine sprudelnde Quelle betrachtend, die mit einer braunen Erde umgeben war.

»Wenige Rothhäute reisen südlich oder östlich von den großen Seen, die nicht von ihren Eigenschaften gehört hätten. Wollt Ihr sie nicht selber kosten?«

Heyward nahm die Kürbisflasche, warf sie aber, nachdem er ein wenig von dem Wasser getrunken hatte, mit Geberden des Ekels wieder weg. Der Kundschafter lachte auf seine Weise aus vollem Herzen still vor sich hin und schüttelte mit großer Selbstzufriedenheit den Kopf.

»Ja, Ihr müßt erst durch Gewohnheit den rechten Geschmack daran erhalten! Es gab ’ne Zeit, wo mir’s eben so wenig schmecken wollte; nun ich mich daran gewöhnt habe, lechze ich darnach, wie der Damhirsch nach den Licks. Eure starkgewürzten Weine sind Eurem Gaumen nicht angenehmer, als der Rothhaut dieses Wasser, besonders im Zustande der Erschöpfung. Aber Uncas ist mit dem Braten fertig, es ist Zeit, an’s Essen zu denken, denn unsere Reise ist lang und zum geringsten Theile zurückgelegt.«

Das Gespräch durch diesen raschen Uebergang abbrechend, machte sich Hawk-eye an die Ueberreste des Mundvorraths, die der Gefräßigkeit der Huronen entgangen waren. Das Essen wurde mit eben so wenig Umständen aufgetragen, als zubereitet; und er und die Mohikaner begannen ihr bescheidenes Mahl mit der Stille und Sorgfalt von Männern, welche sich zu großen und anhaltenden Anstrengungen stärken wollen.

Sobald sie sich dieser nothwendigen und zum Glück angenehmen Pflicht entledigt hatten, that jeder der Waldbewohner zum Abschied noch einen tüchtigen Zug aus der einsamen, stillen Quelle, um welche sich innerhalb der nächsten fünfzig Jahre der Reichthum, die Schönheit und die Talente einer ganzen Halbkugel sammeln sollten, Gesundheit und Vergnügen zu suchen. Hawk-eye kündigte nun den Aufbruch an, die Schwestern setzten sich wieder zu Pferde; Duncan und David griffen nach ihren Büchsen und folgten ihnen; der Kundschafter ging voran und die Mohikaner beschlossen den Zug. Die ganze Gesellschaft zog sich auf dem schmalen Pfade rasch gegen Norden und ließ das Heilwasser mit dem benachbarten Bache sich vermischen, die Leichen der Gefallenen aber unbeerdigt auf dem nahen Berge faulen, ein Schicksal, das die Krieger der Wälder zu häufig trifft, als daß es Mitleid erregen oder auch nur zu einer weiteren Bemerkung führen könnte.