6

 

Stella Nelson saß beim Frühstück, als ihr Vater herunterkam. Er war nicht mehr so anmaßend. Er schämte sich, und in seiner ganzen Haltung drückte sich die Bitte um Verzeihung aus.

 

Früher hatte sich Stella durch seine Reue täuschen lassen, sie hatte geglaubt, daß doch noch etwas Gutes an einem Mann sein müsse und er sich bessern könne, wenn er seine Fehler einsah. Aber diese Illusion war zerronnen wie so viele andere. »Guten Morgen, mein Liebling. Ich wage kaum, dir ins Gesicht zu sehen«, sagte er, als er sich niedersetzte und mit unsicheren Händen seine Serviette entfaltete. »Ich bin ein Unmensch, ich habe mich aufgeführt wie ein Tier!«

 

Sie schenkte ihm Tee ein und kümmerte sich wenig um seine Worte.

 

»Du darfst mir glauben, Stella, es war das letzte Mal – wirklich, das allerletzte Mal. Ich habe heute morgen, als ich mich anzog, den festen Vorsatz gefaßt, nie wieder zu trinken. War ich wieder so unausstehlich? Habe ich wieder die Dienstboten hinausgeworfen?«

 

»Sie sind gegangen.«

 

Er seufzte.

 

»Vielleicht kann ich sie aufsuchen. Es wäre doch möglich, daß ich mit Mary die Sache wieder in Ordnung bringe. Sie ist eigentlich ein tüchtiges Mädchen, obwohl sie meine goldenen Manschettenknöpfe verloren hat. Ich will ihr alles erklären. Zu Mittag sind sie alle wieder da, Liebling. Ich kann nicht dulden, daß du die ganze Hausarbeit allein tust.«

 

»Mary hat heute morgen ihre Sachen abgeholt«, sagte Stella in sachlichem Ton. »Ich habe ihr auch den Vorschlag gemacht zu bleiben, aber sie erklärte, sie würde nicht wieder hierherkommen, selbst wenn ich ihr eine Million pro Jahr zahlte. Das habe ich ihr dann auch nicht angeboten.«

 

»Habe ich sie beschimpft – habe ich ihr allerhand Namen gegeben?« fragte er schuldbewußt.

 

Sie nickte und schob ihm die Marmelade hin. »Hast du etwas Geld – ich möchte einkaufen gehen.«

 

Er rückte unruhig hin und her: »Ich fürchte, ich kann dir nichts geben, ich bin gestern morgen nach Beverley gegangen, als du fort warst, und habe ein paar Besorgungen gemacht –«

 

»Das weiß ich«, unterbrach ihn Stella ruhig. »Du hast noch eine halbe Flasche mit Whisky stehenlassen, den ich weggeschüttet habe.«

 

»Das hättest du nicht tun sollen, mein Liebling«, erwiderte er kleinlaut. »Ich weiß wohl, er ist sehr schädlich, aber es ist doch gut, wenn für plötzliche Krankheitsfälle etwas im Haus ist.« Kenneth Nelson machte bei solchen Gelegenheiten gewöhnlich die Andeutung, daß irgendeine schreckliche Krankheit ausbrechen könne, die nur durch reichlichen Genuß von Whisky zu heilen sei.

 

»Wenn jemand krank wird, wollen wir lieber Doktor Granitt holen«, sagte sie. »Hast du wirklich kein Geld für mich, Vater?«

 

»Ich habe nur ein paar Schilling.« Er zog eine Handvoll Silbergeld aus der Tasche. »Die brauche ich selbst«, fügte er hastig hinzu. »Ich bekomme aber heute meinen Scheck von dem Kunsthändler. Ich kann gar nicht begreifen, warum, er heute morgen mit der Post noch nicht gekommen ist. Diese Leute sind doch zu unzuverlässige Menschen.«

 

»Der Scheck kam schon vorige Woche«, entgegnete Stella ruhig. »Du hast dem Mädchen den Brief gleich draußen abgenommen und ihr gesagt, sie möchte mir nichts davon erzählen. Das hat sie mir gestern unter vielen anderen Dingen auch mitgeteilt.«

 

Er seufzte wieder.

 

»Ich bin ein Verschwender, ich bin ganz und gar verkommen«, klagte er sich an. »Ich bin schuld an dem Tod deiner armen Mutter, ich habe sie ins Grab gebracht – du weißt, daß ich daran schuld bin, Stella.«

 

In solchen Augenblicken fand er ein wahres Vergnügen darin, sich selbst zu beschuldigen. Daß seine Tochter sich dadurch verletzt fühlen könnte, kam ihm gar nicht zum Bewußtsein. Er empfand eine solche Befriedigung dabei, daß er sich unmöglich vorstellen konnte, andere seien unfähig, dieses Vergnügen zu teilen.

 

»Sage doch das nicht«, sagte sie beinahe schroff. Sie kam aber sofort wieder auf die Geldfrage zurück. »Vater, ich brauche Geld. Die Mädchen wollen den restlichen Lohn, ich habe versprochen, ihnen das Geld in die Stadt zu schicken.«

 

Er hatte sich in seinem Sessel zusammengekauert und brütete vor sich hin.

 

»Ich werde heute mit dem Bild anfangen – mit dem Pygmalion. Es wird allerdings einige Zeit dauern, bis ich damit fertig bin und das Geld dafür bekomme. Diese verfluchten Händler –«

 

Schon vor drei Jahren hatte er den Pygmalion zu malen begonnen, aber seitdem war er nicht wieder in Stimmung gekommen. Stella hatte es aufgegeben, Modelle für ihn zu engagieren. Sie nahm das Versprechen, das große Bild beenden zu wollen, mit derselben Gleichgültigkeit hin, die sie bei seiner Reue gezeigt hatte.

 

Plötzlich kam ihm ein rettender Gedanke. Er lehnte sich zu ihr über den Tisch hinüber.

 

»Stella«, sagte er leise, »könntest du nicht etwas Geld bekommen – erinnerst du dich an die Summe, die du damals aufgetrieben hast, als mich dieser üble Marmeladenfabrikant wegen der Anzahlung verklagte, die er auf das Porträt gemacht hatte? Diese dummen Spießer glauben immer, man könnte ein Bild auf Befehl malen. Ich bin nie ein Kaufmann gewesen. Ich will ja die Kunst nicht in den Himmel heben, aber Kunst ist der Inhalt des Lebens, für mich wenigstens.«

 

Er schaute sie erwartungsvoll, beinahe bittend an, aber sie schüttelte entschlossen den Kopf.

 

»Auf diese Weise kann ich kein Geld mehr beschaffen. Lieber würde ich sterben. Wir wollen nicht mehr darüber sprechen, Vater.«

 

Plötzlich erhob sie sich, ging verzweifelt im Zimmer auf und ab und blieb schließlich vor ihrem eigenen, halbvollendeten Porträt stehen, das er begonnen hatte, als sie drei Jahre jünger war.

 

»Das wäre eigentlich ein Bild, das man fertigmachen sollte«, sagte er. »Ich bin jetzt gerade in der Stimmung dazu, ich könnte mich auf die Arbeit konzentrieren.«

 

Als sie aber später in das Atelier kam, sah sie, wie er andere angefangene Bilder betrachtete.

 

»Ein paar Wochen Arbeit an diesem Bild, Stella, und bei Gott, es könnte etwas daraus werden. Durch ein solches Bild bin ich damals in die Akademie aufgenommen worden!«

 

»Warum fängst du denn nicht einmal wirklich an, Vater? Zieh deinen Arbeitskittel an und beginne gleich.«

 

»Ach, das eilt doch nicht so sehr! Wir haben noch viel Zeit«, erwiderte er leichtfertig. »Ich will einmal sehen, ob ich nicht den Trainer finde. Eine Runde Golf würde mich jetzt richtig auf die Höhe bringen.«

 

Später sah sie, wie er mit dem Trainer zum Golfplatz ging; ein Junge trug ihnen die Geräte nach. Nelson schien alle Sorgen vergessen zu haben, weder an morgen zu denken, noch sein Betragen von gestern zu bedauern.

 

Als er zu Tisch zurückkam, war er in glänzender Stimmung, und sie wußte, daß alle guten Vorsätze längst vergessen waren.

 

»Es ist immer von Nutzen, wenn man weiß, wann man aufhören muß, Stella. Das ist eben der Unterschied zwischen einem Mann und einem Narren. Ich weiß immer, wann ich genug habe. Ich bin ein Künstler, und daher kommen all die Unannehmlichkeiten. Meine Phantasie schwelgt in rosigen Träumen, dann trinke ich rein mechanisch, ohne überhaupt zu wissen, daß ich etwas zu mir nehme.« Er lachte vergnügt und kniff sie in die Wange. »Mache dir nur keine Sorge, in einer Woche ist der Pygmalion fertig. Du denkst natürlich wieder, daß es nur ein leeres Versprechen ist, aber ich kann dir nur sagen, mein Liebling, als ich ein junger Mann war und das große Gemälde schuf, dem ich meinen Namen verdanke – Sokrates, den Schierlingsbecher trinkend –, da habe ich am Sonntagmorgen angefangen und am Dienstagabend war das riesengroße Bild fertig. Ich habe allerdings später noch einige Lichter aufgesetzt.«

 

»Hast du im Klub etwas getrunken, Vater?«

 

Der Klub war ein kleines Gebäude am Ende der Straße. Es war wohl der Golfklub mit der geringsten Mitgliederzahl der Welt.

 

»Ach, nur einen Whisky Soda«, erwiderte er leichthin.

 

Kenneth Nelson hatte, wie viele Neurotiker, die Gewohnheit, alle Gedanken zu unterdrücken, die ihm nicht angenehm waren. Er konnte alles aus seinem Denken ausschalten, was ihm mißfiel, alle Erinnerungen, deren er sich schämen mußte. Er betrachtete das als eine große Begabung. Er liebte es, weise Aussprüche zu gebrauchen, und er brachte sie stets so vor, als ob sie von ihm selbst stammten.

 

»Nebenbei bemerkt, Stella, wir haben Besuch im Gästehaus. Das ist die ausgleichende Gerechtigkeit!« Er lachte. »Bellingham war ein Dieb, ein Einbrecher! Bei Gott, ich hätte nicht ruhig schlafen können, wenn ich das gewußt hätte.«

 

Stella überlegte, was Scottie wohl zu einem Einbruch in dieses Haus hätte veranlassen sollen, wenn er nicht unvollendete Bilder stehlen wollte.

 

Noch bevor ihr Vater weitersprach, wußte sie, was er sagen würde.

 

»Der Detektiv wohnt dort?« fragte sie schnell.

 

»Ja, er hält sich ein paar Tage hier auf – ein sehr interessanter Mann, äußerst liebenswürdig. Er ist gewissermaßen ein Gast Mr. Merrivans. Du weißt doch, daß der immer die sonderbarsten Leute aufgreift, gewöhnlich sind es ganz unmögliche Menschen. Aber diesmal hat er Glück gehabt. Dieser Detektiv – Andrew wie zum Teufel heißt er doch sonst noch – es ist ein schottischer Name – ich kann all diese Macs nicht auseinderhalten.«

 

»Macleod.«

 

»Ja, Andrew Macleod, so heißt er. Das ist derselbe, der hierhergeschickt wurde, um den Einbrecher zu verhaften. Das hat er auch tatsächlich sehr fein gemacht. Er ist ein ausgezeichneter Beamter. Es ist ungewöhnlich, einen Detektiv zu finden, der zugleich auch Gentleman ist. Würdest du nicht auch gern seine Bekanntschaft machen? Er würde dich sicher interessieren.«

 

»Nein«, sagte sie so schnell, daß er sie überrascht anschaute. »Ich interessiere mich wirklich nicht für ihn, und außerdem habe ich ihn ja schon gestern auf dem Postamt gesehen – er gefällt mir nicht.«

 

Mr. Nelson gähnte und schaute auf die Uhr.

 

»Ich muß jetzt gehen, ich habe Pearson versprochen, zu einer Bridgepartie zu kommen. Würdest du nicht zum Tee nachkommen?«

 

Sie ärgerte ihn nicht mehr durch unangenehme Fragen nach dem unvollendeten Pygmalion. Vor drei Jahren, als sie aus dem Pensionat gekommen war, wäre sie erstaunt gewesen, daß er seine guten Absichten so schnell vergessen konnte. Sie hätte ihm dann zugeredet, den Nachmittag im Atelier zu bleiben, und er hätte ihr geantwortet, daß er am nächsten Morgen ganz früh aufstehen werde, um einen guten Anfang zu machen. Und wenn sie ihn heute gebeten hätte, zu Hause zu arbeiten, hätte sie wahrscheinlich dieselbe Antwort bekommen. Also ließ sie den Dingen ihren Lauf. Ihr krampfhaftes Bemühen, dem Schicksal zu entkommen, war nutzlos – es ließ sich nicht mehr aufhalten.

 

Stella hatte an diesem Morgen einen Brief von Artur Wilmot vorgefunden und ihn ungelesen zerrissen und in den Papierkorb geworfen. Der Gedanke an ihn bedrückte sie am wenigsten.

 

Auch in dem Erscheinen des Detektivs lag etwas Schicksalhaftes. Er mußte ja seine Pflicht tun. Sie war auf das Schlimmste vorbereitet. Auch er würde in all das Unglück verkettet sein, das über sie hereinbrechen mußte.

 

Am Nachmittag bekam sie über eine Stellenvermittlung zwei ungeschulte Dienstboten. Es waren ungeschliffene Landmädchen, die sie anstarrten und lachten, als sie ihnen zeigte, wie sie alles anfassen mußten. Es wäre vergebene Mühe gewesen, sich nach gelernten Leuten umzusehen, denn die hatten alle von Kenneth Nelson und seinen Verrücktheiten gehört.

 

Stellas kleine, geheimgehaltene Reservesumme, die immer mehr und mehr zusammenschmolz, ermöglichte es ihr, die Löhne der entlassenen Dienstboten zu zahlen.

 

Sie hatte eben versucht, der neuen Köchin beizubringen, wie man guten Tee aufgießt, als Mr. Merrivan sich dem Hause näherte. Sie hatte ihn schon durch das Fenster gesehen und öffnete selbst die Haustür.

 

Sein Besuch war ihr unangenehm, obwohl sie ihn ganz gut leiden konnte. Aber auch er gehörte nun einmal zu den Unvermeidlichkeiten des Schicksals, und dieser Gedanke machte sie ruhiger.

 

»Ich komme in einer sehr heiklen Angelegenheit, Miss Nelson«, begann er und schüttelte den Kopf, als ob er durchaus schon ausdrücken wollte, daß er sich zur Lösung seiner Aufgabe nicht fähig fühle. »Wirklich, eine sehr heikle Angelegenheit. Ich weiß kaum, wie ich anfangen soll –«

 

Sie wartete und fürchtete schon, daß er sie an eine frühere Schuld erinnern würde, die sie ihm aber glücklicherweise hatte zurückzahlen können. Sie atmete erleichtert auf, als sich herausstellte, daß er gekommen war, um das brutale Auftreten seines Neffen zu entschuldigen.

 

»Ich kann nur vermuten, was er zu Ihnen gesagt hat. Gestatten Sie, daß ich Platz nehme?«

 

Sie schob ihm einen Sessel hin. Er setzte sich langsam und dankte umständlich.

 

»Er hat Sie so schwer beleidigt, daß Sie ihm eigentlich nicht verzeihen können«, begann er, aber sie unterbrach ihn sofort.

 

»Wir wollen nicht mehr darüber sprechen, Mr. Merrivan. Artur ist noch sehr jung und weiß nicht, wie man mit Frauen umgeht.«

 

»Meinen Sie?« fragte er. »Es tut mir leid, daß ich Ihnen darin widersprechen muß. Er weiß genug über Damen, um seine Pflichten Ihnen gegenüber zu kennen.«

 

»Hat er Ihnen denn alles erzählt?« Sie war erstaunt, daß Merrivan von dem Vorfall unterrichtet war.

 

»Ja, er hat es mir gebeichtet, und er bat mich, meinen Einfluß bei Ihnen geltend zu machen.« Er räusperte sich. »Ich habe ihm aber geantwortet«, sagte er dann langsam und nachdrücklich, »daß er sich keine Hoffnungen zu machen brauchte. Ich würde den Heiratsantrag eines andern nicht unterstützen.«

 

Es trat eine Pause ein, und sie dachte über seine Worte nach.

 

»Eines anderen?« wiederholte sie dann. »Sie wollen doch nicht etwa sagen, ach nein – das können Sie doch nicht meinen –«

 

»Doch, ich meine mich selbst«, entgegnete Mr. Merrivan ruhig. »Aber der Altersunterschied zwischen uns ist vielleicht ein unüberwindliches Hindernis für unser Glück, Miss Nelson.«

 

»Nein, Ihr Alter hat damit nichts zu tun, Mr. Merrivan«, erwiderte sie hastig. »Ich werde überhaupt nicht heiraten. Aber das ist doch nicht Ihr Ernst? Sie wollen mich ja gar nicht heiraten.«

 

»Ich meine es wirklich im Ernst«, erklärte Darius Merrivan feierlich. »Ich habe diesen Schritt lange bedacht, Miss Nelson. Und mit jedem Tag wurde es mir klarer, daß Sie die einzige Frau auf der Welt sind, mit der ich glücklich werden könnte.«

 

Stella lachte: »Ich hätte es mir nie auch nur im Traum einfallen lassen, daß Sie – es ist mir natürlich eine große Ehre, Mr. Merrivan. Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie sehr ich das zu schätzen weiß – Sie waren immer so gut zu mir.«

 

Er hob abwehrend die Hand. »Wir wollen nicht davon sprechen. Ich kann Ihnen –«

 

»Moment!« unterbrach sie ihn schnell. »Ich werde unter keinen Umständen heiraten, das ist die reine Wahrheit. Ich bin noch sehr jung und habe keine bestimmten Vorstellungen von der Ehe. Ich habe weder gegen Sie etwas, Mr. Merrivan, noch gegen Artur. Der einzige Grund meiner Ablehnung ist mein Entschluß, wenigstens jetzt noch nicht zu heiraten.«

 

Er nahm ihre Antwort so ruhig auf, als ob er keinen anderen Bescheid erwartet hätte, und war nicht im geringsten gekränkt.

 

»Es hat ja noch Zeit. Ich kann auch nicht erwarten, daß Sie sich auf der Stelle entscheiden – aber ich werde die Hoffnung nicht aufgeben.«

 

Sie schüttelte den Kopf.

 

»Ich glaube, es ist besser, Sie hoffen nicht mehr. Ich habe Sie gern, und Sie sind mir immer sehr freundlich entgegengekommen, aber ich will sie ebensowenig heiraten wie Ihren Neffen. Es ist eine ganz unwiderrufliche Antwort.«

 

Er machte keine Anstalten, sich zu erheben. Er saß ruhig da, strich seine dicken Backen und schaute an ihr vorbei.

 

»Sind Ihre Verhältnisse jetzt besser und geregelter, Miss Nelson?«

 

»Ja, es geht uns jetzt sehr gut«, erwiderte sie strahlend.

 

»Haben Sie gar keine Sorgen?«

 

Sie schüttelte den Kopf.

 

»Ich möchte noch etwas mit Ihnen besprechen – ich bin ein reicher Mann und ohne Verwandte. Wenn Ihnen zweitausend Pfund über diese schlechten Zeiten hinweghelfen können, so brauchen Sie es mir nur zu sagen:«

 

»Nein, Mr. Merrivan. Es ist sehr großzügig und liebenswürdig von Ihnen. Ich habe ein einziges Mal Ihre Güte in Anspruch genommen, und es war eine böse Erfahrung für mich. Sie waren sehr entgegenkommend, aber ich kann von Ihnen nichts mehr annehmen.«

 

Er erhob sich, wischte ein Stäubchen von seinem Ärmel und nahm seinen Hut.

 

»Artur weiß es«, sagte er. »Ich habe es ihm gesagt.«

 

»Was haben Sie ihm gesagt?« fragte sie verwirrt.

 

»Daß ich die Absicht hatte, Sie um Ihre Hand zu bitten. Er war sehr heftig, Miss Nelson, und er drohte – ich glaube, er drohte, mich umzubringen.« An der Tür wandte er sich noch einmal um. »Hat er Ihnen übrigens etwas davon gesagt, daß er Ihr Geheimnis kennt?«

 

»Hat er Ihnen auch das gesagt?«

 

»Nein, das habe ich nur vermutet. Er wußte, daß Sie Geld von mir geliehen hatten. Woher er es wußte, ist mir unbegreiflich. Aber vielleicht kann ich Sie doch dazu bewegen, Ihre Ansicht zu ändern –«

 

Sie schüttelte den Kopf.

 

Er stand in der Tür und schaute in den Garten hinaus. Seine Hand lag auf der Klinke.

 

»Wann haben wir eigentlich den Vierundzwanzigsten?« fragte er, ohne sie anzusehen.

 

Es verging einige Zeit, bevor sie antwortete.

 

»Am nächsten Montag«, sagte sie dann schwer atmend und blieb regungslos stehen, als er die Tür hinter sich schloß.

 

So wußte er es also. Er wußte es wirklich. Und der Detektiv war nur hierhergekommen, um Merrivan zu unterstützen.