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Hallick und Redmayne fragten die Posten, die im Park aufgestellt worden waren, aber keiner der Beamten hatte die geheimnisvolle Erscheinung eines Mönchs gesehen. Ebensowenig hatten sie bis jetzt eine Spur von Goodman und Marks gefunden.

 

»Marks wird jetzt schon in London sein«, sagte Hallick, als sie über den feuchten Rasen gingen. »Den werden wir bald gefunden haben.«

 

»Warum ist der überhaupt hierhergekommen?«

 

»Er suchte das Gold, das hier versteckt ist – den Schatz Ihres Freundes O’Shea, der ihn irgendwo hier in den Kellergewölben untergebracht hat. Ich werde O’Shea noch in dieser Nacht verhaften, und ich kann Ihnen nur den Rat geben, Colonel uns nicht in den Weg zu kommen. Ich habe so eine Ahnung, daß es gefährlich werden könnte. Nehmen Sie Ihre Tochter mit nach London. Ich stelle Ihnen gern einen Polizeiwagen zur Verfügung.«

 

»Aber sie wird nicht mitkommen wollen. Wie soll ich ihr das alles so plötzlich erklären?«

 

»Das brauchen Sie ihr nicht so genau zu erklären«, entgegnete Hallick kurz, »Sagen Sie ihr doch die Wahrheit, oder warten Sie meinetwegen, bis die Sache zur Gerichtsverhandlung kommt. Meiner Meinung nach hat O’Shea Ihnen das Geld gegeben, daß Sie Monkshall kaufen konnten.«

 

»Nein, das stimmt nicht. Er hat es schon vor dem Überfall auf den Goldtransport gekauft«, erwiderte der Colonel »Ich befand mich damals in, einer verdammt ungemütlichen Situation. Jeden Augenblick fürchtete ich, daß man mich verhaften würde. Wie O’Shea von meiner Lage erfahren hat, weiß ich nicht. Ich hatte früher niemals etwas von dem Mann gehört. Als er mir aber anbot, Geld zu leihen, und mir ein festes Einkommen und einen prächtigen Wohnsitz in Aussicht stellte, habe ich natürlich nicht nein gesagt. Ich bin ja eigentlich ein Arzt, und als er mir dann erklärte, daß er diese Anfälle habe, glaubte ich ihm helfen zu können. Ich wußte damals nicht, daß er O’Shea war. Das habe ich erst vor etwa einem Jahr erfahren.«

 

Eine Weile gingen sie schweigend nebeneinander her. »Sind nicht früher einmal drei Leute hier gewesen?« fragte Hallick dann und nannte die Namen der vermißten Beamten von Scotland Yard. »So? Die kamen vom Yard?« Der Colonel nickte. »Ja, die waren ein oder zwei Tage hier und verschwanden dann, ohne ihre Rechnungen zu bezahlen.«

 

»Sie sind hier ermordet worden.« Hallicks Stimme klang hart und grimmig. »Und O’Shea ist der Mörder – wenn sie nur soviel Verstand gehabt hätten, mir anzuvertrauen, was sie wußten, dann hätte ich sie retten können. Aber sie wollten den Ruhm für sich allein, O’Shea entdeckt zu haben, und das war ihr Verderben.«

 

»Was, O’Shea hat die Beamten hier im Haus umgebracht?« fragte Redmayne bestürzt.

 

Inzwischen waren sie wieder beim Haus angelangt, und Hallick klopfte leise an die Glastür. Aber es meldete sich niemand. Auch als er aufs neue klopfte, erhielt er keine Antwort.

 

»Ich glaube, wir gehen besser zur Haustür und klingeln Cotton.«

 

Es dauerte lange, bis dieser die Tür öffnete.

 

»Wo ist Miss Redmayne?« fragte Hallick.

 

»Ich habe sie nicht gesehen. Aber hier im Sessel schläft jemand er hat sich eine Decke übergezogen. Ich bekam einen schönen Schrecken, als ich hinter den Wandschirm guckte.«

 

»Das ist Fane, lassen Sie den in Ruhe.«

 

Hallick knipste alle Lampen an.

 

Er hatte das eigentümliche Gefühl, daß sich etwas Schreckliches ereignen würde.

 

»Suchen Sie vor allem Ihre Tochter«, sagte er zum Colonel.

 

Redmayne verließ den Raum, und gleich darauf hörte der Chefinspektor ihn im darüberliegenden Zimmer. Fünf Minuten später kam der Colonel bleich und zitternd zurück.

 

»Sie ist nicht in ihrem Zimmer. Ich glaube auch nicht, daß sie sich im Haus aufhält. Ich habe überall nachgesehen.«

 

»Wissen Sie nicht, wo Miss Redmayne ist, Cotton?«

 

»Nein.«

 

»Was ist denn das?« sagte Hallick plötzlich und nahm etwas vom Boden auf. Es war ein Gürtel. Die beiden sahen sich bestürzt an.

 

»Dann ist er hiergewesen – das war der Mönch!« sagte Redmayne entsetzt.

 

Hallick nahm den Wandschirm fort und zog den Sessel zur Seite.

 

»Fane, wachen Sie auf – Miss Redmayne ist verschwunden.« Er zog die Decke zur Seite, die das Gesicht des Schläfers bedeckte und stieß einen Fluch aus, denn der Mann, der in dem Sessel lag, war nicht Fane, sondern Marks. Und Marks war tot.