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Chichester ist gerade nicht wegen seiner vornehmen Restaurants berühmt, aber der Speisesaal des kleinen Hotels, in dem sich drei Herren an einem Nachmittag trafen, war immerhin ruhig und anheimelnd.

 

Als Mike Brixan in sein Hotel zurückkam, warteten zwei Herren auf ihn, die ihn zu sehen wünschten. Nachdem sie sich kurz vorgestellt hatten, bat er sie mit sich nach oben in sein Wohnzimmer.

 

»Ich freue mich, daß Sie gekommen sind«, sagte er, als der Inspektor die Tür hinter sich geschlossen hatte. »Reine Kriminalarbeit ist mir noch neu. Ich fürchte, daß ich Ihnen nur dunkle Andeutungen machen kann«, gestand er lächelnd. »Im Augenblick bin ich noch nicht so weit, daß ich alle meine Verdachtsgründe aussprechen könnte.«

 

Der Detektivinspektor Lyle, der Rangältere der beiden, lachte.

 

»Wir sind Ihnen vollkommen unterstellt, Captain Brixan«, sagte er, »und keiner von uns beiden hat das Recht, Sie um Aufklärung zu bitten. Die Informationen, um die Sie gebeten haben, hat Sergeant Walters mitgebracht.« Dabei wies er auf seinen stattlichen Begleiter.

 

»Welche Informationen? Ach, Sie meinen Gregory Penne? Kennt ihn die Polizei?« fragte Brixan interessiert.

 

Sergeant Walters nickte.

 

»Er wurde überführt und bestraft, weil er vor einigen Jahren sich an einer Angestellten vergriffen hatte – an einer Frau. Soviel ich feststellen konnte, hat er dem Mädchen gegenüber die Peitsche gebraucht, und es war dicht daran, daß er ins Gefängnis gekommen wäre. Damals wurde unsere Aufmerksamkeit das erstemal auf ihn gelenkt. Wir haben Erkundigungen über ihn eingezogen, sowohl in London als auch in den malaiischen Staaten, und wissen jetzt ziemlich genau über ihn Bescheid. Er ist ein reicher Mann. Da er ein entfernter Vetter des letzten Barons war, hatte er unverhofftes Glück, als er den Titel erbte. In Borneo lebte er fünfzehn oder zwanzig Jahre lang tatsächlich im Dschungel. Und die Geschichten, die wir über ihn erfahren haben, sind nicht besonders schön. Einige davon können Sie zu Ihrer Unterhaltung lesen, sie sind in diesem Aktenstück zusammengestellt.«

 

Mike nickte.

 

»Steht in den Akten irgend etwas von einem Orang-Utan, den er erzogen hat und der ihn bedient?«

 

»Bhag? O ja, den kennen wir ganz genau«, sagte der Beamte zu seiner größten Verwunderung, »Penne fing ihn ein, als er noch ein ganz junges Tier war, und zog ihn in der Gefangenschaft groß. Es ist sehr schwer, den Mann zu kontrollieren, weil er niemals mit den gewöhnlichen Postdampfern nach, England zurückkehrt, so daß es geradezu unmöglich ist, stets ein Auge auf ihn zu haben. Er hat seine eigene Jacht, ein feines seetüchtiges Schiff, die ›Kipy‹. Offiziere und Besatzung sind Papuas. Es ist schwer dahinterzukommen, wen und was er mitbringt und mit sich nimmt. Als Penne das letztemal auf Fahrt war, wäre es ihm beinahe ans Leben gegangen. Er hatte einen schweren Streit mit einem Eingeborenen dort unten – wir haben später von der Sache erfahren. – Nun, Mr. Brixan, was sollen wir für Sie tun?«

 

Mike erteilte ihnen nur wenige und kurze Instruktionen.

 

 

Als Helen an diesem Abend auf dem Heinweg war, bemerkte sie, daß ihr ein Mann folgte, und da sie in der vergangenen Nacht allerhand erlebt hatte, wurde sie unruhig. Als sie aber nach Hause kam, fand sie eine Nachricht von Mike Brixan:

 

›Wären Sie damit einverstanden, wenn ich einen Mann von Scotland Yard beauftrage, über Sie zu wachen? Ich glaube nicht, daß noch irgendeine Gefahr für Sie besteht. Aber ich wäre viel beruhigter, wenn Sie nichts gegen diese Sicherheitsmaßregel einwenden würden.‹

 

 

Sie runzelte die Stirn, als sie den Brief las. Sie wurde also überwacht! Diese Entdeckung war nicht angenehm für sie, doch konnte sie nichts dagegen sagen. Viel eher war sie diesem strebsamen jungen Mann, der überall auftauchte, zu wärmstem Dank verpflichtet. Er schien tatsächlich die Absicht zu haben, sie nicht aus den Augen zu lassen.