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Seine Tochter! Hope Joyner die Tochter Tiger Traynes! Dick konnte ihn nur ansehen, die Stimme versagte ihm.

 

»Niemand außer Ihnen weiß es«, fuhr Trayne fort, »nur die alte Ollorby vermutet es vielleicht.«

 

»Ihre Tochter?«

 

Trayne zuckte seine breiten Schultern.

 

»Wir wollen ein andermal darüber sprechen«, sagte er. »Ich kam, um Sie zu bitten, Hope mit mir zu retten – und noch etwas anderes. Kennen Sie einen guten Fliegeroffizier, einen Mann, dem Sie trauen können?«

 

»Ich selbst bin Flugzeugführer«, sagte Dick ruhig. »Ich glaube, daß ich eine Maschine bekommen kann. Wissen Sie, wo Hope ist?«

 

Tiger nickte.

 

»Ich möchte nichts darüber sagen – ich brauche – ein Rettungsboot für mich selbst. – Verstehen Sie, was ich meine?«

 

»Ich glaube, ich verstehe«, sagte Dick leise. »Retten Sie sich selbst, Trayne… Wollen Sie auch meinen Bruder in Sicherheit bringen?«

 

Tiger Trayne biß sich auf die Lippen.

 

»Ist er erkannt worden? Das kompliziert die Sache allerdings. Trotzdem – ich sorge mich nicht einmal um mich selbst. – Hope geht vor. Dürfen Sie den Tower verlassen?«

 

Dick überlegte rasch. »Ich glaube, ja«, sagte er, »aber ich werde den Oberst fragen müssen. Wollen Sie mit mir kommen?«

 

Trayne antwortete nicht, aber er folgte ihm die Treppe hinunter und quer über den Platz bis zur Wohnung des Obersten. Der Polizist wartete oben an der Treppe, er hatte sie nicht belauschen können. Auf dem Weg sprach keiner von ihnen.

 

Dick ließ ihn draußen warten und trat in das Haus. Tiger ging auf und ab, als wäre er eine Schildwache, die den Tower bewachen sollte. Fünf Minuten, zehn Minuten vergingen, dann sah er, wie sich eine Gardine bewegte. Er hielt an und blickte hinauf. Lady Cynthia starrte auf ihn nieder. Erstaunen und Furcht malten sich auf ihren Zügen. Sie verschwand sofort wieder. Einige Sekunden darauf öffnete sich die Tür, und sie kam heraus.

 

»Was willst du hier?« Ihre Stimme klang abgerissen, und er sah, wie sich ihre Brust hob und senkte.

 

»Hope Joyner ist entführt worden!«

 

»Hope Joyner?« fragte sie. Sie wiederholte die Worte langsam. »Oh, mein Gott! Sie–«

 

»Hope Joyner ist meine Tochter!« sagte er. »Ich habe sie meinem Leben ferngehalten und habe ihr die Stellung und den Luxus einer Dame gegeben. Immer habe ich nach ihr gesehen und für sie gesorgt – von dem Tag an, als ich sie der verbrecherischen Frau abnahm, der ihre Rabenmutter sie übergeben hatte. Hope Joyner!« Seine Stimme wurde rauh. »Wessen Familie ist nicht gut genug für die Tochter der Frau des Oberst Ruislip? Erinnere dich daran, Cynthia!«

 

Sie streckte ihre Hände gegen die Wand des Hauses aus, um sich zu halten. Sie war kreidebleich, ihre Knie trugen sie kaum noch.

 

»Ein Mensch mit Namen Warrington hat sie entführt. Sie ist auf dem Weg nach Kishlastan – und ich glaube das Schiff zu kennen. Nun sei nicht töricht.« Seine Stimme wurde weicher und freundlicher. Sie sah ihn an und nickte.

 

»Ich will wieder ins Haus zurück«, sagte sie schwach. Sie konnte kaum gehen, ihre Füße waren so schwer wie Blei. Bevor sie in der Tür verschwand, wandte sie sich noch einmal um. »Du wirst mir sagen – was sich ereignet?«

 

»Ich werde dir Nachricht zukommen lassen«, sagte er. In diesem Augenblick kam Dick zurück.

 

»Es ist alles in Ordnung.« Er bemerkte Lady Cynthia kaum. »Der Oberst war so unbeweglich wie ein Backstein. Glücklicherweise war jemand von der Regierung bei ihm.«

 

»Was sagten Sie ihnen?« fragte Trayne, als sie eilig ausschritten. Der Polizist hatte Mühe, ihnen zu folgen.

 

»Ich deutete an, daß Sie eventuell die Krone zurückbringen könnten, und damit waren sie natürlich auf meiner Seite. Die Zeitungen wissen noch nichts von der Sache. Man würde alles auf der Welt dafür geben, wenn man der Presse nichts mitteilen müßte.«

 

In höchster Eile raste Traynes Wagen nach Kenley, dem nächsten Militärflugplatz. Der Kommandant war telefonisch von ihrer Ankunft verständigt. Ein Flugzeug des Küstendienstes stand startbereit für sie.

 

Fünf Minuten nach ihrer Ankunft erhob sich die kleine Maschine zum Himmel.