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Lacy Marshalt saß in seinem Frühstückszimmer und verglich ein Foto mit der Momentaufnahme eines unternehmenden Pressefotografen, die in einer Zeitung wiedergegeben war: ein junges Mädchen, das in Begleitung eines Polizisten und einer Gefängniswärterin ein Auto verließ.

 

Tonger kam hereingeschlüpft.

 

»Haben Sie geklingelt, Lacy?«

 

»Ja, vor zehn Minuten. Und nun ein für allemal: ich verbitte mir diese Anrede!«

 

Der kleine Mann rieb sich vergnügt die Hände.

 

»Ich hab‘ einen Brief von meinem Mädel bekommen«, sagte er. »Sie ist in Amerika und gut bei Kasse – wohnt in den ersten Hotels. Ein schlaues Kind!«

 

Lacy faltete die Zeitung zusammen und legte sie beiseite.

 

»Mrs. Elton wird gleich hier sein. Sie kommt durch die Hintertür. Erwarte sie dort und führe sie durch den Wintergarten in die Bibliothek. Wenn ich klingle, bringst du sie auf demselben Weg wieder zurück.«

 

Als Dora kaum fünf Minuten später in der Bibliothek erschien, stand Lacy vor dem Kaminfeuer.

 

»Ich habe meine liebe Not gehabt, um herzukommen«, sagte sie. »Konnte es denn nicht nachmittags sein? Ich mußte Martin allerlei vorlügen. Gibt es denn nicht wenigstens einen Kuß?«

 

Er neigte sich zu ihr und streifte ihre Wange mit den Lippen.

 

»Was für ein Kuß!« spottete sie. »Nun, und –?«

 

»Dieser Juwelenraub! Die Polizei scheint anzunehmen, daß das angeklagte junge Mädchen deine Schwester ist?«

 

Sie schwieg.

 

»Ich weiß natürlich, daß du eine Diebin bist. Ich kenne Stanford von Südafrika her, und er gehört zu deiner Bande. Aber dieses Mädchen – ist sie auch daran beteiligt?«

 

»Du weißt, wie weit sie beteiligt ist«, erwiderte sie unmutig. Sie war schließlich nicht unter soviel Gefahren hierhergekommen, um über Audrey zu sprechen. »Übrigens stand hinten ein Mann und beobachtete das Haus, als ich herkam. Er sah aus wie ein Gentleman, hager und vornehm, und er hinkte –«

 

»Was?« Lacy packte sie am Arm. Er war bleich geworden. »Du belügst mich!«

 

Sie riß sich erschrocken los.

 

»Was soll denn das heißen?«

 

»Ach, es sind die Nerven! Sie ist also deine Schwester?«

 

»Meine Stiefschwester«, murmelte sie.

 

»Ihr hattet verschiedene Väter?«

 

Sie nickte.

 

Er schwieg eine Weile und lachte dann unheimlich auf.

 

»Und sie geht ins Gefängnis – um dich zu retten? – Nun, mir kann es recht sein. Ich habe Zeit.«