Der Selbstmord.

 

Monte Christo war indessen mit Maximilian ebenfalls in die Stadt zurückgefahren. Am Tor trafen sie Bertuccio, der hier unbeweglich wie eine Schildwache wartete. Monte Christo streckte den Kopf durch den Kutschenschlag, wechselte mit leiser Stimme ein paar Worte mit ihm, und der Intendant verschwand.

 

Sehen Sie, wie ich Ihnen Glück gebracht habe! sagte Morel, als er mit dem Grafen allein war.

 

Gewiß; deshalb möchte ich Sie stets bei mir haben.

 

Das ist wunderbar! fuhr Morel, seinen eigenen Gedanken beantwortend, fort.

 

Was denn? fragte Monte Christo.

 

Was soeben vorgefallen ist.

 

Ja, versetzte der Graf mit einem Lächeln. Sie haben das wahre Wort gesagt, Morel, es ist wunderbar.

 

Denn Albert ist sonst mutig.

 

Sehr mutig, sagte Monte Christo, ich habe ihn schlafen sehen, während der Dolch über seinem Haupte hing.

 

Und ich weiß, daß er sich zehnmal geschlagen und sehr gut geschlagen hat; bringen Sie das mit seinem Benehmen an diesem Morgen in Einklang!

 

Stets Ihr Einfluß, versetzte Monte Christo lächelnd.

 

Es ist ein Glück für Albert, daß er nicht Soldat ist. Entschuldigungen an Ort und Stelle! bemerkte der junge Kapitän den Kopf schüttelnd.

 

Oh, sagte der Graf mit sanftem Tone, verfallen Sie nicht in die Vorurteile gewöhnlicher Menschen, Morel; bedenken Sie, daß Albert, da er tapfer ist, nicht feig sein kann, daß er irgend einen Grund haben muß, zu handeln, wie er gehandelt hat, und daß folglich sein Benehmen mehr heldenmütig, als sonst etwas ist.

 

Ganz gewiß; doch ich sage, wie der Spanier: Er ist heute minder tapfer gewesen, als gestern.

 

Nicht wahr, Sie frühstücken mit mir, Morel? fragte der Graf, das Gespräch abbrechend.

 

Morel lächelte und schüttelte den Kopf.

 

Sie müssen aber doch irgendwo frühstücken?

 

Wenn ich jedoch keinen Hunger habe?

 

Ah! rief der Graf, ich kenne nur zwei Gefühle, welche so den Appetit abschneiden: den Schmerz – und der scheint mir bei Ihrer Heiterkeit ausgeschlossen – und die Liebe. Nach dem, was Sie mir über Ihr Herz gesagt haben, ist es mir Wohl erlaubt, zu glauben …

 

Meiner Treu! Graf, ich sage nicht nein.

 

Und Sie erzählen mir das nicht, Maximilian? versetzte der Graf so lebhaft, daß man sah, welchen Anteil er an dem Herzensgeheimnis nahm.

 

Nicht wahr, Graf, ich zeigte Ihnen heute morgen, daß ich ein Herz habe?

 

Statt jeder Antwort reichte Monte Christo dem jungen Manne die Hand.

 

Wohl! fuhr Maximilian fort, seitdem dieses Herz nicht mehr mit Ihnen im Walde von Vincennes ist, ist es anderswo, wo ich es wiederfinden werde.

 

Gehen Sie, sagte langsam der Graf, lieber Freund, doch ich bitte Sie, wenn Sie auf ein Hindernis stoßen, so erinnern Sie sich, daß ich einige Macht auf dieser Welt besitze, daß ich glücklich bin, diese Macht für die Leute anzuwenden, die ich liebe, und daß ich Sie liebe, Morel.

 

Gut! sagte der junge Mann, ich werde mich dessen erinnern, wie sich selbstsüchtige Kinder ihrer Eltern erinnern, wenn sie ihrer bedürfen. Bedarf ich Ihrer, so wende ich mich an Sie, Graf.

 

Gut! ich verlasse mich auf Ihr Wort, Gott befohlen!

 

Auf Wiedersehen!

 

Man war vor die Tür des Hauses der Champs-Elysées gelangt, vor dem Bertuccio wartete. Monte Christo öffnete den Schlag, Morel sprang auf das Pflaster und entfernte sich sofort, während Monte Christo rasch Bertuccio voran die Treppe hinaufschritt.

 

Nun? fragte er den Intendanten.

 

Sie ist im Begriff, ihr Haus zu verlassen.

 

Und ihr Sohn?

 

Sein Kammerdiener denkt, er werde dasselbe tun.

 

Monte Christo nahm Bertuccio mit sich in sein Kabinett, schrieb den erwähnten Brief an Albert und übergab ihn dem Intendanten.

 

Gehen Sie rasch, sagte er; doch lassen Sie auch Haydee benachrichtigen, daß ich zurückgekehrt bin.

 

Hier bin ich, sagte Haydee. Sie war bei dem Geräusch des Wagens schnell herabgestiegen, und ihr Gesicht strahlte vor Freude, als sie den Grafen unversehrt wiedersah. Bertuccio entfernte sich.

 

Alles Entzücken eines Mädchens, das einen geliebten Vater wiedersieht, die ganze wahnsinnige Freude einer Liebenden, deren angebeteter Geliebte wiederkehrt, fühlte Haydee während der ersten Augenblicke dieser von ihr so ungeduldig erwarteten Rückkehr.

 

Wenn auch weniger laut sich äußernd, war darum die Freude Monte Christos doch nicht minder groß; für die Herzen, die lange gelitten haben, ist die Freude, was der Tau für die Erde, wenn die Sonne sie ausgetrocknet hat. Seit einigen Tagen begriff Monte Christo etwas, woran er lange nicht zu glauben wagte, daß es nämlich zwei Mercedes auf der Welt gab, daß er noch glücklich sein könnte.

 

Sein von Wonne entflammtes Auge tauchte sich sehnsuchtsvoll in Haydees feuchte Blicke, als plötzlich die Tür sich öffnete. Der Graf faltete die Stirn.

 

Herr von Morcerf! sagte Baptistin, als ob dieses einzige Wort seine Entschuldigung enthielte.

 

Das Antlitz des Grafen hellte sich in der Tat auf.

 

Welcher? sagte er, der Vicomte oder der Graf?

 

Mein Gott! rief Haydee, ist es denn noch nicht zu Ende!

 

Ich weiß nicht, ob es zu Ende ist, vielgeliebtes Kind, sagte Monte Christo, das Mädchen bei den Händen fassend; aber ich weiß, daß du nichts zu fürchten hast.

 

Oh! es ist doch der Elende …

 

Dieser Mensch vermag nichts über mich, Haydee, nur von seinem Sohne hattest du etwas zu fürchten.

 

Wie habe ich auch gelitten, du wirst es nie erfahren, Herr.

 

Monte Christo lächelte und sagte, die Hand über dem Haupte des Mädchens ausstreckend: Bei dem Grabe meines Vaters schwöre ich dir, Haydee, wenn Unglück geschieht, so widerfährt es nicht mir.

 

Ich glaube dir, Herr, als ob Gott zu mir spräche, sagte das junge Mädchen und reichte dem Grafen seine Stirn. Monte Christo drückte auf diese reine und schöne Stirn einen Kuß, der zwei Herzen heftiger schlagen ließ.

 

Oh, mein Gott! solltest du es denn gestatten, daß ich noch einmal lieben könnte? murmelte der Graf und führte die schöne Griechin zu einer Geheimtreppe, während er zu Baptistin sagte: Lassen Sie den Grafen von Morcerf in den Salon treten.

 

Während Mercedes in ihrer Wohnung ihre Juwelen zusammenlegte, ihre Schubladen verschloß, ihre Schlüssel sammelte, um alles in Ordnung zurückzulassen, bemerkte sie nicht, daß ein bleicher, düsterer Kopf an der Glasscheibe einer Tür erschien, der, ohne gesehen zu werden, alles gewahrte, was drinnen vorging.

 

Von dieser Glasscheibe begab sich der Mann mit dem bleichen Gesichte in das Schlafzimmer des Grafen von Morcerf, wo er mit krampfhafter Hand den Vorhang eines auf den Hof gehenden Fensters aufhob. Er blieb zehn Minuten unbeweglich, stumm, auf die Schläge seines Herzens horchend.

 

Da kam Albert zurück, bemerkte, daß sein Vater seine Rückkehr hinter einem Vorhang beobachtete, und wandte den Kopf ab. Das Auge des Grafen erweiterte sich; er wußte, daß Albert den Grafen furchtbar beleidigt hatte und daß eine solche Beleidigung in allen Ländern der Welt einen Zweikampf auf Leben und Tod nach sich zog. Albert kehrte aber unversehrt zurück, und er selbst war folglich gerächt.

 

Ein Blitz unbeschreiblicher Freude erleuchtete sein finsteres Antlitz; aber vergebens hoffte er, sein Sohn werde in sein Zimmer kommen, ihm seinen Triumph mitzuteilen.

 

Da ließ der Graf Alberts Diener holen, den, wie erwähnt, sein Herr ermächtigt hatte, nichts vor dem Grafen zu verbergen.

 

Zehn Minuten nachher sah man auf der Freitreppe den General von Morcerf in einem schwarzen Oberrocke, mit schwarzen Beinkleidern und schwarzen Handschuhen erscheinen.

 

Er hatte ohne Zweifel vorher seine Befehle gegeben, denn kaum berührte er die letzte Stufe der Treppe, als sein Wagen vorfuhr. Sein Kammerdiener warf zwei umhüllte Degen in den Wagen; dann schloß er den Schlag und setzte sich neben den Kutscher.

 

Nach den Champs-Elysées, rief der General, zu dem Grafen von Monte Christo. Rasch!

 

Die Pferde bäumten sich unter dem Peitschenschlage und hielten nach fünf Minuten vor dem Hause des Grafen. Herr von Morcerf öffnete selbst den Schlag, sprang, während der Wagen noch rollte, wie ein junger Mensch in die Allee, läutete und verschwand mit seinem Diener in der Tür.

 

Eine Sekunde später meldete Baptistin Herrn von Monte Christo den Grafen von Morcerf, und Monte Christo gab, Haydee zurückführend, den Befehl, den Grafen von Morcerf in den Salon treten zu lassen. Der General maß zum dritten Male den Salon in seiner ganzen Länge, als er, sich umwendend, Monte Christo auf der Schwelle erblickte.

 

Ah! es ist Herr von Morcerf, sagte ruhig Monte Christo ich glaubte, schlecht gehört zu haben.

 

Ja, ich bin es, sagte der Graf, wobei er seine Lippen furchtbar zusammenzog.

 

Ich habe also nur noch die Ursache zu erfahren, die mir das Vergnügen verschafft, den Herrn Grafen von Morcerf so frühzeitig bei mir zu sehen, versetzte Monte Christo.

 

Sie haben heute morgen einen Gang mit meinem Sohn getan, sagte der General.

 

Sie wissen dies?

 

Ich weiß auch, daß mein Sohn gute Gründe gehabt hat, einen Zweikampf mit Ihnen zu wünschen und alles zu tun, was er vermochte, um Sie zu töten.

 

In der Tat, er hatte sehr gute Gründe; doch Sie sehen, daß er mich trotz dieser Gründe nicht getötet und sich nicht einmal geschlagen hat.

 

Und er betrachtete Sie doch als die Ursache der Schande seines Vaters, als die Ursache des gräßlichen Unheils, das in diesem Augenblick mein Haus niederbeugt.

 

Es ist wahr, sagte Monte Christo mit furchtbarer Ruhe; als mitwirkende, nicht als hauptsächlichste Ursache.

 

Ohne Zweifel haben Sie eine Entschuldigung vorgebracht oder ihm eine Erklärung gegeben?

 

Ich habe ihm keine Erklärung gegeben, und er hat sich entschuldigt.

 

Welchem Umstande schreiben Sie dieses Benehmen zu?

 

Ohne Zweifel der Überzeugung, daß ein anderer mehr schuldig ist in dieser Angelegenheit als ich.

 

Und wer war dieser andere? – Sein Vater.

 

Es mag sein, sagte der Graf erbleichend; doch Sie wissen, daß sich der Schuldigste nicht gern von seiner Schuld überzeugen läßt.

 

Ich weiß es … ich erwartete auch, was in diesem Augenblicke geschieht.

 

Sie erwarteten die Feigheit meines Sohnes?

 

Herr Albert von Morcerf ist kein Feiger!

 

Ein Mensch, der einen Degen in der Hand hält, und im Bereiche dieses Degens einen Todfeind hat, ist ein Feigling, wenn er sich nicht schlägt! Warum ist er nicht hier, daß ich es ihm sagen könnte!

 

Mein Herr, entgegnete Monte Christo, ich nehme an, Sie haben mich nicht aufgesucht, mir Ihre Familienangelegenheiten mitzuteilen. Sagen Sie dies Herrn Albert selbst, er weiß vielleicht, was er Ihnen zu antworten hat.

 

Oh! nein! nein! versetzte der General mit einem schnell verschwindenden Lächeln auf seinen Lippen; Sie haben recht, ich bin nicht deshalb gekommen! Ich bin gekommen, um Ihnen zu sagen, daß ich Sie ebenfalls als meinen Feind betrachte! Ich bin gekommen, um Ihnen zu sagen, daß ich Sie aus Instinkt hasse, daß es mir scheint, als hätte ich Sie stets gekannt, stets gehaßt; daß es an uns ist, uns zu schlagen, da sich die jungen Leute jetzt nicht mehr schlagen … Ist dies auch Ihre Ansicht, mein Herr?

 

Vollkommen. Als ich Ihnen sagte, ich hätte dies vorhergesehen, meinte ich vor allem die Ehre Ihres Besuchs.

 

Desto besser … Ihre Vorkehrungen sind also getroffen?

 

Sie sind es stets, mein Herr.

 

Sie wissen, daß wir uns schlagen, bis einer auf der Stelle bleibt! sagte der General, vor Wut mit den Zähnen knirschend.

 

Bis einer auf der Stelle bleibt, wiederholte Monte Christo, den Kopf leicht von oben nach unten bewegend.

 

Vorwärts also, wir bedürfen keine Zeugen.

 

In der Tat, das ist unnötig, wir kennen uns so gut! Im Gegenteil, wir kennen uns nicht.

 

Bah! sagte Monte Christo, wir wollen doch sehen. Sind Sie nicht der Soldat Fernand, der am Vorabend der Schlacht von Waterloo desertiert ist? Sind Sie nicht der Leutnant Fernand, der der französischen Armee in Spanien als Spion gedient hat? Sind Sie nicht der Kapitän Fernand, der seinen Wohltäter Ali verraten, verkauft, ermordet hat? Und machen nicht alle diese Fernand zusammen den Generalleutnant, Grafen von Morcerf, Pair von Frankreich, aus?

 

Oh! rief der General, durch diese Worte wie durch ein glühendes Eisen getroffen. Elender, der du mir meine Schande in dem Augenblick vorwirfst, wo du mich töten willst, nein, ich habe dir nicht gesagt, ich sei dir unbekannt. Ich weiß wohl, Dämon, daß du in die Nacht meiner Vergangenheit gedrungen bist und jede Seite meines Lebens beleuchtet hast. Aber vielleicht liegt noch mehr Ehre in mir bei meiner Schmach, als in dir, bei deiner prunkhaften Außenseite. Denn dich kenne ich nicht, mit Gold und Edelsteinen gestickter Abenteurer! Du läßt dich in Paris den Grafen von Monte Christo nennen, in Italien Simbad den Seefahrer, in Malta, was weiß ich? Doch ich frage dich nach deinem wirklichen Namen, um ihn in dem Augenblicke auszusprechen, wo ich dir mit meinem Degen das Herz durchbohre.

 

Der Graf von Monte Christo erbleichte furchtbar, sein wildes Auge entzündete sich in verzehrendem Feuer; er machte einen Sprung in das anstoßende Kabinett, riß in einer Sekunde seinen Oberrock, seine Weste und seine Halsbinde vom Leibe, zog eine kleine Seemannsjacke an und setzte einen Matrosenhut auf, unter dem seine langen, schwarzen Haare herabrollten.

 

So kehrte er furchtbar, unversöhnlich zurück und schritt mit gekreuzten Armen auf den General zu, der, sein Verschwinden nicht begreifend, ihn erwartete und nun seine Zähne klappern und seine Beine unter sich brechen fühlte, zurückwich und erst still stand, als seine krampfhaft zusammengezogene Hand auf einem Tische einen Stützpunkt fand.

 

Fernand! rief der Graf von Monte Christo, von meinen hundert Namen brauche ich dir nur einen zu sagen, um dich niederzuschmettern; doch diesen Namen, nicht wahr, du errätst ihn? Oder vielmehr, du erinnerst dich seiner? Denn, trotz meines Kummers, trotz meiner Qualen, zeige ich dir heute ein Gesicht, welches das Glück der Rache verjüngt, ein Gesicht, das du seit deiner Verheiratung mit Mercedes, meiner Verlobten, oft in deinen Träumen gesehen haben mußt.

 

Mit zurückgeworfenem Kopf, ausgestreckten Händen und starrem Blick verschlang der General schweigend dieses furchtbare Schauspiel; dann suchte er die Wand als Stütze, wankte langsam bis zur Tür, durch die er rückwärts hinausging, wobei ihm nur ein finsterer, kläglicher, herzzerreißender Schrei entfuhr, der Schrei: Edmond Dantes.

 

Dann schleppte er sich mit Seufzern, die nichts Menschliches hatten, bis in den Säulengang des Hauses, durchschritt den Hof wie ein Trunkener und fiel in die Arme seines Kammerdieners, mit unverständlicher Stimme die Worte: Nach Hause! nach Hause! murmelnd.

 

Die frische Luft und die Scham vor seinen Leuten setzten ihn unterwegs instand, seine Gedanken zu sammeln; die Fahrt war jedoch kurz, und je mehr sich der Graf seiner Wohnung näherte, desto mehr fühlte er seine Schmerzen sich erneuern. Einige Schritte vom Hause ließ er halten und stieg aus.

 

Das Tor des Hotels war weit geöffnet; sehr erstaunt darüber, daß man ihn zu diesem herrlichen Gebäude rief, stand ein Fiakerkutscher neben seinem Gefährt im Hofe. Der Graf schaute den Fiaker voll Schrecken an und eilte in seine Zimmer.

 

 

Zwei Personen stiegen die Treppe herab; er konnte ihnen eben noch, in sein Kabinett schleichend, ausweichen. Es waren Mercedes und ihr Sohn, die das Hotel verließen. Sie gingen dicht an dem Unglücklichen vorüber, der hinter dem Damastvorhange fast vom seidenen Kleide Mercedes‘ gestreift wurde und in seinem Gesichte den warmen Atem seines Sohnes fühlte, als dieser die Worte sprach: Mut, meine Mutter! Kommen Sie, wir sind hier nicht mehr zu Hause.

 

Die Worte verklangen, die Tritte entfernten sich. Der General erhob sich, mit seinen Händen krampfhaft an dem Damastvorhange hängend; er preßte das furchtbarste Schluchzen zurück, das je der Brust eines zugleich von seiner Frau und seinem Sohne verlassenen Mannes entstiegen.

 

Bald hörte er den eisernen Kutschenschlag des Fiakers zuschlagen. Dann vernahm er die Stimme des Kutschers, das Rollen des schweren Wagens erschütterte die Fensterscheiben, und der Graf von Morcerf stürzte in sein Schlafzimmer, um noch einmal alles, was er in der Welt geliebt hatte, zu sehen. Doch der Fiaker entfernte sich, ohne daß Mercedes‘ oder Alberts Kopf am Schlage erschien, um dem einsamen Hause, dem verlassenen Gatten und Vater den letzten Blick, das letzte Lebewohl, das letzte Bedauern, das heißt die Verzeihung zu gönnen.

 

In der Sekunde, wo die Räder des Fiakers über das Straßenpflaster davonrollten, erscholl ein Schuß, und ein dunkler Rauch drang durch eine von der Gewalt der Lufterschütterung zerbrochene Scheibe des Schlafzimmers.