Statt durch die Porte Saint-Honoré zurückzukehren, machte d’Artagnan, der Zeit hatte, einen Umweg und kehrte durch die Porte Richelieu zurück. Man erkannte ihn, und als man an seinem Federhut und an seinem galonierten Mantel wahrnahm, daß er Offizier der Musketiere war, umgab man ihn und forderte ihn auf: Nieder mit Mazarin! zu rufen. Die erste Bewegung beunruhigte ihn anfangs; als er aber hörte, was man von ihm forderte, rief er das Verlangte so willig und laut, daß auch die Schwierigsten sich zufrieden gaben.

Er folgte der Rue de Richelieu und sann über die Art und Weise nach, wie er nun die Königin ebenfalls wegbringen sollte, da erblickte er auf einmal vor einem vornehmen Hause eine Equipage, und es erleuchtete ihn plötzlich ein Gedanke.

Ah! bei Gott! sagte er, das wäre dem Kriegsgebrauche gemäß.

Er näherte sich dem Wagen und schaute das Wappen an den Schlägen und die Livree des Kutschers an, der auf dem Bocke faß.

Diese Prüfung wurde ihm um so leichter, als der Kutscher fest schlief.

Das ist der Wagen des Koadjutors, sprach er; bei Gott, ich fange an zu glauben, daß die Vorsehung für uns ist.

Er stieg sacht in den Wagen, zog an der seidenen Schnur, die mit dem kleinen Finger des Kutschers in Verbindung stand, und sagte: Ins Palais-Royal!

Plötzlich erweckt, wandte sich der Kutscher nach dem bezeichneten Punkt, ohne zu vermuten, daß der Befehl von einem andern, als von seinem Herrn herrührte. Der Portier war im Begriff, die Gitter zu schließen; als er aber die prächtige Equipage erblickte, zweifelte er nicht daran, daß es ein Besuch von Bedeutung sein müsse, und ließ den Wagen durchfahren, der unter dem Säulengang anhielt.

Erst hier bemerkte der Kutscher, daß die Lakaien nicht hinter dem Wagen waren.

Er glaubte, der Koadjutor habe sie verschickt, sprang, ohne die Zügel aus der Hand zu lassen, vom Bock herab und öffnete.

D’Artagnan sprang ebenfalls heraus, und im Augenblick, wo der Kutscher, voll Schreck über die fremde Erscheinung, einen Schritt rückwärts machte, faßte er ihn mit der linken Hand beim Kragen und setzte ihm mit der rechten die Pistole vor die Brust.

Sprichst du ein einziges Wort, sagte d’Artagnan, so bist du des Todes.

Der Kutscher sah am Gesichtsausdrucke des Sprechenden, daß er in eine Falle gegangen war, und sperrte Mund und Augen ungeheuer auf.

Zwei Musketiere gingen im Hofe auf und ab; d’Artagnan rief sie bei ihren Namen.

Herr von Bellière, sagte er zu dem einen, habt die Güte, diesem braven Mann die Zügel abzunehmen, sich auf den Bock der Kutsche zu setzen, sie vor die geheime Treppe zu führen und mich dort zu erwarten; es betrifft eine wichtige Angelegenheit und gehört zum Dienste des Königs.

Der Musketier wußte, daß sein Leutnant unfähig war, einen schlechten Spaß in Beziehung auf den Dienst zu machen, und gehorchte, ohne ein Wort zu sagen, obgleich ihm der Befehl sonderbar vorkam.

Dann wandte sich d’Artagnan gegen den zweiten Musketier und sagte: Herr du Verger, helft mir diesen Menschen in Gewahrsam bringen.

Hierauf führte er den armen Kutscher in ein Zimmer mit vergitterten Fenstern und festem Schlosse, hieß den Musketier bei dem Gefangenen wachen und ihm beim ersten Versuche zu schreien oder zu fliehen den Degen durch den Leib stoßen. Dann nahm er dem Kutscher seinen Hut und Mantel ab, die er Bernouin übergab, und ließ sich von diesem zur Königin führen und bei ihr melden.

Die Königin hatte alles zur Flucht vorbereitet, der König war früh zu Bette gebracht worden, alle Hofdamen hatten sich nach dem Abendessen entfernt.

Als Bernouin an das Schlafzimmer der Königin klopfte, öffnete sie selbst.

Ihr seid es, Bernouin? sagte sie. Ist Herr d’Artagnan da?

Ja, Madame, in Eurem Betzimmer; er wartet, bis Ew. Majestät bereit ist.

Ich bin’s. Sagt Laporte, er solle den König wecken und ankleiden, dann geht zu dem Marschall von Villeroy und setzt ihn in meinem Namen in Kenntnis.

Bernouin verbeugte sich und ging. Die Königin trat in ihr Betzimmer, das eine einfache Lampe von venetianischem Glase beleuchtete. Sie erblickte d’Artagnan, der auf sie wartete.

Ihr seid es? sagte sie zu ihm. – Ja, Madame. – Ihr seid bereit? – Ich bin es. – Und der Kardinal? – Ist ohne Unfall hinausgekommen; er erwartet Ew. Majestät in Cours-la-Reine. – Aber in welchem Wagen fahren wir? – Ich habe alles besorgt, ein Wagen harrt unten auf Ew. Majestät. – Gehen wir zum König!

D’Artagnan verbeugte sich und folgte der Königin. Als sie in das Schlafzimmer eintrat, während d’Artagnan auf der Schwelle blieb, entschlüpfte der junge König den Händen Laportes und lief auf sie zu.

Die Königin machte d’Artagnan ein Zeichen, näherzukommen.

Mein Sohn, sprach die Königin und deutete auf den Musketier, der ruhig, aufrecht, mit entblößtem Haupte in ihrer Nähe stand, dies ist Herr d’Artagnan, ein so braver Mann, wie einer jener alten, tapfern Ritter, deren Geschichte Ihr Euch so gern von meinen Frauen erzählen laßt. Erinnert Euch seines Namens und schaut ihn wohl an, um sein Gesicht nicht aus dem Gedächtnis zu verlieren, denn er wird uns heute abend einen wichtigen Dienst leisten.

Der junge König schaute den Offizier mit seinem großen, stolzen Auge an und wiederholte: Herr d’Artagnan?

So ist es, mein Sohn.

Der junge König hob langsam seine kleine Hand auf und reichte sie dem Musketier; dieser setzte ein Knie auf die Erde und küßte sie.

Herr d’Artagnan, wiederholte Ludwig, es ist gut, Madame.

In diesem Augenblick hörte man, wie ein Geräusch näher kam.

Was ist das? sagte die Königin.

Oh, oh! antwortete d’Artagnan, zu gleicher Zeit sein feines Ohr und seinen scharfen Blick anstrengend, es ist der Lärm des Volkes, das sich empört.

Wir müssen fliehen, sagte die Königin.

Ew. Majestät hat mir die Leitung dieser Angelegenheit übertragen: wir müssen bleiben und erfahren, was man will.

Herr d’Artagnan!

Ich stehe für alles.

Nichts teilt sich rascher mit, als das Vertrauen. Die Königin, die selbst voll Mut und Kraft war, wußte diese beiden Tugenden bei andern sogleich zu erkennen.

Handelt, sagte sie, ich verlasse mich auf Euch.

Will mir Ew. Majestät erlauben, bei dieser ganzen Angelegenheit Befehle in Ihrem Namen zu geben?

Befehlt, mein Herr.

Was will denn dieses Volk wieder? fragte der König.

Wir werden es erfahren, Sire, antwortete d’Artagnan.

Und er verließ rasch das Zimmer.

Der Tumult wurde immer größer und schien gleichsam das ganze Palais-Royal einzuhüllen. Man hörte vom Zimmer aus Geschrei, dessen Sinn man nicht verstehen konnte; offenbar fand ein Aufruhr statt.

Der halbangekleidete König, die Königin und Laporte blieben horchend und wartend da, wo sie sich befanden.

Nun? fragte Anna von Österreich, als sie d’Artagnan wieder erscheinen sah, was gibt es?

Madame, es hat sich das Gerücht verbreitet, die Königin habe das Palais-Royal verlassen und den König mitgenommen; das Volk verlangt jetzt den Beweis vom Gegenteil, oder droht das Palais-Royal zu zerstören.

Ah! das ist zu stark, und ich will ihnen beweisen, daß ich nicht abgereist bin.

D’Artagnan sah am Gesichtsausdruck der Königin, daß sie irgend einen heftigen Befehl geben wollte. Er näherte sich ihr und sagte ganz leise: Hat Ew. Majestät immer noch Vertrauen zu mir?

Diese Stimme ließ sie erbeben.

Ja, mein Herr, alles Vertrauen, erwiderte sie.

Wird Ew. Majestät die Gnade haben, meinem Rat zu folgen?

Sprecht.

Ew. Majestät wolle Herrn von Comminges wegschicken und ihm befehlen, sich und seine dreihundert Leute in der Wachtstube und in den Ställen eingeschlossen zu halten.

Comminges schaute d’Artagnan mit dem neidischen Blick an, mit dem jeder Höfling ein neues Glück auftauchen sieht.

Ihr habt gehört, Comminges? sprach die Königin.

D’Artagnan ging auf ihn zu; er hatte mit seiner gewöhnlichen Scharfsicht diesen unruhigen Blick erkannt.

Herr von Comminges, sagte er zu ihm, vergebt mir; wir sind zwei alte Diener der Königin, nicht wahr? Es ist heute an mir, ihr nützlich zu sein.

Comminges verbeugte sich und ging.

Wohl, sprach d’Artagnan zu sich selbst, jetzt habe ich einen Feind mehr.

Und nun, sprach die Königin, sich an d’Artagnan wendend, was ist zu tun? Denn Ihr hört, der Lärm hört nicht auf, sondern wird immer ärger.

Madame, antwortete d’Artagnan, das Volk will den König sehen, es muß ihn sehen.

Wie, es muß! Auf dem Balkon?

Nein, Madame, hier, in seinem Bett, schlafend.

Oh! Ew. Majestät, Herr d’Artagnan hat vollkommen recht! rief Laporte.

Die Königin dachte einen Augenblick nach und lächelte dann, wie eine Frau, der die Hinterlist nicht fremd ist.

Es sei, murmelte sie.

Herr Laporte, sagte d’Artagnan, geht durch das Gitter des Palais-Royal, kündigt dem Volk an, es solle zufriedengestellt werden, es werde den König nicht nur sehen, sondern auch in seinem Bette sehen. Fügt bei, der König schlafe, und die Königin bitte, man möge sich still verhalten, um den König nicht aufzuwecken.

Aber sie dürfen doch nicht alle heraufkommen, sondern bloß eine Deputation von zwei, drei bis vier Personen?

Alle, Madame.

Bedenkt doch, sie werden uns bis zum Tage aufhalten.

In einer Viertelstunde sind wir mit ihnen fertig. Ich stehe für alles, Madame. Glaubt mir, ich kenne das Volk: es ist ein großes Kind, dem man schmeicheln muß. Vor dem entschlummerten König wird es stumm, sanft und schüchtern sein, wie ein Lamm.

Geht, Laporte, sagte die Königin.

Der junge König näherte sich seiner Mutter.

Warum tut man, was diese Leute verlangen? fragte er.

Es muß sein, sprach Anna von Österreich.

Aber wenn man mir sagt: es muß sein! so bin ich nicht mehr König.

Sire, sprach d’Artagnan, erlaubt mir Eure Majestät eine Frage?

Ludwig XIV. wandte sich um, ganz erstaunt, daß man es wagte, das Wort an ihn zu richten. Die Königin drückte dem König die Hand.

Ja, mein Herr, erwiderte der junge König.

Erinnert sich Ew. Majestät, wenn sie im Park von Fontainebleau oder in den Höfen des Palastes von Versailles spielte, plötzlich wahrgenommen zu haben, wie sich der Himmel bedeckte und der Donner zu rollen begann?

Allerdings.

Nun wohl, dieses Rollen des Donners sagte zu Ew. Majestät, so große Lust sie auch hatte, fortzuspielen: Kehrt um, Sire, es muß sein!

Das ist wahr, mein Herr, aber man sagte mir auch, das Getöse des Donners sei die Stimme Gottes.

Wohl, Sire, versetzte d’Artagnan, hört auf das Getöse des Volkes, und Ihr werdet finden, daß es große Ähnlichkeit mit dem des Donners hat.

In diesem Augenblick machte sich ein furchtbarer Lärm, durch den Nachtwind herbeigetragen, hörbar.

Plötzlich trat eine Stille ein.

Sire, sprach d’Artagnan, man hat soeben dem Volke gesagt, Ihr schlaft, und Ihr seht, daß Ihr immer noch König seid.

Die Königin schaute den seltsamen Mann an, den sein glänzender Mut den Bravsten, sein feiner, listiger Geist allen gleichstellte.

Laporte kehrte zurück.

Nun, Laporte? fragte die Königin.

Madame, antwortete er, die Prophezeiung des Herrn d’Artagnan ist in Erfüllung gegangen. Sie haben sich wie durch einen Zauber beruhigt. Man öffnete ihnen die Pforten, und in fünf Minuten werden sie hier sein.

Laporte, sagte die Königin, wenn wir einen Eurer Söhne an die Stelle des Königs legten? Wir könnten während dieser Zeit abreisen.

Wenn es Euere Majestät befiehlt, versetzte Laporte, so sind meine Söhne wie ich zu den Diensten der Königin.

Nein, sprach d’Artagnan; denn würde einer Seine Majestät kennen und den Betrug wahrnehmen, so wäre alles verloren.

Ihr habt recht, mein Herr, immer recht, sprach Anna von Österreich, bringt den König zu Bette.

Laporte legte den König ganz angekleidet, wie er war, in sein Bett; dann bedeckte er ihn bis an die Schultern mit dem Tuch.

Die Königin beugte sich über ihn herab und küßte ihn auf die Stirne.

Stellt Euch, als ob Ihr schliefet, sprach sie.

Ja, aber es soll mich keiner von diesen Menschen berühren.

Sire, ich bin da, versetzte d’Artagnan, und ich stehe Euch dafür, daß der erste, der diese Keckheit hätte, es mit dem Leben bezahlen müßte.

Was soll nun geschehen? fragte die Königin, denn ich höre sie.

Herr Laporte, geht ihnen entgegen und empfehlt ihnen abermals Stillschweigen. Madame, wartet dort an der Tür. Ich stehe zu den Häupten des Königs, bereit, für ihn zu sterben.

Laporte ging ab, die Königin stellte sich an die Tür, d’Artagnan schlüpfte hinter den Bettvorhang.

Man hörte sodann den dumpfen Tritt einer großen Menschenmenge. Die Königin hob selbst den Türvorhang auf und legte einen Finger auf ihren Mund.

Als diese Menschen die Königin sahen, blieben sie in ehrfurchtsvoller Haltung stehen.

Tretet ein, meine Herren, tretet ein, sagte die Königin.

Die Leute, die an der Spitze standen, stammelten und versuchten zurückzuweichen.

Tretet ein, meine Herren, da es die Königin gestattet, sagte Laporte.

Da wagte es einer, der wohl kühner war, als die andern, die Schwelle zu überschreiten, und ging auf der Fußspitze vor.

Alle andern ahmten ihm nach, und das Zimmer füllte sich in der größten Stille, als ob alle diese Menschen die demütigsten, ergebensten Höflinge gewesen wären. Außerhalb der Tür erblickte man die Köpfe derer, die nicht mehr eintreten konnten und sich daher auf den Fußspitzen erhoben.

D’Artagnan sah alles durch eine Öffnung, die er im Vorhang gemacht hatte. In dem Menschen, der zuerst eintrat, erkannte er Planchet.

Mein Herr, sagte die Königin, welche begriff, daß er der Anführer der ganzen Schar war, Ihr habt den König zu sehen gewünscht, und ich wollte ihn Euch selbst zeigen. Nähert Euch, schaut ihn an und sagt mir, ob wir aussehen, wie Menschen, die fliehen wollen!

Nein, gewiß nicht, antwortete Planchet, etwas verblüfft über die unerwartete Ehre, die ihm zuteil wurde.

Ihr werdet also meinen guten und getreuen Parisern sagen, versetzte Anna mit einem Lächeln, in dessen Ausdruck d’Artagnan sich nicht täuschte, Ihr habt den König schlafend in seinem Bette gesehen und die Königin im Begriff, sich ebenfalls niederzulegen.

Ich werde es sagen, Madame, und meine Begleiter werden dasselbe tun. Aber…

Aber was? fragte Anna von Österreich.

Eure Majestät verzeihe mir, ist es aber auch wirklich der König, der in diesem Bette liegt?

Anna von Österreich bebte und erwiderte: Ist einer unter Euch, der den König kennt, so nähere er sich und sage, ob dies wirklich Seine Majestät ist.

Ein Mann in einem Mantel, mit dem er sich das Gesicht verbarg, trat näher, beugte sich über das Bett und schaute.

Einen Augenblick glaubte d’Artagnan, der Mann habe eine schlimme Absicht, und legte die Hand an seinen Degen. Aber bei der Bewegung, die der Mann mit dem Mantel im Bücken machte, gewahrte er einen Teil seines Gesichts und erkannte den Koadjutor.

Es ist allerdings der König, sprach dieser Mann, sich erhebend, Gott segne Seine Majestät!

Ja, sagte der Führer halblaut, Gott segne Seine Majestät!

Und alle diese Menschen, die wütend herbeigekommen waren, segneten, vom Zorn zum Mitleid übergehend, ebenfalls das königliche Kind.

Nun laßt uns der Königin danken, meine Freunde, und abgehen, sprach Planchet.

Alle verbeugten sich und zogen allmählich und geräuschlos, wie sie gekommen, wieder ab. Planchet, der zuerst eingetreten war, ging zuletzt weg.

Die Königin atmete auf; d’Artagnan wischte sich seine feuchte Stirn ab; der König glitt von seinem Bett herab und sagte: Gehen wir nun!

In diesem Augenblick erschien Laporte wieder.

Nun, sagte die Königin.

Madame, antwortete der Kammerdiener, ich bin ihnen bis an die Gitter gefolgt. Sie teilten allen ihren Kameraden mit, sie haben den König gesehen, und die Königin habe mit ihnen gesprochen, so daß sie sich ganz stolz und triumphierend entfernten.

Oh, die Elenden! murmelte die Königin, sie sollen ihre Frechheit teuer bezahlen! Mein Herr, fuhr sie, zu d’Artagnan gewendet, fort, Ihr habt mir diesen Abend die besten Ratschläge gegeben, die mir in meinem ganzen Leben erteilt worden sind. Fahrt fort, was haben wir nunmehr zu tun?

Herr Laporte, sprach d’Artagnan, kleidet Seine Majestät vollends an.

Wir können also abreisen? fragte die Königin.

Wann Ew. Majestät will. Sie mag nur die geheime Treppe hinabsteigen und wird mich an der Tür finden.

Geht, mein Herr, sprach die Königin, ich folge Euch.

D’Artagnan ging hinab, der Wagen war an seinem Posten, der Musketier saß auf dem Bock.

D’Artagnan nahm das Päckchen, das Bernouin getragen hatte, und nahm den Mantel des Kutschers des Herrn von Gondy um seine Schultern und setzte den Hut auf.

Mein Herr, sprach d’Artagnan, Ihr gebt Eurem Gefährten, der den Kutscher bewacht, wieder die Freiheit. Ihr steigt sodann zu Pferde, reitet nach der Rue Tiquetonne ins Gasthaus zur Rehziege, nehmt dort mein Pferd und das von Herrn du Vallon, sattelt und zäumt sie kriegsmäßig, verlaßt dann Paris, die Pferde an der Hand führend, und begebt Euch nach Cours-la-Reine. Findet Ihr in Cours-la-Reine niemand mehr, so reitet Ihr bis nach Saint-Germain. Dienst des Königs.

Der Musketier legte die Hand an seinen Hut und entfernte sich, um die Befehle zu erfüllen, die er erhalten hatte.

D’Artagnan stieg auf den Bock. Er hatte ein paar Pistolen in seinem Gürtel, eine Muskete unter seinen Füßen, seinen bloßen Degen hinter sich.

Die Königin erschien. Ihr folgten der König und der Herzog von Anjou, sein Bruder.

Der Wagen des Koadjutors! rief sie, einen Schritt zurückweichend.

Ja, Madame, sprach d’Artagnan, aber steigt mutig ein, ich führe ihn.

Die Königin stieß einen Schrei des Erstaunens aus und stieg in den Wagen. Der König und Monsieur stiegen hinter ihr ein und setzten sich an ihre Seite.

Kommt, Laporte, sagte die Königin.

Wie, Madame? rief der Kammerdiener, in demselben Wagen mit Eurer Majestät?

Es handelt sich heute nicht um die Etikette, sondern um das Heil des Königs. Steigt ein, Laporte!

Laporte gehorchte.

Schließt die Schirmleder, sagte d’Artagnan.

Wird das nicht Mißtrauen einflößen? versetzte die Königin.

Ew. Majestät mag unbesorgt sein, erwiderte d’Artagnan, ich bin auf eine Antwort gefaßt.

Man schloß die Leder und entfernte sich im Galopp durch die Rue de Richelieu. Als man an das Tor gelangte, rückte der Anführer des Postens an der Spitze von etwa zwölf Mann, mit einer Laterne in der Hand, vor.

D’Artagnan bedeutete ihm durch ein Zeichen, er möge sich nähern.

Erkennt Ihr den Wagen? sagte er zu dem Sergeanten.

Nein, antwortete dieser.

Schaut das Wappen an!

Der Sergeant hielt seine Laterne an den Schlag.

Es ist das Wappen des Koadjutors, antwortete er.

Stille, er steht in Gunst bei Frau von Guemenée.

Der Sergeant lachte.

Öffnet das Tor, sagte er, ich weiß, wer es ist.

Dann näherte er sich dem herabgelassenen Schirmleder und sprach: Viel Vergnügen, Monseigneur.

Vorlauter Gesell! rief d’Artagnan, Ihr macht, daß man mich fortjagt.

Die Barriere ächzte auf ihren Angeln, und d’Artagnan peitschte, als er den Weg offen sah, kräftig auf die Pferde los, die sich in starkem Trab von der Stadt entfernten.

Fünf Minuten nachher hatte man den Wagen des Kardinals eingeholt.

Mousqueton! rief d’Artagnan, hebt die Schirmleder vom Wagen Seiner Majestät auf.

Er ist es! sagte Porthos.

Als Kutscher! rief Mazarin.

Und mit dem Wagen des Koadjutors! sagte die Königin.

Corpo di Duo! Herr d’Artagnan, sprach Mazarin, Ihr seid nicht mit Gold zu bezahlen!